Antrag: | Regierungsprogramm für die Landtagswahl 2024 |
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Antragsteller*in: | Denny Möller |
Status: | Angenommen |
Eingereicht: | 01.12.2023, 21:21 |
Ä178 zu A1: Regierungsprogramm für die Landtagswahl 2024
Antragstext
Von Zeile 1242 bis 1244:
- Wir werden die Neugründung und den Erhalt von Ökolandbau mit ausreichenden finanziellen Mitteln ausstatten
und bis Ende 2029 die Zielstellung von 30%, um zunächst das Thüringer Ziel 10 % Ökolandbau in Thüringenund im Anschluss das bundesdeutsche Ziel 30 % zu erreichen.
1. Eine gerechte und solidarische Gesellschaft
Eine soziale gerechte Gesellschaft, in der alle Menschen gleichberechtigten
Zugang zu Arbeit, Wohlstand, Bildung, Kultur und politischen Entscheidungen
haben und sich selbst verwirklichen können, ist seit jeher Ziel der
Sozialdemokratie. Dieses Ziel ist längst noch nicht erreicht. Vielmehr ist
unsere Gesellschaft aktuell durch eine soziale Frage gekennzeichnet: eine kleine
Oberschicht mit einer Vielzahl ökonomischer, räumlicher und sozialer Einfluss-
und Verwirklichungsmöglichkeiten, eine große Mittelschicht, die sich teilweise
bedroht fühlt und eine größer werdende Gruppe von Menschen, die kaum von
Wohlstand und Freiheit profitieren können. Unsere Politik zielt darauf ab, dies
auszugleichen und Teilhabe für Alle an einer solidarischen Gesellschaft zu
ermöglichen. Landespolitisch tragen wir in erster Linie durch eine gut
ausgebaute soziale Infrastruktur dazu bei.
1.1 Familienfreundlichstes Bundesland
Die SPD ist die Familienpartei in Thüringen. Für uns ist klar: Gute Politik für
Familien zu machen, ist das zentrale Anliegen unserer Politik. Wir setzen uns
dafür ein, Strukturen zu etablieren und zu stärken, die Familien unterstützen.
Wir werden Familien finanziell entlasten und dafür sorgen, dass sie eine
qualitativ hochwertige Zeit miteinander verbringen können. Familienpolitik ist
eine Querschnittsaufgabe. Wenn wir die Bedürfnisse von Familien berücksichtigen
wollen, bedeutet das, dass wir den Sozialraum, Unterstützungsangebote, aber auch
den Nahverkehr, den Wohnungsmarkt, die Gesundheitsversorgung, sowie Arbeits- und
Bildungspolitik im Blick haben müssen.
Familien leiden besonders unter den Krisen der vergangenen Jahre, sei es, weil
sie im Besonderen auf eine starke soziale Infrastruktur angewiesen sind oder
weil sie stärker unter den Kostensteigerungen leiden.
In den nächsten Jahren liegt viel vor uns, wenn wir attraktive Lebensbedingungen
für Familien in Thüringen realisieren wollen. Die Frage, wie wir gute Betreuung
und Bildung in unseren Kindergärten ermöglichen, müssen wir dabei genauso
beantworten, wie wir pflegende Angehörige entlasten und unterstützen können oder
wie wir mit attraktiven Arbeitsbedingungen Fachkräfte für die Sozialwirtschaft
gewinnen, sowie mehr Familienerholung und die bessere Vereinbarkeit von Familie
und Beruf sicherstellen.
Das werden wir tun:
- Das Landesprogramm "Solidarisches Zusammenleben der Generationen" nimmt
die ganze Familie in den Blick. Diesen Weg wollen wir weitergehen und das
Landesprogramm erweitern durch eine Landesinitiative zur Verbesserung von
Chancengleichheit und Partizipation in Quartieren sowie ländlichen Räumen
mit besonderen sozialen Belastungen und Armutsrisiken. Somit werden Orte
für Familien, junge und alte Menschen sowie für Beratungs- und
Teilhabeangebote geschaffen.
- Als SPD Thüringen werden wir den Einstieg in das kostenfreie Mittagessen
starten. Mit uns bekommt jedes Kind in Thüringen in Kindergarten und
Schule ein gesundes Mittagessen am Tag. Dieses soll für Kinder und Eltern
kostenfrei sein.
- Unsere Grundüberzeugung ist und bleibt es, dass die Bildung vom
Kindergarten bis zum Meister bzw. Master grundsätzlich beitrags- und
gebührenfrei sein muss. Daher schaffen wir die Beiträge für Kindergarten
und Hort für alle Eltern in Thüringen ab. Unser Ziel ist es, dass Eltern
ab Januar 2025 keine Gebühren für Kinderbetreuung mehr zahlen.
Beitragsfreiheit und Betreuungsqualität müssen Hand in Hand gehen.
Sinkende Geburtenraten sind für uns kein Grund bestehende Stellen
abzubauen. Im Gegenteil: Auch sie helfen uns auf dem Weg zu einem besseren
Betreuungsschlüssel und sichern die Qualität der Betreuung in den
Einrichtungen.
- Wir werden die Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsqualität in unseren
Kindergärten weiter verbessern. Studien empfehlen zusammen mit
Fachexpert:innen und -verbänden für den Kita-Bereich einen
Mindestpersonalschlüssel von 1:3 für Kinder unter 3 Jahren (U 3) und von
1:7,5 für die Altersgruppe zwischen 3 Jahren und Schuleintritt (Ü 3).
Davon ist Thüringen trotz aller in den letzten Jahren vorgenommen
Verbesserungen bei den Betreuungsrelationen noch weit entfernt. Deshalb
werden wir einen verbindlichen Stufenplan zur Erreichung der Expert:innen-
Empfehlung festlegen und diesen schrittweise umsetzen. Unser Ziel ist es,
so einen von politischen Konjunkturen und parlamentarischen
Mehrheitsverhältnissen unabhängigen Pakt der Demokrat:innen zur
Weiterentwicklung der frühkindlichen Bildung in Thüringen zu schließen und
ihn in der kommenden Dekade zu erfüllen. Als ersten wichtigen Schritt
werden wir den Mindestpersonalschlüssel im Bereich Ü 3 vereinheitlichen
und auf 1:12 festlegen und in einem nächsten Schritt den
Mindestpersonalschlüssel in der Altersgruppe der Zwei- bis Dreijährigen
auf 1:6 zu verbessern.
- Attraktivitätssteigernd wirkt sich zudem eine weitere Professionalisierung
des Berufsfeldes aus. Dazu zählt der Ausbau der einschlägigen
Hochschulstudiengänge und die Etablierung eines Instituts zur
Qualitätsentwicklung der frühkindlichen Bildung, die Ermöglichung
kontinuierlicher und qualitativ hochwertiger Fort- und Weiterbildung für
die Erzieher:innen und das uneingeschränkte Festhalten am Fachkräftegebot.
Darüber hinaus wollen wir ausgebildeten Erzieher:innen mit Berufserfahrung
den Zugang zu berufsbegleitenden Studiengängen ermöglichen.
- Mit einem Masterplan Fachkräftesicherung in der Sozialen Arbeit starten
wir eine Offensive zur Fachkräftesicherung für Kindergärten,
Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe.
- Die Kommunen finanziell verlässlich ausstatten, um Jugendarbeit,
Unterstützungsangebote für Familien, Vereinsarbeit, Hilfe für Bedürftige,
eine öffentliche Verwaltung, auf die sich jede:r verlassen kann, Straßen,
Spielplätze, Schulen und Kindergärten – alles, was es für eine lebenswerte
Nachbarschaft und ein soziales Miteinander braucht, vorzuhalten.
- Wir werden ein Programm zur Stärkung der Gemeinwesensarbeit einführen und
gesetzlich verankern, mit dem wir die kommunale Sozial- und Raumplanung
verstetigen und weiterqualifizieren, so dass fachbereichsübergreifend,
gemeinsam mit den sozialen Trägern und unter Beteiligung der
Einwohner:innen, gleichwertige Lebensbedingungen, angemessene Versorgung
mit sozialen Dienstleistungen und demokratische Teilhabe für Alle möglich
sind. Projekte der Nachbarschaftshilfe, flexible Kinderbetreuung,
Freizeitangebote und vieles mehr können damit gefördert werden. Vor Ort
soll in den Kommunen entschieden werden, mit welchen Angeboten Familien
gestärkt werden. Das Landesprogramm soll ein Volumen von 10 Millionen Euro
haben. Mit der Stärkung der kommunalen Sozialplanung sind wir einen
wichtigen Schritt gegangen, um die Lebensbedingungen der Menschen vor Ort
zu verbessern, stärker zu unterstützen und Freizeitangebote auszubauen. In
einem nächsten Schritt werden wir die Beteiligung von Menschen vor Ort in
ihren Quartieren und Stadtteilen im Rahmen dieser Planungsprozesse
erleichtern.
- Eltern brauchen familienfreundliche Arbeitsbedingungen. Darauf muss sich
die Wirtschaft in Thüringen einstellen. Wir werden, insb. kleine und
mittelständische Unternehmen unterstützen, Arbeitsbedingungen anzupassen,
z.B. durch familienfreundliche Arbeitszeitmodelle oder Möglichkeiten zum
Homeoffice. Auf Bundesebene setzen wir uns für die Einführung einer
Familienarbeitszeit ein, die Eltern gleichberechtigt die Möglichkeit zur
Reduzierung der Arbeitszeit bei Lohnausgleich ermöglicht.
- Wir werden familienpolitische Akteur:innen in alle für Familien relevanten
Entscheidungen einbeziehen. Dazu werden wir den Landesfamilienrat
weiterentwickeln.
- Familien brauchen vor allem eines: Zeit füreinander! Wir werden das
Landesprogramm zur Familienerholung evaluieren und verstetigen, damit
Familien mit geringem Einkommen und pflegende Angehörige die Möglichkeit
zu einer Auszeit haben.
- Wir werden noch einmal die Minderungszeiten für Erzieherinnen und Erzieher
erhöhen und die Einrichtungsleitung stärken. Das heißt konkret mehr Zeit
für Leitungsaufgaben, für Fortbildung und für die Träger neue Spielräume,
um krankheitsbedingte Abwesenheiten durch zusätzliches Personal
auszugleichen. Für Familien bedeutet dies: mehr Verlässlichkeit bei den
Öffnungszeiten ihres Kindergartens. Wir halten an der Betreuungsgarantie
von bis zu 10 Stunden täglich fest.
- In den Kindergärten wollen wir die Familienarbeit stärken und
multiprofessionelle Teams etablieren. Hierzu wollen wir die Entwicklung
von Kindergärten hinzu Thüringer Eltern Kind Zentren (ThEKiZ) und das
Modellprojekt „Vielfalt vor Ort begegnen“ ausweiten. Wir werden das
Modellprojekt in die Regelfinanzierung überführen und den Kommunen
bedarfsgerecht zusätzliche Personal- und Sachkosten zur Bewältigung der
aktuellen Herausforderungen bereitstellen. Damit wollen wir die regelhafte
Einführung von Sozialarbeit in unseren Kindergärten in einem
Landesprogramm ermöglichen.
- Zudem gilt es, die schulische Ausbildungder Fachkräfteattraktiver zu
gestalten, in dem wir die Schulgeldfreiheit einführen und die
Anerkennungspraktika für alle Einsatzfelder flächendeckend vergüten. Zudem
werden wir den Weg für einen Quereinstieg und die berufsbegleitende
Weiterbildung zur Fachkraft ermöglichen. Mit dem Aufbau eines landesweiten
Fachkräftemonitoring für die frühkindliche Bildung werden wir regelmäßig
die Personal- und Ausbildungssituation, die konkreten regionalisierten
Personalbedarfe und die Notwendigkeiten der Personalentwicklung erheben
sowie die daraus abzuleitenden Handlungsschritte des Landes, der Kommunen
und der Einrichtungsträger definieren.
- Ein attraktives Berufsumfeld bietet die beste Gewähr dafür, dass sich noch
mehr junge Menschen dafür entscheiden als Erzieher:in im Kita-Bereich zu
arbeiten und dort auch dauerhaft zu bleiben. Wir werden uns daher dafür
einsetzen, dass die Bestimmungen des TVöD bei der Entlohnung des
Erzieher:innenpersonals landesweit und trägerübergreifend Anwendung
finden. Dadurch werden die teilweise erheblichen Lohnunterschiede zwischen
kommunalen und freien Einrichtungsträgern nivelliert.
- Wir wollen bezahlbaren Wohnraum für Familien erhalten und schaffen. Zur
Miete und im Eigentum – in der Stadt und auf dem Land. Dazu werden wir das
soziale Wohnungsbauprogramm beschleunigen und die Bemessungsgrundlage so
verändern, dass auch Familien mit geringen Einkommen berücksichtigt werden
können. Kommunen sollen keine finanziellen Nachteile entstehen, wenn Sie
Bauland günstiger an Familien abgeben. Einnahmeausfälle werden wir den
Kommunen daher erstatten. In den größeren Städten soll eine solche
Baulandbereitstellung auch für Bauträger möglich sein, die sich
langfristig zu sozialen Kriterien verpflichten. So werden Miet- und
Eigentumswohnungen in Thüringen auch für den kleinen Geldbeutel bezahlbar.
Um Ortskerne zu verdichten, wollen wir Lückenbebauungen und Sanierungen
mit gezielter Förderung unterstützen.
- Wir werden die Thüringer Familienkarte als dauerhaftes Angebot für
Familien in Thüringen etablieren. Familien sollen damit die Möglichkeit
haben Theater, Freibäder, Museen und Freizeitangebote kostenfrei nutzen
können. Außerdem werden wir ein Jugendkulturticket für alle jungen
Menschen bis zum Abschluss ihrer beruflichen und akademischen Ausbildung
einführen, mit denen sie Kultureinrichtungen kostenfrei nutzen können. Wir
wollen, dass alle Kinder und Jugendliche Kultur erleben können..
- Die Einkommenssituation von Familien muss sich verbessern. Wir setzen uns
für die Steigerung des Lohnniveaus ein. Wir kämpfen an der Seite der
Gewerkschaften für eine Steigerung der Tarifbindung und höhere
Tarifabschlüsse. Alle gesetzlichen und untergesetzlichen Möglichkeiten,
die wir zur Regulierung haben, werden wir nutzen.
- Als SPD stehen wir für mehr soziale Gerechtigkeit. Deshalb setzen wir uns
auf der Bundesebene für die Einführung eines Grunderbes in Höhe von 20.000
€, für jede:n der das 18. Lebensjahr erreicht, ein.
- Um pflegende Angehörige zu unterstützen, die Qualität in der Pflege
sicherzustellen und eine Antwort auf den steigenden Bedarf an Fachkräften
zu finden, streben wir eine konzertierte Aktion an, die alle relevanten
Akteur:innen in der Pflege beteiligt. Dort soll ein Maßnahmenkatalog
erarbeitet werden, der im Anschluss zügig umgesetzt werden muss.
- Mit einem starken ÖPNV unterstützen wir Familien. Mobilität ist die
Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe. Damit Familien in Thüringen
gut mobil sein können, braucht es einen gut ausgebauten, bezahlbaren ÖPNV,
ergänzt um Angebote von Carsharing,Rufbusse und On-Demand-Angeboten.
1.2 Kinder und Jugendpolitik
Junge Menschen gehören ins Zentrum unserer Gesellschaft – mit all ihren
Interessen und Bedürfnissen. Unser Ziel ist es, die Belange von jungen
Menschen,
ihre Ideen und Interessen dauerhaft in den Fokus der politischen
Aufmerksamkeit
zu holen. Wir wollen Jugendpolitik in Thüringen mit den
Jugendlichen selbst und
den jugendpolitischen Akteuren im Dialog entwickeln und
umsetzen.
Das werden wir tun:
- Die eigenständige Jugendpolitik werden wir ressortübergreifend weiter
stärken und die Situation junger Menschen durch einen regelmäßigen
Lebenslagenbericht ins Zentrum der Landespolitik rücken.
- die Maßnahmen der „Landesstrategie Mitbestimmung” weiter umsetzen und die
Mitbestimmungsrechte in der Kommunalordnung stärken sowie Jugendgremien in
der Landespolitik, wie z.B. den Jugendlandtag als Jugendpolitikberatung
etablieren. Die Diskussion um die Reform der Thüringer Verfassung mit dem
Ziel fortsetzen, das Wahlrecht ab 16 für die Thüringer Landtagswahl
einzuführen und die Kinderrechte in die Verfassung aufzunehmen.
- Die Offene Kinder- und Jugendarbeit sowie die Arbeit der Jugendverbände
wollen wir weiter unterstützen und mit einer gesetzlich dynamisierten
örtlichen
Jugendförderung (sog. Jugendpauschale) die Kommunen bei der
Umsetzung
dieser Aufgabe fördern, sowie den Landesjugendförderplan
bedarfsgerecht
ausfinanzieren.
- Ein Investitionsprogramm für Einrichtungen der offenen Jugendarbeit in den
Kommunen und für die Thüringer Jugendbildungsstätten auflegen, um
gemeinsam den Kommunen die Einrichtungen zeitgemäß zu modernisieren.
- Die jugendpolitische Erfolgsgeschichte der Schulsozialarbeit
weiterschreiben! Wir wollen, dass Schulsozialarbeit künftig in allen
Thüringer Kommunen bedarfsgerecht angeboten und qualitativ weiter gestärkt
wird. Um eine dauerhafte gute Schulsozialarbeit zu gewährleisten, ist
Planungssicherheit für die kommunalen Jugendämter sowie die freien Träger
besonders wichtig. Wir halten es daher weiterhin für erforderlich, die
notwendige Landesförderung der Höhe nach gesetzlich festzuschreiben und
eine Dynamisierungsregelung einzuführen, die sich jährlich an die
Tarifsteigerungen im öffentlichen Dienst sowie am Preisindex anlehnt.
- Die Rechte von Kindern, Jugendlichen und deren Familien im Bereich der
frühen und erzieherischen Hilfen umfassend sichern, sowie die Qualität in
diesen Hilfen stärken und gemeinsam mit den Kommunen und freien Trägern
weiterentwickeln. Dabei soll der Bedarf an Hilfen zukünftig in den
einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städten im Rahmen der
Jugendhilfeplanung verpflichtend ermittelt werden. Zudem werden wir ein
landesweites und bedarfsgerechtes Angebot an unabhängige Ombudsstellen
sichern, die Beteiligung junger Menschen in Heimräten und einen
Landesheimrat stärken, sowie Careleaver- Initiativen unterstützen.
- Wir begrüßen die Reform des SGB VIII zum Aufbau einer inklusiven
Jugendhilfe. Damit werden die Jugendämter für alle jungen Menschen
zuständig, unabhängig davon, ob und welche Unterstützung sie benötigen.
Den Prozess dazu auf Bundesebene und zur Umsetzung in Thüringen wollen wir
begleiten und unterstützen.
- Wir stärken die politische Bildung im schulischen und außerschulischen
Bereich, dazu werden wir das Netz an Thüringer Jugendbildungsstätten
zukünftig stärker fördern und die europäische Jugendbildungs- und
Begegnungsstätte Weimar zu einem Zentrum für Demokratie und Mitbestimmung
weiterentwickeln. Insbesondere setzen wir uns für einen Ausbau des
schulischen Sozialkundeunterrichts ein.
- Wir müssen Angebote wie das Freiwillige Soziale Jahr, das Freiwillige
Ökologische Jahr, das Freiwillige kulturelle Jahr und das Freiwillige
Politische Jahr stärken, so dass sich alle Jugendlichen – unabhängig von
der Unterstützungsmöglichkeiten ihrer Eltern – ein solches Jahr leisten
können, denn diese Angebote bieten Jugendlichen Orientierungs- und
Engagement Möglichkeiten. Wir werden diese Angebote sichern und finanziell
angemessen ausstatten. Kurzfristig soll die Vergütung für Freiwillige im
Thüringen Jahr auf die derzeit maximale Höhe angehoben werden (gem.
Jugendfreiwilligendienstgesetz auf sechs Prozent der
Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung = 438 Euro monatlich).
Darüber hinaus bringen wir eine Bundesratsinitiative für die Erhöhung des
Taschengelds für Freiwilligendienstleistende auf das Bafög-Niveau auf den
Weg.
- Ein Förderprogramm zur Digitalstrategie der Kinder- und Jugendhilfe
aufbauen, dass bedarfsgerecht zusätzliche finanzielle, technische und
personelle Ressourcen zur Verfügung stellt, um auf die auf die
Herausforderungen der zunehmenden Digitalisierung aller Lebensbereiche und
die damit verbundenen umfassenden Veränderungen der Arbeits- und
Berufswelt, der Kommunikation und Interaktion der Menschen, des familiären
und gesellschaftlichen Zusammenwirkens reagieren zu können.
- Junge Menschen streben verstärkt den höchstmöglichen Schulabschluss an und
entscheiden sich öfter zunächst gegen eine berufliche Ausbildung. Wir
unterstützen Thüringer Betriebe und Unternehmen in ihrem Bemühen, die
Attraktivität einer Dualen Ausbildung stärker für Jugendliche
herauszustellen, die über eine Hochschulzugangsberechtigung verfügen bzw.
ihren Realschulabschluss in Wahlschulformen erworben haben. Insbesondere
benachteiligte Jugendliche und Jugendliche mit Behinderungen sind darüber
hinaus, beginnend in den Vorabgangsklassen, individuell und unter
Aktivierung gängiger Unterstützungsinstrumente bis zur Aufnahme eines
Ausbildungsverhältnisses gezielt zu begleiten. Berufsorientierungsangebote
sind daher stärker zu individualisieren und deren Einsatz in nicht
berufsqualifizierenden Bildungsgängen der berufsbildenden Schulen zu
prüfen.
- Qualifizierte Duale Ausbildung braucht einen starken Partner –
Berufsbildende Schule und berufsbegleitende Hilfen. Vor dem Hintergrund
einer kritischen Altersstruktur unter Lehrer:innen an BBS,
gleichbleibenden Schüler:innenzahlen in der Dualen Ausbildung und den
Herausforderungen digitaler Transformation in Lehre und wirtschaftlicher
Praxis sind vorhandene personelle und materielle Ressourcen der BBS
stärker zu konzentrieren. Wir unterstützen die Weiterentwicklung von
Schwerpunktschulen/Berufsschulzentren zur Gewährleistung einer
qualifizierten Unterrichtsversorgung für alle Thüringer
Berufsschüler:innen. Gleichwohl ist uns bewusst, dass sich damit Wege
eines Teils von Auszubildenden zur Berufsschule deutlich verlängern
werden. Wir setzen uns für den Aufbau von Internatskapazitäten an
Standorten der Schwerpunktschulen ein. Schulsozialarbeiter:innen werden an
Berufsbildenden Schulen auch zukünftig bedarfsgerecht eingesetzt.
Ausbildungsbegleitende Hilfen und die Jugendberufshilfe werden wir
stärken.
- Wir verbessern den Schutz vor häuslicher und sexualisierter Gewalt in der
Gesellschaft. Dafür stärken wir den Kinder- und Jugendschutz, um
Schutzkonzepte in Schulen, Sport- und Jugendeinrichtungen einzuführen.
Darüber hinaus werden wir eine Fallzahlbegrenzung im allgemeinen sozialen
Dienst einführen und mehr Fortbildungsangebote für Familienrichter:innen
und Staatsanwälte schaffen.
- Wir setzen uns für leistungsfähige Jugendämter, öffentliche und private
Träger mit einer verlässlichen, am Bedarf orientierten und tarifgerechten
Personalausstattung ein.
- Wir setzen uns für eine schrittweise Kostenfreiheit für Kinder und
Jugendliche für die Nutzung des ÖPNV in Thüringen ein.
- Wir werden Initiativen von Jugendlichen, die sich für Umwelt- und
Klimaschutz einsetzen, besonders unterstützen und in die Entwicklung einer
Landesstrategie Bildung für nachhaltige Entwicklung einbeziehen.
- Wir werden Kommunen und Landkreise durch interkommunalen Fachaustausch in
die Lage versetzen, kommunale Mitbestimmungsstrategien junger Menschen zu
entwickeln und zu etablieren.
1.3 Teilhabe von Senior:innen
In der Sozialdemokratie ist ein bestimmender Aspekt unserer Arbeit die
Solidarität der Generationen. Unser Engagement und Einsatz für die Mitglieder
unserer Gesellschaft darf nicht mit dem Renteneintritt enden. Senior:innen sind
ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft. Sie haben ihren Beitrag für die
Gestaltung unserer Gesellschaft geleistet, engagieren sich darüber hinaus und
übernehmen in hohem Maße Verantwortung für ihre Familien, für ihre
Partner:innen, Kinder und Enkelkinder. Wir sehen ältere Menschen, die sich in
der Nacherwerbsphase ihres Lebens befinden, als immanenten Bestandteil unserer
ganzheitlichen Familienpolitik an. Auf ihre Erfahrungen und ihr Engagement
können und wollen wir nicht verzichten. Deshalb brauchen wir einen
wertschätzenden Umgang mit ihnen und müssen echte Teilhabe an unserer
Gesellschaft über das Rentenalter hinaus garantieren. Insgesamt wollen wir die
gesellschaftliche Teilhabe älterer Menschen stärken und Hilfestellungen für ein
selbstbestimmtes und sozialgerechtes Leben im Alltag ausbauen.
Das werden wir tun:
- Eines ist sicher: Der Unterstützungs- und Pflegebedarf für alte Menschen
wird in den kommenden Jahren steigen. Unser Ziel ist es, dass Menschen
möglichst lang gut und gesund in ihrem gewohnten Umfeld leben können. Die
staatlich garantierten Hilfestellungen gehören für uns zum
Selbstverständnis einer sozial gerechten und solidarischen Gesellschaft.
Deshalb stehen wir für eine umfassende und bedarfsgerechte Versorgung
älterer Menschen. Dazu gehören eine ausreichende finanzielle Absicherung,
eine barrierefreie Umgebung sowie eine bedarfsgerechte
Gesundheitsversorgung. Ebenso die Förderung von ehrenamtlichem Engagement,
sozialer Anbindung und die Stärkung der Selbstbestimmung älterer Menschen
sind uns wichtige Anliegen.
- Sozial- und Bildungsarbeit mit Älteren in der Kommune stärken. Mit dem
Landesprogramm „Solidarisches Zusammenleben der Generationen“ und dem
Programm AGATHE – „Älter werden in der Gemeinschaft – Thüringer Initiative
gegen Einsamkeit“ werden wir eine aktive Altenarbeit in den Kommunen
fördern und zu einem Mindeststandard für generationengerechte
Infrastruktur weiterentwickeln. Dazu werden wir auf Grundlage der
Evaluierungsberichte das Familienfördersicherungsgesetz novellieren und
darin die Programme bedarfsgerecht ausbauen und dauerhaft absichern.
Zusammen mit den Kommunen wollen wir barrierefreien und bezahlbaren Zugang
zu allen Orten der Bildung, der Kultur und des gesellschaftlichen Lebens
ermöglichen. Hierzu wollen wir einerseits die Möglichkeiten der
Digitalisierung nutzen, andererseits aber auch durch unmittelbare
Beratungs- und Unterstützungsprogramme sicherstellen, dass neue technische
Möglichkeiten von allen Menschen sinnvoll und sicher genutzt werden
können.Damit insbesondere der Aspekte der Altenhilfe innerhalb der
Sozialplanung künftig viel stärker beleuchtet und bedarfsgerechter
entwickelt wird, streben wir an, die integrierte Planung der Altenhilfe
nach § 71 SGB XII gesetzlich zu verpflichten (Altenhilfestrukturgesetz).
- Wohnen sichern. Wir werden dafür sorgen, dass Land und Kommunen in enger
Abstimmung mit den kommunalen Wohnungsunternehmen und
Wohnungsbaugenossenschaften und unter gezieltem Einsatz von
Förderprogrammen altersgerechte und barrierefreie Wohnräume, alternative
Wohnformen und Service-Wohn-Angebote ausbauen. Mit einer fachlichen
Empfehlung für einen Wohnraum-Check werden wir einen einheitlichen
thüringenweiten Qualitätsstandard für „altersgerechtes Wohnen“ schaffen.
Ebenso muss die barrierefreie Gestaltung des gesamten öffentlichen Raumes
und des Wohnumfeldes, vom Zustand der Gehwege, der verkehrlichen Situation
bis zur Beleuchtung im Wohnquartier berücksichtigt werden. Eine Vernetzung
mit der Landesfachstelle für Barrierefreiheit streben wir an.
- Mobilität sicherstellen. Mangelnde Barrierefreiheit und hohe Kosten
schließen ältere Menschen von der Nutzung des öffentlichen
Personennahverkehrs aus. Wir werden beim Ausbau des ÖPNV in Thüringen die
besonderen Bedarfe alter Menschen gezielt berücksichtigen. Alternativen
zum eigenen PKW, wie Radverkehr und E-Bikes, den Gemeindebus oder das
Konzept „Fahrendes Mobil“ werden wir bedarfsgerecht ausbauen.
- Sicherheit gewährleisten. Kriminalität, die die Situation alter Menschen
gezielt ausnutzt, ist besonders arglistig. Wir werden Beratungsangebote
und polizeiliche Schutzmaßnahmen in Bereichen verstärken, in denen
Senior:innen bedroht sind, zum Opfer von Verbrechen zu werden.
- Mitwirkung und Engagement fördern. Für uns gilt: Wann immer es um die
Belange von Senior:innen geht, sollen sie in Beratungen und nach
Möglichkeit auch in Entscheidungen aktiv einbezogen werden.
Seniorenbeiräte, Seniorenbeauftragte und aktive Interessenvertretung, wie
der Landesseniorenrat, sind wichtige Institutionen, um die Belange älterer
Menschen auf kommunaler Ebene und landesweit zu vertreten. Wir wollen die
Mitwirkungsbereitschaft in der Interessenvertretung stärken und die
Gewinnung von Senior:innen für aktives ehrenamtliches Engagement
intensiver fördern. Die Interessenvertretung von und für Menschen mit
Pflegebedarf und ihrer Angehöriger werden wir stärken.Die Rechte des
Landesseniorenrates sowie der kommunalen Seniorenbeauftragten und
Seniorenbeiräte werden wir stärken und entsprechend das Thüringer Gesetz
zur Stärkung der Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte von Senioren auf
Grundlage des Evaluationsberichtes novellieren.
- Wir setzen uns für die Schaffung einer Landesstrategie zur Bekämpfung von
Altersarmut ein. Laut VdK Hessen-Thüringen sind 400.000 Menschen von
Altersarmut betroffen. Es ist mit unserem sozialdemokratischen
Selbstverständnis nicht vereinbar, dass Menschen, die ihr Leben lang
arbeiteten, in Armut leben. Diese Härte müssen wir im Rahmen der
Kompetenzen des Freistaats Thüringen umfassend abfedern.
1.4 Menschen mit Behinderungen
Wir wollen, dass Thüringen ein inklusives Bundesland ist, deshalb befördern wir
die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Alle Menschen mit und ohne
Behinderungen, sollen am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Menschen mit
Behinderungen sind oftmals auf die Unterstützung dritter Personen angewiesen.
Unser Ziel muss es sein, alle Lebensbereiche inklusiver und innovativer zu
gestalten, um selbstbestimmte Teilhabe an der Gesellschaft umfassend zu
ermöglichen.
Das werden wir tun:
- Wir wollen die Barrierefreiheit in allen analogen und digitalen Bereichen
des Lebens, von der Frage baulicher Barrierefreiheit bis hin zur
Internetgestaltung sicherstellen.
- Die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes und die Unterstützung
personenzentrierter Dienstleistungen sind zentrale Schlüssel für die
Inklusion. Wir müssen deshalb den Umbau der sozialen Infrastruktur
zugunsten von Teilhabemöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen vor Ort
vorantreiben. Die soziale Infrastruktur und die personenzentrierten
Leistungen im Quartier müssen weiter ausgebaut werden. Denn eine inklusive
Gesellschaft bedeutet, dass es eine soziale Infrastruktur geben muss, die
für alle nutzbar und doch individuell gestaltet ist. Die in Thüringen
entwickelte „Personenzentrierte Komplexleistung“ als eine neue, ambulante,
stark sozialraumorientierte Angebotsform werden wir fördern und vermehrt
realisieren.
- Wir werden den Maßnahmeplan zur Umsetzung der UN-
Behindertenrechtskonvention in Thüringen und eine Vereinheitlichung der
Aufgaben der Eingliederungshilfe und der Kinder- und Jugendhilfe für
Kinder mit Behinderungen umsetzen.
- Thüringen hat sich auf den Weg gemacht, schrittweise ein inklusives
Schulsystem zu realisieren. Es soll das gemeinsame Leben und Lernen von
Menschen mit und ohne Behinderungen bei bestmöglicher individueller
Förderung ermöglichen. Eine notwendige Bedingung hierfür ist, dass den
Schulen die personellen und materiellen Ressourcen für eine gelingende
Inklusion zur Verfügung gestellt werden.
- Diversität ist die Lösung vieler Probleme am ersten Arbeitsmarkt. Ziel der
beruflichen Schulen muss es sein, alle Menschen mit und ohne Behinderungen
für eine Tätigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt zu befähigen. Wir werden
mehr Ausbildungs- und Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen
schaffen.
- Unser Ziel ist es, möglichst vielen Menschen eine geeignete
sozialversicherungspflichtige Beschäftigung anzubieten. Dazu gehören der
Ausbau von Assistenzen und unterstützter Beschäftigung, ein
flächendeckendes Angebot an Integrationsbetrieben und der Ausbau des
Integrationsfachdienstes.
- Um Menschen mit Behinderungen eine faire Chance auf dem ersten
Arbeitsmarkt zu eröffnen, werden wir neben der Möglichkeit des Budgets für
Arbeit, die Schaffung eines zusätzlichen Anreizsystems – in Form einer
direkten oder indirekten monetären Entlastung für die Unternehmen –
prüfen. Diese Entlastung sollte nach Art und Grad der Behinderung
unterschieden werden. Um die verschiedenen Arten der Behinderungen zu
vergleichen, kann man wie z. B. im Behindertenleistungssport ein
Klassifizierungssystem nutzen. Die öffentliche Hand hat bei der Ausbildung
und Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen eine Vorbildfunktion.
- Um auf die Bedürfnisse aller Kinder und
Jugendlichen eingehen zu können,
sollen alle Lehrkräfte in inklusiver Pädagogik
fortgebildet werden. Wir
streben die Einrichtung von multiprofessionellen Teams an
den Schulen an.
- An unserer favorisierten Schulform, der TGS, ist Inklusion aus Sicht der
SPD Thüringen am besten umzusetzen. Daneben müssen räumliche Anforderungen
an die TGS entwickelt werden, welche Inklusion auch für Kinder- und
Jugendliche mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen ermöglicht. Weiterhin
müssen die räumlichen, sachlichen und strukturellen Voraussetzungen an den
Schulen geschaffen werden, um optimalen gemeinsamen
Unterricht
durchführen zu können. Dazu sind auch technische Hilfsmittel,
beispielsweise
zur Unterstützung von Menschen mit Sinnesbehinderungen,
einzusetzen.
- Wir setzen uns dafür ein, dass die UN-Behindertenrechtskonvention endlich
in die Thüringer Verfassung aufgenommen wird und damit die Rechte von
Menschen mit Behinderungen mehr Sichtbarkeit erhalten.
1.5 Gleichstellung der Geschlechter
Laut Gender Gap Report der Stiftung der Weltwirtschaftsforums braucht es noch
131 Jahre, bis die Gleichstellungslücke zwischen den Geschlechtern geschlossen
wurde. Im familiären und beruflichen Alltag ist die Gleichstellung auch zu
Beginn des 21. Jahrhunderts nicht erreicht. Durch die Coronapandemie hat die
Gleichstellung sogar einen Rückschritt gemacht und die Kluft zwischen den
Geschlechtern vergrößert. Frauen tragen weiterhin größere Risiken im Berufsleben
neben der Tatsache, dass die deutlich häufiger in prekären
Beschäftigungsverhältnissen angestellt sind und verdienen durchschnittlich
weniger. Sie haben schlechtere Aufstiegsmöglichkeiten und sind seltener in
Führungspositionen zu finden. Wir als SPD Thüringen wollen unseren Beitrag zu
einer schnelleren Gleichstellung leisten und die Bedingungen für Frauen in der
Familie und im Beruf verbessern.
Das werden wir tun:
- Wir werden einen verpflichtenden Gleichstellungscheck einführen und damit
alle Maßnahmen, ob Gesetze, Verordnungen, Haushaltsausgaben und Setzung
von Rahmenbedingungen einem Gleichstellungscheck zu unterwerfen. Wir
werden keine Maßnahmen mehr beschließen, die die Gleichstellung der
Geschlechter nicht voranbringen.
- Um Genderbudgeting (Etablierung und Durchführung von Maßnahmen innerhalb
des Prozesses der Aufstellung von öffentlichen Haushalten, mit dem Ziel,
die tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter zu fördern und zu
erreichen) auch in Thüringen zu etablieren, ist in einem wissenschaftlich
begleiteten Pilotprojekt mit mindestens einer Kommune (Landgemeinde) das
Prinzip des Genderbudgeting beispielhaft umzusetzen. Das Pilotprojekt ist
mit einem finanziellen Anreiz für die ausgewählte Kommune verbunden.
- Täterarbeit ist ein wichtiger Aspekt der Gewaltprävention. Daher werden
Programme zur Täterarbeit und Gewaltprävention (z.B. Projekt Orange)
auskömmlich finanziert, damit diese Arbeit effektiv und flächendeckend
durchgeführt werden kann.
- Auch wenn Gleichstellung bei allen Themen immer mitgedacht werden muss, so
braucht es dennoch im Thüringer Landtag wieder einen Ausschuss, der sich
allein mit dieser Frage auseinandersetzt. Wir werden den eigenständigen
Gleichstellungsauschuss wieder einsetzen, nur so bleibt das Thema sichtbar
und kann mit Nachdruck verfolgt werden.
- Wir werden Schulungs- bzw. Bildungsangebote für Männer zum Thema
Gleichstellung, Geschlechtergerechtigkeit, Teilhabe, Frauenförderung,
patriachale Männlichkeit etc. einrichten. Nur durch Bildung wird das
Verständnis füreinander gefördert.
- Frauen sind in besonderen Umfang nicht nur physischer und psychischer
Gewalt ausgesetzt. Auch Armut und andere Formen der Benachteiligung trifft
sie besonders. Das Beratungsangebot, die Anlaufzentren und die Schutzräume
für Frauen müssen daher auch diese Aspekte berücksichtigen.
- Wir setzen uns dafür ein, dass Frauen entsprechend ihres Anteils an der
Gesamtbevölkerung auch im Thüringer Landtag vertreten sind. Wir streben
deshalb an, dass künftig die Hälfte der Thüringer Landtagsabgeordneten
weiblich sein soll. Dieses Ziel verfolgen wir weiter und werden dafür ein,
die rechtlichen Rahmenbedingungen einhaltendes, Paritégesetz auf den Weg
bringen.
- Gewalt gegen Frauen muss sichtbar gemacht werden. Die SPD Thüringen wird
sich dafür stark machen, dass der Begriff der „Hasskriminalität gegen
Frauen“ in die polizeiliche Kriminalstatistik mit aufgenommen wird.
- Die SPD Thüringen steht hinter den Forderungen der Istanbul-Konvention und
wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass die Finanzierung von
Frauenhäusern im Freistaat lückenlos und nachhaltig gesichert wird. Die
Leistungsberechtigung nach dem SGB darf kein Kriterium mehr zur
Unterbringung in Frauenhäusern und -schutzeinrichtungen sein. Personen
unterhalb der Armutsgrenze sind in einer Sonderfallregelung zu
berücksichtigen. Innerhalb der Projektfinanzierung der Thüringer
Frauenhausförderung müssen die Personal-und Sachkosten verpflichtend
gewährleistet werden, ohne dass sie in Haushaltsdebatten regelmäßig zur
Verhandlung stehen. Hierfür nehmen wir die kreisfreien Städte und
Landkreise verstärkt in die Verantwortung und verankern das Vorhalten
sowie die anteilige Finanzierung von Frauenhäusern als deren kommunale
Pflichtaufgabe.
- Um die Umsetzung der Istanbul-Konvention auch in Thüringen zu
intensivieren, wird das Monitoring der Umsetzungsprozesse bei der
Landeskoordinierungsstelle angesiedelt. Darüber hinaus werden attraktive
verpflichtende Weiterbildungsangebote auf Landesebene geschaffen für alle
Personengruppen, die in Kontakt mit von Gewalt betroffenen Frauen sind.
- Alle statistischen Auswertungen werden ab sofort mit der
Geschlechterkomponente veröffentlicht, wenn die entsprechenden Daten
vorliegen. Diese Veröffentlichung macht die geschlechtsspezifische
Auswertung der erhobenen Daten möglich und ist somit die, auch die
Gleichstellung berücksichtigende, Grundlage für effiziente politische
Entscheidungen und Programme.
- Wir werden kostenfreie Menstruationsartikel in öffentlichen Ämtern,
Behörden und Verwaltungen für alle Menschen zugänglich zur Verfügung
stellen. Ziel muss der kostenfreie Zugang zu Menstruationsartikeln für
alle Personen nach schottischem Modell sein.
- In Zeiten des Fachkräftemangels können wir es uns nicht leisten, das
Qualifizierungspotenzial von Frauen brach liegen zu lassen.
Weiterbildungsangebote sind daher attraktiver zu gestaltet. Dies bezieht
sich auch auf das Nachholen von Schulabschlüssen. Mit der Möglichkeit,
Weiterbildung in Teilzeit zu absolvieren, Kinderbetreuung in Anspruch zu
nehmen und eine finanzielle Entlastung (z.B. durch soziale Staffelung von
Entgelten oder Förderprogrammen speziell für Frauen, die sich weiter- oder
fortbilden, etc.) zu erhalten, wollen wir mehr Frauen die Option
einräumen, das in ihnen
schlummernde Potenzial zu aktivieren.
- Sportvereine haben immer noch zu wenige weibliche Mitglieder und die
Funktionärsstrukturen sind männlich geprägt. Daher werden in vielen
Fällen
Männermannschaften bevorzugt gefördert. Um dies zu ändern, sind
der
Landessportbeirat und das Präsidium des Landessportbundes paritätisch
zu
besetzen, denn Sichtbarkeit von Frauen bedingt, gehört zu werden. Die
Stelle
einer Gleichstellungsreferentin wird im Landessportbund
eingerichtet. Das Land
legt Förderprogramme für Sportvereine auf, die
diese dabei unterstützen, Frauen
und Mädchen für den Vereinssport zu
gewinnen sowie Frauen für Führungspositionen
in den Sportvereinen zu
begeistern.
- Frauen in Thüringen haben auch nach Abschaffung des § 219a StGB Probleme,
Informationen über Schwangerschaftsabbrüche zu erhalten. Daher ist der
Zugang zu
Daten über Abbruchmöglichkeiten und -orte sicherzustellen.
Hierfür wird durch
das Land ein Internetportal eingerichtet, dass alle
Informationen zu
Schwangerschaftsabbrüchen niederschwellig und
barrierefrei zusammenfasst. Um ein
flächendeckendes Angebot
sicherzustellen, werden Krankenhäuser, die öffentliche
Mittel erhalten,
dazu verpflichtet Schwangerschaftsabbrüche als medizinische
Grundversorgung anzubieten. Wir machen uns auf Bundesebene weiterhin für
die Streichung des § 218 StGB stark.
- Der Internationale Frauentag ist aus der Arbeiter:innenbewegung heraus
entstanden und sollte auf die vorherrschende Diskriminierung aufgrund des
Geschlechts aufmerksam machen, u.a. thematisierte der erste Internationale
Frauentag 1911 die Forderung nach dem Frauenwahlrecht. Die Einführung des
08. März als festen gesetzlichen Feiertag soll auf diese weiterhin
vorherrschende Diskriminierung hinweisen und verdeutlichen, dass die
umfassende Gleichstellung der Geschlechter noch nicht erreicht ist.
1.6 Queerpolitik
Hass, Gewalt und Aggressionen gegen queere Menschen sind in Deutschland noch
immer alltäglich. Die Anzahl registrierter Fälle von Hasskriminalität und damit
auch von Übergriffen auf queere Menschen ist in den letzten Jahren in Thüringen
deutlich gestiegen, die Dunkelziffer ist deutlich höher. Als SPD Thüringen
stellen wir uns gegen jede Form von Diskriminierung von geschlechtlicher
Identität und sexueller Orientierung. Um die Lebensrealität von queeren Menschen
zu verbessern, streben wir ein gemeinsames Programm von Bund und Ländern gegen
queerfeindliche Gewalt und die Initiierung einer Kampagne gegen
Queerfeindlichkeit an.
Das werden wir tun:
- Das Landesprogramm für Akzeptanz und Vielfalt der aktuellen Thüringer
Landesregierung bildet die Grundlage, um das Leben von LSBTIQA* zu
verbessern. Um dieses vollumfänglich umzusetzen und die Initiativen
queerer Menschen zu unterstützen, setzen wir uns für eine merkliche
Mittelerhöhung, für die Gewährleistung einer überjährigen Förderung, den
Ausbau der zivilgesellschaftlichen Koordinierungsstelle des
Landesprogramms sowie die Ernennung einer:eines Beauftragten des Landes
für Antidiskriminierung und queere Menschen ein. Des Weiteren werden wir
das Landesprogramm alsbald evaluieren sowie fortschreiben.
- Als Sozialdemokrat:innen verurteilen wir Hasskriminalität auf Schärfste
und setzen uns aktiv für die Aufarbeitung, Präventions- und
Sensibilisierungsarbeit sowie die Schaffung von hauptamtlichen
Ansprechpartner:innen für queere Menschen in Polizei und Justiz ein.
Dadurch wollen wir ein Bewusstsein für die Herausforderungen der queeren
Community schaffen und das geschichtlich begründete und berechtigte
Misstrauen gegenüber Sicherheitskräften und Justiz abbauen.
- Das Vermitteln von Akzeptanz und Toleranz beginnt in der Kita, Schule und
im
Jugendtreff. Dafür braucht es einen vorurteilssensiblen Umgang mit
Kindern und
Jugendlichen sowie einen geeigneten Platz in Gespräch und
Unterricht. Die
sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität darf
dabei kein Tabuthema
mehr darstellen. Deshalb machen wir uns für die
Aufnahme des Themenfeldes
LSBTIQA* in den Thüringer Lehrplan und für die
Entwicklung LSBTIQA*-inklusiver
Bildungsmaterialien stark. Als ein
wesentlicher Teil der Bildung unterstützen
wir zudem
Schulaufklärungsprojekte, welche zur Aufklärung über Akzeptanz und
Vielfalt, Diskriminierungsprävention sowie Gesundheitsberatung beitragen.
- Des Weiteren unterstützen wir Schulaufklärungsprojekte ausdrücklich. Als
ein wesentlicher Teil der Bildung tragen sie zur Aufklärung über Akzeptanz
und Vielfalt, Diskriminierungsprävention sowie Gesundheitsberatung bei.
- Wir sind ungebrochen solidarisch mit der queeren-Community. Die
Unterstützung des CSD Thüringen und regionalen Veranstaltungen in den
Kommunen vor Ort war uns in der Vergangenheit ein großes Anliegen und wird
auch weiterhin Teil unseres Selbstverständnisses sein.
- Queere Menschen mit ihren Lebenslagen müssen zukünftig in Regelstrukturen
eine
angemessene Berücksichtigung finden. Wir setzen uns deshalb dafür
ein, Menschen
in pädagogischen Berufen in Aus- und Weiterbildung durch
verpflichtende Module
hinsichtlich verschiedener Lebensweisen und
LSBTIQA* zu sensibilisieren. Damit
stärken wir die “Regenbogenkompetenz”
an unseren Schulen, Kitas und
Jugendeinrichtungen. Wir werden Strukturen
der queeren Szene, insbesondere bei
der Errichtung queerer Zentren als
Bildungs- und Begegnungsorte sowie als
Anlaufstellen für Betroffene von
Diskriminierung und Feindlichkeit stärker
fördern. Um flächendeckende
Angebote zu gewährleisten, sollen queere Themen in
die bestehende
Jugendarbeit – mit besonderer Berücksichtigung des ländlichen
Raumes –
integriert werden.
- Im Gesundheitswesen werden wir die besonderen Bedürfnisse queerer
Menschen,
insbesondere von trans* Personen, stärker in den Blick nehmen.
Die Angebote der
HIV- und STI-Prävention, Beratung und Testung werden wir
weiter stärken.
- Auch für queere Menschen im Alter werden wir uns einsetzen. Um
Diskriminierung,
beispielsweise in betreuten Wohnverhältnissen
vorzubeugen, werden wir durch die
Etablierung queer-sensibler
Qualifizierung und Zertifizierung in stationären und
ambulanten
Pflegeeinrichtungen sowie in Hospizen, zielgruppensensible Pflege für
LSBTIQA* sowie die Sensibilisierung Pflegender für den alltäglichen
Umgang mit
Pflegebedürftigen dieser Zielgruppe fördern. Darüber hinaus
unterstützen wir
queere Senior:innen-Arbeit und machen uns für queere
Wohnprojekte, etwa in
Mehrgenerationenhäusern, für einen
generationenübergreifenden Austausch stark.
- Weiterhin werden wir uns für die notwendige historische Aufarbeitung der
strafrechtlichen Verfolgung homosexueller Menschen und des darauffolgenden
Umgangs mit den Opfern stark machen. Weiter unterstützen wird die
Forderung zur Sichtbarmachung und Dokumentation der LSBTIQ*-Geschichte in
Thüringen, insbesondere Aufarbeitung und Dokumentation von LSBTIQ*-
Biografien und -Erfahrungen in der Nachkriegszeit, in der DDR und nach der
Wende.
- Queere Geflüchtete erfahren oftmals in ihren Herkunftsländern Verfolgung
und
Gewalt seitens des Staates, der Familie oder Gesellschaft. Auch
“nach” ihrer
Flucht sind sie in Deutschland von Rassismus sowie
Queerfeindlichkeit betroffen,
weshalb sie breitere Unterstützung,
Anerkennung und einer besonderen Beachtung
bedürfen. Wir treten daher für
die Entwicklung von Schutzkonzepten in
Gemeinschaftsunterkünften bis hin
zu besonderen Schutzräumen für queere
Geflüchtete ein.
- Wir werden ein starkes und wirksames Landesantidiskriminierungsgesetz zu
Umsetzung der europäischen Vorgaben einführen. Der Begriff “Rasse” soll im
AGG ersetzt und durch die Einführung eines
Landesantidiskriminierungsgesetzes die bestehenden Schutzlücken
geschlossen werden. Dabei soll Diskriminierung aufgrund rassistischer
Zuschreibungen oder aufgrund des sozialen Status, unbedingt in die
Novellierung einbezogen werden. Da sich das AGG vor allem auf das
Zivilrecht beschränkt, kann durch ein Landesantidiskriminierungsgesetz
auch der Schutz vor Diskriminierung durch staatliche Akteur:innen im
Freistaat geboten werden.
1.7 Vielfalt, Migration und Zuwanderung
Thüringen ist bunt und weltoffen! Dafür setzen wir uns als Sozialdemokrat:innen
täglich ein. Die hier lebenden Menschen verschiedener Religionen, Kulturen und
Herkunftsländern bereichern unser Bundesland. Wir begreifen Zuwanderung als eine
Chance, dem demografischen Wandel entgegenzutreten und die schon heute
bestehenden Fach- und Arbeitskräftebedarfe zu decken. Deshalb braucht es eine
wertschätzende Willkommenskultur, die diese Menschen akzeptiert, respektiert und
in unsere Gesellschaft integriert. Die Aufgabe die entsprechenden
Voraussetzungen zu schaffen, liegt hier bei Land und Kommunen.
