Veranstaltung: | SPD Thüringen Landesparteitag 2024 |
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Tagesordnungspunkt: | 12 Antragsberatung und -beschlussfassung |
Antragsteller*in: | Jusos Thüringen |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 07.10.2024, 09:27 |
A4: Wir treten nicht nach unten: Keine Kürzungen beim Bürgergeld
Antragstext
Die SPD Thüringen spricht sich entschieden gegen Kürzungen beim Bürgergeld aus.
Stattdessen stellen wir uns explizit hinter den Grundsatz, dass die
Grundsicherung ein Leben ermöglichen soll, das der Würde des Menschen
entspricht. Kürzungen am Bürgergeld würden diesen Gedanken und das
sozialstaatliche Solidaritätsprinzip gefährden und der sozialdemokratischen Idee
zuwiderlaufen.
Gleichzeitig kritisieren wir die Einschnitte beim Bürgergeld, die bereits von
der Bundesregierung auf den Weg gebracht wurden: Schnellere
Leistungsminderungen, größere Zumutungen, geringere Karenzzeiten für Erspartes
und Nullrunden entsprechen nicht dem neuen Sozialstaatskonzept, dem sich die SPD
selbst verschrieben hat. Sozialdemokratische Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik
muss weiterhin von Verständnis und Respekt vor dem Einzelnen geprägt sein und
darf nicht weiter in das Hartz IV-Regime zurückfallen, das der Sozialdemokratie
zurecht viel Vertrauen gekostet hat. Mit dem Bürgergeld haben wir HartzIV
überwunden und zwar auf Dauer und nicht nur für ein paar Monate.
Begründung
2019 hat die SPD ein neues Sozialstaatskonzept beschlossen. Dessen Leitgedanke ist ein neues Verständnis eines empathischen, unterstützenden und bürger:innennahen Sozialstaates. Durch die Überwindung des Hartz IV-Systems sollte mehr Respekt vor der Lebensleistung des Einzelnen und mehr Verständnis für die Situation der Betroffenen im Umgang entstehen. Insbesondere die Abschaffung des absoluten Vermittlungsvorrangs ist ein entscheidender Fortschritt hin zu (Weiter-)Qualifizierung, Spezialisierung und Umorientierung. Diese sind in unserem sich im Wandel befindlichen Arbeitsmarkt notwendig, um Menschen nachhaltig in Arbeit zu bringen.
Die Umsetzung dieser sozialpolitischen Reform durch die Ampel-Regierung brachte leider bereits harte Einschnitte (u.a. frühere Sanktionsmöglichkeiten und eine Kürzung der Karenzzeit für Erspartes) mit sich, um die Blockade der Union im Bundesrat zu lösen. Dass nun mehr durch die Ampel-Regierung selbst der Rollback zur Gängelung der Betroffenen erfolgt, ist für uns nicht hinnehmbar.
Wenn in den Debatten um den Bundeshaushalt die Finanzierung dieser Grundsicherung infrage gestellt wird und Forderungen nach einer Kürzung des Bürgergeldes aufkommen, kann die Antwort der SPD nur ein entschiedener Kampf für die Interessen der Arbeitssuchenden sein. Unser Sozialstaat sorgt für sozialen Ausgleich, Absicherung in persönlichen Krisensituationen und stärkt zugleich das ökonomische Wachstum. Er soll gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen, zur sozialen Integration beitragen und demokratische Entwicklungen stabilisieren. All das kann nur gelingen, wenn die Betroffenen in die Lage versetzt werden, ein Leben in Würde zu führen und gleichzeitig bestmöglich dabei unterstützt werden, in eine gute Arbeit zu kommen.
Ergänzende Informationen: https://www.deutschlandfunk.de/buergergeld-vorurteile-fakten-richtig-falsch-100.html
In Deutschland erhalten etwa 5,5 Millionen Menschen Bürgergeld. 1,8 Millionen davon sind Kinder und Jugendliche. Über 2 Millionen sind aus anderen Gründen nicht für Arbeit verfügbar – wie gesundheitlichen Problemen oder fehlender Betreuung für Kinder. Etwa 800.000 Menschen davon arbeiten allerdings durchaus, brauchen aber zusätzliches Geld vom Staat, um ihren Lebensunterhalt zu sichern (Aufstocker).
Rund 1,7 Millionen sind arbeitslos und könnten prinzipiell arbeiten. Die meisten von ihnen haben jedoch keine ausreichende Ausbildung oder gesundheitliche Probleme, die eine Arbeitsaufnahme erschweren. Arbeitgeber scheuen oft das Risiko, diese Menschen einzustellen, und wenn doch, endet die Beschäftigung häufig schnell wieder.
Nur ein kleiner Teil missbraucht das System und verweigert die Arbeit: 16.000 Menschen, das sind gerade einmal 0,4 Prozent aller Bürgergeldbeziehenden.
Eine aktuelle Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung untersucht die Wirkung von Sanktionen auf die Arbeitsvermittlung, allerdings basierend auf Daten aus den Jahren 2012 bis 2015, also vor der Einführung des Bürgergeldes. Sie zeigt, dass gelegentliche Sanktionen die Vermittlungsquote verbessern können, während zu strenge Sanktionen oft zu schlechteren Arbeitsplätzen und sinkendem Einkommen führen. Daher wird ein moderater Ansatz empfohlen.
Änderungsanträge
- Ä1 (Jusos Thüringen, Eingereicht)
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