Veranstaltung: | SPD Thüringen Landesparteitag 2025 |
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Tagesordnungspunkt: | 8 Antragsberatung und Beschlussfassung |
Antragsteller*in: | KV Jena |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 14.10.2025, 08:35 |
F5: Anhebung des Einkommensteuer-Grundfreibetrags
Antragstext
Die SPD Thüringen wird aufgefordert sich auf Bundesebene für eine Anhebung des
Einkommensteuer-Grundfreibetrags einzusetzen.:
Die SPD setzt sich für eine dauerhafte und spürbare Entlastung kleiner und
mittlerer Einkommen ein. Hierzu wird der Einkommensteuer-Grundfreibetrag auf
18.000 € pro Jahr (Einzelveranlagung) angehoben – für Einkommen bis maximal
18.000 € zu versteuernden Einkommen (zvE). Bei gemeinsamer Veranlagung gelten
entsprechend 36.000 € Grundfreibetrag, wirksam bis 36.000 € zvE.
Zudem soll der Grundfreibetrag künftig automatisch an die Inflationsrate
(Verbraucherpreisindex) gekoppelt werden. Hierzu ist eine gesetzliche Änderung
des § 32a EStG erforderlich, da dieser bislang nur eine Anpassung an die
Lohnentwicklung vorsieht. Diese Dynamisierung ist jedoch aus Sicht des
Bundesverfassungsgerichts (BVerfG)geboten, um das sozio-kulturelle
Existenzminimum realitätsgerecht zu sichern – insbesondere bei hoher Inflation
(2023: 6,9 %). Eventuelle Steuermindereinnahmen der Kommunen sind durch Bund
oder Länder vollständig auszugleichen.
Begründung
Die Steuerfreistellung des Existenzminimums ist durch das Menschenwürdegebot (Art. 1 Abs. 1 GG) und das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) geboten. Das BVerfG-Urteil vom 29.05.1992 (1 BvL 20/91) verpflichtet den Staat zur steuerlichen Freistellung des physischen und soziokulturellen Existenzminimums. Die Anhebung auf 18.000 € konkretisiert dieses Schutzgebot verfassungskonform.
Rund 10 Millionen Menschen in Deutschland haben ein zu versteuerndes Einkommen unter 25.000 €. Sie gehören überwiegend zu den tragenden Säulen unserer Gesellschaft: Beschäftigte in Pflege, Einzelhandel, Gastronomie, Rentnerinnen, Alleinerziehende, Berufseinsteigerinnen. Diese Menschen haben in der aktuellen Teuerung besonders mit Reallohnverlusten zu kämpfen.
Die geplante Anhebung des Grundfreibetrags auf 18.000 € (bzw. 36.000 €) führt dazu, dass mehr Einkommen steuerfrei bleibt – was zu realer Entlastung führt, ohne zusätzliche Kosten für Unternehmen oder Lohnerhöhungen.
Gleichzeitig bewirkt die Reform:
- mehr Netto vom Brutto für Haushalte mit geringen Einkommen,
- stärkere Binnenkonjunktur durch höhere Konsumausgaben,
- vereinfachte Verwaltung, da Millionen Kleinstveranlagungen entfallen (vgl. § 46 Abs. 2 EStG, § 25 EStG und § 56 EStDV).
Allein durch Bürokratieabbau wird eine Einsparung von rund 1 Mrd. € jährlich bei Finanzämtern und Steuerberatung erwartet. Durch die höhere Netto-Kaufkraft der unteren und mittleren Einkommen steigt die Binnennachfrage – insbesondere im Einzelhandel, Handwerk und Dienstleistungssektor. Zudem entlastet der Wegfall millionenfacher Steuerveranlagungen (§ 46 Abs. 2 EStG) nicht nur die Finanzämter, sondern auch kleine und mittlere Unternehmen, die erheblich weniger Aufwand für Lohnsteueranmeldungen und Mitarbeiter: innen mit Nebenjobs haben. Die Reform wirkt damit auch als indirekter Bürokratieabbau für den Mittelstand.
Gegenfinanzierung:
Die Bruttokosten der Maßnahme werden auf rund 22 Mrd. € jährlich geschätzt. Nach Rückflüssen (Mehrwertsteuer, Entlastung der Verwaltung) verbleibt ein Finanzierungsbedarf von ca. 15 Mrd. €. Dieser soll durch folgende sozial gerechte und ökologisch sinnvolle Maßnahmen gedeckt werden:
Reform der Erbschaftsteuer
Basierend auf dem BVerfG-Urteil vom 17.12.2014 (1 BvL 21/12), das eine zu weitgehende Verschonung von Großvermögen als verfassungswidrig bewertete, schlagen wir folgende Reformen vor:
- Einführung einer verschärften Progression für steuerpflichtige Erbschaften > 5 Mio. €: 30 %, 40 %, 45 % (vgl. § 19 ErbStG),
- Streichung der Verschonungsregeln für erbschaftsteuerpflichtiges Betriebsvermögen über 20 Mio. € (§ 13a/b ErbStG).
Alternativ kann auch darüber nachgedacht werden, den Begriff des Verwaltungsvermögens auszubauen. Bisher alle Barmittel / Bankguthaben und Anlagevermögen jünger als 2 Jahre. Ggf. Ausweitung des Veraltungsvermögens auf nicht unmittelbar betriebsnotwenige Grundstücke im Anlagevermögen (Verwaltungsvermögen ist voll erbschaftsteuerpflichtig).
Der Schutz betrieblicher Arbeitsplätze erfolgt durch angemessene Freigrenzen und Übergangsfristen, im Sinne des BVerfG.
Einnahmeeffekt: 5–6 Mrd. €/Jahr Hier könnte untersucht werden, wie viele Unternehmen (gewerbliche oder alle) von Assetklassen wie Vermietungsobjekten leben und eine eventuelle Erbschaftsteuerbelastung ausrechnen.
Abbau klimaschädlicher Subventionen
a) Dieselsteuerprivileg
Gemäß § 2 Energie StG beträgt die Energiesteuer auf Diesel nur 47,04 Ct/l (vs. 65,45 Ct/l für Benzin). Diese Begünstigung ist europarechtlich nicht zwingend und kann im Einklang mit der EU-Energiesteuerrichtlinie (2003/96/EG) gestrichen werden. Die laufende Prüfung durch die EU-Kommission (Rs. C-213/22) deutet dabei auf Reformdruck hin.
b) Dienstwagenbesteuerung
Die pauschale 1%-Regelung für privat genutzte Firmenwagen nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG benachteiligt Nutzer kleiner Fahrzeuge und privilegiert Vielfahrer und Großfahrzeuge (oft mit hohem CO₂-Ausstoß). Wir fordern eine Neubewertung des geldwerten Vorteils und eine stärkere CO₂-Komponente.
Einnahmeeffekt Dieselprivileg: 8 Mrd. €
Einnahmeeffekt Dienstwagenregelung: 3 Mrd. €
3. Bürokratieabbau (§ 46 Abs. 2 EStG)
Durch Wegfall von Millionen Veranlagungen bei Geringverdienern entsteht ein jährliches Einsparpotenzial von rund 1 Mrd. € in Finanzverwaltung und Wirtschaft.
Gesamtpotenzial der Gegenfinanzierung:
Maßnahme
Einnahmen / Einsparung
Erbschaftsteuerreform
5–6 Mrd. €
Dieselsteuerprivileg abschaffen
8 Mrd. €
Dienstwagenbesteuerung reformieren
3 Mrd. €
Bürokratieeinsparungen
1 Mrd. €
Gesamtpotenzial
17–18 Mrd. €
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