Die Fluchtbewegungen haben in den letzten Jahren zugenommen. Die wenigsten
Menschen verlassen freiwillig ihr Land, sondern sehen es als letzten Ausweg vor
Verfolgung, Vertreibung und dem sicheren Tod. Wir leben in Thüringen die
solidarische Gemeinschaft und leisten unseren Beitrag durch die Aufnahme von
Menschen, die aus Kriegs- und Krisengebieten bei uns Schutz suchen.
Das werden wir tun:
- Wir wollen eine gleichberechtigte politische, wirtschaftliche und soziale
Teilhabe. Wir unterstützen daher auch weiterhin die Arbeit der kommunalen
Ausländerbeiräte, der Migrantenselbstorganisationen und ihrer
Dachorganisation. Außerdem müssen Hürden für bereits in Deutschland
lebende Personen abgeschafft werden. Geflüchteten soll der Zugang zum
Arbeitsmarkt erleichtert werden. Insbesondere das Angebot an
Fachsprachkursen muss ausgebaut werden.
- Wir bauen die interkulturelle Öffnung von Verwaltungs- und
Bildungseinrichtungen weiter aus, denn wir begreifen Vielfalt als
Ressource in Thüringen. Die Teilhabe im gesellschaftlichen Leben, - in
Bildungs-, sozialen und kulturellen Einrichtungen von Menschen mit
Migrationsgeschichte ist der Schlüssel zum Erfolg. Das Thüringer
Integrationskonzept schreiben wir fort und erfüllen es mit Leben.
- Wir werden uns dafür stark machen, dass dauerhaft in Thüringen lebende EU-
Bürger:innen bei den Landtags- und Bundestagswahlen wählen können. Wir
wollen das Wahlrecht auf kommunaler Ebene auch für dauerhaft hier lebende
Staatsangehörige außerhalb der Europäischen Union ermöglichen.
- Wir stehen für eine Politik, die Migration vorausschauend und realistisch
gestaltet. Deswegen werden wir gemeinsam mit dem Bund die Verfahren
erleichtern und beschleunigen. Menschen, die Schutz benötigen, erhalten in
Thüringen Asyl. Deshalb gestalten wir eine soziale Migrationspolitik.
- Als SPD haben wir uns für eine Reform des Einwanderungsrechts stark
gemacht und setzten uns auch weiterhin für eine Erleichterung der
Verfahren ein.Wir begrüßen die Öffnung des Arbeitsmarkts für alle
beruflich Qualifizierten aus Nicht-EU-Ländern und nicht nur für Akademiker
und Fachkräfte in Mangelberufen sowie die Möglichkeiten des Wechsels vom
Asyl in die Arbeitsmigration.
- Wir werden ein Ausbildungsprogramm zur Gewinnung von ausländischen
Fachkräften auflegen, das maßgeschneiderte Betreuung und Sprachkurse
enthält.
- Die Anerkennung von Berufsabschlüssen stellt noch immer eine große Hürde
für eine gelingende Integration in den Arbeitsmarkt dar. Wir setzen uns
für eine erleichterte Anerkennung ausländischer Abschlüsse ein, damit
vorhandene Qualifikationen besser eingebracht werden können.
- Wir setzen uns für ein vereinfachtes Verfahren zur Umsetzung der
bundesgesetzlichen Regelungen zum Familiennachzug und für eine
erleichterte Arbeitserlaubnis für Geduldete ein.
- Wir setzen in der Integrationspolitik einen Schwerpunkt bei Kindern und
Jugendlichen. Wir setzen uns daher für eine möglichst frühe und
individuelle Förderung ein, um Benachteiligungen gar nicht erst entstehen
zu lassen.
- Die Repräsentanz von Lehrkräften und Erziehungskräften mit
Migrationsgeschichte ist verschwindend gering. Wir wollen durch gezielte
Ansprache unsere Bildungslandschaft diverser machen. Wir werden die
Sozialbetreuungsrichtlinie fortschreiben. Der Zugang zu Angeboten für
Integration, Sprache und Qualifizierung soll Menschen aus dem Ausland,
unabhängig vom Herkunftsland und der Bleibeperspektive, gesichert werden,
das gilt für alle Menschen gleichermaßen.
- Integration gelingt vor Ort in den Kommunen und Gemeinden. Wir werden sie
dabei unterstützen, ihre Ausländerbehörden zu Integrationsbehörden und zu
Serviceeinrichtungen weiterzuentwickeln und darüber hinaus das
gesellschaftliche Engagement von Zugewanderten stärken. Die Integration in
den Quartieren werden wir durch ein Förderprogramm stärken.
- Eine humanitäre Politik für Geflüchtete gestalten: Unabhängig von der
Chance auf die Anerkennung in einem Asylverfahren sollen alle eine
unvoreingenommene, würdige und faire Behandlung erfahren. Auf dieser
Grundlage bekennen wir uns zur humanitären Aufnahme und Unterbringung von
Geflüchteten in Thüringen. Dazu gehören einheitliche verbindliche
Mindestanforderungen für Aufnahme- und Gemeinschaftsunterkünfte, die eine
Ankunft unter menschenwürdigen Umständen garantiert und eine
menschenwürdige Unterbringung gewährleisten.
- Sprache ist der Schlüssel für Teilhabe an unserem gesellschaftlichen
Leben. Deshalb setzen wir uns dafür ein, mehr Sprachkurse und
Bildungsangebote von Anfang an und für alle, unabhängig von der
„Bleibeperspektive“, zu ermöglichen. Hierzu soll insbesondere das
Landesprogramm “Start Deutsch” ausgebaut werden.
- Wir setzen uns für eine kontinuierliche Förderung der Arbeit der
psychosozialen Beratungsstelle für Geflüchtete refugio e.V. durch das Land
ein. Wir stellen so sicher, dass das Knowhow von refugio weiter genutzt
werden kann, um traumatisierten Geflüchteten zu helfen, die im Regelsystem
keine passenden Angebote finden.
- Besonders schutzbedürftige Personen wie unbegleitete Minderjährige,
Schwangere, Alleinerziehende, Personen mit schweren körperlichen oder
psychischen Erkrankungen und traumatisierte Geflüchtete brauchen besondere
Beachtung. Wir werden die dafür bestehenden Versorgungsstrukturen weiter
vorhalten und nach dem aktuellen und prognostizierten Bedarf überprüfen
und anpassen.
- Mit der Einrichtung eines Landesamtes für Migration und Integration
bündeln wir Fachkompetenzen und Expertise effizient an einem Ort.So kann
Migration und Integration erfolgreich gestaltet werden, sodass auch die
Gewinnung von Fachkräften für den Arbeitsmarkt ein positiver Effekt sein
kann.
1.8 Aufarbeitung der Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie
Die Corona-Pandemie war für die gesamte Gesellschaft eine völlig neue
Herausforderung. Trotz einer in Thüringen gelungenen Bewältigung sind wir
überzeugt, dass die gesellschaftlichen Auswirkungen der Coronapandemie –
einschließlich der Maßnahmen zur Pandemie-Bekämpfung – einer systematischen
gesellschaftlichen Aufarbeitung bedürfen. Ziel dieser Aufarbeitung sind sowohl
die systematische quantitative und qualitative Erhebung und Auswertung der
Auswirkungen der Pandemie und ihrer Bekämpfungen vor allem auf das Wohlbefinden,
der Angehörigen vulnerabler Gruppen sowie auf das Funktionieren derjenigen
Institutionen, von denen das Wohlbefinden der vulnerablen Gruppen und ihrer
Angehörigen besonders abhängig ist. Dies wollen wir durch eine Enquete-
Kommission „Folgerungen und Konsequenzen für den Freistaat Thüringen aus der
Corona Pandemie“ des Thüringer Landtags erarbeiten.
2. Gute Arbeit, starke Wirtschaft
Wir sind die Partei der ‚Guten Arbeit‘ und stehen an der Seite der
Beschäftigten. Wir sind solidarisch mit unseren Kolleg:innen sowie den
Gewerkschaften und unterstützen diese im gemeinsamen Kampf für bessere
Arbeitsbedingungen, gute Löhne und Renten. Die vergangenen Jahre haben gezeigt,
dass eine funktionierende Sozialpartnerschaft zwischen Arbeitnehmer:innen,
Arbeitgeber:innen und Politik uns durch die Krise bringen kann. Der
demografische Wandel, die Dekarbonisierung und Digitalisierung sorgen im
Freistaat Thüringen für einen enormen Wandel in der Arbeitswelt. Wir wollen
diese Transformationsprozesse sozialdemokratisch gestalten, damit Thüringen ein
wachsender und innovativer Wirtschaftsstandort bleibt.
2.1 Gute Arbeit und Fachkräftesicherung
Jede:r muss von seiner Arbeit leben können und braucht eine sichere Perspektive
für das Alter. Mehr als 30 Jahre nach der Wende streiten wir immer noch für
gleiche Arbeitsbedingungen und gleiche Löhne in Ost und West. Gleichzeitig wird
die Fachkräftesicherung die zentrale Herausforderung für die Wirtschaft in den
kommenden Jahren.
Als Sozialdemokrat:innen sind wir überzeugt, dass wir zur Sicherung des
Fachkräftebedarfs in den kommenden Jahren Gute Arbeit, eine steigenden
Tarifbindung und mehr betriebliche Mitbestimmung brauchen. Wir stehen an der
Seite der Kolleg:innen, der Betriebsrät:innen und der Gewerkschaften, die in den
letzten Jahren immer deutlicher machen, dass sie bereit sind sich für ihre
Belange stark zu machen. In diesen Bemühungen werden wir sie weiterhin
unterstützen und alle gesetzlichen und untergesetzlichen Regelungen stärken, die
zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Thüringen beitragen.
Das werden wir tun:
- Wir müssen alle Möglichkeiten nutzen, Arbeitsbedingungen durch
landesgesetzliche Rahmenbedingungen im Interesse der Kolleg:innen zu
gestalten: Dazu müssen wir unter anderem das Vergabegesetz reformieren.
Zukünftig soll die Tarifbindung einen größeren Stellenwert bekommen.
Öffentliche Vergaben sollen nur noch an Unternehmen erfolgen, die auch
tarifgebunden sind. Dies muss auch für Vergaben auf kommunaler Ebene
gelten. Damit leisten wir auch einen Beitrag die Löhne zwischen Ost und
West anzugleichen.
- Als SPD Thüringen ist uns der Arbeitnehmer:innenschutz ein wichtiges
Anliegen. Deshalb treten wir einer Ausweitung der Ladenöffnungsgesetzes,
mehr Samstags-, Sonntags- und Feiertagsarbeit entschieden entgegen. Mit
Sanktionen bei Nichteinhaltung wollen wir den Schutz unserer Kolleg:innen
stärken. Dazu soll der Landesbetrieb für Arbeitsschutz personell gestärkt
werden.
- Fachkräftemangel macht sich auch in Teilen des öffentlichen Dienstes
bemerkbar. Um die besten Köpfe zu bekommen, brauchen wir hier die besten
Arbeitsbedingungen. Wir als SPD Thüringen setzen uns dafür ein, die
Attraktivität des Landesdienst zu verbessern, um Fachkräfte in der
öffentlichen Verwaltung zu halten. Wir wollen die Forderungen der
Gewerkschaften nach guten Arbeitsbedingungen im Öffentlichen Dienst
unterstützen. Mitbestimmung ist ein wichtiges Anliegen, daher setzen wir
uns für die Allzuständigkeit der Personalrät:innen ein und erfüllen diese
in unseren Wirkungskreisen mit Leben.
- Als SPD Thüringen unterstützen wir das Konzept des „lebenslangen Lernens“
und wollen diese mit der Bildungsfreistellung stärken. Dazu werden wir das
Thüringer Bildungsfreistellungsgesetz novellieren, um noch mehr
Beschäftigten die Möglichkeit zu geben, Bildungsurlaub zu nehmen. Künftig
sollen alle Arbeitnehmer:innen unabhängig von der Betriebsgröße Anspruch
auf Bildungsurlaub erlangen. Zudem soll der Anspruch für Azubis auf die
vollen 5 Tage ausgeweitet. Eine Möglichkeit der Ansparung des Anspruchs
auf zwei Jahre wird geprüft. Darüber hinaus wollen wir die
Anerkennungsverfahren für etwaige Bildungsveranstaltungen, die durch
gemeinnützige Träger:innen organisiert werden, vereinfachen.
- Zudem ist die Sicherstellung eines angepassten
Weiterqualifizierungsangebots und der Ausbau vorhandener Beratungsangebote
zentrales Instrument, um dem Fachkräftemangel zu begegnen und
Beschäftigten gute Arbeitsbedingungen zu ermöglichen. Wir werden
betriebliche Investitionen in Qualifikation und Weiterbildungen fördern.
- Wir wollen das Anerkennungsverfahren von Schul- und Berufsabschlüssen
durch Entbürokratisierung vereinfachen. Zusätzlich wollen wir eine
Erleichterung der Zugangsvoraussetzungen für Fachkräfte über
Quereinstiegsqualifikationen erwirken.
- Wir wollen, dass alle Menschen in Thüringen eine gute Perspektive haben
und hier gut leben und arbeiten können. Wir werden dafür sorgen, dass alle
Menschen, die nach Thüringen zugewandert sind, ein Angebot für einen
Sprach- und Integrationskurs bekommen und auf dem Weg in den Ausbildungs-
und Arbeitsmarkt begleitet werden. Wir wollen diese bis zum Eintritt in
das Berufsleben bei Thüringer Unternehmen begleiten und sie von Anfang an
in enger Abstimmung mit den Kommunen und mit der Zivilgesellschaft in die
Aufnahmegesellschaft integrieren. Darüber hinaus werden wir Maßnahmen und
Projekte zur Stärkung von Antidiskriminierung im Betrieb fördern.
- Für die Gewinnung zusätzlicher Fachkräfte in Thüringen müssen neue Wege
gegangen werden. Es ist notwendig, jungen Menschen aus Drittstaaten
frühzeitig eine berufliche Perspektive zu öffnen. Aus diesem Grund
unterstützen wird das Pilotvorhaben einer German Professional School in
Thüringen, die diese Gruppe anspricht und innerhalb eines Jahres auf den
Thüringer Ausbildungs- und Arbeitsmarkt und auf ein Leben in Deutschland
vorbereitet sowie frühzeitig die Vermittlung zu Ausbildungsbetrieben
unterstützt
- Wir werden eine zentrale, koordinierende Stelle für die Anwerbung
ausländischer Fachkräfte einsetzen. Hierfür wird die Thüringer Agentur für
Fachkräftegewinnung weiterentwickelt. Damit bringen wir nicht nur die
Erfordernisse von Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik unter einen Hut,
sondern heben Synergien und Potenziale.Eine staatliche Subventionierung
bei der Anwerbung von Auszubildenden und Fachkräften sollen zukünftig nur
Betriebe erhalten, die einen Tarifvertrag haben und der Belegschaft
verpflichtende Integrationsmaßnahmen anbieten.
- Wir unterstützen die Etablierung einer Arbeitnehmer:innenkammer. Uns ist
wichtig, dass es für die Einführung dieser Institution eine breite
Zustimmung der Gewerkschaften gibt. Diese Kammer soll arbeitsorientierte
Beratungsangebote sowie Beratung in der individuellen Entwicklung durch
Weiterbildungen und allgemeine Bildungsangebote für Beschäftigte anbieten.
Als Pendant der öffentlichen Wirtschaftskammern (IHK, HWK) ist die
Arbeitnehmer:innenkammer zusätzlich Interessenvertretung gegenüber Politik
sowie Verwaltung und ermöglicht eine stärkere Sichtbarkeit der
Arbeitnehmer:innenperspektiven zum Beispiel bei parlamentarischen
Gesetzgebungsverfahren.
- Wir unterstützen weiterhin die Etablierung einer
Technologieberatungsstellenach rheinland-pfälzischem Vorbild.
- Der Wandel der Arbeitswelt, der sich insbesondere durch die
Digitalisierung und die gesetzten Nachhaltigkeitsziele abbildet, bietet in
den Thüringer Unternehmen und ihren Beschäftigten enorme Chancen,
erfordern aber auch eine hohe Bereitschaft zu Veränderungen. Um die
richtigen Weichenstellungen für die Transformation von Arbeit vorzunehmen
und damit Gute Arbeit und Innovationen in Thüringer Betrieben realisieren
zu können, braucht es unabhängige, kontinuierliche und beschäftigungs- und
arbeitsweltorientierte Forschung. Wir setzen uns für die Gründung eines
Instituts für arbeitnehmer:innennahe Forschung und Beratung ein. Dieses
Institut hat die Aufgabe die Arbeitsbedingungen in Thüringen dauerhaft zu
untersuchen. Auf Basis der Forschungsergebnisse werden wir ein Monitoring
für Arbeit, Ausbildung und Leben in Thüringen etablieren und Beratungs-
und Fortbildungsangebote für Arbeitnehmer:innen und ihr Vertretungen
stärken.
- Wir lassen niemanden zurück: Die SPD setzt sich dafür ein, dass die
Landesarbeitsmarktprogramme zur Integration von Langzeitarbeitslosen
evaluiert und die wirksamen fortgeführt werden.
- Wir werden uns auf Bundesebene für ein modernes Arbeitsrecht einsetzen,
das an die veränderten Rahmenbedingungen der Digitalisierung angepasst
wird. Neue Arbeitsformen dürfen Arbeits- und sozialen Schutz sowie
Mitbestimmungsrechte der Beschäftigten nicht aushöhlen. Auf diese Weise
wollen wir auch für tarifgebundene und mitbestimmungspflichtige
Unternehmen faire Wettbewerbsbedingungen in der digitalen Welt erhalten.
- Forderungen nach längerer Lebensarbeitszeit erteilen wir eine klare
Absage. Wir wollen stattdessen dafür sorgen, dass Beschäftigte ihre
Arbeitskraft im Freistaat noch produktiver einsetzen können und dass kein
Thüringer ohne Berufsabschluss zurückbleibt.
2.2 Sozialwirtschaft stärken – ohne geht es nicht!
Insbesondere in der Corona-Pandemie wurde mehr als deutlich, dass eine
funktionierende Sozialwirtschaft maßgeblich und unverzichtbar für unser gesamtes
gesellschaftliches und wirtschaftliches System ist. Ohne ausreichend Personal in
den SAGE-Berufen (Soziale Arbeit, Gesundheit und Pflege, haushaltsnahe
Dienstleistungen, Erziehung) müssen sich Arbeitnehmer:innen selbst um die
Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen kümmern mit der Folge, dass sie
ihrer Erwerbstätigkeit nicht nachgehen können. Dies bildet jedoch die Basis der
Wirtschaftskraft Thüringens sowie der gesamten Bundesrepublik Deutschland. Wir
definieren die sozialen Berufe als harte Standortfaktoren und setzen daher
unseren Fokus in der Fachkräftesicherung auf die Stärkung der SAGE-Berufe.
Das werden wir tun:
- Eine intensive Fachkräfteoffensive soll die Arbeitsbedingungen verbessern
und die Attraktivität der sozialen Berufe in der Gesellschaft steigern.
Ein Wiedereinstiegsprogramm für qualifizierte Fachkräfte in die sozialen
Berufe soll etabliert werden.
- Gemeinsam mit den Gewerkschaften wollen wir eine Kampagne zur Ausweitung
und Stärkung der Tarifbindung in Thüringen auf den Weg bringen.
- Mit der Ausweitung des Modells zur praxisintegrierten Ausbildung mit
tarifgerechter Ausbildungsvergütung auf alle SAGE-Berufe und der
Erweiterung der Kapazitäten an staatlichen berufsbildenden Schulen leisten
wir unseren Beitrag zur langfristigen Fachkräftesicherung und
Nachwuchsförderung in den SAGE-Berufen.
- Wir wollen mit der Einführung der Schulgeldfreiheit in der Ausbildung der
SAGE-Berufe sowie der Vergütung von Anerkennungspraktika für alle SAGE-
Berufe, finanzielle Hürden abbauen und mehr jungen Menschen den Weg zur
Ausbildung ermöglichen.
- Um den akuten Fachkräftemangel in den sozialen Berufen einzudämmen, setzen
wir auf berufliche Quereinstieger:innen und wollen die Optionen zur
berufsbegleitenden Weiterbildung ermöglichen.
- Für uns als SPD Thüringen steht fest: Care-Arbeit ist Arbeit! Deshalb
wollen wir Familien, insbesondere Frauen, in der Umsetzung des
Familienalltags unterstützen und setzen uns für eine gerechte Verteilung
und Anerkennung bezahlter und unbezahlter Sorgearbeit ein.
- Wir werden die Einrichtungen der frei-gemeinnützigen Träger in Thüringen
stärken. Als Teile unserer pluralen Zivilgesellschaft, die durch
eigenständige soziale, politische und gesellschaftliche Wertvorstellungen
geprägt sind, sehen wir insbesondere in den Wohlfahrtsverbänden eine
tragende Säule unserer Demokratie. Um die Rolle des sogenannten dritten
Sektors als Sprachrohr für soziale Gerechtigkeit und Anbieter Sozialer
Arbeit in Thüringen zu stärken, braucht es u.a. eine Fortschreibung des
Thüringer Sozialwirtschaftsberichtes.
- Damit einher geht die konsequente Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips, um
Trägervielfalt, unterschiedliche Werteorientierung und eine hohe
Konzeptqualität zu gewährleisten sowie eine dialogische Partnerschaft
zwischen öffentlichen und freien Trägern auf Augenhöhe in gemeinsamer
Verantwortung für die Soziale Arbeit zu verstetigen.
- Es braucht unumgänglich eine thüringenweit einheitliche sowie auskömmliche
Finanzierung und Planungssicherheit für die Träger, insbesondere um
tarifgerechte Löhne, Gehälter und Arbeitsbedingungen bei freien Trägern
vergleichbar zum öffentlichen Dienst zu ermöglichen. Dabei setzen wir als
SPD Thürignen auf Transparenz: die Gehälter und etwaige Zusatzleistungen
von Führungskräften der freien Träger müssen analog des öffentlichen
Dienstes offengelegt werden.
- Die Entbürokratisierung des Zuwendungsrechtes entlastet nicht nur die
zuständige Verwaltung, sondern hilft ebenfalls Trägern, Vereinen und
Verbänden. Die freiwerdenden Kapazitäten können u.a. genutzt werden, um
Angeboten der Qualifizierung für die Tätigkeit in den Vereinen und
Verbänden nachzugehen. Dieses Angebot und die Anerkennung sowie Förderung
und Angebote der Qualifizierung für die ehrenamtliche Tätigkeit in den
Vereinen und Verbänden wollen wir stärken.
- Wir etablieren einen eigenen Digitalbonus für die Sozialwirtschaft,
angelehnt an die bestehende Förderung für die gewerbliche Wirtschaft.
2.3 Wirtschaft und Gute Arbeit in Zeiten der Transformation
Wir können stolz auf die wirtschaftliche Entwicklung Thüringens sein. Die
Sozialdemokratie steht für eine zunehmend klimaneutrale und gleichzeitig
wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft mit starker Mitbestimmung und hoher
Tarifbindung. Gerade kleinere und mittlere Unternehmen aus Industrie, Handwerk,
Handel sowie der Dienstleistungsbranche bilden das Fundament unserer Wirtschaft.
Der Thüringer Mittelstand mit seinen Beschäftigten ist bereits heute produktiver
als der Bundesdurchschnitt.
Die oftmals mit ihrem persönlichen Vermögen haftenden Unternehmer des Thüringer
Mittelstands haben den Strukturwandel der letzten dreißig Jahre entscheidend
mitgestaltet – dafür gebührt ihnen zusammen mit ihren Mitarbeiter:innen Dank und
Anerkennung. Aber auch größere Unternehmen investieren regelmäßig in ihre
Thüringer Standorte und zeigen, dass unser Land auch im Standortvergleich
wettbewerbsfähig ist. So investieren international agierende Unternehmen in
Thüringen, ohne dass Milliardenförderungen locken.
Die SPD steht für eine soziale Marktwirtschaft, in der die Unternehmen gute
Arbeitsbedingungen und faire Löhne zahlen, um im Wettbewerb um Fachkräfte zu
bestehen. Wir stehen für eine soziale Marktwirtschaft, in der der Staat den
Unternehmen einen verlässlichen Rahmen setzt, so dass sie mit unternehmerischer
Freiheit erfolgreich investieren und produzieren können. Und wir stehen für eine
soziale Marktwirtschaft, in der Unternehmer:innen die betriebliche Mitbestimmung
und das solidarische Miteinander im Betrieb als Chance betrachten.
Das werden wir tun:
- Die zentralen Herausforderungen für Wirtschaft und Arbeit in unserem Land
erfordern einen konsistenten Ansatz aus einer Hand. Wir werden daher ein
Transformationsministerium bilden, indem die Zuständigkeit für Wirtschaft,
Arbeit, Energie, Forschung und Technologie sowie digitale Infrastruktur
verbunden werden.
- Um den Herausforderungen der multiplen Krisen und dem Strukturwandel
gerecht zu werden, werden wir einen „Transformationsbudget Thüringen“
einrichten. Damit wollen wir in den kommenden Jahren einen fühlbaren
strukturpolitischen Impuls setzen und den notwendigen wirtschaftlichen
Wandel in Thüringen aktiv gestalten.
Dabei werden wir alle relevanten Akteur:innen einbeziehen. Insbesondere
die Gewerkschaften sind für uns wichtige Partner:innen, um die
Herausforderungen der Transformation zu meistern.
Seitens des Landes sollen eine regelmäßige wirtschafts- und
strukturpolitische Berichterstattung und ein Monitoring etabliert werden.
Dabei sollen wissenschaftliche Studien die Grundlagen bilden, um
wirtschafts- und strukturpolitische Handlungsempfehlungen zu entwickeln,
umzusetzen, zu bewerten und zu evaluieren.
- Aufbauend auf unseren Erfahrungen in der Automobilindustrie wollen wir
eine umfassende Qualifizierungs- und Innovationsstrategie für
Arbeitnehmer:innen sowie Unternehmen in den besonders von der
Dekarbonisierung betroffenen Industrien und produktionsnahen
Dienstleistungen auflegen. Dabei wollen wir innovative Ansätze zur
Nachwuchsgewinnung und Fachkräftesicherung erarbeiten und bei der
Qualifizierung und dem Aufbau von unternehmensspezifischem Know-how und
Innovationen unterstützen. Für die Fortsetzung der Finanzierung der
Transformationsnetzwerk ANeTT werden wir uns auf Landes- und Bundesebene
auch über das Jahr 2025 hinaus einsetzen.
Wir werden regionale Initiativen zur Gestaltung des
Transformationsprozesses stärker begleiten. Da wo sich Akteur:innen vor
Ort auf dem Weg machen, werden wir sie konzeptionell und finanziell
unterstützen, um regionale Cluster zu bilden.
- Wir werden ein Kreditprogramm für zukunftsfähige kleinere und mittlere
Unternehmen am Wirtschaftsstandort Thüringen etablieren, um diese bei der
Umstellung auf eine CO2-freie Produktion zu unterstützen.
- Wirtschaft und Energie gehören zusammen. Die Energiewende der letzten
Jahre hat gezeigt, dass eine gezielte, aber auch breite Entwicklung, der
Einsatz und die Verwertung der erneuerbaren Energien auch mit
energieintensiver Produktion Hand in Hand gehen muss. Wir setzen uns dafür
ein, dass Energie vor Ort mit den örtlichen Energieversorgern erzeugt,
gespeichert und gehandelt wird. Die Kommunen und ihre Stadtwerke als
zentrale Stütze der Energiewende und das Rückgrat der Energieversorgung in
Thüringen werden wir stärken.
- Wir schaffen mehr Klarheit für die Planung und vereinfachen die Planung
für die Errichtung, Erneuerung und den Betrieb von
Energieerzeugungsanlagen, Energiespeichern und den Netzausbau. Den
regionalen Verbrauch der erneuerbaren Energien werden wir zu dem stärken.
Das senkt dauerhaft Kosten, erhöht die Wettbewerbsfähigkeit der Thüringer
Wirtschaft und stärkt Arbeitsplätze und Umwelt in der Region
- Die Kofinanzierung von Programmen der Europäische Union und des Bundes zur
Wirtschaftsförderung im Allgemeinen sowie zur Bewältigung der
Transformation im speziellen werden wir umfassend sicherstellen.
- Inflation und steigendes Zinsniveau stellen Kommunen und Unternehmen
zunehmend vor Finanzierungsprobleme. Instrumente, wie Bürgschaften und
zinsverbilligte Kredite, können ohne größere Fördersumme helfen, aus einem
unfinanzierbaren Vorhaben eine rentierliche Investition zu machen. Dazu
wollen wir die Eigenkapitalbasis der Thüringer Aufbaubank als zentrales
Förderinstitut des Freistaats weiter stärken, um eine effektive und
wirtschaftliche Umsetzung entsprechender Landesprogramme der
Wirtschaftsförderung im Zuschuss- und Darlehensbereich zu gewährleisten.
Neben der Schaffung neuer Arbeitsplätze durch Ansiedlungen soll die
Sicherung von "Guter Arbeit", die die Beschäftigten mitbestimmt und
tarifiert entlohnt, als weiterer Förderschwerpunkt etabliert werden.
- Die erfolgreichen, niedrigschwelligen Förderangebote „Digitalbonus“ und
„Dekarbonisierungsbonus“ werden wir für alle Unternehmen der gewerblichen
Wirtschaft öffnen, fortführen und bedarfsgerecht finanzieren. Wir werden
prüfen, inwieweit mehr Unternehmen Zugang zu alternativen
Finanzierungsformen erhalten.
- Die erfolgreiche Großflächeninitiative zur Bereitstellung größerer
Gewerbe- und Industrieflächen werden wir fortsetzen und konsequent auf die
Erfordernisse des Klimaschutzes, aber auch auf die Ansiedlung von „Green
Tech“ Industrien ausrichten. Die Außenwirtschaftsförderung wollen wir noch
stärker auf Branchen und Absatzmärkte ausrichten, die unter Bedingungen
der Transformation langfristig erfolgreich sein können.
- Ohne Handwerker:innen wird die Transformation nicht gelingen. Die
Leistungssteigerung im Handwerk ist existenziell für die mittelständisch
geprägte Thüringer Wirtschaft. Darüber hinaus bietet das Handwerk für
viele Menschen gute Arbeit und faire Löhnen in allen Regionen unseres
Landes. Wir werden daher die bestehenden, handwerksspezifischen
Förderangebote deutlich erhöhen und bedarfsgerecht mit den
Handwerkskammern im Land weiterentwickeln.
- Wir werden ein Gesetz zur Stärkung des Tourismus in Thüringen vorlegen.
Damit wollen wir nicht nur Klarheit über die öffentlichen Aufgaben sowie
vereinfachende Regelungen für die Förderung schaffen, sondern auch das
Kur-Erhohlungsortegesetz an die Erfordernisse der Transformation anpassen.
- Unternehmertum braucht Freiheit: wir werden die Bemühungen des Bundes zur
Beschleunigung von Genehmigungsverfahren sowie zur Entbürokratisierung
unterstützen. Die Landesförderprogramme werden einfacher ausgestaltet und
wo notwendig die gesetzlichen Regelungen der Landeshaushaltsordnung sowie
die entsprechenden Verwaltungsvorschriften anpassen.
- Thüringen soll das attraktivste Bundesland für Gründer:innen,
Nachfolger:innen sowie junge Unternehmen, als KMUs von morgen, bleiben.
Dazu muss Gründen unkompliziert sein. Daher werden wir die bestehenden
Beratungs- und Förderangebote entsprechend bedarfsgerecht weiterentwickeln
und die Finanzierung verstetigen. Das Gründen im Nebenerwerb muss gestärkt
und Förderinstrumente etabliert werden, um Gründer:innen im Nebenerwerb zu
entlasten. Wir werden die Förderung der Personaleinstellung über die
Thüringer Gründungsprämie ermöglichen und die Unterstützung bei der
Antragstellung von Fördermitteln als Beratungsleistung bezuschussen.
- Wir werden ein umfassendes Ökosystem für Start-ups und junge Unternehmen
mit Vernetzungsaktivitäten, sowie gemeinsamen Ressourcen und
Infrastrukturen in Thüringen entwickeln. Besonders Start-Ups, die eine
hohe Wertschöpfung versprechen und gezielt bestehende wissens- und
technologieorientierte Branchen in Thüringen stärken, werden wir somit
unterstützen. Zudem setzen wir uns dafür ein, dass die öffentliche Hand
vermehrt als Ankerkunden für Start-Ups und gemeinwohlorientierte
Unternehmen (Social-Entrepreneurship) tätig wird.
- Es müssen Möglichkeiten geschaffen werden, um die Renovierung von
Technologie- und Gründungszentren zu fördern und ihre Attraktivität und
technologische Zukunftsfähigkeit zu stärken. Damit werden wir Start-Ups
auch in den ländlichen Regionen beste infrastrukturelle Voraussetzungen
bieten und Abwanderungen verringern.
- Die in Thüringen bestehenden Trialoge aus Landesregierung,
Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften müssen genutzt werden, um den
Strukturwandel zu bewältigen. Hierzu gehören beispielsweise das Thüringer
Bündnis für die Zukunft der Industrie. Die Landesregierung soll
regelmäßige Veranstaltungen unter Beteiligung der Gewerkschaften und
betrieblichen Interessenvertretungen durchführen, die sich mit der
Bewältigung des Wandels beschäftigen, denn ihr Erfahrungswissen und ihre
Kompetenzen sind der wichtigste Baustein zur Gestaltung des Wandels.
- Die Landessstrategien soll um das Nachhaltigkeitsziel „menschenwürdige
Arbeit für alle“ analog zur Agenda 2023 der Vereinten Nationen erweitert
werden. Denn sozialdemokratische Wirtschaftspolitik heißt, in den
Nachhaltigkeitsstrategien des Landes soziale, ökologische und ökonomische
Ziele gleichermaßen zu verankern.
- „Wir werden uns auf Bundesebene ausdrücklich für die Ansiedlung einer
Start-up Factory an einem bestehenden Gründungs- und Start-Up Hotspots in
Thüringen einsetzen, um die Sichtbarkeit Thüringens als exzellenten
Gründungsstandort zu stärken und die Finanzierung der Start-Up
Infrastruktur vor Ort sicherzustellen und auszubauen.“
- Als ein neues Instrument der demokratischen Kontrolle führen wir eine
Privatisierungsbremse ein. Sie sieht vor, dass öffentliche Unternehmen der
Daseinsvorsorge nicht verkauft werden können, wenn die Bürgerinnen und
Bürger der Privatisierung in einem Referendum mit Mehrheit ablehnen.
Dadurch wollen wir erreichen, dass die langfristigen Interessen der
Menschen nicht einem kurzfristigen Interesse an einmaligen finanziellen
Erlösen durch den Verkauf dieser Unternehmen zum Opfer fallen.
2.4 Digitalisierung
Die SPD Thüringen steht für eine Digitalpolitik, die die Möglichkeiten und
Potenziale der digitalen Welt in den zentralen Lebensbereichen erschließen und
heben will, um das Leben und die Entfaltungsmöglichkeiten der Thüringer
Bürger:innen zu verbessern. Damit stärken wir Thüringen als Ort guten Lebens und
Arbeitens sowie als Wirtschafts- und Innovationsstandort. Für uns stehen die
Menschen in Thüringen im Mittelpunkt; denn Digitalisierung ist kein Selbstzweck,
sondern soll den Bürger:innen ein besseres Leben in unserer demokratischen
Gemeinschaft in Freiheit ermöglichen. Wir wollen diesen kontinuierlichen
Transformationsprozess der Digitalisierung weiterhin als Chance begreifen und
gemeinsam mit den Thüringern sozialverträglich und wirtschaftlich erfolgreich
gestalten.
Das werden wir tun:
- Wir werden verstärkt Kompetenzen im Bereich der Digitalen Gesellschaft
aufbauen und ein entsprechendes Grundsatzreferat in der Landesverwaltung
etablieren. Die Digitalagentur Thüringen wird in Abgrenzung dazu als
Thinktank weiterentwickelt, um die aktuellen und künftigen Entwicklungen
mit Thüringer Knowhow zu erfassen.
- Digitalisierung macht das Leben der Menschen besser. Innovative Ansätze
der Telemedezin machen es möglich, dass Hausärzte vor Ort unkompliziert
Spezialisten der Krankenhäuser der Maximalversorung hinzuziehen können. Im
Nahverkehr bietet Digitalität die Chance neue Konzepte von Ruftaxis zu
etablieren, die Wartezeiten minimieren und gleichzeitig kostengünstig
sind.
- Das 2020 gegründete Thüringer Zentrum für Lernende System und Robotik
(TZLR) hat sich als zentrale Anlaufstelle im Bereich der Künstlichen
Intelligenz etabliert. Wir werden sicherstellen, dass das Zentrum seine
erfolgreiche Arbeit fortsetzen kann.
- Für kleine und mittlere Unternehmen stellt die Digitalisierung aufgrund
des dynamischen Anpassungsdrucks eine besondere Herausforderung dar.
Unternehmen in allen Sektoren, vom verarbeitenden Gewerbe bis hin zum
Tourismus müssen ihre Dienstleistungs- und Geschäftsmodelle auf den
Prüfstand stellen. Mit dem Kompetenzzentrum Wirtschaft 4.0 werden wir
Unternehmen und ihre Beschäftigte weiter dabei unterstützen, die Chancen
der Digitalisierung zu ergreifen.
- Grundvoraussetzung der weiteren Digitalisierung von Wirtschaft und
Gesellschaft ist dabei ein leistungsfähiges flächendeckendes
Glasfasernetz, welche die stetig wachsenden Datenströme verarbeiten und
weiterleiten kann. Wir werden daher den eigenwirtschaftlichen Ausbau
privater Telekommunikationsunternehmen gezielt durch Beratungsangebote für
Kommunen unterstützen. . Die dafür verwendeten Glasfasern müssen hohen
Umweltstandards genügen. So sollten lange Lieferwege vermieden und
Thüringer Produzenten gestärkt werden, um den CO2-Abdruck zu senken.
- Wo der Markt nicht hinreichend schnell und umfassend ausbaut, werden wir
durch gezielte Förderung der Thüringer Glasfasergesellschaft in Beratung
und Ausbau eine flächendeckende Glasfasererschließung erreichen – wo immer
möglich sollen die Netze der Zukunft im Eigentum der Kommunen entstehen.
Das Bundesförderprogramm zum Glasfaserausbau werden wir vollständig
gegenfinanzieren.
- Wir werden uns beim Bund dafür einsetzen, dass Telekommunikationsanbieter
stärker beim Mobilfunk in die Pflicht genommen und an ihren Ausbauzielen
festgehalten werden. Gleichzeitig werden wir auf Landesebene weitere
Maßnahmen zur Beschleunigung des Ausbaus prüfen, beispielsweise durch
Anpassungen der Bauordnung oder des zur Verfügung stellen von Standorten.
- Der Ausbau der digitalen Infrastruktur benötigt Rechtssicherheit und
Transparenz. Mit einem Beschleunigungs- und Transparenzgesetz Glasfaser
werden wir nicht nur Daten zum Verlauf von geförderter und nicht
geförderter Telekommunikationsinfrastruktur kontinuierlich erheben und in
öffentlichen Verzeichnissen allgemein zugänglich bereitstellen, sondern
auch die Verfahrensbeschleunigungen ermöglichen.
- Wir stehen für eine Netzpolitik, die individuelle Freiheitsrechte und die
Notwendigkeiten der Daseinsfürsorge in Einklang bringt. Wir setzen uns ein
für die Beschränkung der Macht großer Plattformen, für
diskriminierungsfreie Algorithmen sowie für freie Software und offene
Standards wo immer sinnvoll und möglich. Wir stehen ein für eine möglichst
weitgehende „Open Access“ Regulierung bestehender digitaler Infrastruktur,
um so den Zugang zu digitalen Diensten im ländlichen Raum zu verbessern
und zu vergünstigen.
- Datenschutz und Datensouveränität sind für uns elementare Grundrechte.
Gleichwohl dürfen die darauf aufbauenden rechtlichen Regelungen nicht dazu
führen, dass ein Übermaß an Bürokratie entsteht oder digitale Anwendungen
zum Nutzen der Menschen nicht eingesetzt werden können. Wir setzen uns
daher für datenschutzrechtliche Regelungen mit Augenmaß ein: was gegenüber
großen „Tech-Konzernen“ notwendig ist, kann gegenüber kleinst, kleinen und
mittleren Unternehmen schnell unverhältnismäßig sein.
2.5 Land- und Forstwirtschaft
Über die Hälfte der Fläche Thüringens wird für landwirtschaftliche Zwecke
genutzt, somit prägt die Landwirtschaft einen erheblichen Teil der Thüringer
Landschaft. Dies bedeutet für uns als SPD Thüringen, dass unsere Umwelt sowohl
Lebensraum als auch Produktionsstätte ist und dementsprechend gepflegt werden
muss. Umso wichtiger ist es daher, dass Thüringen den Fokus auf eine
gemeinwohlorientierte Landwirtschaft legt, die die Herstellung guter und
gesunder Lebensmittel für die regionale Versorgung Thüringens auch in Zukunft
sichert und allen Landwirt:innen ein angemessenes Auskommen und regionale
Wertschöpfung ermöglicht. Die gesellschaftlich gewünschte Transformation der
Landwirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit, Tierwohl und Umweltleistung stellt für
die Landwirt:innen eine Herausforderung dar, die auch mit Fragen zu
Arbeitsplätzen und Einkommenssicherung verbunden sind. Die SPD wird sich aus
sozialer Verantwortung dafür einsetzen, dass diese Zielstellungen nicht zu
Lasten der landwirtschaftlichen Betriebe und ihrer Mitarbeiter umgesetzt werden.
Das werden wir tun:
- Wir werden die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union auch
in Zukunft kritisch begleiten und gemeinwohlorientiert ausrichten. Die
Beiträge von Landwirt:innen zum Natur- und Klimaschutz müssen finanziell
sehr viel stärker gewürdigt werden.
- Wir werden die Gemeinwohlprämie des Deutschen Verbandes für
Landschaftspflege in Thüringen im Rahmen der Eco-Schemes erproben und ggf.
anwenden.
- Wir werden die Halbzeitbilanz der Gemeinsames Agrarpolitik nutzen,
bestehende Förderinstrumente auf den Prüfstand zu stellen und ggf. zu
ändern oder zu ersetzen.
- Wir wollen eine schnelle, praktikable und langfristig belastbare Umsetzung
der höheren Tierwohlstandards in Thüringen umsetzen. Dies muss sich im
Rechtsrahmen, aber auch in der Förderkulisse niederschlagen. Gleichzeitig
werden wir uns weiter für ein verpflichtendes Tierwohllabel bei tierischen
Produkten einsetzen, um Verbraucher:innen eine Orientierung zu liefern.
- Wir werden die Neugründung und den Erhalt von Ökolandbau mit ausreichenden
finanziellen Mitteln ausstatten und bis Ende 2029 die Zielstellung von 30%, um zunächst das Thüringer Ziel 10 %
Ökolandbau in Thüringenund im Anschluss das bundesdeutsche Ziel 30 % zu erreichen.
- Wir werden Junglandwirt:innen in der praxisnahen Aus- und Weiterbildung in
Thüringen, sowie der Existenzgründung in oder mit einem
landwirtschaftlichem Betrieb unterstützen. Um die erheblichen
Herausforderungen der Unternehmensnachfolge, Fachkräftegewinnung und der
Stärkung des Know-Hows in der Region zu stärken, setzen wir uns dafür ein,
die Ausbildungsangebote und die vorhandenen Studienangebote zu stärken.
- Wir setzen uns für innovative Lösungen für die Zukunft der Agrar- und
Landwirtschaft ein. Wir betrachten nachhaltige, automatisierte und
digitalisierte Einsatzformen von Informationstechnologien und
Verfahrenstechniken als Chance. Sie ermöglichen, den auch im Bereich der
Landwirtschaft bestehenden Herausforderungen effizient zu begegnen: Hohe
Nachfrage, Fach- und Arbeitskräftemangel, Nachwuchsgewinnung sowie
Anpassungsdruck in der Bewirtschaftung aufgrund klimatischer
Veränderungen. Daher werden wir Smart Farming niedrigschwellig fördern.
- Landwirtschaftliche Flächen unterliegen einen besonderen
gesellschaftlichen Schutz. Daher setzen wir uns dafür ein, dass die
Agrarstruktur sich am Zweck der landwirtschaftlichen Produktion orientiert
und Bodenspekulationen aktiv verhindert werden. Wir setzen uns für eine
verbindliche Kompensation von Flächen im gesamten Freistaat ein. Diese
darf nicht weiter auf Kosten vor allem der landwirtschaftlich genutzten
Flächen erfolgen. Brach- und Altlastflächen, sowie die Entsieglung von
Flächen sind die entscheidenden Maßnahmen um das Ziel der Netto-Null-
Bodenversieglung in den nächsten Jahren zu erreichen.
- Wir werden uns für regionale Wirtschaftskreisläufe durch
Wertschöpfungszentren in Nahversorgerregionen in Thüringen einsetzen, die
sich um die Vernetzung, Beratung, Coaching und Qualifizierung von
Landwirt:innen kümmern.
- Wir setzen uns für gemeinsam genutzte Verarbeitung, Lager, Vertriebs- und
Entsorgungsinfrastrukturen ein, um Thüringer Produkte vor Ort verfügbarer
zu machen und zugleich eine höhere Wertschöpfung in der Region zu
ermöglichen. Den Verlust der Infrastruktur wie Schlachthöfe werden wir
konsequent stoppen. Historische Nutzungsformen wie Wanderschäferei oder
Hüteschafhaltung und Waldweide wollen wir dabei in besonderer Weise
honorieren.
- Wir werden die Position der Erzeuger:innen gegenüber dem
Lebensmittelhandel deutlich stärken und realistische Erzeugerpreise
ermöglichen. Wir streben eine Landwirtschaft an, die faire Preise für
Erzeuger:innen, Handel und Verbraucher:innen ermöglicht.
- Wir werden die Bejagung von Schwarzwild in Thüringen konsequent
fortsetzen, um die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinpest (ASP)
einzudämmen.
- Die Ausgestaltung des Europäischen Landwirtschaftsfonds ELER für die
flächenbezogenen Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUKM) wird sich daran
orientieren, den Anteil des ökologischen Landbaus zu erweitern und
extensive Bewirtschaftungsmaßnahmen insbesondere der Rinderhaltung,
Weideprämien, Agroforstsysteme bis hin zur schonenden Landbewirtschaftung
von Auen, Mooren und Feuchtgebieten fortzuführen bzw. neu zu etablieren.
- Wir werden artenreiches Grünland durch eine aus der ersten Säule
finanzierte Weidetierprämie für Milchkühe und extensive Mutterkuhhaltung
im Rahmen der EU-Förderung fördern und erhalten
- Wir werden den Klimaschutz in der Landwirtschaft voranbringen und die
Humusmehrung in Böden durch eine standort- und betriebsgerechte
Mindestfruchtfolge sowie die Wiedervernässung von Mooren angemessen
fördern.
- Wir wollen Hochwasserereignissen durch eine konsequente Entwicklung der
Auenräume entgegenwirken und so den Wasserrückhalt in der Fläche
verbessern. Hierfür wollen wir Flächennutzungen stärken, welche die Auen
als Lebens-, Wirtschafts- und Erholungsraum zusammenfasst und resistenter
gegen Schäden durch Hochwasserlagen macht. Ebenso sehen wir in einem
aktiven Wassermanagement eine dringende Aufgabe der öffentlichen Hand.
Hierbei spielt Vorbeugung vor längeren Dürreperioden mit Auswirkungen auf
Flora&Fauna, Tourismus,
Bevölkerungsschutz und die Lebensqualität der Bürgerinnen der Bürger eine
entscheidende Rolle.
- Wir werden die standortnahe Wasserversorgung der Landwirtschaft und
Forstwirtschaft stärken und gleichzeitig die Zeitgemäßheit und den Zustand
von Drainagen und herrenlosen Speichern prüfen. Nicht nur für die
Versorgung von Kulturen auf den Feldern und Wäldern, auch für die
Bereitstellung von Löschwasser und zur langfristigen Neubildung von
Grundwasser braucht es einen konkreten Fahrplan bis 2029, der auch
kleinere Wasserspeicher umfasst.
- Wir werden den Einsatz von Düngemitteln und insbesondere Mineraldünger
reduzieren und einen geschlossenen Stickstoffkreislauf mit effizientester
Nutzung aufbauen.
- Wir werden den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln deutlich reduzieren und
die Landwirt:innen auf diesem Prozess finanziell und wissenschaftlich
begleiten. Dies schaffen wir u.a. durch eine noch gezieltere und räumlich
begrenztere Anwendung von Pflanzenschutzmitteln. Dafür braucht es
Alternative Werkzeuge für die konventionelle Landwirtschaft, um die
Lebensmittelerzeugung zuverlässig, umweltverträglich zu gewährleisten.
- Wir werden den Einsatz weiterer landwirtschaftlicher Flächen für die
Herstellung von Biokraftstoffen, zur Energieerzeugung oder zur technischen
Kohlenstoffabscheidung (BECCS) kritisch prüfen.
- Wir werden die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand bei der Vielfalt der
Angebote für umweltverträglicher Ernährungsstile ernstnehmen und in den
Kantinen öffentlicher Einrichtungen attraktive günstige Angebote u.a. für
eine pflanzenbasierte Ernährung schaffen.
- Wir wollen den Erhalt und die Zustandsverbesserung unseres Waldes sowie
die Entwicklung einer nachhaltigen und naturgemäßen Waldbewirtschaftung.
Dabei soll allen Funktionen des Waldes gleichermaßen Rechnung getragen
werden. Die Wertschöpfung der Forstwirtschaft soll weiter ausgebaut
werden. Wir werden ein Programm zur Mobilisierung weiterer
Privatwaldflächen auf den Weg bringen. Den Verkauf von landeseigenem Wald
lehnen wir ab.
- Wir wollen die Gemeinschaftsforstämter erhalten und sicherstellen, dass
die Förster als Mittler zwischen privaten Waldbesitzern und der
Holzindustrie helfen, alle Waldteile nachhaltig zu nutzen. An der
eigentumsübergreifenden Holzvermarktung soll festgehalten werden. Die
Entwicklung der Thüringen Forst-Anstalt werden wir weiter unterstützen.
- Wir wollen auch privatrechtliche Zusammenschlüsse von Waldbesitzern als
wichtige Säule der forstlichen Bewirtschaftung erhalten. Der Waldumbau
kann nur nachhaltig gewinnen, wenn alle Verantwortlichen für die Zukunft
der Wälder mit eingebunden werden.
- Die Jagd muss sich an ökologischen und wildbiologischen Grundsätzen,
neuesten Erkenntnissen der Jagdpraxis, Werten des Tierschutzes und
Erfordernissen der Lebensmittelhygiene orientieren. Wir wollen, dass sich
die Bejagung künftig mehr am jeweiligen Waldzustand und weniger an
Abschussplänen orientiert. Damit wollen wir eine angemessene Wilddichte
erreichen und den Aufbau stabiler, vielfältig strukturierter Wälder
sicherstellen.
