Veranstaltung: | SPD Thüringen Landesparteitag 2025 |
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Tagesordnungspunkt: | 8 Antragsberatung und Beschlussfassung |
Antragsteller*in: | KV Saale-Holzland-Kreis |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 14.10.2025, 08:58 |
C9: Transformation sozial gestalten – Thüringen als starken und gerechten Industriestandort sichern
Antragstext
Die SPD Thüringen bekennt sich zu einer Industrie- und Strukturpolitik, die den
ökologischen, digitalen und sozialen Wandel nicht nur begleitet, sondern aktiv
gestaltet. Unser Ziel ist ein Thüringen, das auch in den kommenden 20 Jahren ein
starker, wettbewerbsfähiger und gerechter Industriestandort bleibt. Dabei geht
es uns nicht allein um Produktionszahlen und Märkte, sondern um sichere
Arbeitsplätze, faire Löhne und eine Gesellschaft, in der die Beschäftigten mit
ihrer Erfahrung, ihrer Kreativität und ihrer Stimme im Mittelpunkt stehen.
Transformation bedeutet für uns nicht bloß Anpassung an globale Entwicklungen,
sondern eine historische Chance, Thüringen zum Vorreiter für ein neues
Verständnis von Industrie zu machen. Energieversorgung, Infrastruktur, Forschung
und Qualifizierung sind die zentralen Bausteine dafür. Energie darf kein
Privileg sein. Sie muss bezahlbar, sauber und planbar bleiben, für private
Haushalte ebenso wie für Unternehmen. Nur so entstehen Investitionen in neue
Technologien, Produkte und Verfahren, die den Wohlstand von morgen sichern.
Die Instrumente, die wir als Land haben, müssen langfristig besser und
verbindlicher zusammengeführt werden. Unsere Politik darf nicht zersplittert und
kleinteilig sein, sondern klar, verlässlich und auf Jahrzehnte angelegt. Dabei
geht es nicht darum, staatliche Strukturen aufzublähen, sondern darum,
vorhandene Kräfte zu bündeln und effizient einzusetzen. Die Thüringer
Aufbaubank, unsere Hochschulen, Technologiezentren, Unternehmen, Betriebsräte
und Gewerkschaften bilden gemeinsam das Rückgrat einer vernetzten
Transformationspolitik. Wir setzen auf Innovation, Forschung und dauerhafte
Qualifizierung, damit Thüringen nicht nur Arbeitsplätze erhält, sondern auch
neue schafft und Wertschöpfung im Land hält.
Besonders in Regionen, die vom Wandel stark betroffen sind, braucht es
gemeinsame Verantwortung. Dort müssen Land, Kommunen, Unternehmen,
Gewerkschaften und Hochschulen an einem Tisch sitzen, um tragfähige
Zukunftspläne zu entwickeln. Es reicht nicht, Probleme kurzfristig zu lösen. Es
geht darum, regionale Strategien zu schaffen, die über Jahrzehnte Perspektiven
eröffnen. Qualifizierung darf nicht auf die lange Bank geschoben werden, sondern
muss schnell, praxisnah und wiederkehrend erfolgen. Wer heute von Transformation
spricht, muss auch sagen, wie Menschen morgen und übermorgen in gute, sichere
Arbeit kommen.
Wir wissen, dass Geschwindigkeit ein entscheidender Faktor ist. Deshalb setzen
wir auf transparente, klare und digitale Verfahren, die Bürokratie abbauen, ohne
Schutzstandards zu schwächen. Genehmigungen für Investitionen, den Ausbau
erneuerbarer Energien oder Werksumbauten dürfen nicht jahrelang blockieren.
Transformation muss vorangehen, sie muss fair und verlässlich gestaltet sein und
sie muss Verbindlichkeit für 20 Jahre und mehr schaffen.
Das Herzstück des Wandels sind die Beschäftigten. Sie tragen die Veränderungen,
sie gestalten die Prozesse in den Betrieben. Mitbestimmung ist für uns kein
Hemmnis, sondern eine Stärke. Gewerkschaften und Betriebsräte sind Partner auf
Augenhöhe, wenn es darum geht, den Wandel sozial abzusichern. Nur wenn sie von
Anfang an einbezogen werden, entsteht Vertrauen. Wir wollen, dass
Qualifizierungen tariflich abgesichert sind und dass Transformationswerkstätten
zu dauerhaften Orten werden, an denen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und
Beschäftigte gemeinsam Zukunft konkret planen, erproben und verhandeln.
Transparenz und demokratische Beteiligung sind unverzichtbar. Transformation
gelingt nur, wenn sie nachvollziehbar ist, wenn sie Vertrauen schafft und wenn
Menschen spüren, dass ihre Stimme Gewicht hat. Deshalb setzen wir auf eine
offene, kontinuierliche Debatte und eine enge Einbindung von Parlament,
Gewerkschaften, Betriebsräten, Sozialpartnern und Zivilgesellschaft.
Transformation darf kein Projekt für zwei Jahre sein, sondern muss das
gemeinsame Werk einer ganzen Generation werden.
