Veranstaltung: | SPD Thüringen Landesparteitag 2025 |
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Tagesordnungspunkt: | 8 Antragsberatung und Beschlussfassung |
Antragsteller*in: | KV Jena |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 14.10.2025, 08:30 |
C6: Elternschaft gerecht gestalten – gleiche Rechte von Anfang an!
Antragstext
Die rechtlichen Rahmenbedingungen rund um Geburt und Elternschaft zeigen,
welchen Stellenwert Gleichberechtigung in einer Gesellschaft tatsächlich hat.
Noch immer orientieren sich viele Regelungen am Bild der alleinverantwortlichen
Mutter und des außenstehenden Vaters. Das entspricht weder der Lebensrealität
noch dem Anspruch auf gleichberechtigte partnerschaftliche Elternschaft.
Wir fordern daher die SPD Thüringen auf sich auf Bundesebene einzusetzen für:
- Kostenfreie Geburtsvorbereitung für alle Eltern:
Geburtsvorbereitung ist nicht nur medizinische Information, sondern auch ein
wichtiger Schritt zu geteilter Verantwortung. Aktuell übernehmen Krankenkassen
die Kosten in der Regel nur für die schwangere Person. Partner*innen müssen die
Teilnahme selbst zahlen oder verzichten: Ein Signal, dass ihre Teilnahme nicht
entscheidend sei. Das schwächt von Anfang an die gleichberechtigte Rolle beider
Eltern und ignoriert vielfältige Familienmodelle. Kostenfreie Kurse für alle
Elternteile stärken die gemeinsame Vorbereitung, fördern Sicherheit in der
Geburtssituation und legen die Grundlage für eine faire Aufteilung der
Sorgearbeit nach der Geburt.
Geburtsvorbereitung darf nicht vom Geldbeutel abhängen. Wir fordern deswegen die
vollständige Kostenübernahme für die Teilnahme von Partner*innen an
Geburtsvorbereitungskursen im Rahmen der Mutterschaftsrichtlinien. So wird
partnerschaftliche Verantwortung von Anfang an gestärkt und gleiche Teilhabe
ermöglicht.
- Reform des Abstammungsrechts
In Thüringen sind über die Hälfte aller Geburten nichtehelich. Trotzdem gilt:
Nichtverheiratete Mütter erhalten automatisch das alleinige Sorgerecht, während
Väter eine Sorgerechtserklärungen abgeben und zweite Mütter ein aufwändiges
Adoptionsverfahren durchlaufen müssen. Dieses System benachteiligt queere
Familien und nichteheliche Paare. Wir fordern deshalb das Abstammungsrecht
grundlegend zu reformieren, um alle Familienformen rechtlich gleichzustellen.
Die bisherige „Vaterschaftsanerkennung“ muss zu einer „Elternschaftsanerkennung“
weiterentwickelt werden, die für alle Elternteile unabhängig vom Geschlecht
gilt. Diese Erklärung begründet die rechtliche Elternschaft des zweiten
Elternteils und ersetzt das aufwändige und diskriminierende Adoptionsverfahren
für Co-Mütter und nicht-biologische Väter. Mit der wirksamen Abgabe der
gemeinsamen Elternschaftsanerkennung wird standardmäßig das gemeinsame
Sorgerecht für beide Elternteile begründet. Eine separate „Sorgerechtserklärung“
entfällt. Damit wird das gemeinsame Sorgerecht zum Regelfall.
Nur so werden verheiratete und nicht-verheiratete Paare sowie heterosexuelle und
queere Eltern in diesem Bereich endlich rechtlich gleichgestellt.
- Stärkung von Unterstützungsstrukturen
Trennungssituationen belasten Kinder besonders stark. Überlastete Jugendämter
und lange Gerichtsverfahren führen zu monatelangen Schwebezuständen. Staatlich
finanzierte Mediationen können Konflikte frühzeitig abmildern und gerichtliche
Auseinandersetzungen reduzieren. In verpflichtenden Elternplänen, wie in Belgien
und den Niederlanden, werden alle relevanten Themen des Zusammenlebens nach der
Trennung schriftlich fixiert, wie die Wohnsituation, Besuchsregelungen und
Aspekte der Kindererziehung. Die definierten Verantwortlichkeiten beider Eltern
sollen Missverständnisse und Konflikte vermeiden und den Kindern eine stabile
und vorhersehbare Umgebung bieten. Notwendig sind zudem kurze Bearbeitungszeiten
und eine personelle Stärkung von Jugendämtern und Familiengerichten. Das schafft
Planbarkeit, entlastet die Institutionen und stellt das Kindeswohl konsequent in
den Mittelpunkt.
Deswegen ist für uns klar: Eltern, die sich trennen, brauchen faire Lösungen für
das weitere gemeinsame Familienleben. Wir fordern daher:
- Bei Trennung oder Scheidung von Eltern wird die Erstellung eines
Elternplans verpflichtend. Dieser Plan muss verbindliche Regelungen zu
allen Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung und der Kostenaufteilung
des familiären Lebens enthalten. Die frühzeitige Auseinandersetzung mit
den Folgen einer Trennung für ein Kind führt zu bewussteren und
nachhaltigeren Lösungen im weiteren Zusammenleben, um Streitigkeiten vor
Gericht zu vermeiden.
- Der Zugang zu professioneller Mediation vor Einreichung einer
gerichtlichen Sorgerechtsklage muss allen Eltern zur Verfügung stehen, um
eine kindzentrierte Lösung gemeinsam erarbeiten zu können.
- Um diese Maßnahmen zu überprüfen, sollte die Auswirkung auf die Anzahl von
Gerichtsverfahren, Dauer von Sorgerechtsstreitigkeiten und Entwicklung des
Kindeswohls statistisch begleitet werden.
- Jugendämter und Familiengerichte müssen personell und finanziell so
ausgestattet werden, dass sie ihrer Verantwortung gerecht werden können.
Nur durch ausreichend schnelle und qualitative Bearbeitung können Kinder
vor rechtlich unsicheren Zuständen durch lange Verfahrensdauern geschützt
werden.
Begründung
Gleichberechtigung beginnt nicht erst im Alltag der Sorgearbeit, sondern bereits im rechtlichen Rahmen, in den unterstützenden Strukturen und bei der finanziellen Förderung partnerschaftlicher Verantwortung. Mit diesem Antrag fordern wir konkrete Schritte, die Elternschaft für alle Familien moderner, partnerschaftlicher und gerechter zu machen.
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