- Wir setzen uns für hohe Qualitätsstandards und nachhaltige
Teichwirtschaften in ganz Thüringen ein. Wir unterstützen die Thüringer
Fischer:innen und Angler:innen dabei, den Lebensraum Gewässer in einen
guten Zustand zu versetzen. Dazu gehört für uns auch die Durchgängigkeit
für wandernde Fischarten.
3. Leben in einem freien und sicheren Land
Freiheit und Sicherheit sind menschliche Grundbedürfnisse. Es braucht eine
Balance zwischen ihnen, die nicht immer einfach auszuhandeln ist, aber das
Herzstück einer demokratischen Gesellschaft bildet. Das Leben in einem sicheren
Land, welches die Freiheit schützt und Recht durchsetzt, ist Basis eines
handlungsfähigen Staates. Wir Sozialdemokrat:innen wollen Sicherheit so
organisieren, dass sie Freiheit gewährleistet. Es ist unser Anspruch, dass alle
Menschen in Thüringen sicher sind und sich auch sicher fühlen können.
Neben der Ermutigung zu zivilgesellschaftlichem Engagement und der
Präventionsarbeit von Vereinen und Initiativen ist es uns genauso wichtig,
Polizei, Feuerwehr, Katastrophenschutz- und Rettungsorganisationen sowie die
kommunalen Ordnungsdienste zu stärken. Wer sie angreift, greift unsere
demokratische Gesellschaft an. Wir stehen fest an der Seite derer, die sich
tagtäglich in Haupt- und Ehrenamt für ein demokratisches Thüringen einsetzen und
es vor Angriffen schützen.
3.1 Eine starke Polizei – analog und digital
Die Menschen im Freistaat Thüringen leben sicher. Dafür sorgt eine starke und
moderne Polizei vor Ort und im Netz. Wir haben in den vergangenen Jahren dafür
gesorgt, dass die Polizist:innen unseres Landes gut ausgestattet und ausgebildet
auf alle Herausforderungen reagieren können. Hinzu kommen Verbesserungen bei den
Beförderungsmöglichkeiten, der Bezahlung und dem Gesundheitsmanagement. Mit
dieser Strategie waren wir erfolgreich: beispielsweise die Zahl der
Einruchsstraftaten nimmt ab, die Aufklärungsquote ist hoch. Thüringen ist
bundesweit eines der sichersten Bundesländer. Diese erfolgreiche Arbeit wollen
wir fortsetzen.
Das werden wir tun:
- Wir werden die Personalausstattung der Thüringer Polizei weiter erhöhen,
um die Präsenz in der Fläche zu verbessern. Die Zahl der Anwärter:innen im
Polizeibereich versteigen wirauf 300 pro Jahr. Durch zusätzliche Stellen
schaffen wir eine zukunftsfähige Personalstruktur für eine langfristig
leistungsfähige Thüringer Polizei. Mit einer flächendeckenden
Polizeipräsenz stärken wir das Sicherheitsempfinden unserer Bürger:innen.
- Mit der Neuausrichtung des Kontaktbereichsbeamten haben wir einen
wichtigen Schritt für eine Polizei für Stadt und Land gemacht. Mit der
zügigen Besetzung der neuen Stellen schließen wir die weißen Flecken im
Freistaat und schaffen mit konkreten Ansprechpartner:innen Sicherheit an
jedem Ort.
- Einsatzkräfte verdienen den größtmöglichen Schutz. In den letzten Jahren
haben wir sie fortlaufend mit moderner Schutzausrüstung und zeitgemäßen
Einsatzmitteln ausgestattet. Der landesweite Einsatz von Bodycams ist
dabei ein wesentliches Element und dient dem Schutz unserer Einsatzkräfte
und der Beweissicherung. Wir unterstützen Gesetzesinitiativen zur
Verschärfung von Straftatbeständen zum Schutz von Polizei- Einsatz und
Rettungskräften.
- Wir machen den Polizeiberuf noch attraktiver. Eine sofortige Umsetzung
der, aus dem Kienbaum Gutachten resultierende Einführung einer
zweigeteilten Laufbahn in der Polizei des Freistaates Thüringen, ist
kurzfristig nicht möglich und würde auch keine Perspektive für die,
überwiegend im mittleren Dienst eingesetzten Beamtinnen und Beamten,
darstellen. Auf dem Weg zur zweigeteilten Laufbahn wollen wir gute
innerhalb der nächsten 5 Jahre den verkürzten Aufstieg in die nächsthöhere
Laufbahn, analog der §16, §17 und §18 der Bundespolizei-
Laufbahnverordnung, in der Thüringer Laufbahnverordnung für den
Polizeivollzugsdienst verankern. Für Kriminalisten richten wir spezielle
Ausbildungsmodule ein – die Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern
werden wir intensivieren.
- Polizeidienststellen gehören zur Grundinfrastruktur der öffentlichen
Daseinsvorsorge. Den Investitionsstau bei der Sanierung von
Polizeiliegenschaften werden wir durch ein Investitionsprogramm
beseitigen.
- Die begonnene Entwicklung des Bildungszentrums Meiningen hin zu einem
modernen Campus setzen wir mit Hochdruck fort. Während der Ausbildung
sollen verstärkt demokratische Grundwerte sowie die interkulturelle
Kompetenz vermittelt werden. Dafür werden im Rahmen von Praktikawochen
auch externe Bildungsträger verpflichtet. Polizeidienstanwärter:innen
sollen sensibilisiert werden für unterschiedliche Arten von
Diskriminierung. Von Beginn der Ausbildung an muss eine selbstkritische
und offene Kultur in der Polizei gepflegt werden. Nur so kann sich der
Polizeidienst weiterentwickeln und sich Anwärter:innen zukünftig sicher im
Einsatzgeschehen bewegen. Damit schaffen wir moderne Unterrichtsmethoden
und Unterbringungsmöglichkeiten. Mit der Fusion der Bildungseinrichtungen,
Bildungszentrum und Fachhochschule legen wir den Grundstein für eine
leistungsfähige Struktur und attraktive Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte.
- Im Kampf um die besten Köpfe werden wir mit der Einführung der freien
Heilfürsorge für alle Polizist:innen, der Ruhegehaltsfähigkeit der
Polizeizulage und eines grundlegend zu novellierenden den aktuellen
Bedürfnissen Zulagensystems für die faire Vergütung eines anspruchsvollen
Jobs sorgen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf werden wir mit
angepassten Einsatzzeiten und speziellen Betreuungsangeboten verbessern.
Wir verurteilen jegliche Art von Übergriffen sowie Mobbing und
unterstützen die Entwicklung und Etablierung von Awareness- und
Präventionsstrukturen, die so etwas wirksam verhindern. Der Schutz der
Auszubildenden steht dabei an oberster Stelle.
- Den Frauenanteil in Führungspositionen der Polizei wollen wir deutlich
erhöhen. Dazu werden wir ein Mentoring-Programm für gezielte
Frauenförderung aufsetzen. Außerdem wollen wir noch mehr Menschen mit
unterschiedlichem kulturellem und persönlichem Hintergrund für den
Polizeiberuf ansprechen, um die Pluralität der Gesellschaft auch in den
Sicherheitsbehörden abzubilden. Besonders Menschen mit unterschiedlichen
Sprachkenntnissen sollen angesprochen werden, da klare und gute
Kommunikation die Basis jeder Polizeiarbeit ist.
- Es darf keine rechtsfreien Räume in der digitalen Welt geben. Der
zunehmenden Verrohung im Internet und der Verlagerung von Straftaten in
den Cyberraum werden wir nicht tatenlos zusehen. Wir wollen dem Beispiel
anderer Länder durch die Einrichtung eines Studiengangs zum IT-Ermittler
folgen. Mit einem verstärkten Fortbildungsprogramm wollen wir zudem eigene
IT-Fachkräfte und IT-Kriminalisten aufbauen.
- Die Digitalisierung der Thüringer Polizei treiben wir mit voller Kraft
voran. Deshalb haben wir die Online-Wache eingeführt und werden ihre
Einsatzmöglichkeiten weiter ausbauen. Die Ausstattung der Polizist:innen
mit aktuellen digitalen Endgeräten werden wir unter Beachtung hoher
Sicherheitsstandards weiter fortführen. Gefahrenlagen und
Kriminalitätsphänomene ändern sich rasant und ihre Bekämpfung bedarf
zeitgemäßer rechtlicher Handlungsgrundlagen. Die Angriffe auf IT-Systeme
von Bürger:innen, Verwaltung und Unternehmen nehmen stetig zu. Wir statten
Ermittler:innen technisch und rechtlich so aus, dass sie auch bei immer
größeren Datenbeständen zügig und genau ermitteln können.
- Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz setzen wir dabei an geeigneter
Stelle ein.Wir behalten dabei im Blick das KI dazu neigt Diskriminierung
und Rassismus aus den genutzten Trainingsdaten zu reproduzieren, daher ist
es uns wichtig offenzulegen auf welchen Daten KIs trainiert wurden und
diese regelmäßig auf systematische Diskriminierung und Rassismus
überprüfen zu lassen. Wir stellen sicher das alle Entscheidungen einer KI
von einem Menschen überprüft werden und niemand aus nicht-
nachvollziehbaren Gründen beschuldigt wird.
- Wir richten ein Thüringer Cybersicherheitszentrum ein. In diesem sollen
sich alle Thüringer Stellen, die sich um den Schutz von IT-Systemen
befassen eng und regelmäßig austauschen, um Staat, Wirtschaft und
Bürger:innen besser vor Angriffen aus dem Netz zu schützen.Wir sorgen
außerdem dafür, dass Sicherheitsbehörden in enger Zusammenarbeit mit dem
BSI gefundene Schwachstellen umgehend bei den Hersteller:innen melden und
damit zur bestmöglichen Cybersicherheit für uns alle beitragen.
- Wir verurteilen Gewaltstraftaten gegen Frauen – insbesondere Femizide. Wir
sehen in dem besseren Schutz von Frauen ein Schwerpunkt polizeilichen
Handelns und werden entsprechende Handlung- und Interventionsansätze
optimieren. Weiterhin sollen Polizist:innen während und nach ihrer
Ausbildung intensiver für Hasskriminalität gegen Frauen sensibilisiert
werden. Niemand darf in Thüringen bei Fällen von sexueller Gewalt das
Gefühl bekommen von den Sicherheitsbehörden nicht ernstgenommen zu werden.
Gegenüber dem Bund werden wir uns für eine Änderung des Strafgesetzbuches
einsetzen, damit insbesondere Femizide künftig härter bestraft werden.
- Im Rahmen eines Modellprojektes wollen wir Erfahrungen in der
falldatenbasierten Verbrechensbekämpfung im Deliktfeld der Wohnungs- und
Ladeneinbrüche sammeln.
- Wenige Mehrfach- und Intensivtäter:innen begehen einen großen Teil der
Straftaten in unserem Land. Damit stellen sie eine große Herausforderung
für Polizei, Justiz und andere Behörden dar. Wir evaluieren die Konzepte
zum Umgang mit diesen Täter:innen, um zum besseren Schutz der Bevölkerung
alle behördlichen Möglichkeiten auszunutzen.
- Eine konsequente und erfolgreiche Deradikalisierungsarbeit ist der beste
Schutz vor terroristischen Gefahren. Die bestehenden Ansätze in den
Sicherheitsbehörden wollen wir überprüfen und die Deradikalisierungsarbeit
fachlich übergreifend ausgestalten.
- Steuerhinterziehung, Geldwäsche, Korruption, Betrug und Untreue stellen
für Sozialdemokrat:innen nicht nur eine Gefahr für ehrliche Bürger:innen
und die sozialen Sicherungssysteme dar, sondern gefährden den sozialen
Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Im Bereich der Wirtschaftskriminalität
werden wir die Aus- und Fortbildungsmaßnahmen für unsere
Polizeibeamt:innen intensivieren.
- Unsere erfolgreiche Präventionsarbeit setzen wir fort. Wir nehmen
Unsicherheiten und Ängste ernst und ergreifen gezielte
Präventionsmaßnahmen, um das Sicherheitsempfinden unserer Bürger:innen zu
stärken und Straftaten zu verhindern. Die bestehenden Präventionsangebote
halten wir uneingeschränkt aufrecht. Mit der Einrichtung des
Landespräventionsrates haben wir die Arbeit der unterschiedlichen
Akteur:innen erfolgreich vernetzt und Impulse gesetzt.
- Wir werden eine positive Fehlerkultur innerhalb der Polizei weiter
fördern. Es ist wichtig, dass es auch innerhalb der polizeilichen
Strukturen möglich ist, über Fehler im Einsatz und Unsicherheiten im
Vorgehen zu sprechen. Supervision und Beratungsangebote ermöglichen es,
Vorgehensweisen zu reflektieren und innerhalb der Dienstgruppe zu
verbessern. Wir werden den Thüringer Polizeidienststellen Mittel zur
Verfügung stellen, die Selbstreflexion und Selbstkritik in einem
geschützten Raum ermöglichen. Dazu dient auch die Weiterentwicklung der
Polizeivertrauensstelle zu einer Polizeiaufsichtsbehörde, die dem
Thüringer Justizministerim untersteht. Bei Anzeigen gegen
Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte ermittelt derzeit die Polizei
praktisch gegen sich selbst. Dieser Umstand führt zu Interessenkonflikten.
- Wir werden, gemeinsam mit den Berufsvertretungen, eine Studie über
Demokratiefeindlichkeit und Rassismus in den Sicherheitsbehörden auf den
Weg bringen. Wir lassen nicht zu, dass sich rechtsextremistische
Glutnester in den demokratischen Institutionen ausbreiten. Mit dem
Sozialkompetenzzentrum stärken wir in Lehre und Fortbildung die
demokratische Resilienz. Präventionsangebote in der Aus- und Fortbildung
werden wir weiter ausbauen.
3.2 Feuerwehr und Katastrophenschutz
Der Brand- und Katastrophenschutz und die Rettungsdienste sind ein wichtiger
Pfeiler der Inneren Sicherheit in Thüringen. Die 60.000 Mitglieder der
Feuerwehren und weitere 10.000 Mitglieder in Rettungsorganisationen leisten mit
ihrem ehrenamtlichen Engagement einen unersetzlichen Beitrag für ihre
Mitbürger:innen. Unser Ziel ist deshalb eine gute Ausstattung, gute Ausrüstung,
gezielte Aus- und Fortbildung sowie eine fortlaufende Nachwuchsgewinnung für die
Held:innen des Alltags.
Das werden wir tun:
- Wir wollen die Leistungen der ehrenamtlichen Helfer:innen mit einer
öffentlichkeitswirksamen Kampagne würdigen. Diese soll ihnen Anerkennung
und Respekt zeigen und vor allem junge Menschen für das Ehrenamt
begeistern. Ohne Unterstützung der Arbeitgerber:innen, Ausbildungsstätten
und Schulen geht es nicht. Die zeitlichen Herausforderungen der
Ehrenamtlichen müssen hier gezielt beleuchtet werden.
- Die hohe Leistungsbereitschaft und Einsatzfreude von Feuerwehren und
Rettungskräften werden wir durch Investitionen in der Fläche unterstützen.
Dazu gehört die persönliche Ausrüstung, die Fahrzeugausstattung und der
Erhalt und Bau von Gerätehäusern. Wir treten für eine Erhöhung der
Fördersummen und Förderquoten seitens des Landes ein. Ein besonderes
Augenmerk soll dabei auf der sogenannten schwarz-weiß-Trennung liegen, um
Brandkrebs vorzubeugen.
- Durch Investitionen in Infrastruktur und Lehrangebote, insbesondere mit
Blick auf klima- oder technologiebasierten Veränderungen der
Einsatzszenarien werden wir die Thüringer Landesfeuerwehr- und
Katastrophenschutzschule weiterentwickeln. Dabei setzen wir das Projekt
TLFKS 2.0 fort, indem sich modernisierte Anlagen und dezentrale Ausbildung
vereinen.
- Wir werden die zentrale Beschaffung von Feuerwehrausstattung erweitern und
so versuchen die Beschaffung der Feuerwehrfahrzeuge in Zweckverbänden oder
auf Landesebene zu bündeln und Kostenvorteile zu erreichen, von denen
Kommunen und ihre Feuerwehren profitieren.
- Mit der Stabilisierung der deutschlandweit einzigartigen Feuerwehrrente
und der Erhöhung der Entschädigungssätze in Feuerwehren haben wir ein
starkes Zeichen der Anerkennung gesetzt. Dieses wollen wir der Schaffung
einer Helfer:innenprämie fortsetzen, die für 10 aktive Dienstjahre eine
500 €-Prämie vorsieht.
- Wir haben der Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV) im Freistaat eine
tragfähige Struktur gegeben. Diese wollen wir ausbauen und stärken, damit
PSNV-Kräfte durch professionelle Schulung und Vernetzung unterstützt
werden. So können Einsatzkräfte im Ernstfall umfassend psychologisch
betreut werden.
- Die integrierten Leitstellen sind ein zentrales Element für eine effektive
Alarmierung und Steuerung von Einsätzen der Feuerwehren und
Rettungsdienste. Mit der Schaffung der neuen Leitstellenstruktur in
kreisübergreifenden Verbünden haben wir die Weichen für die Zukunft
gestellt. Die Arbeit für moderne Alarmierungsstrukturen werden wir
fortsetzen und uns für die regelmäßige Durchführung des bundesweiten
Alarmtages einsetzen.
- Der Schutz Kritischer Infrastrukturen und ein leistungsfähiger
Bevölkerungsschutz ist in den letzten Jahren zu Recht stark in den Fokus
gerückt. Wir intensivieren den Schutz dieses Rückgrats unseres
Gemeinwesens, stellen die Umsetzung der Schutzmaßnahmen bei privaten und
öffentlichen Stellen sicher und setzen uns weiter für eine angemessene
Beteiligung des Bundes an dieser Aufgabe ein.
- Auch Einsatzkräfte werden vermehrt bei Einsatzmaßnahmen durch Dritte
angegriffen. Wir sorgen dafür, dass unsere Einsatzkräfte bestmöglich
geschützt sind, in dem wir für eine moderne passive Schutzausstattung
sorgen. Die Beschaffung kann bspw. als Poolausstattung erfolgen.
3.3 Kampf für Demokratie
Wir haben in den letzten Jahren zahlreiche Erfolge beim Kampf gegen
rechtsextremistische Veranstaltungen und Strukturen erzielen können. Feinden der
Demokratie, der Verfassung und der Menschenrechte, werden wir uns auch weiterhin
entschieden entgegenstellen. Mit Blick auf unserer Werte und im Bewusstsein
unserer besonderen Verantwortung sagen wir jeglicher Form von Antisemitismus den
Kampf an.
Politische Bildung und Demokratiearbeit sind für uns stetige gesellschaftliche
und politische Aufgaben. Um dieser Aufgabe nicht nur gerecht zu werden, sondern
auch deren Bedeutung anzuerkennen, werden wir ein Demokratiefördergesetz
beschließen. Programme, Projekte, Konzepte, Vorhaben etc. brauchen, um wirken zu
können, eine langfristige Planungssicherheit und damit unumgänglich eine
finanzielle Absicherung. In diesem Zusammenhang müssen auch die bestehenden
Landesprogramme auf ihre Förderung sowie ihre inhaltliche Ausrichtung evaluiert
werden. Neue Herausforderungen und Bedrohungen unserer Freiheit und Demokratie,
wie digitaler Faschismus, Desinformationen, Verschwörungserzählungen, rechter
Terror in Thüringen oder Radikalisierungen im Zuge der Corona-Pandemie als auch
Zielgruppen, wie Migrant:innenselbstorganisationen, müssen mit aufgenommen
werden. An dieser Neugestaltung darf deshalb nicht ausschließlich
regierungsintern gearbeitet, sondern die Zivilgesellschaft muss adäquat daran
beteiligt werden.
Wir werden zivilgesellschaftliche Akteur:innen unterstützen, indem wir
- ihre, oftmals ehrenamtliche Tätigkeit erleichtern, indem bürokratische
Hürden abgebaut werden. Dort wo Zivilgesellschaft, Staat, Behörden
zusammenarbeiten entstehen Partner:innenschaften, die nachhaltig wirken
können.
- ihre Arbeit würdigen: sie verteidigen in verschiedenster Form die
demokratischen Grundlagen unserer pluralen Gesellschaft, wirken sozial und
solidarisch. Es gilt sie in ihrer Arbeit zu unterstützen und zu bestärken.
- ihre Arbeit nicht nur anerkennen, sondern deren weite Perspektiven auf
Landesebene auch im Rahmen eines institutionalisierten Austauschs mit der
Regierung und dem Landtag einbinden. Deshalb fordern wir, dass
- Zivilgesellschaft und die zuständigen politischen Vertreter:innen
regelmäßig gemeinsam an einem Tisch zusammenkommen, um sich über aktuelle
gesellschaftliche Problemlagen auszutauschen.
- im Kampf gegen die extreme Rechte bei Behörden und Verwaltung für eine
verbesserte Anerkennung der Perspektive von zivilgesellschaftlichen
Akteur:innen werben, so dass die Zusammenarbeit beispielsweise bei der
Organisation und Durchführung von Demonstrationen erleichtert wird.
- mit ihnen, Akteur:innen aus Staat und Wissenschaft gemeinsam an einer
langfristigen Demokratie-Förderstrategie und ihrer kontinuierlichen
Fortentwicklung arbeiten.
- Wir verstetigen und bauen das Thüringer Landesprogramm für Demokratie,
Toleranz und Weltoffenheit als wertvolle Unterstützung der
Demokratieförderung aus. Wir werden das Thüringer Demokratiefördergesetz
einführen, um so bewährten Projekten des Engagements zur
Demokratieförderung und politischen Bildung eine verlässliche und
langfristige Ausfinanzierung zu ermöglichen und wiederkehrenden
Verwaltungsaufwand zu reduzieren
Außerdem werden wir konsequent an der Umsetzung der Handlungsempfehlungen der
Untersuchungsausschüsse zu den NSU-Morden 5/1 und 6/1 als auch der Enquete-
Kommission gegen Rassismus und Diskriminierungen 6/1 weiterarbeiten und die
demokratiefördernde und rassismus- und diskriminierungskritische Bildungsarbeit
an Schulen, in der außerschulischen Bildung und in Organisationen und Behörden
stärken.
Das werden wir tun:
- Wir setzen uns für die Herabsetzung des aktiven Wahlalters bei
Landtagswahlen auf 16 Jahre und des passiven Wahlalters bei
Bürgermeister:innen- und Landrät:innenwahlen ein, um junge Menschen
möglichst früh an der parlamentarischen Demokratie zu beteiligen
- Wir werden eine „Koordinierungsstelle für Demokratiebildung an Schulen“
einrichten. Seit Jahrzehnten gibt es Modellprojekte, die Kitas und Schule
als Lernorte für Demokratie erproben, nun kommt es darauf an,
flächendeckend für ein Angebot der Demokratiebildung an Thüringer Schulen
zu sorgen.
- Wir werden uns für ein passives und aktives Wahlrecht für
Drittstaatsangehörige auf kommunaler Ebene einsetzen, um diesen Menschen
die Einbindung in den politischen Diskurs aktiver zu ermöglichen und
Potentiale für die gesellschaftliche Beteiligung zu heben. Dauerhaft in
Deutschland lebenden Menschen soll so politische Teilhabe und Mitwirkung
ermöglicht werden.
- Das Amt für Verfassungsschutz muss weiter personell und materiell
angemessen ausgestattet sein, um den wachsenden Aufgaben zum Schutz
unserer Demokratie gerecht zu werden. Eine ausreichende parlamentarische
Kontrolle ist dabei weiterhin zu gewährleisten.
- Mit der Einrichtung der Task-Force Versammlungslagen konnten wir
Landkreise und Kommunen bei teilweise komplizierten Rechtsfragen beraten
und sie in die Lage versetzen, sich insbesondere gegen Veranstaltungen der
extremen Rechten zur Wehr zu setzen. Diese erfolgreiche Arbeit setzen wir
fort und entwickeln sie weiter.
- Um bei Konflikten in Kommunen den Dialog und demokratische Problemlösungen
zu unterstützen sowie Radikalisierungen und Populismus vorzubeugen, werden
wir Angebote der kommunalen Konfliktberatung verstetigen und ausbauen.
- Kampf gegen Hass und Hetze im Netz – Das Internet erlaubt durch seine
Anonymität oft radikale Äußerungen, die manchmal auch in schreckliche
Taten umschlagen können. Wir unterstützen die Gesetzinitiativen auf
Bundesebene zur besseren Bekämpfung dieser Phänomene. Das Internet darf
kein rechtsfreier Raum sein. Die Zusammenarbeit zwischen Polizei,
Staatsanwaltschaft und Medienverantwortliche werden wir intensivieren. Wir
schaffen die personelle Ausstattung von Polizei und Staatsanwaltschaft, um
Strafverfahren schnell abzuschließen.
- Rechte Demokratiefeind:innen werden wir konsequent aus dem öffentlichen
Dienst entfernen.
- Wir setzen uns weiterhin für die Entwaffnung von Rechtsextremist:innen
ein.
- Für alle Fördermaßnahmen des Landes wird künftig der Grundsatz "Keine
öffentlichen Mittel für rechte Demokratiefeind:innen" gelten, damit eine
indirekte staatliche Unterstützung für demokratizersetzende Unternehmungen
verhindert wird.
3.4 Justiz
Wir Sozialdemokrat:innen gewährleisten einen freiheitlichen, demokratischen
Rechtsstaat durch eine leistungsfähige und unabhängige Justiz als eine seiner
tragenden Säulen. Der Zugang der Menschen zu den Gerichten wird weiterhin
unkompliziert, barrierefrei und ortsnah gewährleistet. Staatsanwaltschaften und
Gerichte erhalten eine personelle und sächliche Ausstattung, die dieser Rolle im
Rechtsstaat und den wachsenden Herausforderungen gerecht wird. Nur auf diese
Weise wird gewährleistet, dass das Vertrauen der Menschen in die Justiz nicht
nur dauerhaft erhalten, sondern noch gestärkt wird.
Die Bürger:innen haben ein Recht darauf, dass Straftaten schnell aufgeklärt und
konsequent geahndet werden, sie ihre Ansprüche zügig durchsetzen und
unberechtigte Eingriffe in ihre Rechtsgüter effizient abgewehrt werden. Wir
verteidigen unseren Rechtsstaat gegen alle Bedrohungen unserer freiheitlich-
demokratischen Grundordnung, durch Extremismus, Hass und Hetze sei es analog
oder digital. Der Rechtsstaat kennt keine rechtsfreien Räume. Die Opfer von
Straftaten verdienen die ihnen zustehende Anerkennung und Hilfe. Der sichere
Justizvollzug gewährleistet und dient der Resozialisierung Die zunehmende
Digitalisierung der Justiz bietet eine Vielzahl von Chancen sowohl für die
Bürger:innen als auch für die Mitarbeiter:innen. Wir wollen den Weg der
Digitalisierung und der modernen Kommunikation in der Justiz weiter
vorantreiben.
Die Justiz ist neben Gesetzgebung und Exekutive die dritte Gewalt im Staat und
eine besondere öffentliche Aufgabe. Deshalb dürfen Justizangelegenheiten nicht
in den privaten Sektor verlagert werden
Das werden wir tun:
- Gutes Personal, leistungsfähige Justiz
- Die Leistungsfähigkeit unserer Justiz fußt auch in Zukunft auf einer
angemessenen personellen und sachlichen Ausstattung der Gerichte,
Staatsanwaltschaften und Justizvollzugseinrichtungen. Damit der in
den nächsten Jahren weiter stattfindende demografische und
altersstrukturelle Wandel in der Justiz bewältigt und damit deren
Leistungsfähigkeit wiederhergestellt bzw. gesichert werden kann,
aber auch neue Herausforderungen z.B. durch die Digitalisierung und
in der Strafverfolgung gemeistert werden können, ist es bereits
jetzt erforderlich, mit Neueinstellungen nicht nur vorhandenes
Personal mittelfristig zu ersetzen, sondern zusätzliches Personal zu
gewinnen. - Wir werden eine Einstellungsoffensive für Justizbedienstete mit
modernen Werbe- und Einstellungsverfahren ergreifen. - Wir werden die bestehenden Personalkonzepte für die Justiz mit einer
Aufstockung von 10% über dem Personalschlüssel für Richter und
Staatsanwälte PEBB§Y) weiterentwickeln, - Wir werden die Personalverstärkungen bei der Polizei
korrespondierend auf die Justiz zu übertragen, - Wir werden durch moderne Arbeitszeitmodelle, die Einführung von
Lebensarbeitszeitkonten und Stärkung der Altersteilzeitregelungen
und eines umfassenden Beförderungs- und
Personalentwicklungskonzeptes für die Justiz die Attraktivität des
Dienstes in der Justiz stärken,Wir werden die Verfahren und
Instrumente der richterlichen Mitbestimmung in der evaluieren und
ggf. fortentwickeln unddie bestehenden Aus- und
Fortbildungskooperationen mit anderen Ländern für Richter:innen,
Staatsanwält:innen und Rechtspfeger:innen fortführen, sowie um
landeseigene Fortbildungen ergänzen bzw. ausbauen. Inhaltlich soll
es neben dem Erwerb, der Vertiefung und Erweiterung von
Fachkompetenzen in gleicher Weise auch um eine Erweiterung von
Sozialkompetenzen in einer sich sozial und kulturell verändernden
Gesellschaft gehen. Ein besonderes Augenmerk soll dabei auch auf das
Erkennen von menschenfeindlichen und diskriminierenden Sachverhalten
gelegt werden.(Weiter-) Lernen ermöglichen – für die persönliche
Entwicklung und die berufliche Entwicklung und die berufliche
Qualifikation. Für einen sensiblen und bedarfsgerechten Umgang des
entsprechenden Fachpersonals der Justiz mit von Rassismus und
Diskriminierung betroffenen Personen sind fundierte Grundlagen zu
rassistischen und diskriminierenden Sachverhalten und Tatmotiven
unerlässlich. Wir bauen daher das Fortbildungsprogramm für
Richter:innen und Staatsanwält:innen hinsichtlich des Umgangs mit
rassistisch motivierten Straftaten weiter aus.
Justiz in der Fläche Thüringens- präsent und modern- Die bestehenden Justizstandorte in der Fläche, einschließlich des
Justizvollzuges, des Sozialen Dienstes der Justiz beim
Oberlandesgericht und der Notariate, werden gesichert und, soweit
erforderlich, in ihrer Bestandsinfrastruktur modernisiert. - Dazu wird in den Standorten der Gerichte und Staatsanwaltschaften,
sowie des Justizvollzuges und des Sozialen Dienstes der Justiz
flächendeckend die Infrastruktur für Videovernehmungen,
Videokonferenzen und Videoanhörungen geschaffen. - Erweiterungen und Modernisierungen an bestehenden Standorten ist,
vorbehaltlich einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, der Vorrang vor
Neubauten zu geben.
Stärkung der Strafverfolgung schafft Sicherheit- Im Bereich der Strafverfolgung wollen wir die erfolgreiche Arbeit
der Staatsanwaltschaften im Land weiter vorantreiben. Dazu werden
wir nicht nur Defizite in der Personalstärke der
Staatsanwaltschaften abbauen, sondern zusätzliche Stellen bei der
Generalstaatsanwaltschaft und bei den Staatsanwaltschaften die
Sonderdezernate schaffen, die sich spezialisiert mit Delikten aus
den Bereichen der organisierten Kriminalität, der Wirtschafts-,
Umwelt- und der Internetkriminalität sowie mit der Verfolgung von
Delikten mit terroristischem, extremistischem, insbesondere
rechtsextremistische, oder rassistischem Bezug befassen.
Wir werden die Vermögensabschöpfung für kriminell erlangte Gewinne
auch durch einen Personalzuwachs insbesondere im
Rechtspflegerbereich intensivieren.Wir werden eine engere
Zusammenarbeit von Justiz und Polizei fördern, um den komplexer
werdenden Deliktsfeldern effektive Konzepte und Maßnahmen entgegen
zu setzen. - Wir werden einen Ausbau von Jugendstationen in Ergänzung der
Modellprojekte in Gera und Jena/Saale-Holzland-Kreis zumindest für
die Landgerichtsbezirke Erfurt, Meiningen und Mühlhausen prüfen, um
auch in der Fläche die die Bekämpfung von Kinder- und
Jugendkriminalität zu optimieren.Amts- und Mandatsträger:innen sind
zentrale Akteur:innen unserer freiheitlichen und rechtsstaatlichen
Demokratie. Sie sind in den letzten Jahren vermehrt Anfeindungen und
Bedrohungen ausgesetzt. Das kann und darf unser demokratischer
Rechtsstaat nicht hinnehmen. Neben Beratungsangeboten, wie der
eingerichteten Hatespeech-Ansprechsstelle elly, bedarf es einer
konsequenten Reaktion des Rechtsstaates. Straftaten gegen Amts- und
Mandatsträger müssen weiter mit besonderer Priorität verfolgt und
das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung weiterhin in diesen
Fällen stets anerkannt werden
Opferhilfe im Mittelpunkt
- Wir werden uns in der neuen Legislaturperiode verstärkt der Opfer von
Straftaten annehmen. Niemand darf als Opfer einer Straftat allein gelassen
werden. Diese haben ein Recht auf Schutz und Unterstützung. Im Pakt für
den Rechtsstaat haben sich der Bund und die Länder zum Ziel gesetzt, den
Opferschutz, insbesondere durch Einrichtung zentraler Strukturen zur
schnellen und unbürokratischen Betreuung von Opfern, zu verstärken.
- Thüringen unterstützt den Opferschutz im Strafverfahren: durch
Ansprechpartner zur Zeugenbetreuung bei den Gerichten und die
psychosozialen Prozessbegleiter des Sozialen Dienstes der Justiz. Daneben
gibt es die LSBTIQ-Ansprechpersonen bei den Staatsanwaltschaften, den
Polizeilichen Opferschutz und zahlreiche nichtstaatliche Organisationen
und Vereinigungen, die sich der Opferhilfe verpflichtet fühlen. Die
bestehenden Angebote sind weiter zu unterstützen und zu finanzieren.
- Darüber hinaus werden wir die Funktion eines/r ehrenamtlichen
Landesopferbeauftragte/n schaffen, der/die als zentrale Ansprechperson für
alle Kriminalitätsopfer zwar nicht selbst berät, aber als ein Wegweiser
für Betroffene zu den vielfältigen Opferberatungsangeboten dienen soll.
- Mit der Veröffentlichung eines zweijährigen Opferhilfeberichts des/der
Landesopferbeauftragten mit der Option eines Sonderberichts bei besonderen
Anlässen, werden wir den Blick auf die Arbeit der haupt- und
ehrenamtlichen Helfer und der gemeinnützigen Organisationen lenken.
- Daneben werden wir unter dem Dach des/der Landesopferbeauftragten für eine
bessere Transparenz der Opferhilfestrukturen fortwährend die
Veröffentlichungen und Wegweiser barrierefrei und in leicht verständlicher
Sprache aktualisieren. Damit tragen wir der Erleichterung des Zugangs zu
den vorhandenen Hilfe- und Beratungssystemen bei und machen die
bestehenden Angebote noch bekannter. Wir wollen, dass kein Opfer durch das
Raster der vielfältigen Hilfen fällt und Beratungsangebote – auch unter
Mithilfe der Landesopferbeauftragten - vermittelt werden.
- Darüber hinaus wollen wir einen staatlichen Opferhilfefonds gründen, der
als subsidiäre Hilfeleistung allen Kriminalitätsopfern die Möglichkeit
eröffnet, unbürokratisch Hilfe zu erlangen und Härtefälle aufzufangen.
Neben einem Finanzgrundstock aus der Landeskasse soll der Opferhilfefonds
vom Land eingenommenen Straf- und Bußgeldern aufgestockt werden,
entsprechend des Gedankens der Beseitigung erlittenen Unrechts und der
Förderung der Täter: inneneinsicht.
- Justizvollzug in Thüringen – sicher, modern und
resozialisierungsorientiert- Gesetzliches Ziel des Justizvollzuges in Thüringen ist es,
Strafgefangene zu befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein
Leben ohne Straftaten zu führen und die Allgemeinheit vor weiteren
Straftaten zu schützen.Dem Ziel dienen sichere und moderne
Justizvollzugsanstalten, gute Therapieangebote, ausreichendes und
gut qualifiziertes Personal sowie eine attraktive Arbeitsumgebung.
Ohne motivierte Mitarbeiter ist das Ziel der Resozialisierung und
Wiedereingliederung der Strafgefangenen in die Gesellschaft nicht zu
erreichen.Die Sicherheit, die Wirtschaftlichkeit des Strafvollzugs
und die Resozialisierung der Strafgefangenen müssen gleichzeitig
gewährt werde.Zur Gewinnung von qualifizierten und motivierten
Nachwuchskräften werden wir die Attraktivität des Berufsfeldes
„Justizvollzug“ steigern. Hierzu setzen wir uns für gute Arbeits-
und Ausbildungsbedingungen, eine moderne Ausrüstung, eine gezielte
Personalentwicklung, bessere Aufstiegsmöglichkeiten, eine
verbesserte Besoldungs- und Beförderungssituation, insbesondere die
Verbesserung der Anwärterbesoldung durch die Wiedereinführung eines
Anwärtersonderzuschlages, ein.Die Bildungs- und
Beschäftigungsangebote für Gefangene wollen wir auf hohem Niveau
erhalten. Die Möglichkeiten, eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Haft
abzuarbeiten, wollen wir ausweiten. Zudem sind wir überzeugt, dass
die Bedingungen in Haft mit den gesellschaftlichen Entwicklungen in
Freiheit mithalten müssen. Digitalisierung und demografischer Wandel
dürfen nicht vor den Toren der Haftanstalten enden. Die
Bereitstellung digitaler Medien und Bildungsangebote für Gefangene
wollen wir unter Beachtung des Sicherheitsauftrages prüfen. Die
Möglichkeiten des elektronischen Besuchs wollen wir ausbauen. Die
Situation älterer Gefangener in Haft wollen wir ebenfalls
verbessern. Dabei werden wir auf die Erfahrungen anderer Länder
zurückgreifen.Für radikalisierte Straftäter:innen wollen wir auch im
Justizvollzug Deradikalisierungs- und Ausstiegsprogramme zur
Vermeidung von Rückfälligkeit nach Haftentlastung fortführen bzw.
aufbauen. - Ein besonderes Augenmerk in der Resozialisierungsarbeit wollen wir
auf eine stärkere Berücksichtigung der Opferperspektive und den
Ausgleich der Tatfolgen während der Inhaftierung legen. - Um den Übergang der Gefangenen in die Freiheit zu erleichtern,
wollen wir das professionelle Übergangsmanagement in einem
Resozialisierungsgesetz gesetzlich verankern.Die Sicherheit der
Justizvollzugsanstalten wollen wir u. a. durch eine Verbesserung der
medizinischen, insbesondere psychiatrischen Versorgung, zum Beispiel
durch eine Kooperation mit dem Maßregelvollzug, erhöhen.An dem
Gemeinschaftsprojekt mit dem Freistaat Sachsen „JVA Zwickau-
Marienthal“ halten wir deshalb fest. Der hierfür vorgesehene
Personalübergang muss sozialverträglich, transparent und im
Einvernehmen mit den betroffenen Bediensteten erfolgen.Die sinnvolle
Nachnutzung künftig wegfallender Justizvollzugseinrichtungen werden
wir ergebnisoffen prüfen. In die Prüfung werden wir bestehende
Bedarfe, zum Beispiel in den Bereichen Sicherungsverwahrung und
seniorengerechter Vollzug, mit einbeziehen.Im Rahmen eines
verbesserten Übergangsmanagements nach der Haft und zur
Erleichterung der Resozialisierung wollen wir den Aufbau einer
staatlichen Nachsorgeeinrichtung als Übergangs- und
Auffangeinrichtung für komplexere Fälle unter den Haftentlassenen
prüfen.
Ambulante und freie Straffälligenhilfe stärken- Neben dem Justizvollzug ist die ambulante Straffälligenhilfe mit den
Sozialen Diensten in der Justiz und den Vereinen der freien
Straffälligenhilfe die wichtigste Säule der Resozialisierung in
Thüringen. Durch eine Stärkung tragen wir aktiv dazu bei, dass
erneute Inhaftierungen von Straffälligen ebenso wie weitere
Straftaten vermieden werden und so ein wichtiger Beitrag zur Inneren
Sicherheit geleistet wird. - Gerade die Mitarbeiter: innen der Sozialen Dienste in der Justiz
leisten als staatliche Institution in den Bereichen der Bewährungs-
und Gerichtshilfe sowie der Führungsaufsicht einen erheblichen
Anteil zur Vermeidung neuer Straftaten. Wir setzen uns für eine
auskömmliche personelle Ausstattung der Sozialen Dienste in der
Justiz ein.Damit gewährleisten wir, dass die qualitativ hochwertige
Tätigkeit weiter verbessert wird und mehr Zeit für die Hilfe und
Kontrolle der Straffälligen zur Verfügung steht. Ebenfalls erachten
wir eine Verbesserung der technischen Ausstattung für notwendig.
Mobiles Arbeiten ist gerade im ländlichen Raum unerlässlich, um
Straffällige auch im häuslichen Umfeld begleiten zu können.Neben den
staatlichen Institutionen leisten die Vereine der freien
Straffälligenhilfe einen großen und wichtigen Beitrag zur
Resozialisierung. Sie vermitteln und begleiten in der Ableistung
gemeinnütziger Arbeit und bieten spezialisierte Beratungsangebote
an. Hinzu kommen Angebote für Soziale Trainingskurse. Wir werden die
bestehenden Strukturen in Thüringern festigen und auszubauen. Hierzu
gehört die Schaffung einer Förderstruktur und -praxis, die es
ermöglicht, Modellprojekte voll zu finanzieren.
Zukunfts(dauer)aufgabe Digitalisierung der Justiz
- Die Digitalisierung der Justiz in Thüringen ist auch weiterhin eine der
großen Herausforderungen der neuen Legislaturperiode. Spätestens die
Corona-Pandemie hat gezeigt, dass unsere Justiz nicht nur gut
technologisch ausgestattet ist, sondern auch weiterhin stets auf dem
aktuellen Digitalisierungsstand gehalten werden muss. Die Einführung des
elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte werden wir in
Thüringen abschließen, wobei bei aller Effizienzsteigerung immer auch der
Aspekt einer bürgernahen und vertrauensbildenden Rechtsprechungspraxis im
Blick behalten werden muss.
- Wir werden für eine auskömmliche Finanzierung der Justiz-IT, aber
auch für gute Ausstattung mit IT-Fachpersonal sowohl in der IT-
Stelle der Gerichte und Staatsanwaltschaften beim Oberlandesgericht
als auch bei den eBetreuer:innen vor Ort sorgen. Denn ausreichendes
Fachpersonal ist die Achillesferse der Digitalisierung der Justiz. - Den Digitalisierungsprozess wollen wir von einer
Sicherheitsoffensive begleiten, der die Informationssicherheit der
Justiz gewährleistet. Für die Informationssicherheit werden
ausreichende sächliche und personelle Ressourcen in den
Justizbehörden zur Verfügung gestellt. Für das IT-
Sicherheitsmanagement wird für alle Justizbehörden und den
Justizvollzug eine Zentralstelle eingerichtet.
3.5 Verbraucher:innenschutz
Verbraucher:innen stehen häufig einer hohen Marktmacht einzelner Unternehmen
gegenüber. Die Zusammensetzung der Nebenkostenabrechnung, die angekündigte
Mieterhöhung oder Verträge mit Medien- und Kommunikationsanbietern verunsichern
und überfordern viele Bürger:innen. Wir wollen Verbraucher:innen schützen durch
Regeln und Organisationen. Wir sehen die Verbraucherzentrale als einen
unverzichtbaren Partner beim Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher. Gerade
in Zeiten von sich verändernden Märkten und hoher Inflation brauchen
Bürger:innen Sicherheit und Schutz vor Abzocke und unlauteren Methoden.
Das werden wir tun:
- Der Beratungsauftrag der Verbraucherzentrale Thüringen – unabhängig von
wirtschaftlichen Interessen – ist angesichts der immer unübersichtlicheren
Märkte als Gegengewicht für den Verbraucher dringender denn je. Wir wollen
die Finanzierung der Verbraucherzentrale angemessen erhöhen, um den
bestehenden Beratungsumfang auszubauen, insbesondere im Hinblick auf
Beratung in leichter Sprache und in unterschiedlichen Fremdsprachen. Die
Finanzierung der Verbraucherzentrale wird in den kommenden Jahren auch die
Preisentwicklung berücksichtigen. Dabei soll vor allem die institutionelle
Förderung verstärkt werden, um die Verbraucherzentrale unabhängiger zu
machen.
- Sonntagsarbeit belastet Arbeitnehmer und Familien. Der Sonn- und
Feiertagsschutz ist ein wichtiges Gut. Deshalb werden wir Sonntagsarbeit
auf ein erforderliches Minimum begrenzen. Wir wollen gemeinsam mit den
Gewerkschaften das Bundesarbeitszeitgesetz ändern, um den Sonn- und
Feiertagsschutz zu stärken.
- Um den weiteren notwendigen Personalabbau verkraften zu können und um eine
effizientere Aufgabenerfüllung zu erreichen, sollen Fach-, Rechts- und
Dienstaufsicht im Bereich des Verbraucher- und Arbeitsschutzes gebündelt
werden.
- Das Angebot an Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen nimmt ständig zu und
die Hersteller agieren zunehmend überregional. Hinzu kommen immer neue
Verfahren der Bearbeitung von Lebensmitteln, neue Materialien und
Werkstoffe, chemische Substanzen usw. Die zunehmende Produktvielfalt
verlangt eine höhere Spezialisierung und eine vertiefte Erfahrung der
amtlichen Überwachung. Diese Spezialisierung ist nicht für alle Aufgaben
durch die kommunalisierte Überwachung zu leisten. Vor allem die
Kleinteiligkeit der kommunalen Strukturen verhindert eine Spezialisierung.
Wir wollen spezialisierte und überregionale Kontrollteams in den Bereichen
schaffen, für deren Überwachung den Landkreisen und kreisfreien Städten
das notwendige Spezialwissen fehlt. Ebenfalls auf den Prüfstand gehört
aber auch die Option einer Rückverstaatlichung von Aufgaben und
Zuständigkeiten der Veterinär-, Lebensmittelüberwachungs- und Umweltämter.
- In vielen Bereichen versagt die Selbstregulation des Marktes, bestehen
Vollzugsdefizite bei der Marktüberwachung oder werden Verbraucher durch
„Abzockstrategien“ systematisch geschädigt. Hier fehlen die notwendigen
Marktwächter. Für bestimmte Fragen brauchen wir daher zur Unterstützung
der Verbraucher und der staatlichen Überwachung auch kollektive
Klagerechte. Wir treten auf Bundesebene für Klagerechte von
Verbraucherschutzorganisationen z.B. der Verbraucherzentralen ein. Wir
wollen Klagerechte für Verbraucherorganisationen z.B. gegen typische
„Abzockstrategien“ bei geringen Streitwerten und bei unlauterem Wettbewerb
(Mondpreise, Lockvogelangebote, falsche Preisauszeichnung).
4. Zusammenhalt in Stadt und Land
Wir sind davon überzeugt, dass ländliche Regionen einen hohen ökonomischen,
ökologischen, sozialen, kulturellen und demokratischen Mehrwert für unseren
Freistaat haben, auf den wir als Gesellschaft nicht verzichten können. Auf dem
Land organisieren Bürgerinnen und Bürger ihr Zusammenleben mit hoher Kompetenz,
viel Engagement und in gemeinschaftlichen Strukturen. Es gibt dort viel Wissen
und Erfahrungen, die nicht verloren gehen dürfen. Unsere Städte sind
Knotenpunkte, die für das gesamte Land Bildungs- und Kultureinrichtungen vor-
und hohe wirtschaftliche Potenziale für alle bereithalten. Wir wollen die
Lebensqualität in Thüringen erhöhen, die Natur schützen und das Gemeinwesen
stärken – der Schlüssel dafür liegt in unseren Kommunen.
4.1 Unsere Kommunen
Rund 90 Prozent der Fläche Thüringens zählt zum ländlichen Raum. Kultureller
Reichtum & Tourismus, Unternehmergeist & Handwerkskunst, Sport & Ehrenamt sind
hier zu Hause. Der ländliche Raum gehört zur Thüringer Identität. Gleichzeitig
lebt Thüringen auch von seinen zentralen Städten, die in die Regionen und auch
bundesweit ausstrahlen und das Bild Thüringens mitprägen.
Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse bedeutet für uns nicht, den urbanen Raum
in ländlichen Regionen nachzuahmen und umgekehrt. Wir erkennen die besonderen
Verhältnisse jeder Region an, wollen aber dafür Sorge tragen, dass Städte und
Dörfer für jede Generation ein lebenswertes Zuhause sind.
Das werden wir tun:
- Die strategische Ausweisung von Ober- und Grundzentren hat eine hohe
Bedeutung für die Entwicklung der einzelnen Kommunen. Oberzentren müssen
überregional und langfristig gedacht werden. Die bloße Bevölkerungszahl
ist weniger entscheidend, als die mit dem Oberzentrum verbundenen
Funktionen, die in Thüringen oft überregional, also funktionsteilig
getragen werden. Oberzentren sind gerade mit Blick auf die Regionen mit
angrenzenden bevölkerungsstarken Bundesländern von entscheidender
strategischer Bedeutung, unter anderem für die Ansiedlungs- und
Infrastrukturpolitik. Die Ausweisung von Grundzentren muss auch die
perspektivische Entwicklung von Regionen in den Blick nehmen.
- Der ländliche Raum leidet insbesondere auch am Auspendeln seiner
Einwohner:innen. Gemeinden werden zu Schlafstätten, Kleinstädte verlieren
zunehmend ihren Einzelhandel, wenn die Bevölkerung ihre wesentliche Zeit
außerhalb der kommunalen Grenzen verbringt. Neben klassischer
Wirtschaftsförderung spielt daher insbesondere auch die Ansiedlung
staatlicher Institutionen eine tragende Rolle. Deshalb wollen wir die
Erwerbsquote vor Ort stärken. Für wohnortnahe Arbeitsplätze im ländlichen
Raum und die Verringerung der täglichen Pendler:innenanzahl wollen wir die
sich bietenden Möglichkeiten der digitalen Welt sowie der Energiewende
nutzen. Vor allem der Ausbau erneuerbaren Energien als Wirtschaftssektor
im ländlichen Raum schafft Arbeitsplätze in den Bereichen der Planung,
Installation, Wartung und Service solcher Anlagen und Systeme.
- Kommunen übernehmen Verantwortung für eine zukunftsgerechte Kommunal- und
Raumentwicklung. Sie setzen sich aktiv für den Schutz sowie den Erhalt der
Lebensgrundlagen ein, mindern Belastungen für Mensch, Natur und Umwelt und
gehen sparsam mit Flächen um. Für eine qualifizierte Innenentwicklung (z.
B. angemessene Nachverdichtung, Umnutzung, Umstrukturierung,
Flächenrecycling, ggf. Rückbau) bedarf es weiterhin personeller und
finanzieller Unterstützung. Die erfolgreiche Förderung der Klima- und
Energiemanager werden wir fortsetzen.
