Veranstaltung: | SPD Thüringen Landesparteitag 2025 |
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Tagesordnungspunkt: | 8 Antragsberatung und Beschlussfassung |
Antragsteller*in: | AfA Thüringen |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 14.10.2025, 07:25 |
C3: Endlich ein Bundestariftreuegesetz
Antragstext
Die SPD Thüringen unterstützt nachdrücklich den Gesetzesinitiative der
Bundesregierung zum Bundestariftreuegesetz und fordert alle sozialdemokratischen
Mandatsträger*innen in Bundestag und Bundesrat auf, sich für dessen zügige
Verabschiedung unter Einbeziehung folgender Punkte einzusetzen:
Um die Tarifbindung zu stärken, muss für öffentliche Aufträge und Konzessionen
des Bundes auch bei Beschaffung der Bedarfe der Bundeswehr und Ausführung
öffentlicher Lieferleistungsaufträge ab 25.000 Euro die Einhaltung
tarifvertraglicher Arbeitsbedingungen vorgeschrieben werden.
Die SPD Thüringen sieht darin einen wichtigen Schritt zur Sicherung fairer
Arbeitsbedingungen und zur Stärkung der Tarifautonomie und verfolgt weiter das
Ziel auf allen Ebenen bei öffentlichen Aufträgen faire Bedingungen herzustellen.
Begründung
Warum das Bundestariftreuegesetz gerade für Thüringen wichtig ist:
- Niedrige Tarifbindung in Thüringen überwinden
Thüringen gehört zu den Bundesländern mit der niedrigsten Tarifbindung in Deutschland. Nur etwa 37% der Beschäftigten in Thüringen arbeiten in tarifgebundenen Betrieben (West: ca. 50%). Dies führt zu systematisch niedrigeren Löhnen und schlechteren Arbeitsbedingungen. Das Bundestariftreuegesetz setzt ein wichtiges Signal und schafft Anreize für Unternehmen, sich tariflich zu binden, um bei Bundesaufträgen konkurrenzfähig zu bleiben.
- Faire Wettbewerbsbedingungen für thüringische Unternehmen
Tarifgebundene Unternehmen in Thüringen werden derzeit bei Bundesausschreibungen benachteiligt, weil sie aufgrund höherer Personalkosten teurere Angebote abgeben müssen. Das Bundestariftreuegesetz schafft gleiche Wettbewerbsbedingungen und beendet den Verdrängungswettbewerb über Lohndumping. Gerade für mittelständische Betriebe und das thüringische Handwerk, die oft tarifgebunden sind, bedeutet dies mehr Chancengleichheit.
- Bekämpfung des Lohngefälles Ost-West
Das durchschnittliche Lohnniveau in Thüringen liegt weiterhin deutlich unter dem westdeutscher Bundesländer. Ein Grund dafür ist die geringere Tarifbindung. Durch die Förderung tariflicher Standards bei öffentlichen Aufträgen leistet das Bundestariftreuegesetz einen konkreten Beitrag zur Angleichung der Lebensverhältnisse und zur Umsetzung des Ziels gleichwertiger Lebensverhältnisse in Ost und West.
- Stärkung der ostdeutschen Bauwirtschaft
Die Baubranche ist in Thüringen ein wichtiger Wirtschaftszweig mit ca. 56.000 Beschäftigten[1]. Gerade hier herrscht oft ein ruinöser Wettbewerb über Lohnkosten. Das Bundestariftreuegesetz stärkt die Position seriöser, tarifgebundener Baubetriebe gegenüber Billiganbietern und sichert gute Arbeitsplätze in der Region.
- Ergänzung zum Thüringer Vergabegesetz
Thüringen hat bereits 2011 ein eigenes Vergabe- und Tariftreuegesetz eingeführt. Das Bundestariftreuegesetz ergänzt diese Landesregelung sinnvoll, indem es auch für Bundesaufträge in Thüringen faire Standards setzt. Dies schafft Rechtssicherheit und verhindert, dass Bundesaufträge die Standards des Landes unterlaufen.
- Fachkräftesicherung durch attraktive Arbeitsbedingungen
Thüringen leidet unter Fachkräftemangel und Abwanderung. Gute, tariflich abgesicherte Arbeitsbedingungen sind ein wichtiger Standortfaktor. Das Bundestariftreuegesetz trägt dazu bei, dass auch bei Bundesaufträgen attraktive Arbeitsplätze in Thüringen entstehen und erhalten bleiben.
- Vorbildfunktion der öffentlichen Hand
Als öffentliche Auftraggeber haben Bund, Länder und Kommunen eine Vorbildfunktion. Wenn der Bund bei seinen Aufträgen auf Tariftreue achtet, sendet dies ein wichtiges Signal an die Privatwirtschaft. Gerade in strukturschwächeren Regionen wie Thüringen ist diese Vorbildfunktion von besonderer Bedeutung.
- Soziale Nachhaltigkeit in der öffentlichen Beschaffung
Das Bundestariftreuegesetz verwirklicht den Grundsatz, dass öffentliche Gelder nicht zur Finanzierung prekärer Beschäftigung verwendet werden dürfen. Dies entspricht dem sozialdemokratischen Grundverständnis von sozialer Gerechtigkeit und verantwortungsvoller Haushaltsführung.
Der jetzige Entwurf sieht einen einheitlich auf 50.000 Euro festgelegten Schwellenwert ohne Umsatzsteuer vor. Ein Schwellenwert von 50.000 Euro bedeutet, dass ca. 30 Prozent der Dienstleistungsaufträge, 28 Prozent der Lieferaufträge und 23 Prozent der Bauaufträge des Bundes nicht unter das geplante Gesetz fallen. Zudem ist im Gesetzentwurf derzeit der Ausschluss der Tariftreue bis Ende 2032 zur Deckung von Bedarfen der Bundeswehr vorgesehen. Eine weitere Einschränkung ist die sehr eng gefasste Definition zum Auftragsgegenstand, dabei ist zu befürchten, dass Lieferleistungen vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausgeschlossen werden.
[1]Bundesagentur für Arbeit Statistik „Branchen im Fokus“, Dezember 2024
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