Begründung
Die SPD Thüringen steht für eine Industriepolitik, die ökologische Verantwortung, wirtschaftliche Stärke und soziale Gerechtigkeit verbindet. Unser Leitbild ist die solidarische Moderne: Fortschritt dient dem Menschen, nicht umgekehrt. Gute Arbeit, Tarifbindung und Mitbestimmung bleiben die tragenden Säulen eines prosperierenden Industrielandes. Wir vertrauen auf die Kompetenz der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaften, auf die Kreativität der Unternehmen und auf die gestaltende Kraft eines handlungsfähigen Staates.
Der Wandel ist Realität. Klimakrise, Digitalisierung, geopolitische Verschiebungen und der demografische Übergang verändern Wertschöpfungsketten und Qualifikationsprofile. Thüringen steht mitten in globalen Umbrüchen. Wer die Transformation dem Markt allein überlässt, riskiert Deindustrialisierung, soziale Spaltung und Vertrauensverlust. Wer sie jedoch in enger Partnerschaft von Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften gestaltet, kann sie zu einer Erfolgsgeschichte machen. Sozialdemokratische Politik übernimmt Verantwortung, setzt klare Leitplanken und schafft Sicherheit für Menschen und Investitionen. Unser doppelter Anspruch ist Klimaneutralität und Wettbewerbsfähigkeit. Beides ist nur gemeinsam zu erreichen.
Ein strategischer Staat sorgt für planbare Rahmenbedingungen. Dazu gehören verlässliche Energiepreise, leistungsfähige Netze, moderne Verkehrsinfrastruktur und eine Bildungs- und Forschungslandschaft, die Talente fördert und Innovation beschleunigt. Öffentliche Banken und Förderinstrumente geben Investitionen Richtung und Tempo, ohne private Initiative zu ersetzen. Zugleich bleibt die Innovationskraft privater Unternehmen Motor des Wandels. Unser Anspruch ist es, diese Kräfte zu verbinden. Vergabe, Beschaffung und Regulierung werden so ausgerichtet, dass sie Innovation, Tarifbindung und Nachhaltigkeit belohnen. Bürokratieabbau verstehen wir als Entlastung derjenigen, die anpacken, nicht als Abbau von Schutzstandards.
Der soziale Motor der Transformation sind die Beschäftigten. Mitbestimmung im Betrieb und starke Gewerkschaften sichern die Akzeptanz des Wandels. Wo Betriebsräte mitgestalten, entstehen tragfähige Lösungen für Qualifizierung, Arbeitsorganisation und Technologiewechsel. Weiterbildung wird zum Regelfall, nicht zur Ausnahme. Jede und jeder muss die Chance erhalten, neue Kompetenzen aufzubauen, mit verlässlicher Absicherung und tariflicher Flankierung. Transformationswerkstätten in Betrieben und Regionen verbinden Praxiswissen, Forschung und Sozialpartnerschaft zu konkreten Pfaden in die Zukunft.
Innovation ist kein Selbstzweck, sondern der Weg zu guten Produkten, guten Jobs und neuer Wertschöpfung in Thüringen. Wir stärken Schlüsseltechnologien von klimafreundlicher Produktion über Speicher- und Leistungselektronik bis zu Werkstoffinnovationen, Mechatronik und Software. Digitalisierung, Datenkompetenz und vertrauenswürdige Künstliche Intelligenz erhöhen Produktivität und Qualität, wenn sie menschengerecht gestaltet sind. Kreislaufwirtschaft, Ressourceneffizienz und regionale Wertschöpfungsketten machen unsere Industrie resilient und nachhaltig.
Zusammenhalt entscheidet. Transformation darf nicht zu einem Stadt-Land- oder Ost-West-Gegensatz führen. Strukturschwächere Räume verdienen besondere Aufmerksamkeit, verlässliche Daseinsvorsorge und Anbindung an neue industrielle Ökosysteme. Wo Branchen im Umbruch sind, braucht es regionale Allianzen aus Kommunen, Unternehmen, Gewerkschaften, Bildungsinstitutionen und Landespolitik, die Perspektiven eröffnen und Übergänge sichern. Niemand soll durch Veränderung ins Abseits geraten.
Demokratie ist die Bedingung für Vertrauen. Transparente Entscheidungen, regelmäßige Information und echte Beteiligung von Beschäftigten, Sozialpartnern und Parlamenten machen Politik nachvollziehbar. Wer die Menschen einbindet, stärkt Akzeptanz und Tempo. So wird aus Wandel Fortschritt, aus Verunsicherung Zuversicht und aus Konflikten lösungsorientiertes Handeln.
Die SPD Thüringen verbindet diese Elemente zu einer klaren Programmatik. Wir gestalten die Transformation aktiv, mit starken Gewerkschaften, mit klarer staatlicher Verantwortung und mit der Innovationskraft der Wirtschaft. So bleibt Thüringen ein Land guter Arbeit und moderner Industrie. Transformation ist für uns nicht Bedrohung, sondern Versprechen. Es ist das Versprechen, dass ökologische Erneuerung, wirtschaftliche Stärke und soziale Sicherheit zusammengehen und dass niemand zurückgelassen wird.
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