- Fachkräftemangel, Demographie, Digitalisierung – die Herausforderungen der
Kommunen sind groß und kaum abschließend aufzuzählen. Um diesen Aufgaben
begegnen zu können, ist neben einer finanziellen Ausstattung, die die
kommunale Selbstverwaltung verlässlich ermöglicht, die Verwaltungsstruktur
grundlegend. Gebietszusammenschlüsse mit dem Ziel, die Verwaltung zu
stärken und gemeinsam größere Haushalte aufzustellen, die das Bündeln der
finanziellen Kraft, das Priorisieren von großen Maßnahmen, das regionale
Denken sowie das Spezialisieren von Mitarbeiter:innen ermöglicht, bleibt
für uns Priorität.
- Neu gegliederte Gemeinden müssen beim Zuwachsen unterstützt werden.
Hierbei helfen nicht nur Gelder zum Abbau von Altschulden und Prämien, um
die Kosten des Zusammenschlusses z.B. für angleichende IT-Maßnahmen zu
schultern, sondern auch und insbesondere Unterstützung bei der Hebung von
Fördermitteln, die helfen gemeinsame Projekte der neuen
Gebietskörperschaft zeitnah zu realisieren.
- Um flächenmäßig großen Städten und Gemeinden bei Erhalt sowie der
Bewirtschaftung der (eingemeindeten) Infrastruktur zu unterstützen, wollen
wir eine Flächenpauschale etablieren, die dem Umfang der Verkehrs- Grün-,
und Waldfläche und den damit verbundenen Unterhaltskosten Rechnung trägt.
- Wir stehen für eine bürokratiearme Stärkung der interkommunalen
Zusammenarbeit jenseits des aktuellen Finanzausgleichsgesetzes mit dem
Ziel des Zusammenwachsens von kommunalen Gebietskörperschaften und
Regionen. Der Fokus der interkommunalen Zusammenarbeit muss auf dem
Erreichen von Synergien und der Steigerung von Effizienz und
Bürger:innenfreundlichkeit liegen. Ziel muss es sein, langfristig eine
stabile Verwaltung zu gewährleisten, die gleichermaßen auch attraktiver
Arbeitgeber ist
- Wir setzen uns für eine digitale Fördermitteldatenbank ein, die nicht nur
die vorhandenen Fördermittel aufzeigt, sondern mögliche Kombinationen mit
Bundesmitteln etc. mitdenkt und Verwaltungsmitarbeiter:innen entlastet.
Die Kommunalberatung wollen wir fortsetzen. Sie unterstützt die kommunale
Familie kostenfrei beim Umsetzen geförderter Projekte.
- Zusätzlich zu einer Fördermitteldatenbank gilt es, den Kommunen dauerhaft
mit investiven Zuweisungen zu helfen, den Investitionsstau planbar
abzutragen. Dafür ist eine Priorisierung unerlässlich. Um Eigenmittel auch
kurzfristig abbilden zu können, wollen wir einen Fond einrichten, der akut
fehlende Eigenmittel als zinsgünstige Darlehen ausreicht. So erhöhen wir
die Planungssicherheit in der kommunalen Familie und stärken die kommunale
Selbstverwaltung. Die jährlich mit dem Finanzausgleich ausgereichte
Investitionspauschale wollen wir mit Blick auf steigende Preise
dynamisieren.
- Die Kur- und Erholungsorte sind ein prägender Teil der touristischen
Landschaft Thüringens. Wir sprechen uns für eine stetige und verlässliche
finanzielle Unterstützung dieser Orte aus. Dabei gilt es insbesondere in
den Blick zu nehmen, dass die Kurorte keine Möglichkeit haben im gleichen
Maß auf Gewerbesteuereinnahmen zurückzugreifen, wie andere Kommunen.
Erholungsorte durchlaufen einen vergleichbar hohen Aufwand der
Prädikatisierung.
- Wir setzen uns für die Stärkung der Kinder- und Jugendgremien ein. Nachdem
wir erfolgreich Kinder- und Jugendbeteiligung in der Kommunalordnung
etabliert haben, ist es nun folgerichtig, dass wir Kommunen bei der
Umsetzung finanziell unterstützen. Kinder- und Jugendgremien sollen auch
auf Landkreisebene die Regel werden.
- Wir unterstützen ebenso die flächendeckende Einrichtung von
Selbstvertretungsgremien von Menschen mit Behinderungen (sog. Beiräten
von/für Menschen mit Behinderungen) auf kommunaler Ebene, damit auch ihre
Beteiligung flächendeckend gesichert wird und sie die Gestaltung ihrer
Kommune im Sinne von Inklusion und Barrierefreiheit begleiten.
- Die derzeitige Unterteilung in Pflichtaufgaben und freiwilligen Aufgaben
gerät in der Realität zunehmend an Grenzen. Eine Neujustierung muss vor
allem die finanziellen Folgen und die Bedeutung der Aufgaben für die
Bürger:innen in den Blick nehmen.
- Als neues Instrument demokratischer Beteiligung führen wir eine
Privatisierungsbremse ein. Sie sieht vor, dass öffentliche Unternehmen der
Daseinsvorsorge (z.B. Stadtwerke, Wohnungsbaugesellschaften, Krankenhäuser
etc.) nur dann verkauft werden können, wenn die Bürger:innen der
Privatisierung in einem Referendum zustimmen. Dadurch wollen wir
erreichen, dass die langfristigen Interessen der Menschen nicht einem
kurzfristigen Interesse an schnellen, einmaligen Erlösen zum Opfer fallen.
Wo diese Aufgaben in der Vergangenheit privatisiert wurden, werden wir die
Gemeinden und Landkreise bei der Rekommunalisierung unterstützen.
4.2 Wohnen
Das Thema Wohnen spiegelt die Vielseitigkeit Thüringens wieder. Von der Wohnung
im Plattenbaugebiet bis zum alten Hof auf dem Dorf. Die Herausforderungen der
Energiewende werden wir für alle Wohnformen solidarisch anpacken.
Wohnen und vor allem bezahlbares Wohnen war und ist ein Grundanliegen
sozialdemokratischer Politik. Dabei spielt die Wohnungsbauförderung eine
zentrale Rolle.
Die Wohnungsbauunternehmen brauchen Verlässlichkeit und – angesichts der
zeitlichen Abläufe bei Planung und Bau von Wohnungen – auf Jahre im Voraus
vorhersehbare Rahmenbedingungen. Daher ist es wichtig diese Mittel planbar zur
Verfügung zu stellen, um sozialen Wohnungsbau auch weiterhin zu ermöglichen.
Dem Wunsch nach Wohneigentum werden wir auch den Familien ermöglichen, denen das
Ansparen von Eigenkapital nicht möglich ist. Dafür werden wir ein Mietkaufmodell
auflegen.
Das werden wir tun:
- Bezahlbarer Wohnraum in den Zentren, weniger Leerstand auf dem Land und
eine höhere Immobilien-Eigentumsquote sind unsere Ziele. Dafür wollen wir
den kommunalen und sozialen Wohnungsbau fördern.
- Gerade für Haushalte mit geringen Einkommen bietet das Mietkaufmodell eine
Alternative für den Erwerb von selbstgenutzten Wohnraum. Beispielsweise
können durch die Thüringer Landesentwicklungsgesellschaft Wohnungen mit
staatlicher Finanzierung errichtet und diese dann jungen Familien zum
Mietkauf angeboten werden. Dieser Ansatz ermöglicht es auch Familien ohne
Eigenkapital, Wohneigentum zu erwerben und trägt darüber hinaus zur
Vermögensbildung bei.
- Wohnungsneubau wollen wir durch die deutliche Vereinfachung von
Planungsverfahren und Standards beschleunigen und intensivieren. Eine
wichtige Rolle spielt für uns die Wohnbauförderung des Freistaats in Form
von Zuschüssen und Darlehen. Wir wollen, dass der öffentlich getragene
Wohnungsbau neben der Förderung auch selbst Wohnraum schafft.
- Wir werden als Land den Aufbau Kommunaler Bodenfonds unterstützen. Damit
können Kommunen langfristig Flächen für die eigene Entwicklung von
Wohnraum sowie öffentlicher Infrastruktur erwerben.
- Den Kommunen soll ermöglicht werden, Einnahmen aus Mieteinkünften
zweckgebunden für die Sanierung ihrer Immobilien oder den Ankauf von
Schrottimmobilien, von Leerstehenden und von Leerstand bedrohten
Wohngebäuden und Brachflächen zu verwenden. Kommunaler Wohnraum muss auch
in Kommunen mit Haushaltssicherungskonzept in öffentlicher Hand bleiben.
- Wir unterstützen die Kommunen, um familienfreundliche Standortplanung im
Sinne einer räumlichen Vernetzung von Lern- und Freizeitorten, von Wohn-,
Arbeits- und Versorgungsbereichen, um möglichst kurze Wege zu realisieren
und damit den Verkehrsaufwand für Familien zu reduzieren. Dazu gehört auch
die Förderung von innerstädtischem Wohnraum für Familien, um urbane
Qualitäten wie kurze Wege, vielfältige Erwerbsmöglichkeiten und
Aktivitäten auch Familien zugänglich zu machen
- Für uns hat die Entwicklung der bestehenden Gebäude Vorrang. Neubauten
sind erst mit Ausschöpfung der Leerstandspotentiale ein Mittel der Wahl.
Das schont Ressourcen, hält bestehende Siedlungsstrukturen intakt und
erhält einen vielfältigen Gebäudebestand.
- Jedes Haus braucht eine Aufgabe. Daher wollen wir besonders im ländlichen
Raum Anreize für den Erwerb bestehender Gebäude schaffen. Eine Stärkung
der Siedlungskerne soll vor der Ausweisung neuer Baugebiete erfolgen.
Weiterhin braucht es ein Praxiskonzept für die Reaktivierung von Brachen
und die Beseitigung von „Schrottimmobilien“.
- Wir wollen durch energieeffizientes Sanieren und moderne Technologien wie
z. B. Wärmepumpen, Solarthermie oder Gebäudespeicher, den
Heizenergieverbrauch deutlich senken und erneuerbar decken. Bis 2040
streben wir einen klimaneutralen Gebäudebestand an.
- Mit der kommunalen Wärmeplanung wollen wir eine öffentlich getragene, für
alle Einkommen leistbare Wärmeversorgung langfristig sicherstellen und
ausbauen. Neubaugebiete sollen durch eine gemeinsame Wärmeversorgung
langfristig eine günstige und umweltfreundliche Versorgung erhalten. Unser
oberstes Ziel bleibt eine günstige und umweltverträgliche Wärmeversorgung
von Ein- und Mehrfamilienhäuser, für Mietende und Eigentümer, sicher zu
stellen.
- Viele Wohngebäude müssen in den nächsten Jahren saniert werden, um
dauerhaft die Betriebskosten und die Abhängigkeit von den fossilen
Energien zu verringern. Wir setzen uns dafür ein, dass in Thüringen ein
Heizungstauschbonus als Anreiz und Unterstützung für die Erneuerung der
Heizung kommt.
- Neben der finanziellen Förderung brauchen insbesondere kleinere Kommunen
ohne eigene:n Klimaschutzmanager:in mehr fachliche Unterstützung.
Quartierslösungen für Wärmeversorgung und energetische Sanierung sind oft
sinnvoll, benötigen aber erhebliche Unterstützung bei der Analyse der
Optionen und bei der Projektentwicklung. Die ThEGA soll soweit gestärkt
werden, dass sie Kommunen bei der Problemidentifikation, Antragstellung,
Gründung von Energiegenossenschaften, Personalaufbau, Vernetzung und
Projektbearbeitung qualifiziert beraten kann.
- Die Ansprüche an Wohnraum, ob zur Miete oder als Eigentum, wandeln sich im
Laufe des Lebens. Wir wollen Menschen mit überschüssigen Wohnraum mit
Menschen mit dem wachsenden Bedarf zusammenbringen. Dafür braucht es eine
aktive Beratung, Unterstützung und den Anreiz für den Wohnungs- und
Haustausch überall da, wo dieser benötigt wird. Der Tausch wird auf den
besonderen Wohnungsmarkt in Thüringen deutlich breiter angenommen werden,
als in deutlich dichter besiedelten Räumen. Zudem werden wir zusätzlich
zur Beratung, mit der Auszahlung eines Umzugsbonus die Hürden für den
Wechsel senken.
- Wir wollen die Wohngemeinnützigkeit für kommunale Unternehmen sowie
Genossenschaften wieder auf den Weg bringen. Breite Schichten der
Bevölkerung sollen dadurch wieder Zugang zu bezahlbarem Wohnraum erhalten.
Die Gemeinnützigkeit kann beispielsweise anerkannt werden, wenn kommunale
Wohnungsunternehmen oder -genossenschaften sich verpflichten, Gewinne zu
begrenzen.
- Wir wollen aktiv am Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit
mitwirken, um diese in Thüringen gemeinsam mit Bund und Kommunen zu
reduzieren und möglichst bis 2030 zu überwinden.
- Wir haben den Holzbau durch Änderung der Bauordnung vereinfacht. Wir
setzten uns weiterhin dafür ein, den Holzbau voranzubringen und bei
Neubau- und Sanierungen ein etablierter Baustoff wird.
- In Regionen mit angespannten Wohnungsmärkten werden wir die Anwendung der
Kappungsgrenze zur Deckelung der Preissteigerungen bei
Bestandsmietverträgen noch gezielter anwenden. Zudem setzen wir uns dafür
ein, die Mietpreisbremse auszuweiten und zu entfristen.
- Die öffentliche Förderung zum Ausbau des barrierefreien Wohnens ist
dauerhaft zu etablieren, angemessen finanziell auszustatten und mit einer
Mietpreisbindung zu koppeln. Diese Förderung muss auch Neubauvorhaben
offenstehen.
- Beim Neubau werden wir unseren Blick auf die Weiterentwicklung des
Seriellen Bauens und auf modulare Systeme richten. Diese bieten eine
Chance, um durchgehend Qualität sicherzustellen und die Preisexplosion bei
der Errichtung von Neubauten abzufangen. Ein besonderer Fokus liegt hier
auf flächensparenden Konzepten wie der Verknüpfung von
Mehrgeschosswohnungsbau mit kompakten Reihenhäusern.
- Zusätzlich zur grundsätzlichen Anspruchsberechtigung von Bundesmitteln für
den sozialen Wohnungsbau wollen wir zusätzliche Mittel des Freistaats
hierfür bereitstellen und die geförderten Wohnungen noch mehr Haushalten
mit geringen und mittleren Einkommen zur Verfügung stellen. Die Förderung
für sozialen Wohnungsbau muss in Thüringen insbesondere die Gebiete
adressieren, in denen ein angespannter Wohnungsmarkt besteht.
Weiterhin werden wir:
- das Angebot kostenloser Energieberatungen stärken und Beratungsangebote
zum energieeffizienten Sanieren ausbauen
- das Bauen mit alternativen Baustoffen wie z.B. Holz, Lehm, Stroh
insbesondere für öffentliche Bauvorhaben deutlich ausweiten
- Forschung zu Ersatzbaustoffen und Baustoffrecycling stärker fördern. Unser
Ziel ist eine Kreislaufwirtschaft auch im Baubereich weiter auszubauen.
Insbesondere die Recyclingquote von Gipsprodukte muss deutlich erhöht
werden.
4.3 Mobilität und Infrastruktur
Mobilität darf keine soziale Frage sein. Die Erreichbarkeit von Dienstleistungen
des täglichen Bedarfs, Ärzt:innen und des Arbeitsplatzes müssen jederzeit
gewährleistet sein. Viele Thüringer:innen pendeln täglich zu ihrer Arbeit und
sind auf verschiedenste Verkehrsträger und Mobilitätsarten angewiesen. Wir
wollen einen integralen Taktfahrplan, der ein hochwertiges und attraktives
Angebot schafft und eine ernsthafte Alternative zum Auto darstellt. Die
ländliche Struktur Thüringens und der demographische Wandel erfordern flexible
Lösungen. Wichtig ist, dass wir uns nicht selbst beschränken, in dem wir stets
vom aktuellen Bedarf ausgehen – so kann es keinen Wandel im Nutzungsverhalten
des ÖPNV geben. Vielmehr müssen wir Angebote schaffen, die Bedarfe erst
erzeugen. Ob es sich um Rufbussysteme, Anrufsammeltaxis, Mitfahrkonzepte
handelt, ist vor Ort zu entscheiden. Unser Ziel ist es, dass Menschen abseits
des Schulbusverkehrs jeden Tag und in jedem Ort angebunden sind. Wir
unterstützen die Kommunen bei der Verkehrswende durch gezielte Förderung des
ÖPNV und des Radwegebaus. Unsere Mobilitätspolitik schafft qualitative Angebote
für die Thüringer:innen.
Das werden wir tun:
- Wir setzen uns für eine langfristige sichere Finanzierung und Fortsetzung
des Deutschlandtickets ein. Ein Ticket für alle - das schafft Klarheit im
Tarifgefüge und senkt die Hürden für die Nutzung von Bus, Straßenbahn und
Zug. Wir setzen uns darüber hinaus dafür ein, dass der bisherige Preis des
Tickets erhalten bleibt.
- Wir wollen zudem für junge Menschen ein 28-Euro-Ticket (Jugendticket für
Menschen bis zum 28. Lebensjahr) als Ergänzung des Deutschlandtickets
einführen. Dies entlastet auch weiterhin Menschen bei der täglichen Fahrt
zur Schule, Ausbildung oder auf Arbeit. Unser Hauptziel wird es sein, dass
wir Kindern und jungen Menschen langfristig eine kostenfreie Nutzung des
ÖPNV ermöglichen möchten.
- Wir setzen uns auch zukünftig für einen flächendeckenden Thüringer
Nahverkehrsverbund ein, der gemeinsame Tickets ermöglicht, Kosten senkt
und Hindernisse zur Nutzung minimiert.
- Damit der Umstieg auf gemeinsam genutzte Verkehrsmittel gelingt, müssen
Busse, Straßenbahnen, Car-Sharing Angebote, Rad, Auto und Fußgängerverkehr
in einen gemeinsamen Takt schlagen. So verkürzen wir Umstiegszeiten,
verkürzen Reisezeiten und optimieren eine effiziente gemeinsame Nutzung.
Daher unterstützen wir den raschen weiteren Ausbau des integralen
Taktfahrplans in allen Landesteilen. In diesem Rahmen werden wir an
geeigneten Stellen Mobilitätsstationen und Verkehrshubs entwickeln, die
verschiedene Arten von Mobilität an einem Ort miteinander kombinieren und
als Umstiegspunkte dienen.
- Moderne Mobilität braucht einen attraktiven Mix aus öffentlichen
verfügbaren Verkehrsangeboten, die den teuren Individualverkehr an vielen
Stellen überflüssig machen. Damit dies kein Lippenbekenntnis ist brauchen
wir die 3-Vs: Verdichtung, Vertaktung und Verfügbarkeit. Neben den Erhalt
von festen Verkehrsangeboten nach Fahrplan braucht es mehr an Flexibilität
an den am Bedarf ausgerichteten Angeboten auf Abruf, also dem On-Demand-
Verkehr bzw. -Angebot. Hierzu zählt u.a. die Nutzung von gemeinsam
genutzten PKWs, flexiblen Busverbindungen, Ruftaxis und Rufbusangebote.
- Wir werden auch zukünftig die tausenden Pendelnde im Land durch den
vermehrten Einsatz des Jobticket, Pendlerparkplätzen, sowie P+R und
kombinierten Verkehrsangeboten unterstützen.
- Wir wollen da die Tarifintegration ermöglichen, wo durch eine Nutzung des
Fernverkehrs die Taktdichte für Pendelnde wie beispielsweise auf der
Saalebahn erhört werden kann.
- Wir werden gemeinsam mit der Deutschen Bahn und den privaten
Verkehrsgesellschaften Strategien zur Schienen-Anbindung aller Thüringen
Regionen entwickeln. Unser Ziel ist ein S-Bahn-Takt für Thüringen.
- Das Rückgrat des öffentlichen Personenverkehrs ist oft schienengebunden.
Daher setzen wir uns für die zügige Reaktivierung von stillgelegten
Bahnstrecken ein. Dort, wo nötig, wie zum Beispiel auf der Strecke
zwischen Leinefelde und Gotha, setzen wir uns für den zweigleisigen Ausbau
ein. Zugleich unterstützen wir weiterhin den Ausbau von landesbedeutsamen
Buslinien um das Streckennetz zu verdichten, da wo es keine Schiene gibt.
- Thüringen darf nicht weiter Schlusslicht bei der Elektrifizierung von
Bahnstrecken sein. Wir setzen uns für die zügige Elektrifizierung der
Haupt- und Nebenstrecken ein, wie wir bei der Mitte-Deutschland-Verbindung
schon gezeigt haben.
- Wir unterstützen die Kommunen bei der Verkehrswende und hier insbesondere
bei der Förderung Neuanschaffung von Straßenbahnen und Bussen sowie der
Umrüstung und dem Erhalt der Infrastruktur wie u.a. Ladestrukturen,
Betriebshöfen, Schienen, Oberleistungen.
- Wir setzen uns für eine integrierte Straßenbauplanung ein, die
Tiefbauarbeiten und die Verbesserung der Rad- und Fußgängerinfrastruktur
gemeinsam denkt und verbessert
- Wir investieren massiv in die Thüringer Fahrradinfrastruktur, um neue
Radwege und Radschnellstraßen zu bauen, aber auch innerörtliche
Fahrradspuren und sichere Abstellmöglichkeiten einzurichten. Dafür stellen
wir den Kommunen das Instrument einer Radwegeinvestitionspauschale zur
Verfügung.
- Wir unterstützen die Aktualisierung und Umsetzung der kommunalen
Radverkehrskonzepte und werden einen landesweiten Masterplan Radwegenetz
aufstellen. Weiterhin engagieren wir uns in der Arbeitsgemeinschaft
fahrradfreundlicher Kommunen.
- Fußgänger:innen werden in Mobilitätsfragen häufig nicht mitgedacht, obwohl
ein sehr großer Teil unserer Wege zu Fuß absolviert wird. Wir setzen uns
daher für mehr verkehrsberuhigte Zonen, mehr Möglichkeiten der
Straßenquerung, im Bedarfsfall längere Ampelphasen für Fußgänger:innen und
grundsätzlich Tempo 30 innerorts ein. Künftig werden integrierte
Nahverkehrskonzepte nur noch gefördert, wenn der Fußverkehr und die
Notwendigkeit der Barrierefreiheit ausreichend Berücksichtigung finden.
- Die Öffentliche Hand soll als Vorreiterin der Elektromobilität agieren.
Soweit möglich sollen künftig nur noch Dienstwagen auf Landes- und
Kommunalebene mit alternativen Antrieben angeschafft werden.
- Flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur landesweit voranbringen.
Dafür braucht es auch den Ausbau der Netzinfrastruktur bzw. des
Stromverteilnetzes vor Ort.
- Ausbau des 5G-Mobilfunknetzes als Grundlage für die Nutzung autonomer
Mobilitätskonzepte zur intelligenten Vernetzung und Vermeidung von
VerkehrPlanungsabläufe effizienter gestalten, organisatorische bzw.
personelle Engpässe beseitigen und Fördermittelnutzbarkeit erhöhen
4.4 Bürgernahe und digitale Verwaltung
Ob Onlinehandel oder KI-Entwicklungen - die digitale Transformation erfasst alle
gesellschaftlichen Bereiche. Seit 2014 treiben Landesverwaltung und
Kommunalverwaltungen die Digitalisierung voran, um die Serviceorientierung und
Bürgerfreundlichkeit der Verwaltung zu erhöhen und auch den Wirtschaftsstandort
Thüringen zu stärken. Die Landesverwaltung hat in den vergangenen Jahren
konsequent ihre digitalen Strukturen und Anwendungen erweitert und
professionalisiert. Neben dem Einsatz energieschonender Technik, sogenannter
Green IT wurde auch die Garantie der Datensicherheit als wichtige Säule für
Vertrauen in Online-Services gestärkt. Dort wo Menschen Unterstützung für die
Nutzung digitaler Angebote benötigen, sollen diese angeboten werden.
Wir brauchen eine digitale und nutzerfreundliche Verwaltung. Dies ist das
wirksamste Instrument um Nutzungsbarrieren für alle Menschen und Unternehmen
abzubauen.
Das werden wir tun:
Wir verbessern die Rahmenbedingungen
- Die zentrale Koordinierung gemeinsamer Aufgaben und Dienste über das
Thüringer Finanzministerium und das Thüringer Landesrechenzentrum (TLRZ)
ist effizient und soll weiter ausgebaut werden.
- Die Rolle des Chief Information Officer (CIO) stärken wir zusätzlich durch
dessen komplette digitale Rahmenverantwortung der Landesregierung für die
digitale Transformation und dieser zusätzlich die Funktion des Chief
Digital Officer (CDO) ausfüllt.
- Wir bündeln die operativen Aufgaben im Bereich des E-Governments und der
Digitalisierung und entwickeln diese weiter zu einem Zentrum für digitale
Transformation in der Landesverwaltung. Dieses kann die Ressorts bei E-
Governmentvorhaben und der digitalen Transformation unterstützen.
- Quelloffene Software und offene Standards sollen künftig konsequent
Vorrang genießen, soweit sie wirtschaftlicher und vergleichbar funktional
ist.
- Wir setzen den eingeschlagenen Weg hin zu einem Open-Source-Arbeitsplatz
in der Landesverwaltung fort, um die Abhängigkeit von großen
Softwarefirmen zu verringern. Wir wollen eine aktive Rolle bei der
Errichtung des neuen geplanten Zentrums für digitale Souveränität (Zendis)
einnehmen.
- Wir binden die Kommunen noch intensiver in das CERT des Landes ein und
werden ein
IT-Sicherheits-Gesetz auf den Weg bringen.
- Wir werden ethische Standards für den Einsatz Künstlicher Intelligenz in
der öffentlichen Verwaltung entwickeln und zur Erprobung konkreter
Anwendungsfälle ein Kompetenzzentrum in der Thüringer Landesverwaltung
einrichten. Statistische KI-Entscheidungen müssen als solche
gekennzeichnet werden, sowie transparent und nachvollziehbar sein. Wir
setzen dafür ein, dass ein Rechtsanspruch geschaffen wird, von KI
gefällten Entscheidungen durch einen Menschen überprüfen zu lassen, nach
dem Vorbild Schleswig-Holsteins.
- Offene Daten sind ein wichtiger Rohstoff unserer digitalen Welt.
Behördliche Daten über die Umwelt, Geodaten, wollen wir maschinenlesbar
für Wirtschaft und Öffentlichkeit nutzbar machen.
Wir unterstützen die Kommunen
- Wir setzen den Weg fort, Kommunen zentrale Dienste unentgeltlich zur
Verfügung zu stellen und fördern die Kommunen weiterhin bei der
Digitalisierung ihrer Verwaltungen. Wir stärken hierbei die Rolle der KIV
als dem zentralen IT-Dienstleister für die Kommunen.
- Wir prüfen die Konzentration übertragener kommunaler Aufgaben mit dem
Ziel, die Digitalisierung ortsungebundener Leistungen schneller und
effizienter umzusetzen.
- Den Kommunen wollen wir flächendeckende, einheitliche Onlinedienste zur
Verfügung stellen. Gemeinsam mit den Kommunen streben wir eine
einheitliche Cloud-Lösung an.
- An der Finanzierung zentraler Anwendungen durch das Land auch für die
Kommunen werden wir festhalten. Dies gilt im Einzelfall auch für
Fachverfahren, wenn dadurch die notwendige Konsolidierung vorangetrieben,
Standards durchgesetzt und Komplexität vermindert wird.
- Wir stellen zentrale Basisdienste für eine Onlineverwaltung den Kommunen
durch das Land zur Verfügung. Dazu zählen insbesondere Plattformen für die
Online-Verwaltungsleistungen, über die Bürgerinnen und Bürger elektronisch
Anträge einreichen, unterschreiben und bezahlen können.
- Wir werden ein Innovationslabor “Tech4Thüringen” an die Digitalagentur
Thüringen andocken, in dem digitale Vorreiter:innen des öffentlichen
Sektors mit Digitaltalenten aus der Privatwirtschaft in agilen Teams neue
Technologien für die digitale Verwaltung entwickeln.
Wir treiben die digitale Transformation voran
- Mit einem verbindlichen „Digitalcheck“ für Gesetze und Verordnungen
reduzieren wir Formvorschriften und vereinfachen Prozesse.
- Wir schaffen ein modernes und digitaltaugliches Verwaltungsverfahrensrecht
in Thüringen.
- Online-Leistungen sollen barrierefrei sein.
- Wir streben eine gesetzliche Regelung an, die es den Gemeinden und
Landkreisen erleichtert, Aufgaben im Bereich der
Verwaltungsdigitalisierung und der IT-Sicherheit kommunal gebündelt und
gemeinsam wahrzunehmen.
Wir modernisieren die Register
- Bis 2030 streben wir eine möglichst vollständige Modernisierung der
wichtigsten Verwaltungsregister in Thüringen an. Wir schaffen die
rechtlichen und technischen Voraussetzungen dafür, dass die darin
gespeicherten Daten von allen berechtigten Verwaltungsträgern abgerufen
werden können, wenn durch Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen
Verwaltungsleistungen beantragt werden.
- Wir wollen, dass Thüringerinnen und Thüringer deutschlandweit und im EU-
Ausland komfortabel Verwaltungsleistungen beantragen können. Dazu werden
wir die Register in Thüringen mit den nationalen und den europäischen
Registern verbinden.
- Um insbesondere die kommunalen registerführenden Stellen zu entlasten,
prüfen wir die Einrichtung weiterer Spiegel- und Zentralregister.
- Durch die Einbindung eines Datenschutzcockpits gewährleisten wir, dass für
die Bürgerinnen und Bürger jederzeit nachvollziehbar und transparent ist,
in welchen Fällen dazu berechtigte öffentliche Stellen ihre Daten und
Nachweise in Verwaltungsverfahren verwendet haben
Wir verbessern die Rahmenbedingungen der Personalbindung und -gewinnung
- Flexibles Mobiles Arbeiten ist eine Voraussetzung zur Bindung und
Gewinnung von Fachkräften. Wir wollen die Möglichkeiten gemeinsam mit den
Personalräten weiter ausbauen.
- Darüber hinaus werden wir in bestehenden Landesliegenschaften Co-Working-
Spaces einrichten.
- Mit der IT-Laufbahn und den Studiengängen Verwaltungsinformatik an der
dualen Hochschule Gera Eisenach (DHGE) und der Fachhochschule Schmalkalden
gehen wir einen richtigen Weg weiter.
- Die laufbahnrechtlichen Möglichkeiten wollen wir umfassend nutzen und
erweitern, um Fachkräfte zu gewinnen und zu halten.
- Die IT-Kompetenzen der Verwaltungsmitarbeiter werden wir stärken. Dabei
binden wir Angebote wie den EGovCampus über unsere Hochschulen ein.
- Wir stärken IT-kompetenzen von Führungskräften durch verbindliche
Fortbildungen.
5. Beste Bildung und erstklassige Wissenschaft
Unser sozialdemokratisches Bildungsversprechen ist Chancengleichheit. Jeder und
Jede muss das Recht auf gute Bildung und gleiche Chancen erhalten. Wir wollen,
dass der Bildungserfolg nicht vom Geldbeutel der Eltern, vom Geschlecht oder
Herkunft beeinflusst wird. Wir wollen, dass unser Bildungssystem das
Handwerkzeug für die eigene Mündigkeit auf dem Weg gibt. Unser
Chancenversprechen gilt dabei ein Leben lang. Bildung vermittelt Orientierung
und ermöglicht Emanzipation, Teilhabe und Mitbestimmung. Wir schaffen
Aufstiegschancen in allen Bereichen der allgemeinen, beruflichen und
akademischen Bildung. Mit einem offenen System der Aus- und Weiterbildung
bekommen alle die Chance, beruflich Schritt zu halten oder aufzusteigen.
5.1 Schule
Wir wollen eine Schule für alle. Mit der Thüringer Gemeinschaftsschule haben wir
einen Paradigmenwechsel zu einem sozial gerechten Schulsystem in Thüringen
gelegt. Die Herausforderungen des Lehrer:innenmangels und des Stundenausfalls
werden wir mit neuen Lösungen angehen und Thüringen wieder zu einem
erfolgreichen Bildungsland machen.
Den Bildungsauftrag zu erfüllen, so dass Unterricht stattfindet und
Schüler:innen die Schule mit einem Abschluss verlassen, ist oberste Priorität.
Dafür ergreifen wir Maßnahmen in verschiedenen Bereichen: Wir stellen uns
weiterhin der zentralen bildungspolitischen Herausforderung des Schulwesens, dem
Lehrer:innenmangel zu begegnen und so weiterhin flächendeckend den Unterricht
für alle Schüler:innen zu gewährleisten.
Das werden wir tun:
- Die Schulen werden mehr Entscheidungen selbst treffen können. Insbesondere
bei der Personalgewinnung. So sollen die Schulleiter:innen die Möglichkeit
erhalten, geeigneten Bewerber:innen, in Absprache mit dem Schulamt,
Einstellungszusagen zu geben. Das Schulbudget werden wir den Schulen zur
eigenverantwortlichen Bewirtschaftung pauschal zur Verfügung stellen.
- Die Thüringer Schulämter werden wir nachhaltig stärken – durch
zusätzliches und leistungsgerecht bezahltes Fachpersonal, dessen
Personalstellen wir aus dem Bildungsministerium umverlagern, und durch
eine deutliche Ausweitung der Entscheidungsbefugnisse. Die Schulämter
werden so zum wichtigsten, regional verankerten und daher um die Probleme
vor Ort wissenden Ansprechpartner der Schulen in allen Fragen der
Schulqualität und Schulentwicklung, der Personalgewinnung, des Einsatzes
von Seiteneinsteiger:innen und der Digitalisierung schulischer Bildung.
- Der Landesschulbeirat wird in seinen Kompetenzen deutlich gestärkt. Er
erhält insbesondere ein eigenes Initiativrecht. So kann er das Ministerium
auffordern, für ein erkanntes Problem eine Lösung in einer bestimmten
Frist zu erarbeiten. Der Lösungsvorschlag ist dann dem Landesschulbeirat
vorzulegen. Die Arbeit des Gremiums erfolgt transparent und wird
vollständig veröffentlicht.
- Zudem wird der Landesschulbeirat regelmäßig im für Bildung zuständigen
Ausschuss des Thüringer Landtags um Stellungnahme zum aktuellen
Arbeitsprozess gebeten. So wollen wir sicherstellen, dass die
Zusammenarbeit von Beirat und Ministerium fruchtbar und erfolgreich im
Sinne der Praxisrelevanz, Qualität und umgehender Lösungen für bestehende
oder sich abzeichnende Probleme erfolgt.
- Unsere Schulen brauchen nicht nur bestmögliche Unterstützung durch die
Schulämter, sondern auch weitgehende Entlastung von Bürokratie und
Verwaltungsarbeit. Die Schulleitungen, aber auch jede:r einzelne Lehrer:in
sollen sich künftig auf die pädagogischen Kernaufgaben konzentrieren
können. Daher werden wir an allen Schulen Verwaltungsassistent:innen
einstellen, die sich um Antrags- und Meldeverfahren, Schulstatistik und
Datenaufbereitung, die Verwaltung von Schulbudgets und Schulkonten, die
Organisation von Veranstaltungen und Klassenfahrten und noch einiges
andere kümmern werden. Gleichzeitig sollen viele bürokratische und an
allen Schulen wiederkehrende Aufgaben in zentrale Servicestellen bei den
Schulämtern verlagert werden.
- Lehrer:innenmangel und Stundenausfall sind ein bundesweites Problem, vor
dem auch Thüringen nicht verschont bleibt. Wir müssen daher in den
kommenden Jahren alle Möglichkeiten nutzen, um die Schulen mit dem
benötigten Lehrer:innenpersonal auszustatten und die Unterrichtsversorgung
weiterhin in der Fläche aufrechtzuerhalten. Dafür ist eine grundlegende
Reform der Lehrer:innenausbildung unumgänglich. Die derzeit
schulartbezogene Ausbildungsform lässt trotz verschiedener in den
vergangenen Jahren unternommener Verbesserungen des Laufbahn- und
Besoldungsrechts keinen wirklich flexiblen und dauerhaften Einsatz von
Lehrkräften über die Grenzen der Schularten hinweg zu. Unser Ziel ist es
daher, ein Lehramt für die Sekundarstufe I und II einzuführen und damit
die breite Einsatzfähigkeit des so ausgebildeten Personals sowohl an den
Gymnasien als auch an den Regelschulen, Gemeinschaftsschulen und
Gesamtschulen zu ermöglichen.
- Wir werden eine Übernahmegarantie für Referendar:innen (bei Bestehen der
Prüfungen) einführen. Die Verwaltungsgebühr zur „Feststellung der
Gleichwertigkeit von Abschlüssen“ wird künftig entfallen.
- Wir sind überzeugt davon, dass Thüringen dem Vorbild anderer Länder (z.B.
Österreich, Schweiz, Dänemark) folgen und ein Jahresarbeitszeitmodell für
alle Lehrkärfte einführen sollte. Dieses Modell legt nicht nur die
wöchentlichen Unterrichtsverpflichtungen fest, sondern auch, welche
Arbeitszeit eine Lehrkraft insgesamt pro Woche zu erbringen hat und welche
Aufgaben überhaupt zum Lehrer:innenberuf gehören und welche nicht. Das
wird dann die Ausgangsbasis dafür, die Thüringer Lehrer:innen konsequent
von Bürokratie und Verwaltungsarbeit zu entlasten und ihnen mehr Freiraum
für ihre pädagogischen Kernaufgaben zu verschaffen.
- Thüringen muss endlich mehr Lehrer:innen für Mangelfächer gewinnen. Dies
kann erreicht werden, indem wir in Mangelfächern Studierende bereits mit
Aufnahme des Studiums in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf analog zu den
Referendar:innen berufen. So unterstützen wir die Studierenden bei ihrem
Lebensunterhalt und gleichzeitig können wir gemeinsam mit den Hochschulen
bereits im Studium vermehrt schulpraktische Ausbildungsabschnitte
integrieren.
- Priorität hat für uns, ausreichend grundständig qualifizierte Lehrer:innen
für den Schuldienst auszubilden und einzustellen. Wir wissen aber auch,
dass in den nächsten Jahren nicht ausreichend Absolvent:innen zur
Verfügung stehen. Deshalb benötigen wir weiter Seiteneinsteiger:innen für
den Schuldienst. Vor dem Einsatz im Unterricht müssen die
Seiteneinsteiger:innen ausreichend qualifiziert werden. Während des
Einsatzes wollen wir ihnen ein Unterstützungssystem zur Seite stellen.
Nach einer Bewährungsphase wollen wir ihnen nach einer erfolgreichen
Lehrprüfung auch in die Möglichkeit der Verbeamtung eröffnen.
- Die Schul- und Unterrichtsorganisation ist keine Banalität – sie
beeinflusst das Lernen und Leben von Kindern und jungen Menschen. Deshalb
muss die Schule auch auf sie ausgerichtet werden: Der Unterricht startet
oftmals viel zu früh am Tag. Nachweislich ist die Lernfähigkeit junger
Menschen stark verringert, wenn gegen ihren Biorhythmus der Unterricht
bereits um 7:30 Uhr beginnt und sie möglicherweise bereits eine Stunde
Schulweg hinter sich haben. Schule darf deshalb nicht vor 09:00 Uhr
beginnen. Ebenso ist es wissenschaftlich erwiesen, dass durchgehende
Unterrichtseinheiten von 90 Minuten zu lang für die Konzentrationsspanne
sind. In unserem Konzept der Ganztagsschule verkürzen wir daher diese
Zeitintervalle auf 45 bis maximal 60 Minuten.
- Wir stellen die vermeintlichen Defizite von Schüler:innen nicht in den
Mittelpunkt, sondern deren individuellen Stärken, Interessen und
Bedürfnisse. Damit stellen wir sicher, dass sie die Erfahrung von
Selbstwirksamkeit machen. Die Schule trägt die Verantwortung für den
Lernerfolg jeder Schülerin, jedes Schülers und organsiert verbindlich die
passenden Lernangebote. Dies soll in die Thüringer Schulordnung oder in
das Thüringer Schulgesetz aufgenommen werden. Die bisherige einseitige
Ausrichtung auf Eigenverantwortlichkeit hat sich nicht bewährt.
- Wir werden im schulischen Kontext individuelle Beurteilungen und
Entwicklungsgespräche zur Bewertung der Schüler:innen fördern. Diese
sollen künftig die Benotung der Schulleistungen bis zur 4. Klasse
ersetzen. Damit wird verhindert, dass bereits die jüngsten Schüler:innen
in ein künstliches, numerisches System gezwängt werden, das unnötigen
Druck aufbaut, anstatt bisherige Fähigkeiten und Erlerntes aufzuzeigen.
- Wir etablieren das Konzept Ganztagsschule thüringenweit. Dabei reicht die
Hortbetreuung nach Ende des regulären Unterrichts explizit nicht aus.
Unterrichts-, Freizeit- und Unterstützungsangebote sollen, sich über den
Tag verteilt, abwechseln. So erhalten Schüler:innen ausreichend zeitliche
Regenerationsräume. Die Schule kann regional Verankerung finden,
beispielsweise durch Kontakte zu örtlichen Vereinen und Angeboten.
- Die Thüringer Schüler:innenschaft wird zusehends heterogener, was alle
Lehrer:innen im Hinblick auf die Realisierung schulischer Inklusion und
die Ermöglichung individueller Förderung vor wachsende Herausforderungen
stellt. Wichtige Lösungsansätze sind für uns an dieser Stelle der weitere
Ausbau des längeren gemeinsamen Lernens sowie der Ausbau von
Ganztagsschulen.Wenn sich eine Schulkonferenz entscheidet, sich ein
Ganztagsschulkonzept zu geben, werden vom Land Thüringen die benötigten
personellen, räumlichen und sächlichen Ressourcen bereitgestellt bzw.
werden die Kommunen dabei unterstützt. Des Weiteren werden die
Baurichtlinien für Schulsanierungen und Schulneubau so angepasst, dass
Ganztagsschule ermöglicht wird. Zudem wollen wir mit Hilfe eines
transparenten und verlässlichen Personalbemessungssystems und anhand von
Sozialindikatoren an allen Schulen multiprofessionelle pädagogische Teams
etablieren, in denen neben den angestammten Lehrkräften bedarfsgerecht und
an der jeweiligen Situation vor Ort orientiert Förderpädagog:innen, DaZ-
Lehrer:innen, Pädagogische Assistenzkräfte und Schulsozialarbeiter:innen
kooperativ und arbeitsteilig zusammenwirken.
- Grundlage der gemeinsamen Arbeit ist ein individuelles Schulkonzept, das
sich insbesondere den Fragen einer guten Berufsorientierung, einer Senkung
von Schulabbrecher:innenquoten und der Vernetzung in den Sozialraum
widmet. Für Schulen mit besonders hohen sozialen Herausforderungen braucht
es die beste Ausstattung.
- Wir werden gemeinsam mit dem Bund dafür sorgen, dass unsere Schulen
schnellstmöglich mit Gigabit-Anschlüssen ausgestattet werden, diese auch
nutzen können und letztlich die digitale Ausstattung erhalten.
- Die Schule von morgen ist digital. Digitale Bildung muss daher ihren
Niederschlag in allen Phasen der Lehrer:innenbildung und in den Lehrplänen
der Schulen finden. Nur entsprechend ausgebildete Pädagog:innen werden in
der Lage sein, das digitale Equipment nicht nur als technische Ergänzung
gewohnter Unterrichtsmaterialien zu sehen, sondern es auch sinnvoll
einzusetzen. Um die Digitalität in den Schulen weiter voranzubringen,
braucht es ebenso eine Ausweitung der Lernmittelfreiheit auf digitale
Geräte.Zudem wollen wir das Fortbildungsangebot für unsere Lehrkräfte,
insbesondere zum Thema digitale Bildung, erweitern.
- Darüber hinaus wollen wir in den Lehrplänen vermehrt den Umgang mit
(sozialen) Medien und der digitalen Welt thematisieren. Ein kritischer
Blick auf die Entwicklungen und die Stärkung der digitalen Resilienz
junger Menschen muss erklärtes Unterrichtsziel werden.
- Die Thüringer Schulcoud muss weiter ausgebaut und zu einer wichtigen
Ergänzung des Unterrichts von morgen werden. Die Cloud muss für alle
nutzbar und deshalb barrierefreie umgesetzt werden.
- Um ein verlässliches, vielfältiges und qualitativ hochwertiges Angebot in
Unterricht und Hort gerade auch an kleinen Schulen zu ermöglichen, haben
wir mit der letzten großen Schulgesetznovelle verschiedene
Kooperationsmodelle eröffnet. Wir wollen diese Kooperationen gezielt
fördern, um den Schulstandorten eine gute Perspektive zu eröffnen.
- Bessere Schulen für alle zu entwickeln, heißt für uns auch, Familien
spürbar von Kosten zu entlasten, die mit einem Schulbesuch einhergehen.
Wir werden für alle Schulkinder ein kostenloses gesundes Mittagessen
finanzieren.
- Wir lehnen jegliche Kürzungen des Sozialkundeunterrichts an den Thüringer
Schulen ab. Sozialkunde ist das zentrale Fach demokratischer Bildung im
Schulbereich, deswegen werden wir ihn ausbauen. Gerade in Zeiten des
Erstarkens von Rechten und der Extremen Rechten ist es umso wichtiger,
einen Schwerpunkt bei der schulischen Demokratiebildung zu setzen.
Demokratische und politische Bildung darf aber nicht auf ein Fach begrenzt
werden. Die Lehrpläne aller Schulfächer sind demokratiefördernd
auszurichten.
- Schüler:innen werden momentan nur sehr selten in gesamtschulische
Angelegenheiten einbezogen. Das ist mit unserer Vorstellung von Schule als
Diskussions- und Partizipationsort nicht vereinbar. Wir setzen uns für
stärkere Mitwirkungsrechte der Schüler:innen ein. Deshalb strukturieren
wir die Schulkonferenz neu: Schüler:innen werden künftig die Hälfte
ausmachen. Dazu soll die Schulkonferenz nach Berliner Modell aufgewertet
werden, nach dem hier wichtige Entscheidungen über gesamtschulische
Angelegenheiten abgestimmt werden. Zudem werden wir die Stimmberechtigung
der Schüler:innenvertreter:innen in Klassenkonferenzen und Fachkonferenzen
ermöglichen.
Dies betrifft ebenso die Demokratisierung des Lernens. Der Freistaat
Thüringen wird Schulen finanziell und beratend unterstützen, die sich in
dieser Frage auf den Weg machen, zum Beispiel durch Projekte wie AULA, das
bereits in Thüringen an der Jenaer Planschule in Jena erprobt wurde.
5.2 Ausbildung stärken
In Thüringen finden ca. 9 Prozent der Bewerberinnen und Bewerber keinen
Ausbildungsplatz, obwohl in Thüringen ca. 17 Prozent der Stellen unbesetzt
bleiben. Über den steigenden Fachkräftebedarf wurde in den vergangenen Jahren
immer wieder diskutiert. Klar ist, dass wir bis 2030 in Thüringen circa 350.000
Fach- und Arbeitskräfte brauchen. Im Bereich der Sozialwirtschaft sind es ca.
80.000. Allein in der Altenpflege werden 8.000 neue Fachkräfte und im
Erzieher:innenbereich 6.000 bis 10.000 neue Fachkräfte bis 2030 gebraucht. Ein
Großteil des Fachkräftebedarfs richtet sich auf Ausbildungsberufe. Wir haben
also jeden Grund, bei jungen Leuten und an den Schulen für die duale Ausbildung
zu werben. Damit sich junge Menschen für den Weg einer dualen Ausbildung
entscheiden, müssen wir die Ausbildung in Thüringer attraktiver machen.
Das werden wir tun:
- Zwar werden in vielen Ausbildungsbranchen Auszubildende händeringend
gesucht, dennoch fallen junge Leute durch das Raster und finden keinen
Ausbildungsplatz. Für
diese Menschen wollen wir uns einsetzen und eine
umlagefinanzierte
Ausbildungsgarantie in Thüringen einführen. Zudem
bilden immer weniger
Unternehmen aus. Wir wollen gesetzlich allen
Jugendlichen einen Ausbildungsplatz
garantieren. Weiterhin sollen die
Ausbildungsbedingungen durch einheitliche gesetzlich festgelegte
Mindeststandards umfassend verbessert werden.
- Ein Ausbildungsfonds hilft Jugendlichen in der Ausbildung zu unterstützen
und zu fördern und hilft gleichzeitig kleine Unternehmen, die den Großteil
der Ausbildungen übernehmen, zu entlasten. Durch den finanziellen Anreiz,
den der Fonds gibt, wird das "Rosinenpicken" der Unternehmen minimiert und
auch Bewerber:innen, die eventuell beim erstem Mal durch das Raster fallen
oder auch jene, die in Übergangs- und Orientierungsprogrammen stecken,
vermehrt eine Chance gegeben. Somit könnten wiederum mehr junge Menschen
in Ausbildung kommen. Zudem profitieren alle Betriebe von vielfältigen
Angeboten, wie Deutschkurse für Azubis, Beratungsangebote, Weiterbildung
für Ausbildende, Coachings zum Recruiting etc., die insbesondere kleine
und mittlere Unternehmen bei der Suche nach Auszubildenden und im Verlauf
der Ausbildung unterstützen sollen. Wir werden prüfen, ob ein solcher
Fonds auch für Thüringen sinnvoll ist.
- Wir werden die infrastrukturellen Voraussetzungen für gute Ausbildung in
Thüringen schaffen. Dazu gehört die geförderte Errichtung von attraktiven
und
bezahlbaren Wohnungen für Auszubildende: beispielsweise durch die
Schaffung von
Wohnheimplätzen und Azubi-Appartements im ganzen Freistaat.
Gleichzeitig
unterstützen wir mit Fördermitteln die Ertüchtigung von
Ausbildungsstätten.
- Die SPD Thüringen setzt sich für eine Stärkung der dezentralen Ausbildung
ein.
Wir nehmen es nicht hin, dass Auszubildende nur zentralisiert an
einem Standort in
Thüringen geschult werden oder teilweise in andere
Bundesländer fahren müssen.
Weiteren Zentralisierungsbestrebungen
erteilen wir eine Absage, explizit auch
bei kleiner werdenden
Ausbildungsklassen.
- Der Übergang von der Schule in die Ausbildung ist noch viel zu oft die
Hürde, an der viele Jugendliche der Übergang in eine selbstbestimmte
Zukunft erschwert wird und Betriebe ihre zukünftigen Fachkräfte verlieren.
Wir werden die vielfältigen Beratungs- und Unterstützungsinstrumente für
Betriebe sowie Bewerberinnen und Bewerber bedarfsgerecht ausbauen und
verstärken. Dazu gehört für uns auch, das Konzept der Produktionsschulen
in Thüringen pilothaft zu erproben und bei Erfolg flächendeckend
einzuführen.
- Die duale Berufsausbildung ist ein Eckpfeiler unserer Wirtschaft und des
Thüringer Arbeitsmarktes. Wir werden daher zusammen mit den Kammern eine
Kampagne für die duale Ausbildung auflegen. Darüber hinaus werden wir in
Zusammenarbeit mit den Handwerkskammern prüfen, ob wir Handwerkergymnasien
bedarfsgerecht in allen Kammerbezirken aufbauen können.
- Bei der Weiterentwicklung des Thüringer Berufsschulnetzes ist uns der
Erhalt von Schulstandorten wichtig. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist
dabei die Erreichbarkeit der zuständigen beruflichen Schule für die
Auszubildenden. Hierfür brauchen wir geeignete schul- und
unterrichtsorganisatorische Konzepte für einen angemessenen (zeitlichen)
Aufwand zum Erreichen der beruflichen Schule.
