Veranstaltung: | SPD Thüringen Landesparteitag 2025 |
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Tagesordnungspunkt: | 8 Antragsberatung und Beschlussfassung |
Antragsteller*in: | KV Jena |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 14.10.2025, 08:42 |
P2: Wahlordnung ändern
Antragstext
Wir fordern den Bundesvorstand der SPD auf, das Organisationsstatut und die
Wahlordnung der Partei wie folgt zu ändern:
- Änderung von §11 Abs. 2 OrgStatut zu: „In den Funktionen und Mandaten der
Partei müssen nach Maßgabe dieses Statuts und der Wahlordnung Frauen und
Männer mindestens zu je 40 % vertreten sein. Zur Berechnung dieser Quote
werden keine Personen mit diversem Geschlechtseintrag berücksichtigt. Die
Pflicht richtet sich an das wählende oder entsendende Gremium. Die
Quotierung bezieht sich insbesondere auf Mehrpersonengremien wie
Vorstände, geschäftsführende Vorstände, von Vorständen eingesetzte Gremien
und Delegationen.“
- Änderung von §3 Abs. 5 WO: „Wahlvorschläge müssen die satzungsmäßigen
Voraussetzungen erfüllen. Die Personalvorschläge der Vorstände müssen
Frauen und Männer mindestens zu je 40 % berücksichtigen, sie sollen Frauen
und Männer zu je 50 % berücksichtigen. Zur Berechnung dieser Quote werden
keine Personen mit diversem Geschlechtseintrag berücksichtigt.“
Begründung
Die aktuelle Wahlordnung der SPD sieht bei der paritätischen Besetzung von Wahllisten eine geschlechtergerechte Reihung vor, die jedoch ausschließlich auf das binäre Geschlechtersystem (männlich/weiblich) ausgelegt ist. Personen mit dem Geschlechtseintrag "divers" oder ohne Geschlechtseintrag in der MAVIS finden in dieser Regelung keinen gleichwertigen Platz, sondern werden faktisch auf diejenigen Listenplätze beschränkt, die keinem der binären Geschlechter vorbehalten sind. Dies führt zu einer strukturellen Benachteiligung und damit zu einer mittelbaren Diskriminierung dieser Personen.
Ein solcher Zustand widerspricht dem Gleichbehandlungsgebot gemäß Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 GG, nach dem niemand aufgrund seines Geschlechts benachteiligt werden darf. Darüber hinaus steht die bestehende Praxis im Widerspruch zu den Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), das insbesondere in § 1 AGG die Benachteiligung aufgrund des Geschlechts ausdrücklich untersagt – einschließlich nicht-binärer Geschlechtsidentitäten, wie sie durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannt wurden.
Auch das Organisationsstatut der SPD, insbesondere § 11 Abs. 2, verpflichtet die Partei ausdrücklich zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern sowie zur Beseitigung bestehender Nachteile. Zwar ist die Intention dieser Vorschrift eindeutig auf eine paritätische Repräsentanz der Geschlechter gerichtet, sie berücksichtigt jedoch bislang ausschließlich die binäre Geschlechterordnung. Die derzeitige Ausgestaltung benachteiligt Personen ohne Geschlechtsangabe in der MAVIS bzw. mit dem Geschlechtseintrag "divers", indem diverse Menschen bei Listenwahlen nur Plätze bekommen können, die keinem der Binären Geschlechter vorbehalten sind (vgl. § 11 Abs. 2 OrgStat). Damit bleibt ein inklusives Verständnis von Geschlecht – das auch nicht-binäre und intergeschlechtliche Personen einbezieht – außen vor. Diese Auslegung widerspricht dem eigenen Anspruch der SPD, als Partei allen Menschen unabhängig von Geschlechtsidentität und -eintrag gleichberechtigte Teilhabe zu ermöglichen.
Die SPD als sozialdemokratische Partei ist nicht nur rechtlich, sondern auch politisch verpflichtet, innerparteiliche Regelungen diskriminierungsfrei auszugestalten und für eine tatsächliche Gleichstellung aller Geschlechter zu sorgen. Eine Überarbeitung der Wahlordnung im Sinne einer inklusiven und diskriminierungsfreien Regelung ist daher zwingend erforderlich. Sie muss sicherstellen, dass Personen mit dem Geschlechtseintrag "divers" in gleicher Weise und mit gleichen Chancen an Listenwahlen teilnehmen können wie Menschen mit männlichem oder weiblichem Geschlechtseintrag.
Personen mit diversem Geschlechtseintrag in der Berechnung der Quote nicht zu berücksichtigen würde bedeuten, dass Frauen bzw. Männer jeweils mindestens 40% von den Menschen mit einem der beiden Geschlechtseinträge ausmachen müssen, statt von der Gesamtzahl an zu besetzenden Plätzen.
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