5.3 Hochschulen und Studium
Wissenschaft ist einer der Schlüssel für eine erfolgreiche Zukunft: in
Forschung, Lehre und Transfer in die Gesellschaft. Deswegen kommt den
Hochschulen eine herausragende Bedeutung für die Entwicklung Thüringens zu. Als
Thüringer SPD setzen wir uns für eine leistungsfähige Hochschullandschaft ein.
Ihre Attraktivität erhält sie durch die besonderen Profile der staatlichen
Hochschulen. Die Thüringer Hochschulen haben in den letzten Jahren gezeigt, dass
sie erfolgreich im Wettbewerb mit anderen deutschen Universitäten und
Fachhochschulen mitspielen können. Damit die Hochschulen ihre Potenziale voll
entfalten können, bedarf es einer auskömmlichen Grundfinanzierung, die sich an
den wissenschaftsbezogenen Kostensteigerungen orientiert und mit einem
Strategieaufschlag zusätzliche Entwicklungsoptionen bietet. Die staatlichen
Hochschulen müssen frei von wirtschaftlichen Interessen und staatlicher
Bevormundung agieren können. Wissenschaftsfreiheit, Hochschulautonomie und der
offene Diskurs sind die Voraussetzungen dafür, dass sie ihre zahlreichen
Aufgaben in der und für die Gesellschaft erfüllen können.
Das werden wir tun:
- Für uns darf das Studium nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen – von
der Entscheidung, ob überhaupt studiert wird, bis zur Frage, wie schnell
und wie erfolgreich das Studium verläuft. Deshalb wollen wir auf
Bundesebene daraufhinwirken, dass wir das BAföG als Fundament der
Studienfinanzierung stärken. So wollen wir Aufstiegschancen durch Bildung
ermöglichen. Dabei stehen wir für eine kontinuierliche Anpassung und
Erhöhung der Bedarfssätze und Freibeträge, die Hebung von Altersgrenzen,
die Schließung des „Mittelstandslochs“ durch die Möglichkeit der Gewährung
eines Volldarlehens und die Beseitigung bestehender Förderlücken.
- Langzeitstudiengebühren an den Thüringer Hochschulen werden wir
abschaffen. Ein Studium in der Regelstudienzeit ist oft nur für diejenigen
mit wohlhabenden Elternhaus leistbar, die nicht auf Zuverdienste
angewiesen sind und lässt zudem wenig bis keinen Platz für
gesellschaftliches, sportliches, kulturelles oder soziales Engagement.
Dies sind aber neben dem Studium wichtige Fähigkeiten und
Erfahrungshorizonte, die im Lebensabschnitt des Studiums Raum haben
müssen. Daher wird die Überschreitung der Regelstudienzeit nicht mehr als
Grund für eine Exmatrikulation oder die Ablehnung eines Platzes im
Studierendenwohnheim fungieren dürfen.
- Das Studierendenwerk werden wir dabei unterstützen, die Bearbeitung von
BAföG-Anträgen zu beschleunigen und den Antragsstau abzubauen. Ziel muss
es sein, dass ein gestellter BAföG-Antrag innerhalb von drei Monaten
abschließendbearbeitet wird. Außerdem muss bei Einreichung von
Folgeanträgen bis zwei Monate vor Ende des aktuellen Bewilligunszeitraums
stets eine lückenlose Förderung gewährleistet sein.
- Unser Ziel ist es, allen sozialen Gruppen den Zugang zur Hochschulbildung
zu garantieren. Deshalb wollen wir mehr Menschen aus bislang an den
Hochschulen unterrepräsentierten Gruppen ein Studium ermöglichen,
insbesondere Menschen, deren Eltern nicht studiert haben. Initiativen wie
„Arbeiterkind“ werden wir weiter unterstützen.
- An unseren Hochschulen sollen Menschen aus ganz unterschiedlichen
gesellschaftlichen Bereichen und Kulturen, mit verschiedenen
Lebenserfahrungen und -entwürfen gemeinsam lernen und lehren, forschen und
zusammenarbeiten. Denn aus dieser Vielfalt entstehen spannende Diskurse
und neue Ideen. Wir setzen uns für niedrigschwellige Begegnungs- und
Austauschangebote, mehr internationale Gastwissenschaftlerinnen und
Gastwissenschaftler und die gemeinsame Entwicklung digitaler Lehre mit
internationalen Partnereinrichtungen ein.
- Für die Studierenden setzen wir uns auch auf Bundesebene für einen neuen
Sozialpakt Hochschule ein. Dieser muss über eine angemessene
Studienfinanzierung hinausgehen und auch langfristig finanzierbaren
studentischen Wohnraum und günstige Preise in der Essensversorgung der
Mensen absichern. Hierzu wollen wir in Thüringen die Finanzierung des
Studierendenwerks – analog zu den Hochschulen – langfristig sichern und
jährlich erhöhen.
- Wir werden die Blaupause der Hochschulsozialarbeit an der Hochschule
Nordhausen auf alle Thüringer Hochschulen ausweiten.
- Für uns ist ausgezeichnete Lehre zentraler Baustein einer zukunfts- und
studierendenorientierten Hochschule. Wir setzen uns daher für eine
Aufwertung der Lehre an den Thüringer Hochschulen, umfassende technische
und didaktische Unterstützung für Lehrveranstaltungen und für eine
Qualitätssicherung unter maßgeblicher Beteiligung der Studierenden ein.
- Unsere Hochschulen als Ideenentwickler und Impulsgeber: Für uns
Sozialdemokraten kommt den Hochschulen eine wichtige Rolle in der
Gesellschaft zu: sie generieren neues Wissen, entwickeln originelle Ideen
und geben Impulse weit über den akademischen Kontext hinaus. In dieser
Rolle werden wir die Hochschulen stärken, ihre Vernetzung mit
(insbesondere der kommunalen) Politik, Wirtschaft und Gesellschaft
unterstützen.
- Unsere Hochschulen als „Problemlöser“: Es sind die Hochschulen, an denen
künftige Fach- und Führungskräfte die Kompetenzen erwerben, die sie für
die Bewältigung zukünftiger Herausforderungen benötigen. Wir stärken die
Hochschulen darin, das Studienangebot so zu gestalten, dass die
Studierenden für Zukunftsaufgaben qualifiziert werden und in ihrem
späteren beruflichen Umfeld wie auch als aktive Mitglieder der
Gesellschaft einen Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Probleme leisten
können.
- Unsere Hochschulen international: Die Thüringer Hochschulen sind
international ausgerichtet und eingebunden. Als weltoffene
Bildungseinrichtungen sorgen sie für die Gewinnung, Integration und
Bindung internationaler Studierender, Lehrender und Forschender. Dazu
gehört, dass die Hochschulen internationale Studierende frühzeitig über
Beschäftigungsmöglichkeiten in der Region informieren und – gemeinsam mit
den Kommunen und der Wirtschaft – beim Übergang in den regionalen
Arbeitsmarkt begleiten. Entsprechende Beratungs- und Betreuungsmaßnahmen
an den Hochschulen unterstützen wir. Zugleich sehen wir die Hochschulen
bei ihren internationalen Aktivitäten, gerade auch bei der Zusammenarbeit
mit Partnern in autokratischen Staaten, grundlegenden demokratischen
Werten und der Wissenschaftsfreiheit verpflichtet. Wir bestärken sie
darin, Impulse für globalen gesellschaftlichen Fortschritt zu geben.
- Um Studierende von den Vorteilen eines Studiums in Thüringen zu
überzeugen, werden wir die Standortvorteile sowie die besten
Betreuungsverhältnisse oder die überdurchschnittliche Zahl von
Wohnheimplätzen pro Studierenden nachhaltig sichern und bewerben.
- Duales Hochschulstudium: Wir setzen auch weiter auf die erfolgreiche
Zusammenarbeit der Dualen Hochschule mit den Unternehmen in der Region, um
Fachkräfte in und für Thüringen auszubilden. Wir werden das duale
Hochschulstudium durch Kooperationen der Dualen Hochschule mit den
Fachhochschulen auch im Masterbereich ausbauen.
- Gute Schule verlangt bestens qualifizierte Lehrkräfte. Daher werden wir
die Hochschulen bei der Weiterentwicklung der Lehrerbildung auch künftig
unterstützten. Schwerpunkte sehen wir in spezifischen Lehrangeboten vor
allem in den naturwissenschaftlichen Fächern und der Mathematik. Auch bei
der Entwicklung von Kompetenzen im Umgang mit heterogenen Schülergruppen
und bei der Medienbildung bedarf es neuer Ansätze.
- Wir werden durch neue Instrumente des Zusammenwirkens von Hochschulen,
Gründungsinteressierten und einer professionellen Beratungsstruktur die
Voraussetzungen schaffen, dass Ausgründungen aus Hochschulen schneller
erfolgen können.
- Hochschulfinanzierung: Auch in Zukunft werden wir die Grundfinanzierung
der Hochschulen auf hohem Niveau bis mindestens 2030 fortschreiben und
sichern, indem wir den Empfehlungen des Wissenschaftsrates weiter folgen
und den Hochschulen jährlich die wissenschaftsspezifischen
Kostensteigerungen plus 1 % als Aufwuchs garantieren. Das in Thüringen
bewährte Modell der langfristigen Finanzierungssicherheit durch
Rahmenvereinbarungen zwischen Landesregierung und Hochschulen setzen wir
fort.
- Um auch die wissenschaftliche Recherchearbeit auf den aktuellen Stand zu
bringen, werden wir für den Lizenzerwerb digitaler Literatur mehr Mittel
zur Verfügung stellen. Dies gilt ebenso für die Anschaffung zeitgemäßere
Mediengeräte sowie Programme als auch für die entsprechende Schulung des
Personals.
- Die FSU Jena hat in den vergangenen Jahren bereits erfolgreich einen
Exzellenzcluster eingeworben. Dies ist ein Beleg für die hervorragende und
hoch kompetitive Forschungsqualität, die den Thüringer
Wissenschaftsstandort international sichtbar macht sowie weitere
Spitzenforschung und -wissenschaftler nach sich ziehen wird. Auf dieser
Grundlage unterstützen wir exzellente Thüringer Hochschulen dabei, weitere
Exzellenzcluster und gezielt großformatige Drittmittelprojekte bei der
DFG, beim BMBF und bei der EU einzuwerben, um den Forschungsstandort
Thüringen aufzuwerten.
- Als wichtige Arbeitgeber in diesem Land werden wir die Thüringer
Hochschulen dabei unterstützen, auch in der Zukunft attraktiv für die
Fachkräfte von morgen zu sein: für den wissenschaftlichen Nachwuchs,
Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer und nichtwissenschaftliches
Personal. Deshalb wollen wir das Prinzip „Gute Arbeit“ in den Hochschulen
weiter umsetzen. Dazu gehört, dass Daueraufgaben grundsätzlich von
Dauerbeschäftigten erledigt werden.
- Wissenschaftlichen Nachwuchs unterstützen: Wir wollen in Bund und Land
durch geeignete Maßnahmen die Planbarkeit von wissenschaftlichen Karrieren
erhöhen. Dazu gehört, dass die Zahl der Professuren moderat erhöht, mehr
Professuren als Tenure-Track-Professuren ausgeschrieben und
Qualifikationsstellen mit Stellenanteilen von mindestens 2/3 und einer
angemessenen Vertragslaufzeit besetzt werden. Die Thüringer
Graduiertenförderung werden wir entsprechend dahingehend weiterentwickeln,
dass Stipendiat:innen volle Stellen als wissenschaftliche
Mitarbeiter:innen nach TV-L erhalten. Gemeinsam mit den Betroffenen und
den Hochschulen werden wir prüfen, ob wir im Rahmen der zur Verfügung
stehenden Stellen neue Karriereziele neben der Professur einführen können.
Ziel soll es sein, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine
alternative Perspektive für eine Dauerbeschäftigung mit Schwerpunkt in der
selbstständigen Lehre zu geben – ohne sie hierauf zu beschränken. Darüber
hinaus bedarf es an den Hochschulen einer noch besseren Betreuung,
Beratung und Unterstützung der Nachwuchskräfte.
- Gleichstellung verwirklichen: Wir werden weiter darauf hinwirken, den
Frauenanteil in der Professorenschaft und in den Hochschulleitungen an den
Thüringer Hochschulen zu erhöhen. Dafür bedarf es verbindlicher
Zielkorridore.
- Wir unterstützen das Universitätsklinikum Jena als einzigen
Supramaximalversorger Thüringens und Ort der Spitzenmedizin, Forschungs-
und Ausbildungsstätte des medizinischen Nachwuchses in Thüringen. Auch für
das UKJ wollen wir in Zukunft weiter jährlich die
wissenschaftsspezifischen Kostensteigerungen plus 1 % Strategiebudget als
Aufwuchs garantieren. Die weitere bauliche Entwicklung in Jena
unterstützen wir mit einem dritten Bauabschnitt. Dadurch verbessern wir
die Krankenversorgung, insbesondere in der Notfallmedizin und sorgen für
bessere Bedingungen für Studierende, Lehrende und Forschende.
- Auf Bundesebene setzen wir uns dafür ein, dass die besonderen
Systemaufgaben der Universitätsklinika (Koordinierung, Vernetzung mit den
Krankenhäusern im ländlichen Raum, Krisen- und Pandemievorsorge,
Behandlungen von seltenen Krankheiten) im Rahmen der
Krankenhausfinanzierung besser abgebildet werden. Für das Pflegepersonal
wollen wir, dass die Arbeitszeit zwischen Ost- und West auch in den
Universitätsklinika endlich angeglichen wird.
- Wir unterstützen den Aufbau des Zentrums für Psychische Gesundheit als
achtes Deutsches Zentrum für Gesundheitsforschung (DZG).
- Die Digitalisierungsstrategie für den Thüringer Hochschulbereich soll 2025
fortgeschrieben werden, um die vielfältigen Möglichkeiten der digitalen
Transformation gewinnbringend in Forschung, Lehre und Verwaltung zur
Geltung zu bringen. Die Digitalisierung vereinfacht hochschulübergreifende
und landesweite Kooperationen – diese werden wir fördern.
- Wir wollen – auch über geeignete bundespolitische Initiativen – die
Einreise-, Aufenthalts- und Melderegularien für internationale Studierende
und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vereinfachen. Als Teil einer
umfassenden Willkommenskultur setzen wir uns dafür ein, dass in den
Behörden englischsprachige Ansprechpersonen zur Verfügung stehen. Darüber
hinaus wollen wir, dass Absolventen und Promovierte durch eine Reform des
Aufenthaltsrecht mehr Zeit bekommen, nach dem jeweiligen Abschluss eine
Berufstätigkeit oder den nächsten akademischen Qualifizierungsschritt in
Angriff zu nehmen.
- Die anwendungsbezogene Forschung an Fachhochschulen möchten wir stärken,
ohne diese zu kleinen Universitäten zu entwickeln. Forschungsstarke
Bereiche oder hochschulübergreifende Verbünde sollen daher das
Promotionsrecht erhalten, wenn sie hohe Qualitätsstandards gewährleisten.
Darüber hinaus setzen wir uns weiterhin dafür ein, kooperative Promotionen
auszubauen und dafür günstige Bedingungen zu gewährleisten.
- Neben notwendigen Neubauvorhaben wird die Erhaltung der bestehenden
Gebäude der Hochschulen und ihre energetische Sanierung zu einer großen
Herausforderung in den nächsten Jahren. Deshalb wollen wir ein
systematisches Sanierungsprogramm bis 2030 erarbeiten und schrittweise
umsetzen. Für die Hochschulen, das Studentenwerk, das Universitätsklinikum
und die außeruniversitären Forschungseinrichtungen wird das Land die
notwendigen Flächen sichern und kostenlos bzw. über ein Erbbaurecht mit
symbolischer Vergütung zur Verfügung stellen.
- Wir werden die Wissenschaftskommunikation in den kommenden Jahren stärken.
Hierzu wollen wir eine Richtlinie “Science for Society” aufsetzen, mit der
Thüringer Wissenschaftsakteur:innen Projekte zur Kommunikation und
Vermittlung ihrer Forschung und ihrer Erkenntnisse an die breite und die
interessierte Öffentlichkeit umsetzen können.
5.4 Außeruniversitäre Forschung
Thüringen verfügt über leistungsfähige und profilierte Hochschulen. Diese werden
über eine vielfältige und lebendige Landschaft an außeruniversitären
Forschungseinrichtungen komplementiert, die sich durch einen hohen Vernetzungs-
und Kooperationsgrad miteinander auszeichnen und die Innovationslandschaft in
Thüringen ausmachen.
Neben den von Bund und Ländern gemeinsam getragenen Forschungsinstituten der
Fraunhofer-Gesellschaft, der Max-Planck-Gesellschaft, der Leibniz-Gemeinschaft,
der Helmholtz-Gemeinschaft, gehören auch vier durch das Land finanzierte
Forschungsinstitute sowie acht wirtschaftsnahe Forschungseinrichtungen mit
spezialisierten Schwerpunktsetzungen. Hier wird von der Grundlagenforschung bis
zur anwendungsorientierten Forschung Zukunft gemacht.
Das werden wir tun:
- Auch in Zukunft werden wir die Grundfinanzierung der Bund-Länder
finanzierten Forschungseinrichtungen gemeinsam mit dem Bund bis zum Jahr
2030 sicherstellen. Vergleichbar dem „Pakt für Forschung und Innovation“
für die von Bund und Land finanzierten Einrichtungen, mit verlässlichen
jährlichen Steigerungsraten und fester Laufzeit, werden wir für die
Landesforschungseinrichtungen einen vergleichbaren Pakt auf Landesebene
schaffen.
- Im Rahmen der gemeinsamen Förderung von Wissenschaft und Forschung belegt
Thüringen in Bezug auf seine Bundesfinanzierungsquote (61 %; Basisjahr:
2019; aktuellster Wert aus GWK) den vorletzten Rang aller Bundesländer.
Unser Ziel muss es deshalb sein, die Nettoflüsse der
Wissenschaftsfinanzierung nach Thüringen zu verbessern. Das kann gelingen
durch die Teilnahme an entsprechenden Formaten der Bund-Länder-Förderung
(z.B. im Rahmen der Exzellenzstrategie, Neugründungsinitiativen und
Erweiterungen bestehender Einrichtungen) und über die aktive Bewerbung
Thüringens bei Ansiedlungen bzw. dem Aufbau von Forschungseinrichtungen.
- Wir wollen die vier Landeseinrichtungen entsprechend ihres jeweiligen
extern begutachteten Entwicklungsstands gezielt weiter profilieren, um
ihre Aussichten auf die Aufnahme in eine bundesweit tätige
Forschungsträgerorganisation erhöhen. Hierfür wollen wir wenn nötig auch
zusätzliche Investitionsmittel bereitstellen.
- Dort, wo von Bund und Ländern finanzierte Forschungseinrichtungen wachsen
und an Bedeutung gewinnen, wird das Land die notwendigen Ko-
Finanzierungsmittel für Ausstattung und Bauvorhaben zur Verfügung stellen.
- Damit aus den Investitionen in Forschung und Innovationen ein
langfristiges Wirtschaftswachstum wird, bedarf es des Wissenstransfers in
Unternehmen oder Ausgründungen. Hierfür wollen wir Vernetzung der
Forschungseinrichtungen mit der regionalen Wirtschaft und den Hochschulen
sowie das Gründungsgeschehen verbessern.
- Wir werden den innovationspolitischen Schwerpunkten der RIS Thüringen
folgen und bereits etablierte Thüringer Stärken wie Quantentechnologien,
hier speziell in der Quantenphotonik, alternative regenerative
Speichertechnologien in der Polymerforschung, den Wasserstofftechnologien,
der nächsten Generation in der Batterieforschung, Initiativen im
Nachhaltigen Bauen und Ressourcenmanagement besonders unterstützen.
- Wir werden die bestehenden Förderinstrumente des Landes zur Unterstützung
von innovativen Gründungen neu sortieren und besser aufeinander abstimmen.
- Wir werden Instrumente für einen unbürokratischen und niedrigschwelligen
Zugang für Startups und KMUs zu den Forschungsinfrastukturen im Dialog mit
den Einrichtungen im Freistaat erarbeiten.
5.5 Lebenslanges Lernen
Lernen hört nicht nach der Schule auf. Neben frühkindlicher Bildung, dem
Schulwesen und den Hochschulen muss auch die Erwachsenenbildung als vierte Säule
unseres Bildungssystems gestärkt werden. Lebenslanges Lernen ist für uns das
verbindende Element, das von der Kindheit an bis ins hohe Alter eine aktive
Teilhabe ermöglicht.
Das werden wir tun:
- Jeder Mensch soll aktiv am gesellschaftlichen Leben teilhaben können.
Deshalb setzen wir uns auch künftig dafür ein, dass
Bildungsveranstaltungen für Grundbildung flächendeckend und in
barrierefreier Form im Freistaat angeboten werden. Hierzu werden wir die
Initiativen für Alphabetisierung in Thüringen fortsetzen und wollen sie
weiter verstärken.
- Das Nachholen von Schulabschlüssen bleibt gebührenfrei. Verpasste Chancen
dürfen kein lebenslanges Hindernis darstellen.
- Die Erwachsenenbildung muss sich für neue Lernformen und -bereiche öffnen.
Aus diesem Grund werden wir die kommunalen und freien Träger der
Volkshochschulen, Heimvolkshochschulen und anderen Einrichtungen auch
künftig angemessen unterstützen.
- Teilhabe an Bildung ist Ausdruck von Lebensqualität und Lebensfreude auch
im fortgeschrittenen Lebensalter. Wir werden die Entwicklung und den
Ausbau von spezifischen Bildungsangeboten für ältere Menschen
voranbringen.
6. Soziale Umwelt- und Klimapolitik
Die Klimakrise ist eine Generationenaufgabe und schreitet mit immer spürbaren
Folgen voran. Wir tragen nicht nur Verantwortung für die Gegenwart, sondern auch
für die Zukunft. Nur durch wirksamen und ambitionierten Klimaschutz können wir
die natürlichen Lebensgrundlagen und unseren Wohlstand bewahren. Die dafür
nötigen Veränderungen sehen wir als Chance. Wir werden den Wandel politisch
gestalten und dafür sorgen, dass es dabei sozial und solidarisch zugeht.
Klimaschutz darf nicht zur neuen sozialen Frage werden!
Die SPD Thüringen bekennt sich zu den Klimazielen von Paris, zum Atomausstieg,
zum Kohlekompromiss und zu den Zielen des Bundes- und des Landesklimagesetzes.
Thüringen muss seinen gerechten Beitrag zur Begrenzung der Globalen Erwärmung
auf maximal 2°C, besser sogar auf 1,5°C, über dem vorindustriellen Niveau
leisten.
Die Grundlage für den Klimaschutz ist eine konsequente Umstellung auf eine
regenerative Energieversorgung.
Die Energiewende ist für uns eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe für deren
Gelingen es eine gut koordinierte Zusammenarbeit zwischen Bund, Land und
Kommunen und die Einbeziehung der Bürger:innen vor Ort braucht.
Unsere Energiepolitik folgt der Logik, dass möglichst viel Energie dort erzeugt
wird, wo sie auch benötigt und verbraucht wird: regional, dezentral und
erneuerbar. Das bringt neue Wertschöpfungsmöglichkeiten und Entwicklungschancen,
z. B. durch die Nutzung virtueller Kraftwerke, insbesondere für den ländlichen
Raum.
Wir wollen eine ökologische Industrie- und Wirtschaftspolitik, die nachhaltiges
Wachstum schafft, Arbeitsplätze sichert, Energie sparsam und effizient einsetzt
und sich unabhängig macht von Rohstoffen wie Kohle, Uran, Öl und Gas. Dabei
setzen wir auf deutsche Ingenieurskunst und technologische Innovationen, damit
Thüringen auch im Jahr 2050 noch ein wettbewerbsfähiger Standort in der Welt
ist.
6.1 Energie für Thüringen: günstig, sicher, nachhaltig
Wir stehen für die sozial gerechte Erzeugung und Nutzung erneuerbarer Energien
in Thüringen, die Stärkung regionaler Wertschöpfung und Wettbewerbsfähigkeit im
Einklang mit unseren sozialen Werten und die entschlossene Reduzierung der
negativen Auswirkungen der Energieversorgung auf die Umwelt, unter
Berücksichtigung sozialer Belange.
Wir setzen uns mit Leidenschaft dafür ein, einen sachlichen Dialog zu
ermöglichen, der sich gegen eine Diskussionskultur wendet, die faktenlos und
populistisch ist.
Für uns ist dabei klar, dass die notwendigen Entscheidungen für alle Menschen
sozial verträglich sein müssen. Dabei sind Menschen mit niedrigen und mittleren
Einkommen besonders aktiv durch die Einführung eines sozialen Klimageldes auf
Bundesebene und durch die Stärkung der öffentlichen Versorgungsinfrastruktur und
Förderungen dauerhaft zu entlasten.
Das werden wir tun:
- Wesentlicher Faktor für die erfolgreiche Transformation wird die
Verfügbarkeit erneuerbarer Energien aus Wind, Sonne, Biomasse,
Umweltwärme, Wasserkraft und Geothermie sein. Wir werden uns für einen
schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien einsetzen, insbesondere auch
in der Nähe der energieintensiven Industriebetriebe.
- Wir werden das Thüringer Klimagesetz novellieren und für den Freistaat das
Ziel der Treibhausgasneutralität mit konkreten Minderungsschritten
konkretisieren. Entsprechend passen wir die Minderungsziele an und
etablieren langfristig ein jährliches THG-Budget.
- Um unvermeidbare Emissionen auszugleichen und der Atmosphäre langfristig
Treibhausgase zu entziehen, werden wir zudem die Potenziale natürlicher
Kohlenstoffsenken in Form klimarobuster Wälder, wiedervernässter Moore und
humusreicher Böden künftig ausbauen und die Möglichkeiten zur technischen
Kohlenstoffabscheidung (sogenannte CSS-Technologien) kritisch prüfen.
- Wir werden die Einstellung von Klimaschutz- und Energiemanager:innen und
die Erstellung und Umsetzung entsprechender Konzepte in den Kommunen
weiterhin finanziell fördern.
- Den Kommunen kommt eine zentrale Rolle bei der Energiewende hinzu. Wir
werden die damit verbunden neuen Aufgaben im kommunalen Finanzausgleich
berücksichtigen und die Kommunalaufsichten für diese Aufgaben
qualifizieren. Die Energieagentur des Landes Thüringen ThEGA werden wir
stärken, um die Beratung insbesondere von Kommunen bei den Themen
Energieerzeugung, -verteilung und -speicherung zu erweitern. Die Grundlage
für den Klimaschutz ist eine konsequente Umstellung auf eine effizientere
regenerative Energieversorgung und eine nachhaltige Landwirtschaft.
- Die Möglichkeiten auszubauen, um die Bürger:innenbeteiligung direkt vor
Ort weiter zu stärken. Die Energieversorgung der Zukunft baut auf flexible
Erzeugung, Verbrauchs- und Speicherstrukturen auf. Der Strommarkt soll
hierfür weiter dezentralisiert werden.
- Klimawandel und Biodiversitätsverlust wollen wir stärker im
Schulunterricht verankern. Ein wichtiger Schritt für die zielgerichtete
Vermittlung ist im Rahmen einer Landesstrategie Bildung für nachhaltige
Entwicklung (BNE) darzustellen.
- Wir bekennen uns zu den Thüringer Stadtwerken als tragende Säule der
Energiewende. Deshalb wollen wir die Kommunen und ihre Stadtwerke bei
ihrer Nah- und Fernwärmeversorgung besser unterstützen. Dabei werden wir
insbesondere die erfassten Nutzungspotenziale durch den Einsatz neuer
Fernwärmequellen aus erneuerbaren Energien (Geothermie, Solarthermie,
Groß-Wärmepumpen, Bioenergie, etc.) konkret heben. Durch verstärkte
Kooperation, zielgerichteter Förderung und der weiteren Steigerung der
Effizienz wird die Wärmeversorgung langfristig gesichert bleiben.
- Wir werden unsere Versorgungspartner vor Ort dabei unterstützen,
Fachkräfte zu gewinnen und mit attraktiven Arbeitsbedingungen zu halten.
Gerade für die Planungs- und Installationsarbeiten der nächsten Jahre
brauchen wir attraktive Angebote für hochspezialisierte Fachkräfte. Das
betrifft sowohl die beteiligten Behörden als auch die Unternehmen.
- Der Zusammenschluss von Bürger:innen zu Genossenschaften macht es auch für
diejenigen möglich, zu Energieproduzenten zu werden, welche nicht über
eigene Nutzflächen verfügen. Die Unterstützung beim Aufbau von
Energiegenossenschaften ist daher ein wichtiges Anliegen, um beim Ausbau
der Energieerzeugung und -speicherung direkte Beteiligungsmöglichkeiten zu
schaffen.
- Tiefengeothermie kann einen bedeutenden Beitrag zur Wärmeversorgung der
Zukunft leisten. Wir werden daher eine Potenzialanalyse zur
Tiefengeothermie in Thüringen erstellen sowie Förderprogramme und
Absicherungsinstrumente entwickeln. Diese Aktivitäten verzahnen wir eng
mit der kommunalen Wärmeplanung.
- Wir werden einen revolvierenden Fonds namens "Eigenkapital energetische
Gebäudesanierung" einrichten und mit 50 Millionen Euro ausstatten. Aus
diesem Fonds wollen wir Haushalten mit niedrigem Einkommen und geringem
Eigenkapital den Zugang zu günstigen Zuschüssen und Darlehen für die
Gebäudesanierung ermöglichen. Diese sollen durch die eingesparten
Betriebskosten der Haushalte zurückgezahlt werden. Die gestreckte
Rückzahlung stellt sicher, dass auch in Zukunft entsprechende Mittel für
die Finanzierung weiterer Maßnahmen verfügbar sind. Um eine möglichst
kompakte und bürokratiearme Bereitstellung zu gewährleisten, werden wir
die bewährten Haushalts-Jahresbrutto-Einkommensgrenzen der Länder,
beispielsweise gemäß § 10 ThürWoFG, als Bemessungsgrundlage verwenden.
- Mit einem Thüringer Solarausbaugesetz schaffen wir eine technologieoffene
Grundlage für den vielschichtigen und breiten Einsatz der Solarenergie im
Freistaat. Wir werden die Nutzung der Solarenergie voranbringen und das
SolarInvest-Programm u.a. durch eine gezieltere Förderung von
Stromspeichern anpassen. Mit Hilfe eines Landesprogramms sollen mehr
Flächen für Photovoltaik, insbesondere auf Dächern und Fassaden und der
nicht konkurrierenden Zweitnutzung in der Landwirtschaft beispielsweise
durch Agri-PV erschlossen werden. Solarparks wollen wir, im Sinne einer
Bündelung von Infrastruktur, vorrangig entlang von Fernstraßen,
Bahnschienen und Stromtrassen errichten. Kommunen bestärken wir darin, mit
einer gezielten Konzentrationsplanung Flächen für den Ausbau der
Photovoltaik auszuweisen.
- Wir bekennen uns zum Ausbau der Windenergie in Thüringen als wichtigster
erneuerbarer Energiequelle. Sie ist essenziell, um den Energiebedarf
Thüringens vor Ort zu decken und die Energiewende nicht auf Kosten anderer
Bundesländer voranzutreiben. An den Bau neuer Anlagen setzen wir hohe
Standards für Umwelt- und Naturschutz und gestalten den Ausbau im Dialog
mit den Menschen vor Ort. Pauschale Verbote beispielsweise in Waldgebieten
lehnen wir ab. Im Sinne einer netzstabilen Versorgung auch von
energieintensiven Abnehmern wollen wir zugleich die regionalen
Wertschöpfungspotentiale in ganz Thüringen ausbauen.
- Wir werden den Ausbau der Ökostromproduktion, insbesondere der
Windenergie, im Dialog mit den Menschen vor Ort vorantreiben. Dazu werden
wir die Arbeit der Regionalen Planungsgemeinschaften zur Ausweisung von
Windvorranggebieten transparenter gestalten. Wir werden dafür sorgen, dass
die Windvorranggebiete dort ausgewiesen werden, wo lokale
Industrieunternehmen profitieren, der zusätzliche Netzausbaubedarf gering
ist und die Auswirkungen auf Menschen und Umwelt klein sind.
- Wir wollen das 2,2%-Flächenziel in Thüringen durch eine aktive
Konzentrationsplanung der Windvorrangflächen in ganz Thüringen erreichen.
- Wir werden die Planungsverfahren für den Neubau und für das Repowering von
Windkraftanlagen vereinfachen und beschleunigen, um möglichst viele
bereits für die Windenergieerzeugung genutzte Standorte weiternutzen zu
können.
- Wir werden dafür sorgen, dass die Kommunen und die Bürger:innen vor Ort
direkt von der Windenergieerzeugung profitieren und bspw. an den Gewinnen
aus der Windstromerzeugung beteiligt werden.
- Wir werden einen Thüringer Aktionsplan Energieeffizienz mit dem Ziel, den
Gesamtenergieverbrauch massiv zu reduzieren, bis 2027 vorlegen.
- Die Biomasse ist als grundlastfähige Energiequelle ein wesentlicher
Bestandteil einer erneuerbaren Energieversorgung. Dabei steht für uns die
Nutzung von Abfällen und Reststoffen im Vordergrund. Wir unterstützen die
Optimierung und Umrüstung auf einen flexiblen Betrieb sowie die
Integration in die Gas- und Wärmenetze. Im Bereich der Abwasserentsorgung
werden wir die Klärgasgewinnung stärken.
- Wir wollen Thüringen zum Stromspeicherland ausbauen. Dafür müssen wir
Know-how bündeln und Lücken in der Wertschöpfungskette schließen. Speicher
sind dabei für uns dabei nicht nur Batterien: Auch die an die
Verfügbarkeit von grünem Strom angepasste Produktion von Betriebsstoffen
und Rohprodukten „auf Lager“ kann einen spürbaren Beitrag zur
Dekarbonisierung leisten.
- Um auch in Hochlastzeiten und während Dunkelflauten den Energiebedarf
Thüringens jederzeit eigenständig decken zu können, werden wir die
Entwicklung von Batterie- und Speichertechnologien vorantreiben.
Pumpspeicherwerke sind als netzdienlicher Speicher von Strom wichtige
Bestandteile einer sicheren Energieversorgung.
- Wir werden uns dafür einsetzen, dass auch in Thüringen
Erzeugungskapazitäten für grünen Wasserstoff entstehen. Die innovative
Thüringer Wasserstoffforschung u.a. am Erfurter Kreuz und in Sonneberg
werden wir auch weiterhin unterstützen. Außerdem wollen wir Erfurt zu
einem H2-Mobilitätshub ausbauen. Unser Ziel ist es, dass Thüringen seine
zentrale Lage in Europa nutzt und an der gesamten
Wasserstoffwertschöpfungskette teilhat. Daher werden wir die Thüringer
Allianz für Wasserstoff fortführen und bedarfsgerecht weiterentwickeln.
- Der Aufbau einer leistungsfähigen Wasserstoffinfrastruktur stellt für uns
eine der wichtigsten industriepolitischen Weichenstellungen für Thüringen
dar. Wir werden den Anschluss an das nationale Wasserstoffkernnetz
einfordern und regionale Verteilnetze unterstützen.
- Wir unterstützen Vorhaben, die die Direktlieferung der erneuerbaren
Energien von den standortnahen Erzeugungsanlagen zu den lokalen
industriellen Großabnehmern zum Ziel haben. Beispielsweise werden wir
dafür sorgen, dass in diesen Fällen Grundstücke und Dachflächen im
Landeseigentum ohne Ausschreibung zu einem marktgerechten Preis an lokale
Projekte verpachtet werden können. Auf diese Weise sorgen wir dafür, dass
lokale Unternehmen mit günstigem Strom aus erneuerbaren Energiequellen
versorgt werden und größere Teile der Wertschöpfung in Thüringen
verbleiben.
- Die Beratungsangebote der Thüringer Energie- und GreenTech-Agentur werden
wir ebenso ausbauen wie Netzwerke zum Erfahrungsaustausch. KMUs sollen zu
den Themen Energieeffizienz und -produktivität beraten werden. Zuschuss-
und Darlehensprogramme wie GreenInvest sollen bei der Modernisierung von
Produktionsprozessen und -gebäuden unterstützen.
- Damit bestehender Wohnraum auch in Zukunft für alle Einkommensgruppen
bezahlbar mit Wärme versorgt werden kann, brauchen wir weniger
Verpflichtung und mehr Ermöglichung. Deshalb wollen wir die Optimierung
der Wärmeversorgung gezielt fördern. Wir setzen uns daher für einen
Heizungstauschbonus für Haushalte mit niedrigem Einkommen ein.
- Wir werden das Beratungsangebot des Stromsparcheck als Beratungs- und
Unterstützungsangebot für Haushalte mit niedrigem Einkommen thüringenweit
verstetigen.
- Wir halten an der Forderung der Bundesländer und der Sozialpartner zur
Einführung eines zeitlich begrenzten Brückenstrompreises fest. Hierdurch
sollen energieintensive Unternehmen bei der Energiewende unterstützt
werden und die Verbraucher eine Entlastung erfahren.
6.2 Thüringens Natur erhalten
Der Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen in Form von Klima, Umwelt und
Natur sind ein Kernziel der SPD Thüringen. Für uns sind soziale Gerechtigkeit,
ökonomische Stabilität und ökologische Nachhaltigkeit keine Gegensätze, sondern
ein zusammengehörender Dreiklang. Durch konsequenten Klima- und Umweltschutz
beugen wir zukünftigen Krisen vor und schützen so gerade die sozial Schwächsten
– in Thüringen und weltweit.
Wir unterstützen die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung und werden
gemeinsam mit Kommunen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft einen Thüringer Beitrag
zur Umsetzung der 17 Ziele für eine sozial, wirtschaftlich und ökologisch
nachhaltige Entwicklung (Agenda 2030) fördern und insbesondere durch
Bildungsangebote und Projekte in Thüringen verankern.
Wir stehen auch in Zukunft für die Bewahrung der vielfältigen und einmaligen
Landschaften in Thüringen, für saubere Luft, reines Wasser und gesunde Böden.
Das werden wir tun:
- Wir werden die EU-Biodiversitätsstrategie und der Aktionsplan
Insektenschutz aktiv mit Maßnahmen untersetzen, um den weiteren Verlust
von Arten und Lebensräumen auch in der Kulturlandschaft mit konkretem
Handeln zu begegnen.
- Unsere Landschaften, die in Deutschland zu den Zentren der Arten- und
Lebensraumvielalt zählen, wie zum Beispiel die Gipskarstlandschaft im
Südharz, müssen wir nachhaltig schützen und für zukünftige Generationen
bewahren. Der Ausstieg aus dem Naturgipsabbau muss das Hauptziel im
Südharz bleiben, um diese einmaligen Landschaften zu erhalten. Diese
Naturräume bilden die Grundlage, um nachhaltigen, schonenden Tourismus zur
Wertschöpfung in der Region weiter aufzubauen, zu fördern und zu erhalten.
- Die Naturschutzförderung in Thüringen muss dahin verbessert werden, dass
Landwirte für die ökologische Leistung kostendeckend entlohnt werden. Nur
mit attraktiven Prämien zur Sicherung von gesellschaftlichen
Zielstellungen für sauberes Wasser, gesunde Böden und Reichtum der Natur
können Landwirte und Flächeneigentümer für diese Aufgabe gewonnen werden.
- Mittel der Förderprogramme des Bundes, wie das Aktionsprogramm Natürlicher
Klimaschutz oder das Nationale Artenhilfsprogramm, werden wir für
Thüringen einwerben und nutzen.
- Um unsere selbst gesteckten Naturschutzziele zu erreichen, werden wir die
unteren Naturschutzbehörden, die Naturschutzverbände und die NATURA 2000
Stationen noch besser als Kompetenznetzwerk wirken lassen. Ein Schwerpunkt
sollen dabei z. B. in Zusammenarbeit mit den
Gewässerunterhaltungsverbänden und den Forstämtern konkrete in der Fläche
wirksame Arten- und Biotopschutzmaßnahmen sein. Für uns ist der Erhalt von
arten- und lebensraumreichen Kulturlandschaften am besten mit den Menschen
zu schaffen. Mit dem Konzept „Erhalt durch Nutzung“ wollen wir bei
Naturschutz und Landwirtschaft praktikabel Lösungen finden.
- Der Nationalpark und UNESCO Weltnaturerbe Hainich hat einen
außergewöhnlichen Wert für Thüringen. Wir setzen uns dafür ein, diesen
einzigartigen Buchenwald zu schützen und den Nationalpark als regionalen
Ankerpunkt für Naturschutz, Tourismus und Bildung für nachhaltige
Entwicklung weiterzuentwickeln.
- Wir lehnen den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen nicht
grundsätzlich ab. Die Landwirtschaft muss auf die Folgen der sich
veränderten Klimabedingungen reagieren, um den Ertrag der heimischen
Produktion zu erhalten. Ausbleibender Niederschlag im Frühjahr und
Starkregenereignisse in den Sommer- und Frühherbstmonaten stellen neue
Anforderungen an Pflanzen, Kulturen und Landwirte. Durch neue Technologien
wie CRISPR/CAS verfügt „grüne
Gentechnik“ über die Chance, ein wichtiger Faktor für die Zukunft der
Landwirtschaft in Thüringen zu werden. Chancen und Nutzen werden wir
sorgfältig abwägen.
- Um auch zukünftig angepasste Nutz- und Kulturpflanzen aus Thüringen
anbauen zu können, braucht es den Ausbau der Sortenforschung, der
Erhaltungszucht und der anwendungsorientierten Etablierung der
Erkenntnisse.
- Ein wichtiges Ziel bleibt für uns die Reduzierung der Salzbelastung der
Werra.
- Das Ziel einer Kreislaufwirtschaft in Thüringen steht für uns an erster
Stelle. Um der “Wegwerfgesellschaft” etwas entgegenzustellen, setzen wir
uns für ein regeneratives System ein, dass in der Lage ist Ressourcen in
den Kreislauf wiederaufzunehmen und im System (teilweise)
weiterzuverwenden. Eine umfangreiche Müllreduzierung, Wiederverwendung
durch Recycling und eine neue Ingebrauchnahme durch Reparatur stehen hier
im Fokus. Die SPD Thüringen verpflichtet sich gezielte Investitionen,
insb. in die Entwicklung und den Transfer neuer Verfahren bzw. Prozesse,
umzusetzen.
- Wir unterstützen das Bundesprogramm zur Vermeidung von Plastikmüll.
Weniger bis gar keine Produktion von Einwegverpackungen muss unser Ziel
sein. Dies ist nur ein Ansatz, um das Prinzip der Nachhaltigkeit zu
gewährleisten. Des Weiteren stehen wir für eine für alle verträgliche
Abfallgebührensatzung und für das Solidarprinzip bei der
Abwasserentsorgung.
- Wir forcieren den ökologischen und klimarobusten Waldumbau in Thüringen.
Dem Verlust der heimischen Wälder durch den Klimawandel und
Schädlingsbefall treten wir entschlossen entgegen. Daher legen wir
spezielle Programme auf, um nicht nur ThüringenForst, sondern auch die
privaten Waldbesitzer:innen und Kommunen zu unterstützen. Dabei soll auf
Kalamitätsflächen sowohl die Wiederaufforstung, als auch insbesondere auf
Staatswaldflächen die natürliche Wiederbewaldung berücksichtigt werden.
Zur nachhaltigen Finanzierung der Aufforstung wollen wir die Erlöse aus
Windkraftanlagen im Wald nutzen.
- Wir fördern strukturreiche Waldränder für einen naturnahen Übergang von
Wald in Wiese und Feld mit Strauchgürteln und Krautsaum sowie die
Wiederanlegung von Feldhecken als Rückzugsraum für viele bedrohte
Tierarten.
- Um den großen Herausforderungen im Waldumbau gerecht zu werden, wollen wir
nicht nur Personal in den Forstrevieren, sondern auch die Funktion der
Waldarbeiter:innen stärken.
- Wir begrenzen den Flächenverbrauch und werden eine
Flächenkreislaufwirtschaft einführen. Hierzu erstellen wir einen Thüringer
Masterplan Flächenverbrauch bis 2027, dem die Strategie eines Netto-Null-
Flächenverbrauchs zu Grunde liegt. Die zunehmende Versiegelung führt nicht
nur zum Verlust der Artenvielfalt und dem Ausstoß von Treibhausgasen durch
den Verlust von Grünland, sondern vernichtet auch unwiederbringlich Böden
für die landwirtschaftliche Nutzung. Wir müssen mit unseren Böden endlich
verantwortungsvoll umgehen, denn Boden ist ein begrenztes Gut! Wir setzen
uns für eine Kompensation von in Anspruch genommen Flächen ein, die eine
effektive und langfristige ökologische Wirkung entfaltet. Dafür braucht es
einen landesweiten Ausgleichspool.
- Wir werden insbesondere in ländlichen Regionen die Anreize und Förderungen
für innerstädtische Siedlungsentwicklung z. B. in Form höherer Fördersätze
für Abriss oder energetische Sanierung verbessern. Abriss und Sanierung in
der Innenstadt muss Vorrang vor der Ausweisung neuer Wohngebiete haben.
- Die Ausgestaltung des Europäischen Landwirtschaftsfonds ELER für die
flächenbezogenen Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUKM) wird sich daran
orientieren, den Anteil des ökologischen Landbaus zu erweitern und
extensive Bewirtschaftungsmaßnahmen insbesondere der Rinderhaltung,
Weideprämien, Agroforstsysteme bis hin zur schonenden Landbewirtschaftung
von Auen, Mooren und Feuchtgebieten fortzuführen bzw. neu zu etablieren.
7. Gesundheit und Pflege stärken
Noch nie standen gesundheitspolitische Themen so sehr im Mittelpunkt wie seit
Beginn der Corona-Pandemie. In den vergangenen Jahren haben sich bestehende
Probleme
weiter verschärft und gegenseitig verstärkt. Viele Fragen hängen
direkt
miteinander zusammen: allen voran eine gute Pflege, ein moderner
öffentlicher
Gesundheitsdienst, solide aufgestellte Krankenhäuser und eine
vernetzte
Versorgung.
Uns liegt eine landesweite qualitativ gute Gesundheitsversorgung am Herzen.
Deshalb sollten alle Thüringer:innen eine Gesundheitsversorgung aus einer Hand
bekommen können. Dazu bedarf es einer sukzessiven Reduktion der starren Trennung
zwischen ambulanter und stationärer Versorgung. Das Fachpersonal in den
Krankenhäusern, den ambulanten Angeboten und im Rettungsdienst muss
unkompliziert zusammenarbeiten können, um den Genesungsprozess der Patienten
bestmöglich zu fördern. Unser Ziel ist die bessere Zusammenarbeit und die
Vernetzung aller Akteure im Gesundheitswesen. Wir werden lokale
Gesundheitszentren in öffentlicher Trägerschaft fördern.
Wir haben in den letzten Jahren bereits Anreize geschaffen, damit sich junge
Ärzte auf dem Land niederlassen und so die haus- und fachärztliche
Grundversorgung sicherstellen. Außerdem haben wir die Studienplätze für
Humanmedizin erhöht.
7.1 Krankenhäuser, Fachärzte und Notfallversorgung
Die hohe Qualität der medizinischen Versorgung in Thüringen möchten wir
flächendeckend erhalten. Der medizinische Fortschritt einerseits sowie der
demografische Wandel (mehr Patienten, weniger Fachkräfte) andererseits machen es
jedoch dringend erforderlich, dass sich insbesondere die Krankenhäuser
strukturell weiterentwickeln. Alle Standorte werden auch in Zukunft benötigt,
sie müssen sich jedoch spezialisieren und in einer Region stärker
zusammenarbeiten - untereinander sowie mit den ambulanten Ärzten. Ein zentraler
Bestandteil ist dabei die Reform der Notfallversorgung. Wenn sich Krankenhäuser
spezialisieren, braucht es ein verlässliches und gut ausgebautes System an
Rettungsmitteln, damit die Patienten an die Stelle gelangen, wo sie am besten
versorgt werden.
Das werden wir tun:
- Mit Sorge sehen wir die zunehmenden Probleme einiger kommunaler Kliniken
in Thüringen. Die Corona-Pandemie hat überdies gezeigt, wie wichtig eine
flächendeckend stabile und hochwertige Versorgung ist. Wir schaffen ein
Programm zur Stärkung kommunaler Krankenhäuser. Gemeinsam mit den
kommunalen und landeseigenen Kliniken und den Trägern wird ein
regelmäßiger Runder Tisch angeregt, um Synergien und
Kooperationsmöglichkeiten zwischen den Kliniken zu identifizieren. Damit
soll der strukturelle Nachteil kommunaler und landeseigener Kliniken
gegenüber großen, meist privaten Krankenhauskonzernen ausgeglichen werden.
Öffentliche Krankenhausinvestitionen werden wir prioritär in Abhängigkeit
von der Qualität der Einrichtung und der Tarifbindung der Mitarbeitenden
vornehmen.
- Für die weitere Vernetzung und Kooperation der Kliniken werden ab 2022 pro
Jahr 500.000 Euro zur Verfügung gestellt. Dazu gehören beispielsweise
Einkaufsverbünde, telemedizinische Netzwerke, gemeinsame Personal- und
Weiterbildungsangebote, aber auch die Bildung gemeinsamer medizinischer
Zentren, um Kräfte und Personal zu bündeln und dadurch Leuchttürme von
Spitzenmedizin zu schaffen. Wir werden dazu in der Thüringer
Kommunalordnung und im Thüringer Krankenhausplan die nötigen
Voraussetzungen schaffen. Eine weitere Privatisierung kommunaler Kliniken
lehnen wir ab.
- Wir werden in jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt die Stelle
eines/einer Arztlotsin/Arztlotsen schaffen. Die regional vernetzten
Arztlotsinnen/Arztlotsen sollen die Übergabe von Praxen und die
Niederlassung von Ärztinnen und Ärzten in ländlichen Gebieten frühzeitig
organisatorisch unterstützen, um eine nahtlose Versorgung zu
gewährleisten. In diesem Zusammenhang werden wir prüfen, welche
zusätzlichen Angebote durch die Kommunen geschaffen werden können (z.B.
zusätzliche Holfe für Zweigpraxen, Gründung von kommunalen MVZ´s) und
welche Aufgaben dabei die Arztlotsin/der Arztlotse übernehmen kann.
- In einer Digitalstrategie legen wir einen Schwerpunkt auf die digitale
Infrastruktur und Vernetzung der Klinik. Wichtig ist, dass die Kliniken
digital interoperabel vernetzt werden und keine Insellösungen entstehen.
Wir machen uns stark für die Etablierung eines telemedizinischen
Herzinfarktnetzwerks. Die Thüringer Digitalagentur soll dazu mit weiteren
Experten eine Förderstrategie mit kurz- und mittelfristigem Maßnahmenplan
entwickeln.
- Die Corona-Pandemie hat die Engpässe in der psychotherapeutischen
Versorgung
insbesondere von Kindern und Jugendlichen noch einmal
vergrößert. Nicht verarbeitete
Belastungen zu Beginn des Lebens können
prägend sein für viele Jahre und sich
auf die weitere Entwicklung sehr
nachteilig auswirken. Deshalb schließen wir uns der Forderung der
ostdeutschen Psychotherapeutenkammer an, flächendeckend in Schulen
und
Kindergärten frühzeitig für mögliche Probleme zu sensibilisieren. Wir
werden
niedrigschwellige Angebote und Hilfestellungen ausbauen, um eine
möglichst frühe Intervention zu gewährleisten. Dazu werden wir
sozialtherapeutischen Praxen sowie sozialpsychiatrische Dienste für
Kinder und
Jugendliche schaffen.
- Wir weiten die Möglichkeiten der Videosprechstunde aus. Wir fordern ein
erster Kontakt mit Kinder- und Jugendpsychotherapeut:innen sollte bereits
per
Videosprechstunde möglich sein. So stehen Therapeut:innen aus
ganz
Deutschland zur Verfügung.
- Wir setzen uns für eine hohe Qualität
und Versorgungssicherheit in der
Geburtshilfe ein. Dazu werden wir, die
Versorgung besser aufeinander
abstimmen und eine gestufte Versorgung mit gut
erreichbaren
Geburtsstationen schaffen. Die SPD setzt sich dazu folgende
Ziele:
- eine flächendeckende Erreichbarkeit von Geburtskliniken. Kleinere
Geburtskliniken sollten allerdings nur solche Entbindungen vornehmen, für
die sie ausgestattet sind. Daher ist eine enge Zusammenarbeit von
Geburtskliniken verschiedener Versorgungsstufen nötig. Die Vorhaltung
bedarfsnotwendiger Geburtskliniken ist sicherzustellen.
- weitere Maßnahmen, um die hohe Kaiserschnittrate auf das medizinisch
notwendige Maß zu senken. Vor allem Kliniken mit geringerer Geburtenzahl
und weniger Personal haben oft höhere Kaiserschnitt-Raten. Ein
wesentlicher Grund ist die Finanzierung. Es besteht derzeit ein
finanzieller Fehlanreiz zum geplanten Kaiserschnitt, der zu beseitigen
ist.
- eine optimale Betreuung der Schwangeren durch ausreichend und gut
ausgebildete Hebammen. Der Beruf muss dafür an Attraktivität gewinnen,
insbesondere durch eine bessere Gestaltung der Arbeitsbedingungen.
- verbesserte Geburtsbedingungen im klinischen Setting durch ausreichend
Personal (1:1 Betreuung durch eine Hebamme während der Geburt), möglichst
wenig Stress während der Geburt (z.B. das Recht darauf, von den
Anfangswehen bis zur vollendeten Geburt im selben Raum zu verbringen;
kein
Zeitdruck während der Geburt) und eine verbesserte Ausstattung in
Kreißsälen: Eine Badewanne pro Kreißsaal und sonstige, an Geburtshäuser
angeglichene, Ausstattung.
- eine stärkere Vernetzung von Kliniken und Frauenärzt:innen für ein
besseres Screening und eine bessere Information und Steuerung der
Schwangeren, damit die Versorgung Hand in Hand erfolgt.
- eine transparente Übersicht über Leistungsumfang, Personalausstattung und
Qualitätsindikatoren aller Geburtskliniken (“Geburtswegweiser”) durch
eine
unabhängige Einrichtung (z. B. Landesärztekammer) zu entwickeln und
zu
veröffentlichen. Dies muss allgemeinverständlich und leicht zugänglich
für
Mütter und Frauenärzt:innen aufbereitet werden. Die Daten werden
regelmäßig
aktualisiert (mindestens alle 2 Jahre).
- Wir stehen für das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper.
Dazu
zählt nicht nur, die theoretische Wahlfreiheit darüber zu haben,
Schwangerschaften durchführen oder beenden zu wollen, sondern auch die
praktische Möglichkeit, Schwangerschaftsabbrüche ohne große zeitliche,
geographische und finanzielle Hürden auf sich zu nehmen. In allen
Krankenhäusern mit einer Geburtsklinik nach
Krankenhausplan sowie der
Universitätsklinik, sollen Schwangerschaftsabbrüche
durchgeführt werden.
Zum anderen fordern wir – auch beim Bund – die Weiterentwicklung und
Zulassung von Mitteln zum medikamentösen
Schwangerschaftsabbruch und
entsprechende Forschung ein.
- Wir wollen eine nachhaltige und langfristige Stärkung des Öffentlichen
Gesundheitsdienstes (ÖGD) in Thüringen. Gemeinsam mit Vertretern der
Landkreise und kreisfreien Städte sowie dem Landesverband Thüringen der
Ärzte und Zahnärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes e. V. wird dazu
ein Maßnahmepaket “Thüringer Allianz für den ÖGD” erarbeitet. Dieses Paket
soll kurz- und mittelfristige Handlungsfelder sowie strategische Fragen
identifizieren und entsprechende Maßnahmen festlegen. Dabei spielen
folgende Aspekte eine zentrale Rolle:
o Studium um zusätzliche Elemente des öffentlichen Gesundheitswesens erweitern
(Public Health)
o dass Teile der praktischen Aus- und Weiterbildung auch in Gesundheitsämtern
absolviert werden können
o sowie ein Lehrstuhl für das öffentliche Gesundheitswesen am Uniklinikum Jena
eingerichtet wird
o Analog zum “Thüringen Stipendium” fördert das Land Thüringen angehende
Mediziner:innen, die sich für eine Tätigkeit im ÖGD entscheiden, mit einem
Stipendium
o die Aufgabenstruktur des ÖGD wird überarbeitet
o es sind weitere Stellen für Praxis- und Hygienefachpersonal auszuweisen
o um Ärzten mehr berufliche Flexibilität zu geben, soll Amtsärzten auch die
Nebentätigkeit im ambulanten Bereich ermöglicht werden bzw. niedergelassenen
Ärzten eine teilweise Anstellung im Gesundheitsamt.
o Thüringen setzt sich bei den Tarifpartner:innen für eine bessere Bezahlung der
Beschäftigten im ÖGD ein und schafft weitere Anreize durch Zulagen.
o der Freistaat fördert unter den Gesundheitsämtern die Bildung von
Kooperationen und Zweckverbänden.
o das für Gesundheit zuständige Ministerium übernimmt mit festen
Ansprechpartner:innen die Koordination.
o ein stärkerer Fokus als bisher soll dabei dem Bereich der Prävention
insbesondere vulnerabler Gruppen (prekär Beschäftigte, Arbeitslose, Kinder,
Menschen mit Behinderung…) zukommen.
o die bisher gültige „Verordnung über den öffentlichen Gesundheitsdienst und die
Aufgaben der Gesundheitsämter in den Landkreisen und kreisfreien Städten” erhält
als Basis ein modernes Landesgesetz für den ÖGD. Die Verordnung wird durch eine
Personalmindestausstattung der Gesundheitsämter sowie der zuständigen
Landesbehörde erweitert.
- Die erschreckend hohe Fallzahl von Betroffenen von Post- und Long-Covid
gibt auch in Thüringen Anlass zur Sorge und drängt uns zum Handeln. Wir
begrüßen die Intensivierung der Forschungsförderung durch den Bund, um
Medikamente gegen Long-Covid zu entwickeln und zuzulassen, und wollen in
Thüringen für gute Ergänzungen und Beteiligung sorgen.
- Wir werden ein Landeskonzept zur Suchtprävention entwickeln und die
Einrichtung einer zentralen Koordinierungsstelle für Sucht und Prävention
prüfen.
- Wir werden die Förderung des anonymen Krankenscheins Thüringen (AKST)
verstetigen und die Förderfähigkeit auf Menschen ohne Krankenversicherung
ausdehnen sowie die Mittel dafür bedarfsgerecht erhöhen.
- Das Gesundheitswesen selbst sorgt geschätzt für 5 Prozent der CO2-
Emissionen. Dies liegt vor allem am Energie- und Ressourcenverbrauch. Das
Energiethema wollen wir durch Investitionen in nachhaltige Infrastruktur
(vor allem Gebäude) angehen. Den Ressourcenverbrauch wollen wir auch in
Thüringen verringern.
- Gesundheit für die Menschen erreichen wir nur, wenn auch unsere Umwelt
gesund ist. Der Ansatz „One Health“ unterstreicht, dass es nur eine
gemeinsame Gesundheit geben kann - von Mensch, Tier und Umwelt.
7.2 Ambulante und stationäre Pflege
Die Pflegeversicherung als Teilkaskosystem deckt immer weniger die Kosten,
während der Eigenanteil der Pflegebedürftigen seit Jahren massiv steigt.
Zunehmend müssen sie daher Hilfe zur Pflege (Sozialhilfe) in Anspruch nehmen.
Dies stellt auch eine wachsende finanzielle Belastung vieler Kommunen dar. Schon
heute arbeitet aufgrund der Arbeitsverdichtung und Belastung mehr als jeder
zweite Beschäftigte in der Pflege nur noch in Teilzeit. Tausende ausgebildete
Fachkräfte haben sogar die Pflegebranche verlassen. Mit besseren
Personalschlüsseln sowie attraktiven Arbeitsbedingungen wollen wir
sicherstellen, dass die Pflegebranche nicht selbst zum Pflegefall wird.
Das werden wir tun:
- Die SPD Thüringen steht für eine Pflege in Würde, unabhängig von der
finanziellen Situation der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen. Daher
werden wir uns für eine Deckelung des gesamten Eigenanteils einsetzen, der
nicht von der staatlichen Pflegeversicherung übernommen wird.
- Im ersten Schritt werden die Eigenanteile auf dem aktuellen Niveau von
maximal 1.500 Euro pro Monat eingefroren (Durchschnittlicher Eigenanteil
für stationäre Pflege in Thüringen in 2020); die darüber liegenden
Ausgaben werden erstattet. Auf diese Weise soll gewährleistet werden, dass
Pflege bezahlbar bleibt und nicht zum Armutsrisiko wird. Dies ist ein
wichtiger Schritt in Richtung Bürger:innenversicherung.
- In einem zweiten Schritt wird ein Bündnis für Pflege gebildet, an
Vertreter:innen aus allen Bereichen der Pflege sowie der Betroffenen
beteiligt werden. Das Bündnis soll die Bedingungen in der Pflege gemeinsam
sozial gerecht weiterentwickeln und auch die Höhe eines sozial
vertretbaren Deckels für den Eigenanteil ermitteln.
- Zu einer Pflege in Würde gehört auch, dass pflegenden Angehörigen eine
Teilhabe am sozialen Leben weiterhin möglich ist und ausreichend
Entlastungsangebote zur Verfügung stehen. Ein wesentlicher Grund für die
Überlastung vieler Angehöriger ist das Fehlen kurzfristig verfügbarer
Plätze in der Verhinderungs- und Kurzzeitpflege, etwa für eine Auszeit,
Urlaub oder Reha-Maßnahmen. Daher schaffen wir einen Anspruch auf
Vermittlung einer Kurzzeitpflege über eine zentrale Pflege-
Vermittlungsstelle – ähnlich derTermin-Servicestelle für Arzttermine.
- Wir setzen uns für eine staatliche Förderung ein, um Anreize für die
Schaffung zusätzlicher Plätze in der Kurzzeitpflege zu setzen. Diese
können in solitären Einrichtungen für Kurzzeitpflege entstehen, aber auch
eingestreut in stationären Pflegeeinrichtungen. Wir werden Anbieter
anteilig unterstützen für den Fall des wirtschaftlichen Risikos, wenn
eingeplante Kurzzeit-Pflegebedürftige wieder absagen und Betten leer
stehen. Diese Fördermittel werden spätestens ab 2024 vom Land zur
Verfügung gestellt. Die Förderung bleibt bestehen bis vom Bund
vergleichbare Förderinstrumente zur Verfügung gestellt werden.
- Grundlage für die Förderung ist eine Ist-Analyse. Um den Bedarf an
Kurzzeit- und Verhinderungspflege sowie weiterer pflegerischer
Infrastruktur zu ermitteln und bedarfsgerechte Angebote zu fördern,
braucht es eine regelmäßige regionale Pflegestatistik, die öffentlich
zugänglich ist und in einer Landespflegeplanung mündet. Das Land hat die
Aufgabe, planerisch für eine ausreichende Infrastruktur zu sorgen (SGB XI,
§9). Die SPD Thüringen wird sich deshalb für einen Landespflege- und
Patientenbeauftragten, der als Ombudsstelle fungiert und dem Landtag und
der Öffentlichkeit regelmäßig Landespflegeberichte vorlegt stark
machen.Die SPD Thüringen erkennt die enorme Leistung der über 80.000
pflegenden Angehörigen im Freistaat an. Wir schaffen eine
niedrigschwellige, regional vernetzte und vor allem aufsuchende
Hilfestellung. Dafür werden die bisher primär stationären
Pflegestützpunkte zu mobilen Beratungsdiensten weiterentwickelt. Für eine
bessere regionale Vernetzung arbeiten sie außerdem eng mit weiteren
bestehenden Angeboten (z. B. Agathe, Dorfkümmerer, Nachbarschaftshilfe,
Gemeindeschwestern) zusammen. Das Land beteiligt sich an der Finanzierung
von jeweils einem Pflegestützpunkt in den Landkreisen und kreisfreien
Städten mit bis zu 25.000 Euro jährlich.
- Die schlechten Arbeitsbedingungen, unter denen Kolleg:innen in der
Pflegebranche leiden, sind seit Jahren bekannt. Es wird Zeit, dass auf die
systemrelevante Stellung von Pflegekräften mit angemessenen
Arbeitsbedingungen geantwortet wird. Deshalb setzt sich die SPD ein für:
o Das Inkrafttreten eines Pflegeschlüssels, sichergestellt durch verbindliche
Pflegepersonaluntergrenzen. Nur so können Träger dazu motiviert werden, genug
Personal vorzuhalten, ohne dass regelmäßig zu Unterbesetzung, Schließung von
Stationen und Überstunden kommt.
o die konsequent höhere Bezahlung bei Überstunden. Damit lohnt es sich für
Träger eher, neues Personal einzustellen, sodass die anderen Kolleg:innen nicht
ständig springen und mehr Überstunden leisten müssen. Diese Maßnahme lässt die
Schaffung von Vollzeitstellen gegenüber Teilzeitstellen attraktiver werden.
o Wir unterstützen die Forderung nach einer 30 Stunden Woche für Pflegekräfte
mit vollem Lohnausgleich.
- Die Anforderungen an eine hochwertige Pflege verlangen eine bessere
Organisation und Förderung der Ausbildung. Wir setzen uns für eine
Ausbildungsvergütung für Studentinnen und Studenten der
Pflegewissenschaften ein. Sie müssen genauso viele Praxisstunden in der
Pflege absolvieren wie Auszubildende, werden jedoch nicht dafür bezahlt.
Daher fordern wir eine Beteiligung der Pflegewissenschaften genauso wie
Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser am Pflegeausbildungsfonds.
8. Engagiert für Kunst, Kultur, Medien und Sport
Thüringen ist Kulturland, Thüringen ist Sportland, Thüringen ist Medienstandort.
Diese Besonderheit Thüringens gilt es zu bewahren und durch eine gezielte
Weiterentwicklung aller drei Bereiche zukunftsfest zu machen. Sie sind die Basis
von zivilgesellschaftlichem Wirken und Demokratie.
Kulturpolitik und Sportpolitik haben für uns eine zentrale Bedeutung als
Bestandteil unserer Bestrebungen, den gesellschaftlichen Spaltungen und
Ausgrenzungen entgegenzuwirken. Ein weiterer wichtiger Pfeiler der Demokratie
sind die Medien unseres Landes. Sie genießen und bedürfen eines besonderen
Schutzes. Den bereits begonnenen Strukturwandel müssen wir weiter kritisch
begleiten. Unser Ziel bleibt die unabhängige und kritische Information für alle
Generationen, der im Freistaat lebenden Menschen.
Wir stehen politisch in der Verantwortung, den Neustart und die Perspektiven des
kulturellen und sportlichen Lebens nach Corona kraftvoll zu fördern. Der Staat
hat die Verantwortung, den Weg zur Mitwirkung in Sport und Kultur für alle zu
öffnen.
8.1 Kulturland Thüringen
Eine offene demokratische Gesellschaft ist auf eine lebendige und vielfältige
Kulturszene angewiesen. Das schließt das kulturelle Erbe der Thüringer
Residenzlandschaft; der Theater und Museen, der jüdischen Landesgemeinden und
Kirchen ebenso ein wie Angebote der Soziokultur und Brauchpflege, künstlerisches
Schaffen und Unterhaltungsformate aller Art. Das kulturelle Erbe Thüringens ist
einzigartig. Es muss daher bewahrt und allen zugänglich gemacht werden. Kultur
ist überall dort, wo Menschen sich frei begegnen, kreative Räume erschließen und
in einen gleichberechtigten Austausch treten. Dies findet sowohl in den Städten
also auch in ländlichen Regionen statt.
Wir verstehen Kultur als gesellschaftliche Aufgabe. In Zeiten wachsender
Ungeichheit müssen wir dafür sorgen, dass die Zugangshürden zu Kultur und
kultureller Bildung abgebaut und beseitigt werden. Gleichsam sind wir der Anwalt
für Kulturakteur:innen, die von ihrer Arbeit leben können müssen und ebenso wie
andere Arbeitnehmer:innen sozialer Absicherung bedürfen.
Erinnerungsarbeit- und -kultur hat für uns einen besonderen Stellenwert.
Institutionen wie die "Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau Dora",
der ehemalige Firmensitz von Topf und Söhne, die "Stiftung Ettersberg-
Gedenkstätte Andreasstraße" und andere Gedenkstätten und Initiativen leisten
einen sehr wichtigen Beitrag, an diese Schuld zu erinnern, ihre Geschichte
aufzuarbeiten und an unsere Verantwortung des „Nie wieder!“ zu mahnen.
Das werden wir tun:
- Künstlerinnen und Künstler müssen von ihrer kreativen Arbeit leben können.
Wir machen uns deshalb für faire Mindestvergütungen und
Ausstellungsvergütungen stark.
- Wir setzen uns dafür ein, die sozialen Sicherungssysteme für
Kulturakteur:innen deutlich zu verbessern.
- Die Finanzierung der Kultur muss auch in Haushaltsnotlagen gesichert sein.
- Wir wollen Kultur als Pflichtaufgabe in der Thüringer Kommunalordnung
verankern. Der von der SPD entwickelte Kulturlastenausgleich im kommunalen
Finanzausgleich ist fortzuführen und finanziell anzupassen.
- Kultur muss als Staatsziel in die Landesverfassung aufgenommen werden
- Wir wollen die Parität - sowohl bei der Besetzung von Kommissionen, Jurys
und Gremien im Kultur- und Medienbetrieb als auch bei der Vergabe von
Förderungen und künstlerischen Aufträgen
- Wir setzten uns für eine Fortsetzung und Erweiterung des Bundesprogrammes
zur Erhaltung der Thüringer Schlösserlandschaft ein
- Wir begrüßen die Auszeichnung des mittelalterlich-jüdischen Erbe Erfurts
mit dem Welterbe-Titel. Alte Synagoge, Mikwe und Steinernes Haus sind
erstrangige bauliche Überlieferungen früheren jüdischen Lebens. Gemeinsam
mit der Landeshauptstadt wollen wir deshalb dafür sorgen, dass diese
historischen Stätten noch bekannter werden und dass ein für Besucher:innen
attraktives und didaktisch vorbildliches Welterbezentrum entsteht.
- Wir stärken die Initiativen zur Aufarbeitung von NS-Raubkunst und
Sammlungen in kolonialen Zusammenhängen durch Provenienzforschung. Deshalb
soll eine Arbeitsgruppe in Zusammenarbeit mit dem Thüringen Museumsverband
und anderen Akteuren den weiteren Bedarf und Vorschläge für das weitere
Vorgehen erarbeiten.
- Wir setzen uns für eine kulturelle Teilhabe aller ein, insbesondere für
Kinder und Jugendlich soll es einen kostenlosen Zugang zur Kultur geben.
- Wir stehen für den Erhalt der reichen und traditionsreichen Thüringer
Orchester- und Theaterlandschaft. Gemeinsam mit den kommunalen Trägern und
dem partizipierenden Umland wollen wir auch künftig allen Theatern und
Orchestern finanzielle Planungssicherheit mit langfristigen
Finanzierungsvereinbarungen geben, um so eine gute künstlerische
Entwicklung zu ermöglichen.
- Wir wollen, dass Theater und Orchester allen Menschen im Land offen
stehen. Um dies zu ermöglichen wollen wir, dass jedes Kind mindestens ein
mal ein Theater oder Orchester besucht hat.
- Die Projektförderung trägt maßgeblich dazu bei, dass neue Ideen eine
Chance zur Verwirklichung erhalten. Wir streben dabei künftig eine
Entbürokratisierung und eine Vereinfachung bei Förderanträgen an.
Zukünftig sollen die landesweiten Verbände auf Grundlage eines
Wirtschaftsplans (Personal- und Sachkosten) institutionell gefördert
werden. Wichtige kulturelle Initiativen und Vereine sollen auch mehr
Planungssicherheit durch eine mehrjährige Projektförderung erhalten.
- Soziokulturelle Initiativen und Zentren in ländlichen und städtischen
Räumen lädt bieten die Chance für jeden, selber aktiv zu werden, eigene
Ideen zu verwirklichen. und Kultur zu erleben. Wir wollen daher die
wichtige Arbeit der Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultur weiter fördern.
- Wir wollen die Welt dazu einladen, die großen und die vielen versteckten
Schätze des Kulturlandes Thüringen zu entdecken. „Zur Unterstützung und
Entwicklung des Kulturtourismus und zur Stärkung des ländlichen Raums
fördern wir individual touristische Angebote in historischen Dorf- und
Ortskernen. Damit wollen wir unser ländlich kulturelles Erbe sichern und
deren Eigentümer:innen besser unterstützen Des Weiteren soll mit dem
weiteren Ausbau des multimedialen virtuellen Portals Menschen in aller
Welt das Kulturland Thüringen ansprechend präsentiert werden. Portale
sollen an besonders bekannten Orten wie zum Beispiel Weimar den Touristen
aus aller Welt die Schatzkammer Thüringen vorstellen und Lust machen auf
längere Besuche und neue Entdeckungen in Thüringen.
- Wir werden die digitale Transformation und Digitalität im Kulturbereich
unterstützen, um die kulturellen Institutionen und Vereine zukunftsfähig
zu machen. Kulturinstitutionen stehen vor der großen Herausforderung, ihr
Publikum an sich zu binden bzw. neue und mehr Besuchergruppen zu gewinnen.
Neue Formate sind zu entwickeln um den Nutzer:innen eine bessere Teilhabe
zu ermöglichen. Dies erfordert einen umfassenden Ansatz in der digitalen
Transformation, angefangen vom so genannten „Changemanagement“ in der
Verwaltung, der Förderung der Infrastruktur bis hin zur digitalen
Erfassung von Kulturgütern. Die digitale Präsentation und Vermittlung, wie
auch die Ermöglichung von digitaler Kunst, gewinnen zunehmend an
Bedeutung. Gerade Digitalisierung benötigt dynamische Instrumentarien. Um
eine ständige Fortentwicklung in diesen Bereichen zu ermöglichen, müssen
die Förderinstrumentarien flexibler ausgestaltet werden. Dies betrifft
sowohl erleichterte Förderbedingungen als auch neue inhaltliche
Schwerpunkte.
- Wir werden den weiteren Ausbau eines zentralen Kultur- und Wissensportals
weiter vorantreiben und als Beitrag Thüringens zur Deutschen Digitalen
Bibliothek profilieren. Hierbei werden wir die Kultureinrichtungen und
Kulturschaffenden gezielt bei Erstellung ihrer Angebote unterstützen.
- Wir haben die Museumsförderung deutlich erhöht und stehen auch in Zukunft
gemeinsam mit den Kommunen für die finanzielle Sicherheit der Museen ein.
Wir wollen zur Stärkung der pädagogischen und wissenschaftlichen Arbeit in
den Museen ein Volontariatsprogramm starten.
- Wir wollen die Erinnerungen der Verfolgten und Häftlinge für alle Zeit
respektvoll bewahren, und gleichzeitig die Bildungs- und Forschungsarbeit
der Gedenkstätten im Dienste des Austauschs, der Verständigung, der
Wahrung der Menschenrechte und der Demokratie weiter stärken. Dabei sollen
vor allem auch neue Formate der Vermittlung unterstützt werden um eine
nachhaltigere Reflexion zu erzielen und das kritische
Geschichtsbewusstsein zu stärken.
- Mit einer gezielten Förderpolitik wollen wir gemeinsam mit den Kommunen
das Angebot der Musik- und Jugendkunstschulen erhalten. Gerade im
ländlichen Raum muss es Ziel sein, dass Jugendliche diese Angebote auch in
Zukunft nutzen können. Zudem wollen wir die Kooperationen mit anderen
Kultureinrichtungen stärken.
- Bibliotheken sind nicht nur Orte der Information, sondern in vielen
Gemeinden und Städten auch Orte der Begegnung, des Austausches und ein
Mittelpunkt des kulturellen Lebens. Es muss auch zukünftig darum gehen,
gemeinsam mit den Kommunen dieses Angebot zu erhalten. Wir wollen die
Bibliotheken als außerschulischen Lernort stärken und mehr in die
schulische Arbeit integrieren.
- Thüringen ist das Land von Goethe und Schiller, eine Landschaft der
deutschen Dichtung. Dieser Tradition fühlen wir uns verpflichtet. Wir
wollen die Thüringer Literaturfestivals und damit die überregionale
Präsentation der Thüringer Autoren weiter unterstützen. Die Leseförderung
in den Schulen wollen wir mit dem Ziel weiterentwickeln, bei den jungen
Thüringer:innen schon früh die Freude an Literatur zu wecken.
- Thüringen ist Musikland. Tradition und Innovation beflügeln sich
gegenseitig. Zahlreiche Festivals, wie die Thüringer Bachwochen oder der
Güldene Herbst begeistern ein internationales Publikum. Aber auch Junge
Projekte müssen gefördert und unterstützt werden. Wir wollen Festivals und
Projekte stärken und weiter profilieren. Mit ihnen wollen wir mehr
Besucher:innen aus dem In- und Ausland nach Thüringen locken.
- Wir unterstützen eine weitere Bewerbung aus Thüringen zur Kulturhauptstadt
Europas. Thüringen war über alle Epochen hinweg Kristallisationspunkt
europäischer Geschichte und Kultur und hat unter anderem beim Lutherjahr
und dem Tag der deutschen Einheit bewiesen, dass es ein exzellenter
Gastgeber ist. Das erfolgreiche EU-Projekt kann im Freistaat eine
zukünftige Kulturhauptstadt finden, von der nachhaltige Impulse in
Wirtschaft, Tourismus und Kultur ausgehen.
8.2 Medien
Unabhängige Medien sind wesentlicher Grundpfeiler einer lebendigen Demokratie
und somit unverzichtbarer Bestandteil unseres Alltags. Sie bieten Information,
Kommunikation, sichern gesellschaftliche, politische und kulturelle Teilhabe und
Zugang zu Wissen.
Eine starke Medienwirtschaft ist neben dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk für
die Erfüllung dieser gesellschaftlichen Aufgaben von zentraler Bedeutung. Unser
Ziel ist es, den Medienstandort Thüringen zu stärken sowie allen Bürger:innen
den Zugang zu einem ausgewogenen und unabhängigen lokalen, regionalen und
überregionalen Medienangebot zu sichern.
Das werden wir tun:
- Wir werden den Anteil gesellschaftlich relevanter Verbände in den Gremien
des MDR erhöhen und damit diesen weiter pluralisieren.
- Erfurt als Zentrum für Kindermedien werden wir weiter stärken. Dabei
setzen wir künftig verstärkt auf die Entwicklung von Medieninhalten für
Lehr- und Lernmedien, auf Spieleentwicklung sowie die Medienproduktion
durch Kinder.
- Wir werden die Medienförderung noch deutlicher als bisher für neue mediale
Formen und experimentelle Formate öffnen.
- Der Ausbildung in Medienberufen messen wir eine besondere Bedeutung bei.
Daher wollen wir Aus- und Weiterbildungsinitiativen unterstützen, die auf
den rasanten Wandel in der Medienwelt reagieren.
- Die Förderung der Thüringer Bürgermedien werden wir aufstocken und dafür
sorgen, dass ihnen neue technische Verbreitungswege zur Verfügung stehen.
- Bibliotheken wollen wir als Orte der Informationsvermittlung und
medienpädagogischen Arbeit stärken. Daher unterstützen wir eine
Integration kommunaler Medienzentren in öffentlichen Bibliotheken und
wollen den Zugang zu Bibliotheken auch im ländlichen Raum sicherstellen.
- Wir setzen uns für verstärkte Faktenchecks und die Bekämpfung von Fake-
News durch den MDR und die Landesmedienanstalt ein.
8.3 Sport
Rund 360.000 Menschen sind in den knapp 3.300 Thüringer Sportvereinen
organisiert. Mit Recht kann der organisierte Sport im Freistaat damit für sich
in Anspruch nehmen, die „größte Bürger:innenbewegung im Lande“ zu sein. Sport
übernimmt in unserer Gesellschaft wichtige Aufgaben. Er stiftet
Gemeinschaftsgefühl, trägt maßgeblich zur Gesunderhaltung bei und vermittelt
Werte wie Fairness. Darum setzen wir uns dafür ein, angemessene
Rahmenbedingungen für den Sport abzusichern und eine auskömmliche Finanzierung
zu gewährleisten.
Das werden wir tun:
- Land und Kommunen müssen gemeinsam mit den Vereinen Verantwortung für den
Breitensport übernehmen. Die direkten Förderungen dafür stammen zum
Großteil aus den Überschüssen der Staatslotterie. Diese Finanzierung
stellt eine verlässliche Säule für den Breitensport dar. Wir wollen
prüfen, inwieweit diese verlässliche Säule durch weitere
Finanzierungsquellen ergänzt werden kann.
- Gemeinsam mit dem organisierten Sport und auf der Basis detaillierter
Bestandsaufnahmen, fachwissenschaftlich gestützter Bedarfsanalysen sowie
einer konkreten Ziel- und Maßnahmenfestschreibung wollen wir einen
Zukunftsplan für das Sportland Thüringen entwickeln. An diesem
Zukunftsplan werden sich künftig die Ziel-und Leistungsvereinbarungen
zwischen der Landesregierung und dem Landessportbund orientieren.
- Wir werden die Ehrenamts- und Übungsleiter:innenpauschale regelmäßig an
die allgemeine Kostenentwicklung angepassen und für die Arbeit im
Jugendbereich eine zusätzliche Ehrenamtskarte als Zeichen unserer
Wertschätzung einführen..
- Wir setzen uns für eine Aufwertung des Sports in Kindertagesstätten,
Schulen und Jugendeinrichtungen aus. In der Ausbildung der Erzieher:innen
und in der praktischen Arbeit der Kindertagesstätten sollen Sport und
Angebote zur altersgerechten motorischen Entwicklung sowie zur
Bewegungsförderung daher wieder einen höheren Stellenwert bekommen.
- Die Ausbildung der Sportlehrer:innen und der Übungsleiter:innen muss zudem
noch stärker auf altersgruppenspezifische methodisch-didaktische Ansätze
ausgerichtet werden.
- Wir wollen das erfolgreiche Programm „Bewegte Kinder = gesündere Kinder“
zusammen mit dem Projekt „Bewegungscoach“ in ein weiter gefasstes
Landesprogramm zur Bewegungsförderung bei Kindern und Jugendlichen und für
eine bewegungsfreundliche Gestaltung des KITA- und Schulalltags
integrieren. Damit sollen KITAS und Schulen aller Schularten
unbürokratisch bei der Durchführung regelmäßiger Bewegungschecks, beim
Ausbau darauf basierender, individueller bewegungsfördender Maßnahmen und
bei der Integration von regelmäßigen Bewegungsangeboten in den ganz
normalen Alltag ihrer Einrichtungen unterstützt werden.
- Gemeinsam mit dem Bund sollen die Kommunen auch weiterhin bei der
Sanierung und beim Ausbau von Schulen und Sporteinrichtungen unterstützt
werden. Der Fördertitel für Bau und Sanierung von Schulsporthallen soll
dazu auf 10 Millionen Euro erhöht werden. Außerdem wird die Finanzierung
kommunaler Schwimmbäder zur Gewährleistung des Schwimmunterrichts für alle
Schüler:innen sichergestellt.Kommunen sollen in die Lage versetzt werden,
auch öffentlich zugängliche Sportflächen und -geräte und Fitnessparks zu
errichten.
- Wir werden ein Sonderinvestitionsprogramm Sportstätten in Höhe von
jährlich 20 Millionen Euro schaffen. Gerade in ländlichen Regionen bedarf
es neuer Wege. Dabei wollen wir die multifunktionelle Nutzung von
Bestands- und Leergebäuden (Sport-, Veranstaltungs-, Jugendhilfestätten)
erproben und hier unbürokratische Finanzierungen aus verschiedenen
Fördertöpfen ermöglichen.
- Wir wollen Spitzensportler:innen gezielt unterstützen, indem wir
Landesstipendien vergeben, die Sportgymnasien stärken und dort für den
Einsatz von Schulsozialarbeiter:innen sorgen.
- Wir wollen unsere Profi-und Spitzensportvereine dabei unterstützen,
wieterhin den wachsenden Voraussetzungen der jeweiligen Ligen gerecht zu
werden und legen ein jährliches Förderbudget auf.
- Wir wollen einen sauberen Sport und setzen uns klar gegen Doping ein. In
diesem Sinne haben wir bei der Novellierung des Sportfördergesetzes mit
dafür gesorgt, dass Sportorganisationen nur dann vom Land gefördert
werden, wenn sich Mitarbeiter:innen mit Doping-Vergangenheit einer
Überprüfung durch die Unabhängige Kommission des DOSB stellen.
- Wir wollen alle Thüringer Sportregionen wieder in das Zentrum der
Aufmerksamkeit rücken, indem wir diese bei der Entwicklung ihrer
Sportstätten als Teil eines sichtbaren und attraktiven touristischen
Gesamtkonzeptes unterstützen.
- Eine besondere Rolle nimmt der Behindertensport ein, der vom Breiten- bis
zum Leistungssport gleichrangig unterstützt wird. Für Menschen mit
körperlichen und geistigen Einschränkungen ist Sport eine Möglichkeit der
Teilhabe und Selbstverwirklichung.
- Wir erkennen an, dass eSport sich zunehmender Beliebtheit erfreut – gerade
bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Die Frage, ob eSport ebenfalls
als Sport anzusehen ist oder nicht, muss angesichts dessen in nächster
Zeit geklärt werden. Dabei sind uns zwei Punkte wichtig: Der organisierte
Sport hat sich von Beginn den Veränderungen unserer Gesellschaft und neu
aufkommenden Sporttrends und Sportarten sowie sich wandelnden
Freizeitinteressen stellen müssen. Das hat er erfolgreich getan.
Gleichzeitig ist aber auch klar, dass neue Sportarten nur dann Aufnahme in
den organisierten Sport finden können, wenn sie dessen Aufnahmekriterien
und dessen Wertekanon entsprechen. Wenn eSport entsprechende
Entwicklungsschritte einschlägt und so Akzeptanz beim organisierten Sport
findet, steht seiner Anerkennung als Sport aus unserer Sicht nichts im
Wege.
8.4 Ehrenamt
Gesellschaftlicher Zusammenhalt basiert darauf, wie viel jede:r bereit sind,
sich für die Umwelt und andere Menschen einzusetzen, Rücksicht aufeinander zu
nehmen und Respekt für die Leistung anderer zu zeigen. Ist der gesellschaftliche
Zusammenhalt stark ausgeprägt, stärkt das unsere Demokratie, macht sie lebendig
und wehrhaft.
Das Ehrenamt ist mit 800.000 Tausend Engagierten in Thüringen die oft
unsichtbare Kraft, ohne die ein Zusammenleben in unserer Gesellschaft nicht
vorstellbar wäre. Allein in den Thüringer Feuerwehren engagieren sich über
35.000 Kamerad:innen. Das zeigt einmal mehr, wie wichtig die Menschen sind, die
in Blaulicht- oder Rettungsorganisationen, Sportvereinen, Jugendverbänden,
Kleingarten- oder Karnevalsvereinen ehrenamtlich tätig sind. Besonders in Zeiten
des Wandels und wachsender Unsicherheit in der Bevölkerung, verstärkt durch eine
globale Gesundheitskrise, braucht es das ehrenamtliche Engagement.
Viel zu oft nehmen wir die unbezahlbare Leistung des Ehrenamtes für das
Funktionieren unseres Zusammenlebens als selbstverständlich hin. Dabei werden
hier bundesweit jährlich fünf Milliarden Arbeitsstunden kostenfrei oder mit nur
geringer Entschädigung geleistet. Das zeigt, wie groß der Anteil des Ehrenamts
an der Daseinsvorsorge mittlerweile ist. Wir müssen aber feststellen, dass das
Ehrenamt in seinen vielen Facetten zunehmend unter Druck gerät, insbesondere in
ländlichen Regionen. Wegzug, Überalterung, Bürokratie oder fehlende Freizeit
durch beruflichen Druck sind die Hürden für den Erhalt und Ausbau ehrenamtlicher
Strukturen.
Die SPD Thüringen bekennt sich deshalb zum Ehrenamt als Ressource für
unser
Zusammenleben und wird die ehrenamtlich Aktiven in Thüringen weiterhin
unterstützen.
Das werden wir tun:
- Ehrenamtliche Arbeit findet in zumeist vor Ort in unseren Kommunen statt.
Wir werden unsere Kommunen dauerhaft finanziell in die Lage versetzen,
Aufgaben im eigenen Wirkungskreis zu erbringen und damit das Fundament für
ehrenamtliches Engagement zu legen.
- Darüber hinaus werden wir ein Ehreanmtsbudget für Kommunen schaffen, damit
Engagierte direkt gefördert werden. Unsere kommunalen Entscheidungsträger
wissen am besten, wo finanzielle Unterstützung für Ehrenamtliche gebraucht
wird.
- Absicherung des Ehrenamtes durch seine Verankerung in der Thüringer
Landesverfassung
- Ausbau der sog. Jugendpauschale sowie Stärkung der Örtlichen
Jugendförderung
- Verpflichtung der Kommunen zur Förderung der Arbeit von Jugendverbänden
über die kommunalen Jugendförderpläne.
- Ausbau von Leistungen aus dem Landesprogramm Solidarisches Zusammenleben
der Generationen sowie der Familienpauschale zur Unterstützung der
Kommunen bei der Umsetzung einer kommunalen Sozialplanung.
- Stärkung der Thüringer Ehrenamtsstiftung und ihrer Leistungen durch
gezielte Öffentlichkeitsarbeit.
- Bessere Ausstattung und erhöhte Ausgabe der Thüringer Ehrenamtscard.
- Gezielte Förderung und Vernetzung ehrenamtlicher Strukturen mit
entsprechenden Qualifizierungs- und Serviceangeboten mithilfe der Neuen
Deutschen Stiftung für Ehrenamt und Engagement (DSEE).
- Abbau unverhältnismäßiger bürokratischer Belastungen für das Ehrenamt,
mithilfe eines zentralen Portals mit Muster-Formularen und Informationen
zu geltenden Regelungen.
- Klarstellung darüber herbeiführen, dass die Möglichkeit der politischen
Tätigkeit einer Organisation zur Verfolgung ihres gemeinnützigen Zweckes
besteht, ohne ihre Steuerbefreiung zu gefährden.
- Die Menschen, die ehrenamtlich ihre Gesundheit für unseren Schutz und
unsere Sicherheit riskieren, gilt es besonders zu unterstützen, vor allem
in ländlichen Regionen. Was wir leider immer wieder feststellen, ist der
mangelnde Respekt vieler Leute gegenüber den Sicherheits- und
Rettungskräften. Umso mehr liegt uns die Sicherstellung des ehrenamtlich
getragenen Bevölkerungs- und Katastrophenschutzes am Herzen. Deshalb
wollen wir mit einer öffentlichkeitswirksamen Kampagne die Leistung der
Katastrophenschutzkräfte würdigen und die Feuerwehren mit Investitionen in
Infrastruktur und Lehrangeboten insbesondere an der Thüringer
Landesfeuerwehr- und Katastrophenschutzschule unterstützen.
- Erarbeiten eines Ehrenamtsfreistellungsgesetzes, welches analog zum
Bildungsfreistellungsgesetz oder als Ergänzung zum
Bildungsfreistellungsgesetz Thüringer Menschen für ehrenamtliche
Tätigkeiten freistellt.
9. Zukunftsfähige und solide Haushaltspolitik
Die solide und vorausschauende Haushaltspolitik der vergangenen Jahre hat dafür
gesorgt, dass Thüringen auch in der Corona- und Energiekrise handlungsfähig
geblieben ist. Eine gute Finanzpolitik darf aber nicht nur die kurzfristige
Krisenbewältigung im Blick haben, sondern muss immer auch Gestaltungsspielräume
für kommende Generationen schaffen.
Es bedarf daher in den nächsten Jahren einer klaren Prioritätensetzung im
Landeshaushalt. Nur so schaffen wir die für die kommenden Jahre notwendigen
Gestaltungsspielräume für Investitionen in die Transformation von Wirtschaft und
Gesellschaft.
Das werden wir tun:
- Wir werden den Landeshaushalt auch weiterhin an den Herausforderungen der
Zukunft ausrichten. Dafür sind uns eine realistische Finanzplanung mit
konstant hohen Investitionsquoten und ein sicherer Mittelabfluss ebenso
wichtig, wie die auskömmliche Finanzausstattung der Kommunen, eine
aufgabengerechte Personalausstattung der öffentlichen Hand auf allen
Ebenen, der öffentlichen Daseinsvorsorge und eine Fortführung der
Schuldentilgung, der in Anbetracht der Pandemiebewältigung aufgenommenen
Kredite.
- Um den Herausforderungen der anstehenden Transformation der Wirtschaft und
der Verwaltung begegnen zu können, wollen wir die Investitionsquoten im
Landeshaushalt zwischen 16 und 18 Prozent stabilisieren.
- Wir werden eine klare Prioritätensetzung in der Förderung vornehmen.
Förderprogramme sollen effizient und transparent gestaltet und eingesetzt
werden. Wir werden die Landesprogramme konzentrieren und vereinfachen, um
bessere Voraussetzungen für wichtige Investitionen in Schulen,
Infrastruktur, Wirtschaft und Soziales zu schaffen.
- Wir setzen uns auf Bundesebene für eine Abschaffung der grundgesetzlichen
Schuldenbremse in ihrer jetzigen Form ein. Die Erfahrungen seit ihrer
Einführung zeigen, dass sie die Handlungsfähigkeit des Staates
insbesondere auf Länderebene massiv einschränkt. Damit zukunftsweisende
Investitionsprojekte z. B. im Rahmen der Energie- und Wärmewende nicht an
ihrer Finanzierbarkeit scheitern, muss es auch für die Länder möglich
sein, in einem gewissen Rahmen fristenkongruent zu finanzieren. Parallel
hierzu werden wir die Regelungen in der Thüringer Landeshaushaltsordnung
zu Kreditermächtigungen mit dem Ziel überprüfen diese, insbesondere für
investive Maßnahmen, zu erweitern und bei Bedarf anpassen.
- Um den Herausforderungen der Transformation gerecht zu werden, werden wir
einen „Thüringer Transformationsfonds (TTF)“ zur langfristigen
Finanzierung von Zukunftsinvestitionen einrichten. Damit wollen wir in den
kommenden Jahren einen fühlbaren struktur- und klimapolitischen Impuls
setzen und den notwendigen Wandel in Thüringen aktiv gestalten. Damit
schaffen wir Finanzierungssicherheit für Unternehmen, öffentliche
Einrichtungen und Kommunen und vereinfachen die Mittelverwaltung innerhalb
der Landesverwaltung.
- Zur Finanzierung dieser Investitionen des „Thüringer Transformationsfond
(TTF)“ werden wir die Ausgabe von „grünen“ Anleihen prüfen. Denn für
solche Anleihen bestehen regulatorisch Vorgaben dafür, welche Art von
Projekten finanziert werden dürfen. Damit schaffen wir nicht nur
Transparenz hinsichtlich der Mittelverwendung, sondern leisten zusammen
mit anderen Bundesländern einen Beitrag zum Wandel der Kapitalmärkte hin
zu mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz.
- Wir werden für die Zukunft vorsorgen. Wir werden die Rücklagen so
ausstatten, dass wir auf unvorhergesehene Entwicklungen reagieren können.
- Wir werden die bestehenden Prozesse in der über viele Jahre gewachsenen
Förderlandschaft des Freistaats kritisch prüfen. Förderprogramme sollen
effizient und transparent gestaltet und eingesetzt werden. Nach kritischer
Prüfung dieser hinsichtlich ihrer Effektivität werden wir auch
Streichungen in Betracht ziehen. Wir werden die Landesprogramme
standardisieren und vereinfachen, um bessere Voraussetzungen für wichtige
Investitionen in Schulen, Infrastruktur, Wirtschaft und Soziales zu
schaffen. Dazu schaffen wir eine zentrale Förderplattform, die eine
vollelektronische Abwicklung aller landeseigenen Förderprogramme
ermöglicht. Und wir werden die Landeshaushaltsordnung sowie die
entsprechenden Verwaltungsvorschriften auf Möglichkeiten der
Entbürokratisierung prüfen.
- Das seit 2022 rasant gestiegen Zinsniveau stellt Kommunen und Unternehmen
zunehmend vor Finanzierungsprobleme. Instrumente wie Bürgschaften und
zinsverbilligte Kredite können ohne größere Fördersumme helfen, aus einem
unfinanzierbaren Vorhaben eine rentierliche Investition zu machen. Dazu
wollen wir die Thüringer Aufbaubank als erfahrenen Partner des Freistaats
weiter stärken und mit der Umsetzung entsprechender Landesprogramme
beauftragen.
10. Wir in Europa
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine zeigt, wie wichtig ein geeintes und
geschlossenes Europa ist. Frieden, Demokratie und ökonomischer Wohlstand, Basis
des Zusammenlebens auf unserem Kontinent, stehen verstärkt im Wettkampf mit
autokratischen und diktatorischen Systemen auf der Welt. Europa ist der
wichtigste Handelspartner vieler Thüringer Unternehmen, tausende von
Schüler:innen nehmen an europäischen Austauschen teil und Studierende lernen
heute in Universitäten europaweit. Viele Bauvorhaben in Thüringen wären ohne
Fördermittel aus der EU nicht finanzierbar. Europa ist Lebensrealität vieler
Thüringer:innen. Deshalb werden wir uns weiter dafür einsetzendie europäische
Zusammenarbeit bei Bildung, Forschung und Transfer, im Arbeitsmarkt und in der
Kultur zu vertiefen.
Viele dieser Herausforderungen vor denen wir aktuell stehen, lassen sich nicht
auf nationaler Ebene lösen seien es geopolitische Fragen oder die Bekämpfung des
menschengemachten Klimawandels. Deshalb engagieren wir uns weiterhin für ein
starkes, gemeinsames und soziales Europa.
Das werden wir tun:
- Wir werden im Ausschuss der Regionen für ein starkes, nachhaltiges und
soziales Europa eintreten, das auch in Krisenzeiten zusammensteht und
niemanden zurücklässt. Wir wollen ein bürgernahes und demokratisches
Europa, in dem nicht nur darüber gesprochen wird, was besser laufen kann,
sondern auch darüber, wo Europa im Freistaat wirkt und das Leben vieler
Bürger:innen bereichern kann.
- Wir wollen ein soziales Europa, das gemeinsame Regeln für gute Arbeit,
gerechte Steuern und eine soziale Grundsicherung schafft. Unser Ziel ist
eine Europäische Union, die soziale Mindeststandards sichert, Lohn und
Sozialdumping wirksam unterbindet und die sozialen Grundrechte für alle
Bürger:innenin Europa stärkt.
- Wir werden am Wissenschaftsstandort Thüringen in die grenzüberschreitende
Forschung investieren und unsere Wissenschafts- und Forschungspolitik
international ausrichten.
- Wir werden den Austausch der Bürger:innen in Europa fördern. Dazu wollen
wir verstärkt europäische Städtepartnerschaften unterstützen und neue
Ideen für die internationale Arbeit vor Ort entwickeln.
- Wir wollen die Barrieren des grenzübergreifenden Arbeitsmarktes weiter
abbauen, an mehr gemeinsamen Bildungsabschlüssen arbeiten und an der
schnelleren Anerkennung von Berufsabschlüssen.
- Wir werden die Europäische Bildungsarbeit in unseren Bildungseinrichtungen
ausbauen und daran arbeiten neben Studierenden verstärkt Auszubildenden
über Erasmus+ die Möglichkeit zu einem Austausch zu geben.
- Wir setzen uns ein für ein Europa, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit
schützt und die Einhaltung der Menschenrechte sichergesllt sowohl gegen
Angriffe im Inneren als auch in Bezug auf die Menschenrechtsverletzungen
an den EU-Außengrenzen.
Von Zeile 1242 bis 1244:
- Wir werden die Neugründung und den Erhalt von Ökolandbau mit ausreichenden finanziellen Mitteln ausstatten
und bis Ende 2029 die Zielstellung von 30%, um zunächst das Thüringer Ziel 10 % Ökolandbauin Thüringenund im Anschluss das bundesdeutsche Ziel 30 % zu erreichen.
1. Eine gerechte und solidarische Gesellschaft
Eine soziale gerechte Gesellschaft, in der alle Menschen gleichberechtigten
Zugang zu Arbeit, Wohlstand, Bildung, Kultur und politischen Entscheidungen
haben und sich selbst verwirklichen können, ist seit jeher Ziel der
Sozialdemokratie. Dieses Ziel ist längst noch nicht erreicht. Vielmehr ist
unsere Gesellschaft aktuell durch eine soziale Frage gekennzeichnet: eine kleine
Oberschicht mit einer Vielzahl ökonomischer, räumlicher und sozialer Einfluss-
und Verwirklichungsmöglichkeiten, eine große Mittelschicht, die sich teilweise
bedroht fühlt und eine größer werdende Gruppe von Menschen, die kaum von
Wohlstand und Freiheit profitieren können. Unsere Politik zielt darauf ab, dies
auszugleichen und Teilhabe für Alle an einer solidarischen Gesellschaft zu
ermöglichen. Landespolitisch tragen wir in erster Linie durch eine gut
ausgebaute soziale Infrastruktur dazu bei.
1.1 Familienfreundlichstes Bundesland
Die SPD ist die Familienpartei in Thüringen. Für uns ist klar: Gute Politik für
Familien zu machen, ist das zentrale Anliegen unserer Politik. Wir setzen uns
dafür ein, Strukturen zu etablieren und zu stärken, die Familien unterstützen.
Wir werden Familien finanziell entlasten und dafür sorgen, dass sie eine
qualitativ hochwertige Zeit miteinander verbringen können. Familienpolitik ist
eine Querschnittsaufgabe. Wenn wir die Bedürfnisse von Familien berücksichtigen
wollen, bedeutet das, dass wir den Sozialraum, Unterstützungsangebote, aber auch
den Nahverkehr, den Wohnungsmarkt, die Gesundheitsversorgung, sowie Arbeits- und
Bildungspolitik im Blick haben müssen.
Familien leiden besonders unter den Krisen der vergangenen Jahre, sei es, weil
sie im Besonderen auf eine starke soziale Infrastruktur angewiesen sind oder
weil sie stärker unter den Kostensteigerungen leiden.
In den nächsten Jahren liegt viel vor uns, wenn wir attraktive Lebensbedingungen
für Familien in Thüringen realisieren wollen. Die Frage, wie wir gute Betreuung
und Bildung in unseren Kindergärten ermöglichen, müssen wir dabei genauso
beantworten, wie wir pflegende Angehörige entlasten und unterstützen können oder
wie wir mit attraktiven Arbeitsbedingungen Fachkräfte für die Sozialwirtschaft
gewinnen, sowie mehr Familienerholung und die bessere Vereinbarkeit von Familie
und Beruf sicherstellen.
Das werden wir tun:
- Das Landesprogramm "Solidarisches Zusammenleben der Generationen" nimmt
die ganze Familie in den Blick. Diesen Weg wollen wir weitergehen und das
Landesprogramm erweitern durch eine Landesinitiative zur Verbesserung von
Chancengleichheit und Partizipation in Quartieren sowie ländlichen Räumen
mit besonderen sozialen Belastungen und Armutsrisiken. Somit werden Orte
für Familien, junge und alte Menschen sowie für Beratungs- und
Teilhabeangebote geschaffen.
- Als SPD Thüringen werden wir den Einstieg in das kostenfreie Mittagessen
starten. Mit uns bekommt jedes Kind in Thüringen in Kindergarten und
Schule ein gesundes Mittagessen am Tag. Dieses soll für Kinder und Eltern
kostenfrei sein.
- Unsere Grundüberzeugung ist und bleibt es, dass die Bildung vom
Kindergarten bis zum Meister bzw. Master grundsätzlich beitrags- und
gebührenfrei sein muss. Daher schaffen wir die Beiträge für Kindergarten
und Hort für alle Eltern in Thüringen ab. Unser Ziel ist es, dass Eltern
ab Januar 2025 keine Gebühren für Kinderbetreuung mehr zahlen.
Beitragsfreiheit und Betreuungsqualität müssen Hand in Hand gehen.
Sinkende Geburtenraten sind für uns kein Grund bestehende Stellen
abzubauen. Im Gegenteil: Auch sie helfen uns auf dem Weg zu einem besseren
Betreuungsschlüssel und sichern die Qualität der Betreuung in den
Einrichtungen.
- Wir werden die Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsqualität in unseren
Kindergärten weiter verbessern. Studien empfehlen zusammen mit
Fachexpert:innen und -verbänden für den Kita-Bereich einen
Mindestpersonalschlüssel von 1:3 für Kinder unter 3 Jahren (U 3) und von
1:7,5 für die Altersgruppe zwischen 3 Jahren und Schuleintritt (Ü 3).
Davon ist Thüringen trotz aller in den letzten Jahren vorgenommen
Verbesserungen bei den Betreuungsrelationen noch weit entfernt. Deshalb
werden wir einen verbindlichen Stufenplan zur Erreichung der Expert:innen-
Empfehlung festlegen und diesen schrittweise umsetzen. Unser Ziel ist es,
so einen von politischen Konjunkturen und parlamentarischen
Mehrheitsverhältnissen unabhängigen Pakt der Demokrat:innen zur
Weiterentwicklung der frühkindlichen Bildung in Thüringen zu schließen und
ihn in der kommenden Dekade zu erfüllen. Als ersten wichtigen Schritt
werden wir den Mindestpersonalschlüssel im Bereich Ü 3 vereinheitlichen
und auf 1:12 festlegen und in einem nächsten Schritt den
Mindestpersonalschlüssel in der Altersgruppe der Zwei- bis Dreijährigen
auf 1:6 zu verbessern.
- Attraktivitätssteigernd wirkt sich zudem eine weitere Professionalisierung
des Berufsfeldes aus. Dazu zählt der Ausbau der einschlägigen
Hochschulstudiengänge und die Etablierung eines Instituts zur
Qualitätsentwicklung der frühkindlichen Bildung, die Ermöglichung
kontinuierlicher und qualitativ hochwertiger Fort- und Weiterbildung für
die Erzieher:innen und das uneingeschränkte Festhalten am Fachkräftegebot.
Darüber hinaus wollen wir ausgebildeten Erzieher:innen mit Berufserfahrung
den Zugang zu berufsbegleitenden Studiengängen ermöglichen.
- Mit einem Masterplan Fachkräftesicherung in der Sozialen Arbeit starten
wir eine Offensive zur Fachkräftesicherung für Kindergärten,
Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe.
- Die Kommunen finanziell verlässlich ausstatten, um Jugendarbeit,
Unterstützungsangebote für Familien, Vereinsarbeit, Hilfe für Bedürftige,
eine öffentliche Verwaltung, auf die sich jede:r verlassen kann, Straßen,
Spielplätze, Schulen und Kindergärten – alles, was es für eine lebenswerte
Nachbarschaft und ein soziales Miteinander braucht, vorzuhalten.
- Wir werden ein Programm zur Stärkung der Gemeinwesensarbeit einführen und
gesetzlich verankern, mit dem wir die kommunale Sozial- und Raumplanung
verstetigen und weiterqualifizieren, so dass fachbereichsübergreifend,
gemeinsam mit den sozialen Trägern und unter Beteiligung der
Einwohner:innen, gleichwertige Lebensbedingungen, angemessene Versorgung
mit sozialen Dienstleistungen und demokratische Teilhabe für Alle möglich
sind. Projekte der Nachbarschaftshilfe, flexible Kinderbetreuung,
Freizeitangebote und vieles mehr können damit gefördert werden. Vor Ort
soll in den Kommunen entschieden werden, mit welchen Angeboten Familien
gestärkt werden. Das Landesprogramm soll ein Volumen von 10 Millionen Euro
haben. Mit der Stärkung der kommunalen Sozialplanung sind wir einen
wichtigen Schritt gegangen, um die Lebensbedingungen der Menschen vor Ort
zu verbessern, stärker zu unterstützen und Freizeitangebote auszubauen. In
einem nächsten Schritt werden wir die Beteiligung von Menschen vor Ort in
ihren Quartieren und Stadtteilen im Rahmen dieser Planungsprozesse
erleichtern.
- Eltern brauchen familienfreundliche Arbeitsbedingungen. Darauf muss sich
die Wirtschaft in Thüringen einstellen. Wir werden, insb. kleine und
mittelständische Unternehmen unterstützen, Arbeitsbedingungen anzupassen,
z.B. durch familienfreundliche Arbeitszeitmodelle oder Möglichkeiten zum
Homeoffice. Auf Bundesebene setzen wir uns für die Einführung einer
Familienarbeitszeit ein, die Eltern gleichberechtigt die Möglichkeit zur
Reduzierung der Arbeitszeit bei Lohnausgleich ermöglicht.
- Wir werden familienpolitische Akteur:innen in alle für Familien relevanten
Entscheidungen einbeziehen. Dazu werden wir den Landesfamilienrat
weiterentwickeln.
- Familien brauchen vor allem eines: Zeit füreinander! Wir werden das
Landesprogramm zur Familienerholung evaluieren und verstetigen, damit
Familien mit geringem Einkommen und pflegende Angehörige die Möglichkeit
zu einer Auszeit haben.
- Wir werden noch einmal die Minderungszeiten für Erzieherinnen und Erzieher
erhöhen und die Einrichtungsleitung stärken. Das heißt konkret mehr Zeit
für Leitungsaufgaben, für Fortbildung und für die Träger neue Spielräume,
um krankheitsbedingte Abwesenheiten durch zusätzliches Personal
auszugleichen. Für Familien bedeutet dies: mehr Verlässlichkeit bei den
Öffnungszeiten ihres Kindergartens. Wir halten an der Betreuungsgarantie
von bis zu 10 Stunden täglich fest.
- In den Kindergärten wollen wir die Familienarbeit stärken und
multiprofessionelle Teams etablieren. Hierzu wollen wir die Entwicklung
von Kindergärten hinzu Thüringer Eltern Kind Zentren (ThEKiZ) und das
Modellprojekt „Vielfalt vor Ort begegnen“ ausweiten. Wir werden das
Modellprojekt in die Regelfinanzierung überführen und den Kommunen
bedarfsgerecht zusätzliche Personal- und Sachkosten zur Bewältigung der
aktuellen Herausforderungen bereitstellen. Damit wollen wir die regelhafte
Einführung von Sozialarbeit in unseren Kindergärten in einem
Landesprogramm ermöglichen.
- Zudem gilt es, die schulische Ausbildungder Fachkräfteattraktiver zu
gestalten, in dem wir die Schulgeldfreiheit einführen und die
Anerkennungspraktika für alle Einsatzfelder flächendeckend vergüten. Zudem
werden wir den Weg für einen Quereinstieg und die berufsbegleitende
Weiterbildung zur Fachkraft ermöglichen. Mit dem Aufbau eines landesweiten
Fachkräftemonitoring für die frühkindliche Bildung werden wir regelmäßig
die Personal- und Ausbildungssituation, die konkreten regionalisierten
Personalbedarfe und die Notwendigkeiten der Personalentwicklung erheben
sowie die daraus abzuleitenden Handlungsschritte des Landes, der Kommunen
und der Einrichtungsträger definieren.
- Ein attraktives Berufsumfeld bietet die beste Gewähr dafür, dass sich noch
mehr junge Menschen dafür entscheiden als Erzieher:in im Kita-Bereich zu
arbeiten und dort auch dauerhaft zu bleiben. Wir werden uns daher dafür
einsetzen, dass die Bestimmungen des TVöD bei der Entlohnung des
Erzieher:innenpersonals landesweit und trägerübergreifend Anwendung
finden. Dadurch werden die teilweise erheblichen Lohnunterschiede zwischen
kommunalen und freien Einrichtungsträgern nivelliert.
- Wir wollen bezahlbaren Wohnraum für Familien erhalten und schaffen. Zur
Miete und im Eigentum – in der Stadt und auf dem Land. Dazu werden wir das
soziale Wohnungsbauprogramm beschleunigen und die Bemessungsgrundlage so
verändern, dass auch Familien mit geringen Einkommen berücksichtigt werden
können. Kommunen sollen keine finanziellen Nachteile entstehen, wenn Sie
Bauland günstiger an Familien abgeben. Einnahmeausfälle werden wir den
Kommunen daher erstatten. In den größeren Städten soll eine solche
Baulandbereitstellung auch für Bauträger möglich sein, die sich
langfristig zu sozialen Kriterien verpflichten. So werden Miet- und
Eigentumswohnungen in Thüringen auch für den kleinen Geldbeutel bezahlbar.
Um Ortskerne zu verdichten, wollen wir Lückenbebauungen und Sanierungen
mit gezielter Förderung unterstützen.
- Wir werden die Thüringer Familienkarte als dauerhaftes Angebot für
Familien in Thüringen etablieren. Familien sollen damit die Möglichkeit
haben Theater, Freibäder, Museen und Freizeitangebote kostenfrei nutzen
können. Außerdem werden wir ein Jugendkulturticket für alle jungen
Menschen bis zum Abschluss ihrer beruflichen und akademischen Ausbildung
einführen, mit denen sie Kultureinrichtungen kostenfrei nutzen können. Wir
wollen, dass alle Kinder und Jugendliche Kultur erleben können..
- Die Einkommenssituation von Familien muss sich verbessern. Wir setzen uns
für die Steigerung des Lohnniveaus ein. Wir kämpfen an der Seite der
Gewerkschaften für eine Steigerung der Tarifbindung und höhere
Tarifabschlüsse. Alle gesetzlichen und untergesetzlichen Möglichkeiten,
die wir zur Regulierung haben, werden wir nutzen.
- Als SPD stehen wir für mehr soziale Gerechtigkeit. Deshalb setzen wir uns
auf der Bundesebene für die Einführung eines Grunderbes in Höhe von 20.000
€, für jede:n der das 18. Lebensjahr erreicht, ein.
- Um pflegende Angehörige zu unterstützen, die Qualität in der Pflege
sicherzustellen und eine Antwort auf den steigenden Bedarf an Fachkräften
zu finden, streben wir eine konzertierte Aktion an, die alle relevanten
Akteur:innen in der Pflege beteiligt. Dort soll ein Maßnahmenkatalog
erarbeitet werden, der im Anschluss zügig umgesetzt werden muss.
- Mit einem starken ÖPNV unterstützen wir Familien. Mobilität ist die
Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe. Damit Familien in Thüringen
gut mobil sein können, braucht es einen gut ausgebauten, bezahlbaren ÖPNV,
ergänzt um Angebote von Carsharing,Rufbusse und On-Demand-Angeboten.
1.2 Kinder und Jugendpolitik
Junge Menschen gehören ins Zentrum unserer Gesellschaft – mit all ihren
Interessen und Bedürfnissen. Unser Ziel ist es, die Belange von jungen
Menschen,
ihre Ideen und Interessen dauerhaft in den Fokus der politischen
Aufmerksamkeit
zu holen. Wir wollen Jugendpolitik in Thüringen mit den
Jugendlichen selbst und
den jugendpolitischen Akteuren im Dialog entwickeln und
umsetzen.
Das werden wir tun:
- Die eigenständige Jugendpolitik werden wir ressortübergreifend weiter
stärken und die Situation junger Menschen durch einen regelmäßigen
Lebenslagenbericht ins Zentrum der Landespolitik rücken.
- die Maßnahmen der „Landesstrategie Mitbestimmung” weiter umsetzen und die
Mitbestimmungsrechte in der Kommunalordnung stärken sowie Jugendgremien in
der Landespolitik, wie z.B. den Jugendlandtag als Jugendpolitikberatung
etablieren. Die Diskussion um die Reform der Thüringer Verfassung mit dem
Ziel fortsetzen, das Wahlrecht ab 16 für die Thüringer Landtagswahl
einzuführen und die Kinderrechte in die Verfassung aufzunehmen.
- Die Offene Kinder- und Jugendarbeit sowie die Arbeit der Jugendverbände
wollen wir weiter unterstützen und mit einer gesetzlich dynamisierten
örtlichen Jugendförderung (sog. Jugendpauschale) die Kommunen bei der
Umsetzung dieser Aufgabe fördern, sowie den Landesjugendförderplan
bedarfsgerecht ausfinanzieren.
- Ein Investitionsprogramm für Einrichtungen der offenen Jugendarbeit in den
Kommunen und für die Thüringer Jugendbildungsstätten auflegen, um
gemeinsam den Kommunen die Einrichtungen zeitgemäß zu modernisieren.
- Die jugendpolitische Erfolgsgeschichte der Schulsozialarbeit
weiterschreiben! Wir wollen, dass Schulsozialarbeit künftig in allen
Thüringer Kommunen bedarfsgerecht angeboten und qualitativ weiter gestärkt
wird. Um eine dauerhafte gute Schulsozialarbeit zu gewährleisten, ist
Planungssicherheit für die kommunalen Jugendämter sowie die freien Träger
besonders wichtig. Wir halten es daher weiterhin für erforderlich, die
notwendige Landesförderung der Höhe nach gesetzlich festzuschreiben und
eine Dynamisierungsregelung einzuführen, die sich jährlich an die
Tarifsteigerungen im öffentlichen Dienst sowie am Preisindex anlehnt.
- Die Rechte von Kindern, Jugendlichen und deren Familien im Bereich der
frühen und erzieherischen Hilfen umfassend sichern, sowie die Qualität in
diesen Hilfen stärken und gemeinsam mit den Kommunen und freien Trägern
weiterentwickeln. Dabei soll der Bedarf an Hilfen zukünftig in den
einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städten im Rahmen der
Jugendhilfeplanung verpflichtend ermittelt werden. Zudem werden wir ein
landesweites und bedarfsgerechtes Angebot an unabhängige Ombudsstellen
sichern, die Beteiligung junger Menschen in Heimräten und einen
Landesheimrat stärken, sowie Careleaver- Initiativen unterstützen.
- Wir begrüßen die Reform des SGB VIII zum Aufbau einer inklusiven
Jugendhilfe. Damit werden die Jugendämter für alle jungen Menschen
zuständig, unabhängig davon, ob und welche Unterstützung sie benötigen.
Den Prozess dazu auf Bundesebene und zur Umsetzung in Thüringen wollen wir
begleiten und unterstützen.
- Wir stärken die politische Bildung im schulischen und außerschulischen
Bereich, dazu werden wir das Netz an Thüringer Jugendbildungsstätten
zukünftig stärker fördern und die europäische Jugendbildungs- und
Begegnungsstätte Weimar zu einem Zentrum für Demokratie und Mitbestimmung
weiterentwickeln. Insbesondere setzen wir uns für einen Ausbau des
schulischen Sozialkundeunterrichts ein.
- Wir müssen Angebote wie das Freiwillige Soziale Jahr, das Freiwillige
Ökologische Jahr, das Freiwillige kulturelle Jahr und das Freiwillige
Politische Jahr stärken, so dass sich alle Jugendlichen – unabhängig von
der Unterstützungsmöglichkeiten ihrer Eltern – ein solches Jahr leisten
können, denn diese Angebote bieten Jugendlichen Orientierungs- und
Engagement Möglichkeiten. Wir werden diese Angebote sichern und finanziell
angemessen ausstatten. Kurzfristig soll die Vergütung für Freiwillige im
Thüringen Jahr auf die derzeit maximale Höhe angehoben werden (gem.
Jugendfreiwilligendienstgesetz auf sechs Prozent der
Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung = 438 Euro monatlich).
Darüber hinaus bringen wir eine Bundesratsinitiative für die Erhöhung des
Taschengelds für Freiwilligendienstleistende auf das Bafög-Niveau auf den
Weg.
- Ein Förderprogramm zur Digitalstrategie der Kinder- und Jugendhilfe
aufbauen, dass bedarfsgerecht zusätzliche finanzielle, technische und
personelle Ressourcen zur Verfügung stellt, um auf die auf die
Herausforderungen der zunehmenden Digitalisierung aller Lebensbereiche und
die damit verbundenen umfassenden Veränderungen der Arbeits- und
Berufswelt, der Kommunikation und Interaktion der Menschen, des familiären
und gesellschaftlichen Zusammenwirkens reagieren zu können.
- Junge Menschen streben verstärkt den höchstmöglichen Schulabschluss an und
entscheiden sich öfter zunächst gegen eine berufliche Ausbildung. Wir
unterstützen Thüringer Betriebe und Unternehmen in ihrem Bemühen, die
Attraktivität einer Dualen Ausbildung stärker für Jugendliche
herauszustellen, die über eine Hochschulzugangsberechtigung verfügen bzw.
ihren Realschulabschluss in Wahlschulformen erworben haben. Insbesondere
benachteiligte Jugendliche und Jugendliche mit Behinderungen sind darüber
hinaus, beginnend in den Vorabgangsklassen, individuell und unter
Aktivierung gängiger Unterstützungsinstrumente bis zur Aufnahme eines
Ausbildungsverhältnisses gezielt zu begleiten. Berufsorientierungsangebote
sind daher stärker zu individualisieren und deren Einsatz in nicht
berufsqualifizierenden Bildungsgängen der berufsbildenden Schulen zu
prüfen.
- Qualifizierte Duale Ausbildung braucht einen starken Partner –
Berufsbildende Schule und berufsbegleitende Hilfen. Vor dem Hintergrund
einer kritischen Altersstruktur unter Lehrer:innen an BBS,
gleichbleibenden Schüler:innenzahlen in der Dualen Ausbildung und den
Herausforderungen digitaler Transformation in Lehre und wirtschaftlicher
Praxis sind vorhandene personelle und materielle Ressourcen der BBS
stärker zu konzentrieren. Wir unterstützen die Weiterentwicklung von
Schwerpunktschulen/Berufsschulzentren zur Gewährleistung einer
qualifizierten Unterrichtsversorgung für alle Thüringer
Berufsschüler:innen. Gleichwohl ist uns bewusst, dass sich damit Wege
eines Teils von Auszubildenden zur Berufsschule deutlich verlängern
werden. Wir setzen uns für den Aufbau von Internatskapazitäten an
Standorten der Schwerpunktschulen ein. Schulsozialarbeiter:innen werden an
Berufsbildenden Schulen auch zukünftig bedarfsgerecht eingesetzt.
Ausbildungsbegleitende Hilfen und die Jugendberufshilfe werden wir
stärken.
- Wir verbessern den Schutz vor häuslicher und sexualisierter Gewalt in der
Gesellschaft. Dafür stärken wir den Kinder- und Jugendschutz, um
Schutzkonzepte in Schulen, Sport- und Jugendeinrichtungen einzuführen.
Darüber hinaus werden wir eine Fallzahlbegrenzung im allgemeinen sozialen
Dienst einführen und mehr Fortbildungsangebote für Familienrichter:innen
und Staatsanwälte schaffen.
- Wir setzen uns für leistungsfähige Jugendämter, öffentliche und private
Träger mit einer verlässlichen, am Bedarf orientierten und tarifgerechten
Personalausstattung ein.
- Wir setzen uns für eine schrittweise Kostenfreiheit für Kinder und
Jugendliche für die Nutzung des ÖPNV in Thüringen ein.
- Wir werden Initiativen von Jugendlichen, die sich für Umwelt- und
Klimaschutz einsetzen, besonders unterstützen und in die Entwicklung einer
Landesstrategie Bildung für nachhaltige Entwicklung einbeziehen.
- Wir werden Kommunen und Landkreise durch interkommunalen Fachaustausch in
die Lage versetzen, kommunale Mitbestimmungsstrategien junger Menschen zu
entwickeln und zu etablieren.
1.3 Teilhabe von Senior:innen
In der Sozialdemokratie ist ein bestimmender Aspekt unserer Arbeit die
Solidarität der Generationen. Unser Engagement und Einsatz für die Mitglieder
unserer Gesellschaft darf nicht mit dem Renteneintritt enden. Senior:innen sind
ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft. Sie haben ihren Beitrag für die
Gestaltung unserer Gesellschaft geleistet, engagieren sich darüber hinaus und
übernehmen in hohem Maße Verantwortung für ihre Familien, für ihre
Partner:innen, Kinder und Enkelkinder. Wir sehen ältere Menschen, die sich in
der Nacherwerbsphase ihres Lebens befinden, als immanenten Bestandteil unserer
ganzheitlichen Familienpolitik an. Auf ihre Erfahrungen und ihr Engagement
können und wollen wir nicht verzichten. Deshalb brauchen wir einen
wertschätzenden Umgang mit ihnen und müssen echte Teilhabe an unserer
Gesellschaft über das Rentenalter hinaus garantieren. Insgesamt wollen wir die
gesellschaftliche Teilhabe älterer Menschen stärken und Hilfestellungen für ein
selbstbestimmtes und sozialgerechtes Leben im Alltag ausbauen.
Das werden wir tun:
- Eines ist sicher: Der Unterstützungs- und Pflegebedarf für alte Menschen
wird in den kommenden Jahren steigen. Unser Ziel ist es, dass Menschen
möglichst lang gut und gesund in ihrem gewohnten Umfeld leben können. Die
staatlich garantierten Hilfestellungen gehören für uns zum
Selbstverständnis einer sozial gerechten und solidarischen Gesellschaft.
Deshalb stehen wir für eine umfassende und bedarfsgerechte Versorgung
älterer Menschen. Dazu gehören eine ausreichende finanzielle Absicherung,
eine barrierefreie Umgebung sowie eine bedarfsgerechte
Gesundheitsversorgung. Ebenso die Förderung von ehrenamtlichem Engagement,
sozialer Anbindung und die Stärkung der Selbstbestimmung älterer Menschen
sind uns wichtige Anliegen.
- Sozial- und Bildungsarbeit mit Älteren in der Kommune stärken. Mit dem
Landesprogramm „Solidarisches Zusammenleben der Generationen“ und dem
Programm AGATHE – „Älter werden in der Gemeinschaft – Thüringer Initiative
gegen Einsamkeit“ werden wir eine aktive Altenarbeit in den Kommunen
fördern und zu einem Mindeststandard für generationengerechte
Infrastruktur weiterentwickeln. Dazu werden wir auf Grundlage der
Evaluierungsberichte das Familienfördersicherungsgesetz novellieren und
darin die Programme bedarfsgerecht ausbauen und dauerhaft absichern.
Zusammen mit den Kommunen wollen wir barrierefreien und bezahlbaren Zugang
zu allen Orten der Bildung, der Kultur und des gesellschaftlichen Lebens
ermöglichen. Hierzu wollen wir einerseits die Möglichkeiten der
Digitalisierung nutzen, andererseits aber auch durch unmittelbare
Beratungs- und Unterstützungsprogramme sicherstellen, dass neue technische
Möglichkeiten von allen Menschen sinnvoll und sicher genutzt werden
können.Damit insbesondere der Aspekte der Altenhilfe innerhalb der
Sozialplanung künftig viel stärker beleuchtet und bedarfsgerechter
entwickelt wird, streben wir an, die integrierte Planung der Altenhilfe
nach § 71 SGB XII gesetzlich zu verpflichten (Altenhilfestrukturgesetz).
- Wohnen sichern. Wir werden dafür sorgen, dass Land und Kommunen in enger
Abstimmung mit den kommunalen Wohnungsunternehmen und
Wohnungsbaugenossenschaften und unter gezieltem Einsatz von
Förderprogrammen altersgerechte und barrierefreie Wohnräume, alternative
Wohnformen und Service-Wohn-Angebote ausbauen. Mit einer fachlichen
Empfehlung für einen Wohnraum-Check werden wir einen einheitlichen
thüringenweiten Qualitätsstandard für „altersgerechtes Wohnen“ schaffen.
Ebenso muss die barrierefreie Gestaltung des gesamten öffentlichen Raumes
und des Wohnumfeldes, vom Zustand der Gehwege, der verkehrlichen Situation
bis zur Beleuchtung im Wohnquartier berücksichtigt werden. Eine Vernetzung
mit der Landesfachstelle für Barrierefreiheit streben wir an.
- Mobilität sicherstellen. Mangelnde Barrierefreiheit und hohe Kosten
schließen ältere Menschen von der Nutzung des öffentlichen
Personennahverkehrs aus. Wir werden beim Ausbau des ÖPNV in Thüringen die
besonderen Bedarfe alter Menschen gezielt berücksichtigen. Alternativen
zum eigenen PKW, wie Radverkehr und E-Bikes, den Gemeindebus oder das
Konzept „Fahrendes Mobil“ werden wir bedarfsgerecht ausbauen.
- Sicherheit gewährleisten. Kriminalität, die die Situation alter Menschen
gezielt ausnutzt, ist besonders arglistig. Wir werden Beratungsangebote
und polizeiliche Schutzmaßnahmen in Bereichen verstärken, in denen
Senior:innen bedroht sind, zum Opfer von Verbrechen zu werden.
- Mitwirkung und Engagement fördern. Für uns gilt: Wann immer es um die
Belange von Senior:innen geht, sollen sie in Beratungen und nach
Möglichkeit auch in Entscheidungen aktiv einbezogen werden.
Seniorenbeiräte, Seniorenbeauftragte und aktive Interessenvertretung, wie
der Landesseniorenrat, sind wichtige Institutionen, um die Belange älterer
Menschen auf kommunaler Ebene und landesweit zu vertreten. Wir wollen die
Mitwirkungsbereitschaft in der Interessenvertretung stärken und die
Gewinnung von Senior:innen für aktives ehrenamtliches Engagement
intensiver fördern. Die Interessenvertretung von und für Menschen mit
Pflegebedarf und ihrer Angehöriger werden wir stärken.Die Rechte des
Landesseniorenrates sowie der kommunalen Seniorenbeauftragten und
Seniorenbeiräte werden wir stärken und entsprechend das Thüringer Gesetz
zur Stärkung der Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte von Senioren auf
Grundlage des Evaluationsberichtes novellieren.
- Wir setzen uns für die Schaffung einer Landesstrategie zur Bekämpfung von
Altersarmut ein. Laut VdK Hessen-Thüringen sind 400.000 Menschen von
Altersarmut betroffen. Es ist mit unserem sozialdemokratischen
Selbstverständnis nicht vereinbar, dass Menschen, die ihr Leben lang
arbeiteten, in Armut leben. Diese Härte müssen wir im Rahmen der
Kompetenzen des Freistaats Thüringen umfassend abfedern.
1.4 Menschen mit Behinderungen
Wir wollen, dass Thüringen ein inklusives Bundesland ist, deshalb befördern wir
die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Alle Menschen mit und ohne
Behinderungen, sollen am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Menschen mit
Behinderungen sind oftmals auf die Unterstützung dritter Personen angewiesen.
Unser Ziel muss es sein, alle Lebensbereiche inklusiver und innovativer zu
gestalten, um selbstbestimmte Teilhabe an der Gesellschaft umfassend zu
ermöglichen.
Das werden wir tun:
- Wir wollen die Barrierefreiheit in allen analogen und digitalen Bereichen
des Lebens, von der Frage baulicher Barrierefreiheit bis hin zur
Internetgestaltung sicherstellen.
- Die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes und die Unterstützung
personenzentrierter Dienstleistungen sind zentrale Schlüssel für die
Inklusion. Wir müssen deshalb den Umbau der sozialen Infrastruktur
zugunsten von Teilhabemöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen vor Ort
vorantreiben. Die soziale Infrastruktur und die personenzentrierten
Leistungen im Quartier müssen weiter ausgebaut werden. Denn eine inklusive
Gesellschaft bedeutet, dass es eine soziale Infrastruktur geben muss, die
für alle nutzbar und doch individuell gestaltet ist. Die in Thüringen
entwickelte „Personenzentrierte Komplexleistung“ als eine neue, ambulante,
stark sozialraumorientierte Angebotsform werden wir fördern und vermehrt
realisieren.
- Wir werden den Maßnahmeplan zur Umsetzung der UN-
Behindertenrechtskonvention in Thüringen und eine Vereinheitlichung der
Aufgaben der Eingliederungshilfe und der Kinder- und Jugendhilfe für
Kinder mit Behinderungen umsetzen.
- Thüringen hat sich auf den Weg gemacht, schrittweise ein inklusives
Schulsystem zu realisieren. Es soll das gemeinsame Leben und Lernen von
Menschen mit und ohne Behinderungen bei bestmöglicher individueller
Förderung ermöglichen. Eine notwendige Bedingung hierfür ist, dass den
Schulen die personellen und materiellen Ressourcen für eine gelingende
Inklusion zur Verfügung gestellt werden.
- Diversität ist die Lösung vieler Probleme am ersten Arbeitsmarkt. Ziel der
beruflichen Schulen muss es sein, alle Menschen mit und ohne Behinderungen
für eine Tätigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt zu befähigen. Wir werden
mehr Ausbildungs- und Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen
schaffen.
- Unser Ziel ist es, möglichst vielen Menschen eine geeignete
sozialversicherungspflichtige Beschäftigung anzubieten. Dazu gehören der
Ausbau von Assistenzen und unterstützter Beschäftigung, ein
flächendeckendes Angebot an Integrationsbetrieben und der Ausbau des
Integrationsfachdienstes.
- Um Menschen mit Behinderungen eine faire Chance auf dem ersten
Arbeitsmarkt zu eröffnen, werden wir neben der Möglichkeit des Budgets für
Arbeit, die Schaffung eines zusätzlichen Anreizsystems – in Form einer
direkten oder indirekten monetären Entlastung für die Unternehmen –
prüfen. Diese Entlastung sollte nach Art und Grad der Behinderung
unterschieden werden. Um die verschiedenen Arten der Behinderungen zu
vergleichen, kann man wie z. B. im Behindertenleistungssport ein
Klassifizierungssystem nutzen. Die öffentliche Hand hat bei der Ausbildung
und Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen eine Vorbildfunktion.
- Um auf die Bedürfnisse aller Kinder und
Jugendlichen eingehen zu können,
sollen alle Lehrkräfte in inklusiver Pädagogik fortgebildet werden. Wir
streben die Einrichtung von multiprofessionellen Teams an den Schulen an.
- An unserer favorisierten Schulform, der TGS, ist Inklusion aus Sicht der
SPD Thüringen am besten umzusetzen. Daneben müssen räumliche Anforderungen
an die TGS entwickelt werden, welche Inklusion auch für Kinder- und
Jugendliche mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen ermöglicht. Weiterhin
müssen die räumlichen, sachlichen und strukturellen Voraussetzungen an den
Schulen geschaffen werden, um optimalen gemeinsamen Unterricht
durchführen zu können. Dazu sind auch technische Hilfsmittel,
beispielsweise zur Unterstützung von Menschen mit Sinnesbehinderungen,
einzusetzen.
- Wir setzen uns dafür ein, dass die UN-Behindertenrechtskonvention endlich
in die Thüringer Verfassung aufgenommen wird und damit die Rechte von
Menschen mit Behinderungen mehr Sichtbarkeit erhalten.
1.5 Gleichstellung der Geschlechter
Laut Gender Gap Report der Stiftung der Weltwirtschaftsforums braucht es noch
131 Jahre, bis die Gleichstellungslücke zwischen den Geschlechtern geschlossen
wurde. Im familiären und beruflichen Alltag ist die Gleichstellung auch zu
Beginn des 21. Jahrhunderts nicht erreicht. Durch die Coronapandemie hat die
Gleichstellung sogar einen Rückschritt gemacht und die Kluft zwischen den
Geschlechtern vergrößert. Frauen tragen weiterhin größere Risiken im Berufsleben
neben der Tatsache, dass die deutlich häufiger in prekären
Beschäftigungsverhältnissen angestellt sind und verdienen durchschnittlich
weniger. Sie haben schlechtere Aufstiegsmöglichkeiten und sind seltener in
Führungspositionen zu finden. Wir als SPD Thüringen wollen unseren Beitrag zu
einer schnelleren Gleichstellung leisten und die Bedingungen für Frauen in der
Familie und im Beruf verbessern.
Das werden wir tun:
- Wir werden einen verpflichtenden Gleichstellungscheck einführen und damit
alle Maßnahmen, ob Gesetze, Verordnungen, Haushaltsausgaben und Setzung
von Rahmenbedingungen einem Gleichstellungscheck zu unterwerfen. Wir
werden keine Maßnahmen mehr beschließen, die die Gleichstellung der
Geschlechter nicht voranbringen.
- Um Genderbudgeting (Etablierung und Durchführung von Maßnahmen innerhalb
des Prozesses der Aufstellung von öffentlichen Haushalten, mit dem Ziel,
die tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter zu fördern und zu
erreichen) auch in Thüringen zu etablieren, ist in einem wissenschaftlich
begleiteten Pilotprojekt mit mindestens einer Kommune (Landgemeinde) das
Prinzip des Genderbudgeting beispielhaft umzusetzen. Das Pilotprojekt ist
mit einem finanziellen Anreiz für die ausgewählte Kommune verbunden.
- Täterarbeit ist ein wichtiger Aspekt der Gewaltprävention. Daher werden
Programme zur Täterarbeit und Gewaltprävention (z.B. Projekt Orange)
auskömmlich finanziert, damit diese Arbeit effektiv und flächendeckend
durchgeführt werden kann.
- Auch wenn Gleichstellung bei allen Themen immer mitgedacht werden muss, so
braucht es dennoch im Thüringer Landtag wieder einen Ausschuss, der sich
allein mit dieser Frage auseinandersetzt. Wir werden den eigenständigen
Gleichstellungsauschuss wieder einsetzen, nur so bleibt das Thema sichtbar
und kann mit Nachdruck verfolgt werden.
- Wir werden Schulungs- bzw. Bildungsangebote für Männer zum Thema
Gleichstellung, Geschlechtergerechtigkeit, Teilhabe, Frauenförderung,
patriachale Männlichkeit etc. einrichten. Nur durch Bildung wird das
Verständnis füreinander gefördert.
- Frauen sind in besonderen Umfang nicht nur physischer und psychischer
Gewalt ausgesetzt. Auch Armut und andere Formen der Benachteiligung trifft
sie besonders. Das Beratungsangebot, die Anlaufzentren und die Schutzräume
für Frauen müssen daher auch diese Aspekte berücksichtigen.
- Wir setzen uns dafür ein, dass Frauen entsprechend ihres Anteils an der
Gesamtbevölkerung auch im Thüringer Landtag vertreten sind. Wir streben
deshalb an, dass künftig die Hälfte der Thüringer Landtagsabgeordneten
weiblich sein soll. Dieses Ziel verfolgen wir weiter und werden dafür ein,
die rechtlichen Rahmenbedingungen einhaltendes, Paritégesetz auf den Weg
bringen.
- Gewalt gegen Frauen muss sichtbar gemacht werden. Die SPD Thüringen wird
sich dafür stark machen, dass der Begriff der „Hasskriminalität gegen
Frauen“ in die polizeiliche Kriminalstatistik mit aufgenommen wird.
- Die SPD Thüringen steht hinter den Forderungen der Istanbul-Konvention und
wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass die Finanzierung von
Frauenhäusern im Freistaat lückenlos und nachhaltig gesichert wird. Die
Leistungsberechtigung nach dem SGB darf kein Kriterium mehr zur
Unterbringung in Frauenhäusern und -schutzeinrichtungen sein. Personen
unterhalb der Armutsgrenze sind in einer Sonderfallregelung zu
berücksichtigen. Innerhalb der Projektfinanzierung der Thüringer
Frauenhausförderung müssen die Personal-und Sachkosten verpflichtend
gewährleistet werden, ohne dass sie in Haushaltsdebatten regelmäßig zur
Verhandlung stehen. Hierfür nehmen wir die kreisfreien Städte und
Landkreise verstärkt in die Verantwortung und verankern das Vorhalten
sowie die anteilige Finanzierung von Frauenhäusern als deren kommunale
Pflichtaufgabe.
- Um die Umsetzung der Istanbul-Konvention auch in Thüringen zu
intensivieren, wird das Monitoring der Umsetzungsprozesse bei der
Landeskoordinierungsstelle angesiedelt. Darüber hinaus werden attraktive
verpflichtende Weiterbildungsangebote auf Landesebene geschaffen für alle
Personengruppen, die in Kontakt mit von Gewalt betroffenen Frauen sind.
- Alle statistischen Auswertungen werden ab sofort mit der
Geschlechterkomponente veröffentlicht, wenn die entsprechenden Daten
vorliegen. Diese Veröffentlichung macht die geschlechtsspezifische
Auswertung der erhobenen Daten möglich und ist somit die, auch die
Gleichstellung berücksichtigende, Grundlage für effiziente politische
Entscheidungen und Programme.
- Wir werden kostenfreie Menstruationsartikel in öffentlichen Ämtern,
Behörden und Verwaltungen für alle Menschen zugänglich zur Verfügung
stellen. Ziel muss der kostenfreie Zugang zu Menstruationsartikeln für
alle Personen nach schottischem Modell sein.
- In Zeiten des Fachkräftemangels können wir es uns nicht leisten, das
Qualifizierungspotenzial von Frauen brach liegen zu lassen.
Weiterbildungsangebote sind daher attraktiver zu gestaltet. Dies bezieht
sich auch auf das Nachholen von Schulabschlüssen. Mit der Möglichkeit,
Weiterbildung in Teilzeit zu absolvieren, Kinderbetreuung in Anspruch zu
nehmen und eine finanzielle Entlastung (z.B. durch soziale Staffelung von
Entgelten oder Förderprogrammen speziell für Frauen, die sich weiter- oder
fortbilden, etc.) zu erhalten, wollen wir mehr Frauen die Option
einräumen, das in ihnen schlummernde Potenzial zu aktivieren.
- Sportvereine haben immer noch zu wenige weibliche Mitglieder und die
Funktionärsstrukturen sind männlich geprägt. Daher werden in vielen
Fällen Männermannschaften bevorzugt gefördert. Um dies zu ändern, sind
der Landessportbeirat und das Präsidium des Landessportbundes paritätisch
zu besetzen, denn Sichtbarkeit von Frauen bedingt, gehört zu werden. Die
Stelle einer Gleichstellungsreferentin wird im Landessportbund
eingerichtet. Das Land legt Förderprogramme für Sportvereine auf, die
diese dabei unterstützen, Frauen und Mädchen für den Vereinssport zu
gewinnen sowie Frauen für Führungspositionen in den Sportvereinen zu
begeistern.
- Frauen in Thüringen haben auch nach Abschaffung des § 219a StGB Probleme,
Informationen über Schwangerschaftsabbrüche zu erhalten. Daher ist der
Zugang zu Daten über Abbruchmöglichkeiten und -orte sicherzustellen.
Hierfür wird durch das Land ein Internetportal eingerichtet, dass alle
Informationen zu Schwangerschaftsabbrüchen niederschwellig und
barrierefrei zusammenfasst. Um ein flächendeckendes Angebot
sicherzustellen, werden Krankenhäuser, die öffentliche Mittel erhalten,
dazu verpflichtet Schwangerschaftsabbrüche als medizinische
Grundversorgung anzubieten. Wir machen uns auf Bundesebene weiterhin für
die Streichung des § 218 StGB stark.
- Der Internationale Frauentag ist aus der Arbeiter:innenbewegung heraus
entstanden und sollte auf die vorherrschende Diskriminierung aufgrund des
Geschlechts aufmerksam machen, u.a. thematisierte der erste Internationale
Frauentag 1911 die Forderung nach dem Frauenwahlrecht. Die Einführung des
08. März als festen gesetzlichen Feiertag soll auf diese weiterhin
vorherrschende Diskriminierung hinweisen und verdeutlichen, dass die
umfassende Gleichstellung der Geschlechter noch nicht erreicht ist.
1.6 Queerpolitik
Hass, Gewalt und Aggressionen gegen queere Menschen sind in Deutschland noch
immer alltäglich. Die Anzahl registrierter Fälle von Hasskriminalität und damit
auch von Übergriffen auf queere Menschen ist in den letzten Jahren in Thüringen
deutlich gestiegen, die Dunkelziffer ist deutlich höher. Als SPD Thüringen
stellen wir uns gegen jede Form von Diskriminierung von geschlechtlicher
Identität und sexueller Orientierung. Um die Lebensrealität von queeren Menschen
zu verbessern, streben wir ein gemeinsames Programm von Bund und Ländern gegen
queerfeindliche Gewalt und die Initiierung einer Kampagne gegen
Queerfeindlichkeit an.
Das werden wir tun:
- Das Landesprogramm für Akzeptanz und Vielfalt der aktuellen Thüringer
Landesregierung bildet die Grundlage, um das Leben von LSBTIQA* zu
verbessern. Um dieses vollumfänglich umzusetzen und die Initiativen
queerer Menschen zu unterstützen, setzen wir uns für eine merkliche
Mittelerhöhung, für die Gewährleistung einer überjährigen Förderung, den
Ausbau der zivilgesellschaftlichen Koordinierungsstelle des
Landesprogramms sowie die Ernennung einer:eines Beauftragten des Landes
für Antidiskriminierung und queere Menschen ein. Des Weiteren werden wir
das Landesprogramm alsbald evaluieren sowie fortschreiben.
- Als Sozialdemokrat:innen verurteilen wir Hasskriminalität auf Schärfste
und setzen uns aktiv für die Aufarbeitung, Präventions- und
Sensibilisierungsarbeit sowie die Schaffung von hauptamtlichen
Ansprechpartner:innen für queere Menschen in Polizei und Justiz ein.
Dadurch wollen wir ein Bewusstsein für die Herausforderungen der queeren
Community schaffen und das geschichtlich begründete und berechtigte
Misstrauen gegenüber Sicherheitskräften und Justiz abbauen.
- Das Vermitteln von Akzeptanz und Toleranz beginnt in der Kita, Schule und
im Jugendtreff. Dafür braucht es einen vorurteilssensiblen Umgang mit
Kindern und Jugendlichen sowie einen geeigneten Platz in Gespräch und
Unterricht. Die sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität darf
dabei kein Tabuthema mehr darstellen. Deshalb machen wir uns für die
Aufnahme des Themenfeldes LSBTIQA* in den Thüringer Lehrplan und für die
Entwicklung LSBTIQA*-inklusiver Bildungsmaterialien stark. Als ein
wesentlicher Teil der Bildung unterstützen wir zudem
Schulaufklärungsprojekte, welche zur Aufklärung über Akzeptanz und
Vielfalt, Diskriminierungsprävention sowie Gesundheitsberatung beitragen.
- Des Weiteren unterstützen wir Schulaufklärungsprojekte ausdrücklich. Als
ein wesentlicher Teil der Bildung tragen sie zur Aufklärung über Akzeptanz
und Vielfalt, Diskriminierungsprävention sowie Gesundheitsberatung bei.
- Wir sind ungebrochen solidarisch mit der queeren-Community. Die
Unterstützung des CSD Thüringen und regionalen Veranstaltungen in den
Kommunen vor Ort war uns in der Vergangenheit ein großes Anliegen und wird
auch weiterhin Teil unseres Selbstverständnisses sein.
- Queere Menschen mit ihren Lebenslagen müssen zukünftig in Regelstrukturen
eine angemessene Berücksichtigung finden. Wir setzen uns deshalb dafür
ein, Menschen in pädagogischen Berufen in Aus- und Weiterbildung durch
verpflichtende Module hinsichtlich verschiedener Lebensweisen und
LSBTIQA* zu sensibilisieren. Damit stärken wir die “Regenbogenkompetenz”
an unseren Schulen, Kitas und Jugendeinrichtungen. Wir werden Strukturen
der queeren Szene, insbesondere bei der Errichtung queerer Zentren als
Bildungs- und Begegnungsorte sowie als Anlaufstellen für Betroffene von
Diskriminierung und Feindlichkeit stärker fördern. Um flächendeckende
Angebote zu gewährleisten, sollen queere Themen in die bestehende
Jugendarbeit – mit besonderer Berücksichtigung des ländlichen Raumes –
integriert werden.
- Im Gesundheitswesen werden wir die besonderen Bedürfnisse queerer
Menschen, insbesondere von trans* Personen, stärker in den Blick nehmen.
Die Angebote der HIV- und STI-Prävention, Beratung und Testung werden wir
weiter stärken.
- Auch für queere Menschen im Alter werden wir uns einsetzen. Um
Diskriminierung, beispielsweise in betreuten Wohnverhältnissen
vorzubeugen, werden wir durch die Etablierung queer-sensibler
Qualifizierung und Zertifizierung in stationären und ambulanten
Pflegeeinrichtungen sowie in Hospizen, zielgruppensensible Pflege für
LSBTIQA* sowie die Sensibilisierung Pflegender für den alltäglichen
Umgang mit Pflegebedürftigen dieser Zielgruppe fördern. Darüber hinaus
unterstützen wir queere Senior:innen-Arbeit und machen uns für queere
Wohnprojekte, etwa in Mehrgenerationenhäusern, für einen
generationenübergreifenden Austausch stark.
- Weiterhin werden wir uns für die notwendige historische Aufarbeitung der
strafrechtlichen Verfolgung homosexueller Menschen und des darauffolgenden
Umgangs mit den Opfern stark machen. Weiter unterstützen wird die
Forderung zur Sichtbarmachung und Dokumentation der LSBTIQ*-Geschichte in
Thüringen, insbesondere Aufarbeitung und Dokumentation von LSBTIQ*-
Biografien und -Erfahrungen in der Nachkriegszeit, in der DDR und nach der
Wende.
- Queere Geflüchtete erfahren oftmals in ihren Herkunftsländern Verfolgung
und Gewalt seitens des Staates, der Familie oder Gesellschaft. Auch
“nach” ihrer Flucht sind sie in Deutschland von Rassismus sowie
Queerfeindlichkeit betroffen, weshalb sie breitere Unterstützung,
Anerkennung und einer besonderen Beachtung bedürfen. Wir treten daher für
die Entwicklung von Schutzkonzepten in Gemeinschaftsunterkünften bis hin
zu besonderen Schutzräumen für queere Geflüchtete ein.
- Wir werden ein starkes und wirksames Landesantidiskriminierungsgesetz zu
Umsetzung der europäischen Vorgaben einführen. Der Begriff “Rasse” soll im
AGG ersetzt und durch die Einführung eines
Landesantidiskriminierungsgesetzes die bestehenden Schutzlücken
geschlossen werden. Dabei soll Diskriminierung aufgrund rassistischer
Zuschreibungen oder aufgrund des sozialen Status, unbedingt in die
Novellierung einbezogen werden. Da sich das AGG vor allem auf das
Zivilrecht beschränkt, kann durch ein Landesantidiskriminierungsgesetz
auch der Schutz vor Diskriminierung durch staatliche Akteur:innen im
Freistaat geboten werden.
1.7 Vielfalt, Migration und Zuwanderung
Thüringen ist bunt und weltoffen! Dafür setzen wir uns als Sozialdemokrat:innen
täglich ein. Die hier lebenden Menschen verschiedener Religionen, Kulturen und
Herkunftsländern bereichern unser Bundesland. Wir begreifen Zuwanderung als eine
Chance, dem demografischen Wandel entgegenzutreten und die schon heute
bestehenden Fach- und Arbeitskräftebedarfe zu decken. Deshalb braucht es eine
wertschätzende Willkommenskultur, die diese Menschen akzeptiert, respektiert und
in unsere Gesellschaft integriert. Die Aufgabe die entsprechenden
Voraussetzungen zu schaffen, liegt hier bei Land und Kommunen.
Die Fluchtbewegungen haben in den letzten Jahren zugenommen. Die wenigsten
Menschen verlassen freiwillig ihr Land, sondern sehen es als letzten Ausweg vor
Verfolgung, Vertreibung und dem sicheren Tod. Wir leben in Thüringen die
solidarische Gemeinschaft und leisten unseren Beitrag durch die Aufnahme von
Menschen, die aus Kriegs- und Krisengebieten bei uns Schutz suchen.
Das werden wir tun:
- Wir wollen eine gleichberechtigte politische, wirtschaftliche und soziale
Teilhabe. Wir unterstützen daher auch weiterhin die Arbeit der kommunalen
Ausländerbeiräte, der Migrantenselbstorganisationen und ihrer
Dachorganisation. Außerdem müssen Hürden für bereits in Deutschland
lebende Personen abgeschafft werden. Geflüchteten soll der Zugang zum
Arbeitsmarkt erleichtert werden. Insbesondere das Angebot an
Fachsprachkursen muss ausgebaut werden.
- Wir bauen die interkulturelle Öffnung von Verwaltungs- und
Bildungseinrichtungen weiter aus, denn wir begreifen Vielfalt als
Ressource in Thüringen. Die Teilhabe im gesellschaftlichen Leben, - in
Bildungs-, sozialen und kulturellen Einrichtungen von Menschen mit
Migrationsgeschichte ist der Schlüssel zum Erfolg. Das Thüringer
Integrationskonzept schreiben wir fort und erfüllen es mit Leben.
- Wir werden uns dafür stark machen, dass dauerhaft in Thüringen lebende EU-
Bürger:innen bei den Landtags- und Bundestagswahlen wählen können. Wir
wollen das Wahlrecht auf kommunaler Ebene auch für dauerhaft hier lebende
Staatsangehörige außerhalb der Europäischen Union ermöglichen.
- Wir stehen für eine Politik, die Migration vorausschauend und realistisch
gestaltet. Deswegen werden wir gemeinsam mit dem Bund die Verfahren
erleichtern und beschleunigen. Menschen, die Schutz benötigen, erhalten in
Thüringen Asyl. Deshalb gestalten wir eine soziale Migrationspolitik.
- Als SPD haben wir uns für eine Reform des Einwanderungsrechts stark
gemacht und setzten uns auch weiterhin für eine Erleichterung der
Verfahren ein.Wir begrüßen die Öffnung des Arbeitsmarkts für alle
beruflich Qualifizierten aus Nicht-EU-Ländern und nicht nur für Akademiker
und Fachkräfte in Mangelberufen sowie die Möglichkeiten des Wechsels vom
Asyl in die Arbeitsmigration.
- Wir werden ein Ausbildungsprogramm zur Gewinnung von ausländischen
Fachkräften auflegen, das maßgeschneiderte Betreuung und Sprachkurse
enthält.
- Die Anerkennung von Berufsabschlüssen stellt noch immer eine große Hürde
für eine gelingende Integration in den Arbeitsmarkt dar. Wir setzen uns
für eine erleichterte Anerkennung ausländischer Abschlüsse ein, damit
vorhandene Qualifikationen besser eingebracht werden können.
- Wir setzen uns für ein vereinfachtes Verfahren zur Umsetzung der
bundesgesetzlichen Regelungen zum Familiennachzug und für eine
erleichterte Arbeitserlaubnis für Geduldete ein.
- Wir setzen in der Integrationspolitik einen Schwerpunkt bei Kindern und
Jugendlichen. Wir setzen uns daher für eine möglichst frühe und
individuelle Förderung ein, um Benachteiligungen gar nicht erst entstehen
zu lassen.
- Die Repräsentanz von Lehrkräften und Erziehungskräften mit
Migrationsgeschichte ist verschwindend gering. Wir wollen durch gezielte
Ansprache unsere Bildungslandschaft diverser machen. Wir werden die
Sozialbetreuungsrichtlinie fortschreiben. Der Zugang zu Angeboten für
Integration, Sprache und Qualifizierung soll Menschen aus dem Ausland,
unabhängig vom Herkunftsland und der Bleibeperspektive, gesichert werden,
das gilt für alle Menschen gleichermaßen.
- Integration gelingt vor Ort in den Kommunen und Gemeinden. Wir werden sie
dabei unterstützen, ihre Ausländerbehörden zu Integrationsbehörden und zu
Serviceeinrichtungen weiterzuentwickeln und darüber hinaus das
gesellschaftliche Engagement von Zugewanderten stärken. Die Integration in
den Quartieren werden wir durch ein Förderprogramm stärken.
- Eine humanitäre Politik für Geflüchtete gestalten: Unabhängig von der
Chance auf die Anerkennung in einem Asylverfahren sollen alle eine
unvoreingenommene, würdige und faire Behandlung erfahren. Auf dieser
Grundlage bekennen wir uns zur humanitären Aufnahme und Unterbringung von
Geflüchteten in Thüringen. Dazu gehören einheitliche verbindliche
Mindestanforderungen für Aufnahme- und Gemeinschaftsunterkünfte, die eine
Ankunft unter menschenwürdigen Umständen garantiert und eine
menschenwürdige Unterbringung gewährleisten.
- Sprache ist der Schlüssel für Teilhabe an unserem gesellschaftlichen
Leben. Deshalb setzen wir uns dafür ein, mehr Sprachkurse und
Bildungsangebote von Anfang an und für alle, unabhängig von der
„Bleibeperspektive“, zu ermöglichen. Hierzu soll insbesondere das
Landesprogramm “Start Deutsch” ausgebaut werden.
- Wir setzen uns für eine kontinuierliche Förderung der Arbeit der
psychosozialen Beratungsstelle für Geflüchtete refugio e.V. durch das Land
ein. Wir stellen so sicher, dass das Knowhow von refugio weiter genutzt
werden kann, um traumatisierten Geflüchteten zu helfen, die im Regelsystem
keine passenden Angebote finden.
- Besonders schutzbedürftige Personen wie unbegleitete Minderjährige,
Schwangere, Alleinerziehende, Personen mit schweren körperlichen oder
psychischen Erkrankungen und traumatisierte Geflüchtete brauchen besondere
Beachtung. Wir werden die dafür bestehenden Versorgungsstrukturen weiter
vorhalten und nach dem aktuellen und prognostizierten Bedarf überprüfen
und anpassen.
- Mit der Einrichtung eines Landesamtes für Migration und Integration
bündeln wir Fachkompetenzen und Expertise effizient an einem Ort.So kann
Migration und Integration erfolgreich gestaltet werden, sodass auch die
Gewinnung von Fachkräften für den Arbeitsmarkt ein positiver Effekt sein
kann.
1.8 Aufarbeitung der Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie
Die Corona-Pandemie war für die gesamte Gesellschaft eine völlig neue
Herausforderung. Trotz einer in Thüringen gelungenen Bewältigung sind wir
überzeugt, dass die gesellschaftlichen Auswirkungen der Coronapandemie –
einschließlich der Maßnahmen zur Pandemie-Bekämpfung – einer systematischen
gesellschaftlichen Aufarbeitung bedürfen. Ziel dieser Aufarbeitung sind sowohl
die systematische quantitative und qualitative Erhebung und Auswertung der
Auswirkungen der Pandemie und ihrer Bekämpfungen vor allem auf das Wohlbefinden,
der Angehörigen vulnerabler Gruppen sowie auf das Funktionieren derjenigen
Institutionen, von denen das Wohlbefinden der vulnerablen Gruppen und ihrer
Angehörigen besonders abhängig ist. Dies wollen wir durch eine Enquete-
Kommission „Folgerungen und Konsequenzen für den Freistaat Thüringen aus der
Corona Pandemie“ des Thüringer Landtags erarbeiten.
2. Gute Arbeit, starke Wirtschaft
Wir sind die Partei der ‚Guten Arbeit‘ und stehen an der Seite der
Beschäftigten. Wir sind solidarisch mit unseren Kolleg:innen sowie den
Gewerkschaften und unterstützen diese im gemeinsamen Kampf für bessere
Arbeitsbedingungen, gute Löhne und Renten. Die vergangenen Jahre haben gezeigt,
dass eine funktionierende Sozialpartnerschaft zwischen Arbeitnehmer:innen,
Arbeitgeber:innen und Politik uns durch die Krise bringen kann. Der
demografische Wandel, die Dekarbonisierung und Digitalisierung sorgen im
Freistaat Thüringen für einen enormen Wandel in der Arbeitswelt. Wir wollen
diese Transformationsprozesse sozialdemokratisch gestalten, damit Thüringen ein
wachsender und innovativer Wirtschaftsstandort bleibt.
2.1 Gute Arbeit und Fachkräftesicherung
Jede:r muss von seiner Arbeit leben können und braucht eine sichere Perspektive
für das Alter. Mehr als 30 Jahre nach der Wende streiten wir immer noch für
gleiche Arbeitsbedingungen und gleiche Löhne in Ost und West. Gleichzeitig wird
die Fachkräftesicherung die zentrale Herausforderung für die Wirtschaft in den
kommenden Jahren.
Als Sozialdemokrat:innen sind wir überzeugt, dass wir zur Sicherung des
Fachkräftebedarfs in den kommenden Jahren Gute Arbeit, eine steigenden
Tarifbindung und mehr betriebliche Mitbestimmung brauchen. Wir stehen an der
Seite der Kolleg:innen, der Betriebsrät:innen und der Gewerkschaften, die in den
letzten Jahren immer deutlicher machen, dass sie bereit sind sich für ihre
Belange stark zu machen. In diesen Bemühungen werden wir sie weiterhin
unterstützen und alle gesetzlichen und untergesetzlichen Regelungen stärken, die
zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Thüringen beitragen.
Das werden wir tun:
- Wir müssen alle Möglichkeiten nutzen, Arbeitsbedingungen durch
landesgesetzliche Rahmenbedingungen im Interesse der Kolleg:innen zu
gestalten: Dazu müssen wir unter anderem das Vergabegesetz reformieren.
Zukünftig soll die Tarifbindung einen größeren Stellenwert bekommen.
Öffentliche Vergaben sollen nur noch an Unternehmen erfolgen, die auch
tarifgebunden sind. Dies muss auch für Vergaben auf kommunaler Ebene
gelten. Damit leisten wir auch einen Beitrag die Löhne zwischen Ost und
West anzugleichen.
- Als SPD Thüringen ist uns der Arbeitnehmer:innenschutz ein wichtiges
Anliegen. Deshalb treten wir einer Ausweitung der Ladenöffnungsgesetzes,
mehr Samstags-, Sonntags- und Feiertagsarbeit entschieden entgegen. Mit
Sanktionen bei Nichteinhaltung wollen wir den Schutz unserer Kolleg:innen
stärken. Dazu soll der Landesbetrieb für Arbeitsschutz personell gestärkt
werden.
- Fachkräftemangel macht sich auch in Teilen des öffentlichen Dienstes
bemerkbar. Um die besten Köpfe zu bekommen, brauchen wir hier die besten
Arbeitsbedingungen. Wir als SPD Thüringen setzen uns dafür ein, die
Attraktivität des Landesdienst zu verbessern, um Fachkräfte in der
öffentlichen Verwaltung zu halten. Wir wollen die Forderungen der
Gewerkschaften nach guten Arbeitsbedingungen im Öffentlichen Dienst
unterstützen. Mitbestimmung ist ein wichtiges Anliegen, daher setzen wir
uns für die Allzuständigkeit der Personalrät:innen ein und erfüllen diese
in unseren Wirkungskreisen mit Leben.
- Als SPD Thüringen unterstützen wir das Konzept des „lebenslangen Lernens“
und wollen diese mit der Bildungsfreistellung stärken. Dazu werden wir das
Thüringer Bildungsfreistellungsgesetz novellieren, um noch mehr
Beschäftigten die Möglichkeit zu geben, Bildungsurlaub zu nehmen. Künftig
sollen alle Arbeitnehmer:innen unabhängig von der Betriebsgröße Anspruch
auf Bildungsurlaub erlangen. Zudem soll der Anspruch für Azubis auf die
vollen 5 Tage ausgeweitet. Eine Möglichkeit der Ansparung des Anspruchs
auf zwei Jahre wird geprüft. Darüber hinaus wollen wir die
Anerkennungsverfahren für etwaige Bildungsveranstaltungen, die durch
gemeinnützige Träger:innen organisiert werden, vereinfachen.
- Zudem ist die Sicherstellung eines angepassten
Weiterqualifizierungsangebots und der Ausbau vorhandener Beratungsangebote
zentrales Instrument, um dem Fachkräftemangel zu begegnen und
Beschäftigten gute Arbeitsbedingungen zu ermöglichen. Wir werden
betriebliche Investitionen in Qualifikation und Weiterbildungen fördern.
- Wir wollen das Anerkennungsverfahren von Schul- und Berufsabschlüssen
durch Entbürokratisierung vereinfachen. Zusätzlich wollen wir eine
Erleichterung der Zugangsvoraussetzungen für Fachkräfte über
Quereinstiegsqualifikationen erwirken.
- Wir wollen, dass alle Menschen in Thüringen eine gute Perspektive haben
und hier gut leben und arbeiten können. Wir werden dafür sorgen, dass alle
Menschen, die nach Thüringen zugewandert sind, ein Angebot für einen
Sprach- und Integrationskurs bekommen und auf dem Weg in den Ausbildungs-
und Arbeitsmarkt begleitet werden. Wir wollen diese bis zum Eintritt in
das Berufsleben bei Thüringer Unternehmen begleiten und sie von Anfang an
in enger Abstimmung mit den Kommunen und mit der Zivilgesellschaft in die
Aufnahmegesellschaft integrieren. Darüber hinaus werden wir Maßnahmen und
Projekte zur Stärkung von Antidiskriminierung im Betrieb fördern.
- Für die Gewinnung zusätzlicher Fachkräfte in Thüringen müssen neue Wege
gegangen werden. Es ist notwendig, jungen Menschen aus Drittstaaten
frühzeitig eine berufliche Perspektive zu öffnen. Aus diesem Grund
unterstützen wird das Pilotvorhaben einer German Professional School in
Thüringen, die diese Gruppe anspricht und innerhalb eines Jahres auf den
Thüringer Ausbildungs- und Arbeitsmarkt und auf ein Leben in Deutschland
vorbereitet sowie frühzeitig die Vermittlung zu Ausbildungsbetrieben
unterstützt
- Wir werden eine zentrale, koordinierende Stelle für die Anwerbung
ausländischer Fachkräfte einsetzen. Hierfür wird die Thüringer Agentur für
Fachkräftegewinnung weiterentwickelt. Damit bringen wir nicht nur die
Erfordernisse von Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik unter einen Hut,
sondern heben Synergien und Potenziale.Eine staatliche Subventionierung
bei der Anwerbung von Auszubildenden und Fachkräften sollen zukünftig nur
Betriebe erhalten, die einen Tarifvertrag haben und der Belegschaft
verpflichtende Integrationsmaßnahmen anbieten.
- Wir unterstützen die Etablierung einer Arbeitnehmer:innenkammer. Uns ist
wichtig, dass es für die Einführung dieser Institution eine breite
Zustimmung der Gewerkschaften gibt. Diese Kammer soll arbeitsorientierte
Beratungsangebote sowie Beratung in der individuellen Entwicklung durch
Weiterbildungen und allgemeine Bildungsangebote für Beschäftigte anbieten.
Als Pendant der öffentlichen Wirtschaftskammern (IHK, HWK) ist die
Arbeitnehmer:innenkammer zusätzlich Interessenvertretung gegenüber Politik
sowie Verwaltung und ermöglicht eine stärkere Sichtbarkeit der
Arbeitnehmer:innenperspektiven zum Beispiel bei parlamentarischen
Gesetzgebungsverfahren.
- Wir unterstützen weiterhin die Etablierung einer
Technologieberatungsstellenach rheinland-pfälzischem Vorbild.
- Der Wandel der Arbeitswelt, der sich insbesondere durch die
Digitalisierung und die gesetzten Nachhaltigkeitsziele abbildet, bietet in
den Thüringer Unternehmen und ihren Beschäftigten enorme Chancen,
erfordern aber auch eine hohe Bereitschaft zu Veränderungen. Um die
richtigen Weichenstellungen für die Transformation von Arbeit vorzunehmen
und damit Gute Arbeit und Innovationen in Thüringer Betrieben realisieren
zu können, braucht es unabhängige, kontinuierliche und beschäftigungs- und
arbeitsweltorientierte Forschung. Wir setzen uns für die Gründung eines
Instituts für arbeitnehmer:innennahe Forschung und Beratung ein. Dieses
Institut hat die Aufgabe die Arbeitsbedingungen in Thüringen dauerhaft zu
untersuchen. Auf Basis der Forschungsergebnisse werden wir ein Monitoring
für Arbeit, Ausbildung und Leben in Thüringen etablieren und Beratungs-
und Fortbildungsangebote für Arbeitnehmer:innen und ihr Vertretungen
stärken.
- Wir lassen niemanden zurück: Die SPD setzt sich dafür ein, dass die
Landesarbeitsmarktprogramme zur Integration von Langzeitarbeitslosen
evaluiert und die wirksamen fortgeführt werden.
- Wir werden uns auf Bundesebene für ein modernes Arbeitsrecht einsetzen,
das an die veränderten Rahmenbedingungen der Digitalisierung angepasst
wird. Neue Arbeitsformen dürfen Arbeits- und sozialen Schutz sowie
Mitbestimmungsrechte der Beschäftigten nicht aushöhlen. Auf diese Weise
wollen wir auch für tarifgebundene und mitbestimmungspflichtige
Unternehmen faire Wettbewerbsbedingungen in der digitalen Welt erhalten.
- Forderungen nach längerer Lebensarbeitszeit erteilen wir eine klare
Absage. Wir wollen stattdessen dafür sorgen, dass Beschäftigte ihre
Arbeitskraft im Freistaat noch produktiver einsetzen können und dass kein
Thüringer ohne Berufsabschluss zurückbleibt.
2.2 Sozialwirtschaft stärken – ohne geht es nicht!
Insbesondere in der Corona-Pandemie wurde mehr als deutlich, dass eine
funktionierende Sozialwirtschaft maßgeblich und unverzichtbar für unser gesamtes
gesellschaftliches und wirtschaftliches System ist. Ohne ausreichend Personal in
den SAGE-Berufen (Soziale Arbeit, Gesundheit und Pflege, haushaltsnahe
Dienstleistungen, Erziehung) müssen sich Arbeitnehmer:innen selbst um die
Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen kümmern mit der Folge, dass sie
ihrer Erwerbstätigkeit nicht nachgehen können. Dies bildet jedoch die Basis der
Wirtschaftskraft Thüringens sowie der gesamten Bundesrepublik Deutschland. Wir
definieren die sozialen Berufe als harte Standortfaktoren und setzen daher
unseren Fokus in der Fachkräftesicherung auf die Stärkung der SAGE-Berufe.
Das werden wir tun:
- Eine intensive Fachkräfteoffensive soll die Arbeitsbedingungen verbessern
und die Attraktivität der sozialen Berufe in der Gesellschaft steigern.
Ein Wiedereinstiegsprogramm für qualifizierte Fachkräfte in die sozialen
Berufe soll etabliert werden.
- Gemeinsam mit den Gewerkschaften wollen wir eine Kampagne zur Ausweitung
und Stärkung der Tarifbindung in Thüringen auf den Weg bringen.
- Mit der Ausweitung des Modells zur praxisintegrierten Ausbildung mit
tarifgerechter Ausbildungsvergütung auf alle SAGE-Berufe und der
Erweiterung der Kapazitäten an staatlichen berufsbildenden Schulen leisten
wir unseren Beitrag zur langfristigen Fachkräftesicherung und
Nachwuchsförderung in den SAGE-Berufen.
- Wir wollen mit der Einführung der Schulgeldfreiheit in der Ausbildung der
SAGE-Berufe sowie der Vergütung von Anerkennungspraktika für alle SAGE-
Berufe, finanzielle Hürden abbauen und mehr jungen Menschen den Weg zur
Ausbildung ermöglichen.
- Um den akuten Fachkräftemangel in den sozialen Berufen einzudämmen, setzen
wir auf berufliche Quereinstieger:innen und wollen die Optionen zur
berufsbegleitenden Weiterbildung ermöglichen.
- Für uns als SPD Thüringen steht fest: Care-Arbeit ist Arbeit! Deshalb
wollen wir Familien, insbesondere Frauen, in der Umsetzung des
Familienalltags unterstützen und setzen uns für eine gerechte Verteilung
und Anerkennung bezahlter und unbezahlter Sorgearbeit ein.
- Wir werden die Einrichtungen der frei-gemeinnützigen Träger in Thüringen
stärken. Als Teile unserer pluralen Zivilgesellschaft, die durch
eigenständige soziale, politische und gesellschaftliche Wertvorstellungen
geprägt sind, sehen wir insbesondere in den Wohlfahrtsverbänden eine
tragende Säule unserer Demokratie. Um die Rolle des sogenannten dritten
Sektors als Sprachrohr für soziale Gerechtigkeit und Anbieter Sozialer
Arbeit in Thüringen zu stärken, braucht es u.a. eine Fortschreibung des
Thüringer Sozialwirtschaftsberichtes.
- Damit einher geht die konsequente Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips, um
Trägervielfalt, unterschiedliche Werteorientierung und eine hohe
Konzeptqualität zu gewährleisten sowie eine dialogische Partnerschaft
zwischen öffentlichen und freien Trägern auf Augenhöhe in gemeinsamer
Verantwortung für die Soziale Arbeit zu verstetigen.
- Es braucht unumgänglich eine thüringenweit einheitliche sowie auskömmliche
Finanzierung und Planungssicherheit für die Träger, insbesondere um
tarifgerechte Löhne, Gehälter und Arbeitsbedingungen bei freien Trägern
vergleichbar zum öffentlichen Dienst zu ermöglichen. Dabei setzen wir als
SPD Thürignen auf Transparenz: die Gehälter und etwaige Zusatzleistungen
von Führungskräften der freien Träger müssen analog des öffentlichen
Dienstes offengelegt werden.
- Die Entbürokratisierung des Zuwendungsrechtes entlastet nicht nur die
zuständige Verwaltung, sondern hilft ebenfalls Trägern, Vereinen und
Verbänden. Die freiwerdenden Kapazitäten können u.a. genutzt werden, um
Angeboten der Qualifizierung für die Tätigkeit in den Vereinen und
Verbänden nachzugehen. Dieses Angebot und die Anerkennung sowie Förderung
und Angebote der Qualifizierung für die ehrenamtliche Tätigkeit in den
Vereinen und Verbänden wollen wir stärken.
- Wir etablieren einen eigenen Digitalbonus für die Sozialwirtschaft,
angelehnt an die bestehende Förderung für die gewerbliche Wirtschaft.
2.3 Wirtschaft und Gute Arbeit in Zeiten der Transformation
Wir können stolz auf die wirtschaftliche Entwicklung Thüringens sein. Die
Sozialdemokratie steht für eine zunehmend klimaneutrale und gleichzeitig
wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft mit starker Mitbestimmung und hoher
Tarifbindung. Gerade kleinere und mittlere Unternehmen aus Industrie, Handwerk,
Handel sowie der Dienstleistungsbranche bilden das Fundament unserer Wirtschaft.
Der Thüringer Mittelstand mit seinen Beschäftigten ist bereits heute produktiver
als der Bundesdurchschnitt.
Die oftmals mit ihrem persönlichen Vermögen haftenden Unternehmer des Thüringer
Mittelstands haben den Strukturwandel der letzten dreißig Jahre entscheidend
mitgestaltet – dafür gebührt ihnen zusammen mit ihren Mitarbeiter:innen Dank und
Anerkennung. Aber auch größere Unternehmen investieren regelmäßig in ihre
Thüringer Standorte und zeigen, dass unser Land auch im Standortvergleich
wettbewerbsfähig ist. So investieren international agierende Unternehmen in
Thüringen, ohne dass Milliardenförderungen locken.
Die SPD steht für eine soziale Marktwirtschaft, in der die Unternehmen gute
Arbeitsbedingungen und faire Löhne zahlen, um im Wettbewerb um Fachkräfte zu
bestehen. Wir stehen für eine soziale Marktwirtschaft, in der der Staat den
Unternehmen einen verlässlichen Rahmen setzt, so dass sie mit unternehmerischer
Freiheit erfolgreich investieren und produzieren können. Und wir stehen für eine
soziale Marktwirtschaft, in der Unternehmer:innen die betriebliche Mitbestimmung
und das solidarische Miteinander im Betrieb als Chance betrachten.
Das werden wir tun:
- Die zentralen Herausforderungen für Wirtschaft und Arbeit in unserem Land
erfordern einen konsistenten Ansatz aus einer Hand. Wir werden daher ein
Transformationsministerium bilden, indem die Zuständigkeit für Wirtschaft,
Arbeit, Energie, Forschung und Technologie sowie digitale Infrastruktur
verbunden werden.
- Um den Herausforderungen der multiplen Krisen und dem Strukturwandel
gerecht zu werden, werden wir einen „Transformationsbudget Thüringen“
einrichten. Damit wollen wir in den kommenden Jahren einen fühlbaren
strukturpolitischen Impuls setzen und den notwendigen wirtschaftlichen
Wandel in Thüringen aktiv gestalten.Dabei werden wir alle relevanten Akteur:innen einbeziehen. Insbesondere
die Gewerkschaften sind für uns wichtige Partner:innen, um die
Herausforderungen der Transformation zu meistern.
Seitens des Landes sollen eine regelmäßige wirtschafts- und
strukturpolitische Berichterstattung und ein Monitoring etabliert werden.
Dabei sollen wissenschaftliche Studien die Grundlagen bilden, um
wirtschafts- und strukturpolitische Handlungsempfehlungen zu entwickeln,
umzusetzen, zu bewerten und zu evaluieren.
- Aufbauend auf unseren Erfahrungen in der Automobilindustrie wollen wir
eine umfassende Qualifizierungs- und Innovationsstrategie für
Arbeitnehmer:innen sowie Unternehmen in den besonders von der
Dekarbonisierung betroffenen Industrien und produktionsnahen
Dienstleistungen auflegen. Dabei wollen wir innovative Ansätze zur
Nachwuchsgewinnung und Fachkräftesicherung erarbeiten und bei der
Qualifizierung und dem Aufbau von unternehmensspezifischem Know-how und
Innovationen unterstützen. Für die Fortsetzung der Finanzierung der
Transformationsnetzwerk ANeTT werden wir uns auf Landes- und Bundesebene
auch über das Jahr 2025 hinaus einsetzen.
Wir werden regionale Initiativen zur Gestaltung des
Transformationsprozesses stärker begleiten. Da wo sich Akteur:innen vor
Ort auf dem Weg machen, werden wir sie konzeptionell und finanziell
unterstützen, um regionale Cluster zu bilden.
- Wir werden ein Kreditprogramm für zukunftsfähige kleinere und mittlere
Unternehmen am Wirtschaftsstandort Thüringen etablieren, um diese bei der
Umstellung auf eine CO2-freie Produktion zu unterstützen.
- Wirtschaft und Energie gehören zusammen. Die Energiewende der letzten
Jahre hat gezeigt, dass eine gezielte, aber auch breite Entwicklung, der
Einsatz und die Verwertung der erneuerbaren Energien auch mit
energieintensiver Produktion Hand in Hand gehen muss. Wir setzen uns dafür
ein, dass Energie vor Ort mit den örtlichen Energieversorgern erzeugt,
gespeichert und gehandelt wird. Die Kommunen und ihre Stadtwerke als
zentrale Stütze der Energiewende und das Rückgrat der Energieversorgung in
Thüringen werden wir stärken.
- Wir schaffen mehr Klarheit für die Planung und vereinfachen die Planung
für die Errichtung, Erneuerung und den Betrieb von
Energieerzeugungsanlagen, Energiespeichern und den Netzausbau. Den
regionalen Verbrauch der erneuerbaren Energien werden wir zu dem stärken.
Das senkt dauerhaft Kosten, erhöht die Wettbewerbsfähigkeit der Thüringer
Wirtschaft und stärkt Arbeitsplätze und Umwelt in der Region
- Die Kofinanzierung von Programmen der Europäische Union und des Bundes zur
Wirtschaftsförderung im Allgemeinen sowie zur Bewältigung der
Transformation im speziellen werden wir umfassend sicherstellen.
- Inflation und steigendes Zinsniveau stellen Kommunen und Unternehmen
zunehmend vor Finanzierungsprobleme. Instrumente, wie Bürgschaften und
zinsverbilligte Kredite, können ohne größere Fördersumme helfen, aus einem
unfinanzierbaren Vorhaben eine rentierliche Investition zu machen. Dazu
wollen wir die Eigenkapitalbasis der Thüringer Aufbaubank als zentrales
Förderinstitut des Freistaats weiter stärken, um eine effektive und
wirtschaftliche Umsetzung entsprechender Landesprogramme der
Wirtschaftsförderung im Zuschuss- und Darlehensbereich zu gewährleisten.
Neben der Schaffung neuer Arbeitsplätze durch Ansiedlungen soll die
Sicherung von "Guter Arbeit", die die Beschäftigten mitbestimmt und
tarifiert entlohnt, als weiterer Förderschwerpunkt etabliert werden.
- Die erfolgreichen, niedrigschwelligen Förderangebote „Digitalbonus“ und
„Dekarbonisierungsbonus“ werden wir für alle Unternehmen der gewerblichen
Wirtschaft öffnen, fortführen und bedarfsgerecht finanzieren. Wir werden
prüfen, inwieweit mehr Unternehmen Zugang zu alternativen
Finanzierungsformen erhalten.
- Die erfolgreiche Großflächeninitiative zur Bereitstellung größerer
Gewerbe- und Industrieflächen werden wir fortsetzen und konsequent auf die
Erfordernisse des Klimaschutzes, aber auch auf die Ansiedlung von „Green
Tech“ Industrien ausrichten. Die Außenwirtschaftsförderung wollen wir noch
stärker auf Branchen und Absatzmärkte ausrichten, die unter Bedingungen
der Transformation langfristig erfolgreich sein können.
- Ohne Handwerker:innen wird die Transformation nicht gelingen. Die
Leistungssteigerung im Handwerk ist existenziell für die mittelständisch
geprägte Thüringer Wirtschaft. Darüber hinaus bietet das Handwerk für
viele Menschen gute Arbeit und faire Löhnen in allen Regionen unseres
Landes. Wir werden daher die bestehenden, handwerksspezifischen
Förderangebote deutlich erhöhen und bedarfsgerecht mit den
Handwerkskammern im Land weiterentwickeln.
- Wir werden ein Gesetz zur Stärkung des Tourismus in Thüringen vorlegen.
Damit wollen wir nicht nur Klarheit über die öffentlichen Aufgaben sowie
vereinfachende Regelungen für die Förderung schaffen, sondern auch das
Kur-Erhohlungsortegesetz an die Erfordernisse der Transformation anpassen.
- Unternehmertum braucht Freiheit: wir werden die Bemühungen des Bundes zur
Beschleunigung von Genehmigungsverfahren sowie zur Entbürokratisierung
unterstützen. Die Landesförderprogramme werden einfacher ausgestaltet und
wo notwendig die gesetzlichen Regelungen der Landeshaushaltsordnung sowie
die entsprechenden Verwaltungsvorschriften anpassen.
- Thüringen soll das attraktivste Bundesland für Gründer:innen,
Nachfolger:innen sowie junge Unternehmen, als KMUs von morgen, bleiben.
Dazu muss Gründen unkompliziert sein. Daher werden wir die bestehenden
Beratungs- und Förderangebote entsprechend bedarfsgerecht weiterentwickeln
und die Finanzierung verstetigen. Das Gründen im Nebenerwerb muss gestärkt
und Förderinstrumente etabliert werden, um Gründer:innen im Nebenerwerb zu
entlasten. Wir werden die Förderung der Personaleinstellung über die
Thüringer Gründungsprämie ermöglichen und die Unterstützung bei der
Antragstellung von Fördermitteln als Beratungsleistung bezuschussen.
- Wir werden ein umfassendes Ökosystem für Start-ups und junge Unternehmen
mit Vernetzungsaktivitäten, sowie gemeinsamen Ressourcen und
Infrastrukturen in Thüringen entwickeln. Besonders Start-Ups, die eine
hohe Wertschöpfung versprechen und gezielt bestehende wissens- und
technologieorientierte Branchen in Thüringen stärken, werden wir somit
unterstützen. Zudem setzen wir uns dafür ein, dass die öffentliche Hand
vermehrt als Ankerkunden für Start-Ups und gemeinwohlorientierte
Unternehmen (Social-Entrepreneurship) tätig wird.
- Es müssen Möglichkeiten geschaffen werden, um die Renovierung von
Technologie- und Gründungszentren zu fördern und ihre Attraktivität und
technologische Zukunftsfähigkeit zu stärken. Damit werden wir Start-Ups
auch in den ländlichen Regionen beste infrastrukturelle Voraussetzungen
bieten und Abwanderungen verringern.
- Die in Thüringen bestehenden Trialoge aus Landesregierung,
Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften müssen genutzt werden, um den
Strukturwandel zu bewältigen. Hierzu gehören beispielsweise das Thüringer
Bündnis für die Zukunft der Industrie. Die Landesregierung soll
regelmäßige Veranstaltungen unter Beteiligung der Gewerkschaften und
betrieblichen Interessenvertretungen durchführen, die sich mit der
Bewältigung des Wandels beschäftigen, denn ihr Erfahrungswissen und ihre
Kompetenzen sind der wichtigste Baustein zur Gestaltung des Wandels.
- Die Landessstrategien soll um das Nachhaltigkeitsziel „menschenwürdige
Arbeit für alle“ analog zur Agenda 2023 der Vereinten Nationen erweitert
werden. Denn sozialdemokratische Wirtschaftspolitik heißt, in den
Nachhaltigkeitsstrategien des Landes soziale, ökologische und ökonomische
Ziele gleichermaßen zu verankern.
- „Wir werden uns auf Bundesebene ausdrücklich für die Ansiedlung einer
Start-up Factory an einem bestehenden Gründungs- und Start-Up Hotspots in
Thüringen einsetzen, um die Sichtbarkeit Thüringens als exzellenten
Gründungsstandort zu stärken und die Finanzierung der Start-Up
Infrastruktur vor Ort sicherzustellen und auszubauen.“
- Als ein neues Instrument der demokratischen Kontrolle führen wir eine
Privatisierungsbremse ein. Sie sieht vor, dass öffentliche Unternehmen der
Daseinsvorsorge nicht verkauft werden können, wenn die Bürgerinnen und
Bürger der Privatisierung in einem Referendum mit Mehrheit ablehnen.
Dadurch wollen wir erreichen, dass die langfristigen Interessen der
Menschen nicht einem kurzfristigen Interesse an einmaligen finanziellen
Erlösen durch den Verkauf dieser Unternehmen zum Opfer fallen.
2.4 Digitalisierung
Die SPD Thüringen steht für eine Digitalpolitik, die die Möglichkeiten und
Potenziale der digitalen Welt in den zentralen Lebensbereichen erschließen und
heben will, um das Leben und die Entfaltungsmöglichkeiten der Thüringer
Bürger:innen zu verbessern. Damit stärken wir Thüringen als Ort guten Lebens und
Arbeitens sowie als Wirtschafts- und Innovationsstandort. Für uns stehen die
Menschen in Thüringen im Mittelpunkt; denn Digitalisierung ist kein Selbstzweck,
sondern soll den Bürger:innen ein besseres Leben in unserer demokratischen
Gemeinschaft in Freiheit ermöglichen. Wir wollen diesen kontinuierlichen
Transformationsprozess der Digitalisierung weiterhin als Chance begreifen und
gemeinsam mit den Thüringern sozialverträglich und wirtschaftlich erfolgreich
gestalten.
Das werden wir tun:
- Wir werden verstärkt Kompetenzen im Bereich der Digitalen Gesellschaft
aufbauen und ein entsprechendes Grundsatzreferat in der Landesverwaltung
etablieren. Die Digitalagentur Thüringen wird in Abgrenzung dazu als
Thinktank weiterentwickelt, um die aktuellen und künftigen Entwicklungen
mit Thüringer Knowhow zu erfassen.
- Digitalisierung macht das Leben der Menschen besser. Innovative Ansätze
der Telemedezin machen es möglich, dass Hausärzte vor Ort unkompliziert
Spezialisten der Krankenhäuser der Maximalversorung hinzuziehen können. Im
Nahverkehr bietet Digitalität die Chance neue Konzepte von Ruftaxis zu
etablieren, die Wartezeiten minimieren und gleichzeitig kostengünstig
sind.
- Das 2020 gegründete Thüringer Zentrum für Lernende System und Robotik
(TZLR) hat sich als zentrale Anlaufstelle im Bereich der Künstlichen
Intelligenz etabliert. Wir werden sicherstellen, dass das Zentrum seine
erfolgreiche Arbeit fortsetzen kann.
- Für kleine und mittlere Unternehmen stellt die Digitalisierung aufgrund
des dynamischen Anpassungsdrucks eine besondere Herausforderung dar.
Unternehmen in allen Sektoren, vom verarbeitenden Gewerbe bis hin zum
Tourismus müssen ihre Dienstleistungs- und Geschäftsmodelle auf den
Prüfstand stellen. Mit dem Kompetenzzentrum Wirtschaft 4.0 werden wir
Unternehmen und ihre Beschäftigte weiter dabei unterstützen, die Chancen
der Digitalisierung zu ergreifen.
- Grundvoraussetzung der weiteren Digitalisierung von Wirtschaft und
Gesellschaft ist dabei ein leistungsfähiges flächendeckendes
Glasfasernetz, welche die stetig wachsenden Datenströme verarbeiten und
weiterleiten kann. Wir werden daher den eigenwirtschaftlichen Ausbau
privater Telekommunikationsunternehmen gezielt durch Beratungsangebote für
Kommunen unterstützen. . Die dafür verwendeten Glasfasern müssen hohen
Umweltstandards genügen. So sollten lange Lieferwege vermieden und
Thüringer Produzenten gestärkt werden, um den CO2-Abdruck zu senken.
- Wo der Markt nicht hinreichend schnell und umfassend ausbaut, werden wir
durch gezielte Förderung der Thüringer Glasfasergesellschaft in Beratung
und Ausbau eine flächendeckende Glasfasererschließung erreichen – wo immer
möglich sollen die Netze der Zukunft im Eigentum der Kommunen entstehen.
Das Bundesförderprogramm zum Glasfaserausbau werden wir vollständig
gegenfinanzieren.
- Wir werden uns beim Bund dafür einsetzen, dass Telekommunikationsanbieter
stärker beim Mobilfunk in die Pflicht genommen und an ihren Ausbauzielen
festgehalten werden. Gleichzeitig werden wir auf Landesebene weitere
Maßnahmen zur Beschleunigung des Ausbaus prüfen, beispielsweise durch
Anpassungen der Bauordnung oder des zur Verfügung stellen von Standorten.
- Der Ausbau der digitalen Infrastruktur benötigt Rechtssicherheit und
Transparenz. Mit einem Beschleunigungs- und Transparenzgesetz Glasfaser
werden wir nicht nur Daten zum Verlauf von geförderter und nicht
geförderter Telekommunikationsinfrastruktur kontinuierlich erheben und in
öffentlichen Verzeichnissen allgemein zugänglich bereitstellen, sondern
auch die Verfahrensbeschleunigungen ermöglichen.
- Wir stehen für eine Netzpolitik, die individuelle Freiheitsrechte und die
Notwendigkeiten der Daseinsfürsorge in Einklang bringt. Wir setzen uns ein
für die Beschränkung der Macht großer Plattformen, für
diskriminierungsfreie Algorithmen sowie für freie Software und offene
Standards wo immer sinnvoll und möglich. Wir stehen ein für eine möglichst
weitgehende „Open Access“ Regulierung bestehender digitaler Infrastruktur,
um so den Zugang zu digitalen Diensten im ländlichen Raum zu verbessern
und zu vergünstigen.
- Datenschutz und Datensouveränität sind für uns elementare Grundrechte.
Gleichwohl dürfen die darauf aufbauenden rechtlichen Regelungen nicht dazu
führen, dass ein Übermaß an Bürokratie entsteht oder digitale Anwendungen
zum Nutzen der Menschen nicht eingesetzt werden können. Wir setzen uns
daher für datenschutzrechtliche Regelungen mit Augenmaß ein: was gegenüber
großen „Tech-Konzernen“ notwendig ist, kann gegenüber kleinst, kleinen und
mittleren Unternehmen schnell unverhältnismäßig sein.
2.5 Land- und Forstwirtschaft
Über die Hälfte der Fläche Thüringens wird für landwirtschaftliche Zwecke
genutzt, somit prägt die Landwirtschaft einen erheblichen Teil der Thüringer
Landschaft. Dies bedeutet für uns als SPD Thüringen, dass unsere Umwelt sowohl
Lebensraum als auch Produktionsstätte ist und dementsprechend gepflegt werden
muss. Umso wichtiger ist es daher, dass Thüringen den Fokus auf eine
gemeinwohlorientierte Landwirtschaft legt, die die Herstellung guter und
gesunder Lebensmittel für die regionale Versorgung Thüringens auch in Zukunft
sichert und allen Landwirt:innen ein angemessenes Auskommen und regionale
Wertschöpfung ermöglicht. Die gesellschaftlich gewünschte Transformation der
Landwirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit, Tierwohl und Umweltleistung stellt für
die Landwirt:innen eine Herausforderung dar, die auch mit Fragen zu
Arbeitsplätzen und Einkommenssicherung verbunden sind. Die SPD wird sich aus
sozialer Verantwortung dafür einsetzen, dass diese Zielstellungen nicht zu
Lasten der landwirtschaftlichen Betriebe und ihrer Mitarbeiter umgesetzt werden.
Das werden wir tun:
- Wir werden die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union auch
in Zukunft kritisch begleiten und gemeinwohlorientiert ausrichten. Die
Beiträge von Landwirt:innen zum Natur- und Klimaschutz müssen finanziell
sehr viel stärker gewürdigt werden.
- Wir werden die Gemeinwohlprämie des Deutschen Verbandes für
Landschaftspflege in Thüringen im Rahmen der Eco-Schemes erproben und ggf.
anwenden.
- Wir werden die Halbzeitbilanz der Gemeinsames Agrarpolitik nutzen,
bestehende Förderinstrumente auf den Prüfstand zu stellen und ggf. zu
ändern oder zu ersetzen.
- Wir wollen eine schnelle, praktikable und langfristig belastbare Umsetzung
der höheren Tierwohlstandards in Thüringen umsetzen. Dies muss sich im
Rechtsrahmen, aber auch in der Förderkulisse niederschlagen. Gleichzeitig
werden wir uns weiter für ein verpflichtendes Tierwohllabel bei tierischen
Produkten einsetzen, um Verbraucher:innen eine Orientierung zu liefern.
- Wir werden die Neugründung und den Erhalt von Ökolandbau mit ausreichenden
finanziellen Mitteln ausstattenund bis Ende 2029 die Zielstellung von 30%, um zunächst das Thüringer Ziel 10 %
Ökolandbauin Thüringenund im Anschluss das bundesdeutsche Ziel 30 % zu erreichen.
- Wir werden Junglandwirt:innen in der praxisnahen Aus- und Weiterbildung in
Thüringen, sowie der Existenzgründung in oder mit einem
landwirtschaftlichem Betrieb unterstützen. Um die erheblichen
Herausforderungen der Unternehmensnachfolge, Fachkräftegewinnung und der
Stärkung des Know-Hows in der Region zu stärken, setzen wir uns dafür ein,
die Ausbildungsangebote und die vorhandenen Studienangebote zu stärken.
- Wir setzen uns für innovative Lösungen für die Zukunft der Agrar- und
Landwirtschaft ein. Wir betrachten nachhaltige, automatisierte und
digitalisierte Einsatzformen von Informationstechnologien und
Verfahrenstechniken als Chance. Sie ermöglichen, den auch im Bereich der
Landwirtschaft bestehenden Herausforderungen effizient zu begegnen: Hohe
Nachfrage, Fach- und Arbeitskräftemangel, Nachwuchsgewinnung sowie
Anpassungsdruck in der Bewirtschaftung aufgrund klimatischer
Veränderungen. Daher werden wir Smart Farming niedrigschwellig fördern.
- Landwirtschaftliche Flächen unterliegen einen besonderen
gesellschaftlichen Schutz. Daher setzen wir uns dafür ein, dass die
Agrarstruktur sich am Zweck der landwirtschaftlichen Produktion orientiert
und Bodenspekulationen aktiv verhindert werden. Wir setzen uns für eine
verbindliche Kompensation von Flächen im gesamten Freistaat ein. Diese
darf nicht weiter auf Kosten vor allem der landwirtschaftlich genutzten
Flächen erfolgen. Brach- und Altlastflächen, sowie die Entsieglung von
Flächen sind die entscheidenden Maßnahmen um das Ziel der Netto-Null-
Bodenversieglung in den nächsten Jahren zu erreichen.
- Wir werden uns für regionale Wirtschaftskreisläufe durch
Wertschöpfungszentren in Nahversorgerregionen in Thüringen einsetzen, die
sich um die Vernetzung, Beratung, Coaching und Qualifizierung von
Landwirt:innen kümmern.
- Wir setzen uns für gemeinsam genutzte Verarbeitung, Lager, Vertriebs- und
Entsorgungsinfrastrukturen ein, um Thüringer Produkte vor Ort verfügbarer
zu machen und zugleich eine höhere Wertschöpfung in der Region zu
ermöglichen. Den Verlust der Infrastruktur wie Schlachthöfe werden wir
konsequent stoppen. Historische Nutzungsformen wie Wanderschäferei oder
Hüteschafhaltung und Waldweide wollen wir dabei in besonderer Weise
honorieren.
- Wir werden die Position der Erzeuger:innen gegenüber dem
Lebensmittelhandel deutlich stärken und realistische Erzeugerpreise
ermöglichen. Wir streben eine Landwirtschaft an, die faire Preise für
Erzeuger:innen, Handel und Verbraucher:innen ermöglicht.
- Wir werden die Bejagung von Schwarzwild in Thüringen konsequent
fortsetzen, um die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinpest (ASP)
einzudämmen.
- Die Ausgestaltung des Europäischen Landwirtschaftsfonds ELER für die
flächenbezogenen Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUKM) wird sich daran
orientieren, den Anteil des ökologischen Landbaus zu erweitern und
extensive Bewirtschaftungsmaßnahmen insbesondere der Rinderhaltung,
Weideprämien, Agroforstsysteme bis hin zur schonenden Landbewirtschaftung
von Auen, Mooren und Feuchtgebieten fortzuführen bzw. neu zu etablieren.
- Wir werden artenreiches Grünland durch eine aus der ersten Säule
finanzierte Weidetierprämie für Milchkühe und extensive Mutterkuhhaltung
im Rahmen der EU-Förderung fördern und erhalten
- Wir werden den Klimaschutz in der Landwirtschaft voranbringen und die
Humusmehrung in Böden durch eine standort- und betriebsgerechte
Mindestfruchtfolge sowie die Wiedervernässung von Mooren angemessen
fördern.
- Wir wollen Hochwasserereignissen durch eine konsequente Entwicklung der
Auenräume entgegenwirken und so den Wasserrückhalt in der Fläche
verbessern. Hierfür wollen wir Flächennutzungen stärken, welche die Auen
als Lebens-, Wirtschafts- und Erholungsraum zusammenfasst und resistenter
gegen Schäden durch Hochwasserlagen macht. Ebenso sehen wir in einem
aktiven Wassermanagement eine dringende Aufgabe der öffentlichen Hand.
Hierbei spielt Vorbeugung vor längeren Dürreperioden mit Auswirkungen auf
Flora&Fauna, Tourismus,
Bevölkerungsschutz und die Lebensqualität der Bürgerinnen der Bürger eine
entscheidende Rolle.
- Wir werden die standortnahe Wasserversorgung der Landwirtschaft und
Forstwirtschaft stärken und gleichzeitig die Zeitgemäßheit und den Zustand
von Drainagen und herrenlosen Speichern prüfen. Nicht nur für die
Versorgung von Kulturen auf den Feldern und Wäldern, auch für die
Bereitstellung von Löschwasser und zur langfristigen Neubildung von
Grundwasser braucht es einen konkreten Fahrplan bis 2029, der auch
kleinere Wasserspeicher umfasst.
- Wir werden den Einsatz von Düngemitteln und insbesondere Mineraldünger
reduzieren und einen geschlossenen Stickstoffkreislauf mit effizientester
Nutzung aufbauen.
- Wir werden den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln deutlich reduzieren und
die Landwirt:innen auf diesem Prozess finanziell und wissenschaftlich
begleiten. Dies schaffen wir u.a. durch eine noch gezieltere und räumlich
begrenztere Anwendung von Pflanzenschutzmitteln. Dafür braucht es
Alternative Werkzeuge für die konventionelle Landwirtschaft, um die
Lebensmittelerzeugung zuverlässig, umweltverträglich zu gewährleisten.
- Wir werden den Einsatz weiterer landwirtschaftlicher Flächen für die
Herstellung von Biokraftstoffen, zur Energieerzeugung oder zur technischen
Kohlenstoffabscheidung (BECCS) kritisch prüfen.
- Wir werden die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand bei der Vielfalt der
Angebote für umweltverträglicher Ernährungsstile ernstnehmen und in den
Kantinen öffentlicher Einrichtungen attraktive günstige Angebote u.a. für
eine pflanzenbasierte Ernährung schaffen.
- Wir wollen den Erhalt und die Zustandsverbesserung unseres Waldes sowie
die Entwicklung einer nachhaltigen und naturgemäßen Waldbewirtschaftung.
Dabei soll allen Funktionen des Waldes gleichermaßen Rechnung getragen
werden. Die Wertschöpfung der Forstwirtschaft soll weiter ausgebaut
werden. Wir werden ein Programm zur Mobilisierung weiterer
Privatwaldflächen auf den Weg bringen. Den Verkauf von landeseigenem Wald
lehnen wir ab.
- Wir wollen die Gemeinschaftsforstämter erhalten und sicherstellen, dass
die Förster als Mittler zwischen privaten Waldbesitzern und der
Holzindustrie helfen, alle Waldteile nachhaltig zu nutzen. An der
eigentumsübergreifenden Holzvermarktung soll festgehalten werden. Die
Entwicklung der Thüringen Forst-Anstalt werden wir weiter unterstützen.
- Wir wollen auch privatrechtliche Zusammenschlüsse von Waldbesitzern als
wichtige Säule der forstlichen Bewirtschaftung erhalten. Der Waldumbau
kann nur nachhaltig gewinnen, wenn alle Verantwortlichen für die Zukunft
der Wälder mit eingebunden werden.
- Die Jagd muss sich an ökologischen und wildbiologischen Grundsätzen,
neuesten Erkenntnissen der Jagdpraxis, Werten des Tierschutzes und
Erfordernissen der Lebensmittelhygiene orientieren. Wir wollen, dass sich
die Bejagung künftig mehr am jeweiligen Waldzustand und weniger an
Abschussplänen orientiert. Damit wollen wir eine angemessene Wilddichte
erreichen und den Aufbau stabiler, vielfältig strukturierter Wälder
sicherstellen.
- Wir setzen uns für hohe Qualitätsstandards und nachhaltige
Teichwirtschaften in ganz Thüringen ein. Wir unterstützen die Thüringer
Fischer:innen und Angler:innen dabei, den Lebensraum Gewässer in einen
guten Zustand zu versetzen. Dazu gehört für uns auch die Durchgängigkeit
für wandernde Fischarten.
3. Leben in einem freien und sicheren Land
Freiheit und Sicherheit sind menschliche Grundbedürfnisse. Es braucht eine
Balance zwischen ihnen, die nicht immer einfach auszuhandeln ist, aber das
Herzstück einer demokratischen Gesellschaft bildet. Das Leben in einem sicheren
Land, welches die Freiheit schützt und Recht durchsetzt, ist Basis eines
handlungsfähigen Staates. Wir Sozialdemokrat:innen wollen Sicherheit so
organisieren, dass sie Freiheit gewährleistet. Es ist unser Anspruch, dass alle
Menschen in Thüringen sicher sind und sich auch sicher fühlen können.
Neben der Ermutigung zu zivilgesellschaftlichem Engagement und der
Präventionsarbeit von Vereinen und Initiativen ist es uns genauso wichtig,
Polizei, Feuerwehr, Katastrophenschutz- und Rettungsorganisationen sowie die
kommunalen Ordnungsdienste zu stärken. Wer sie angreift, greift unsere
demokratische Gesellschaft an. Wir stehen fest an der Seite derer, die sich
tagtäglich in Haupt- und Ehrenamt für ein demokratisches Thüringen einsetzen und
es vor Angriffen schützen.
3.1 Eine starke Polizei – analog und digital
Die Menschen im Freistaat Thüringen leben sicher. Dafür sorgt eine starke und
moderne Polizei vor Ort und im Netz. Wir haben in den vergangenen Jahren dafür
gesorgt, dass die Polizist:innen unseres Landes gut ausgestattet und ausgebildet
auf alle Herausforderungen reagieren können. Hinzu kommen Verbesserungen bei den
Beförderungsmöglichkeiten, der Bezahlung und dem Gesundheitsmanagement. Mit
dieser Strategie waren wir erfolgreich: beispielsweise die Zahl der
Einruchsstraftaten nimmt ab, die Aufklärungsquote ist hoch. Thüringen ist
bundesweit eines der sichersten Bundesländer. Diese erfolgreiche Arbeit wollen
wir fortsetzen.
Das werden wir tun:
- Wir werden die Personalausstattung der Thüringer Polizei weiter erhöhen,
um die Präsenz in der Fläche zu verbessern. Die Zahl der Anwärter:innen im
Polizeibereich versteigen wirauf 300 pro Jahr. Durch zusätzliche Stellen
schaffen wir eine zukunftsfähige Personalstruktur für eine langfristig
leistungsfähige Thüringer Polizei. Mit einer flächendeckenden
Polizeipräsenz stärken wir das Sicherheitsempfinden unserer Bürger:innen.
- Mit der Neuausrichtung des Kontaktbereichsbeamten haben wir einen
wichtigen Schritt für eine Polizei für Stadt und Land gemacht. Mit der
zügigen Besetzung der neuen Stellen schließen wir die weißen Flecken im
Freistaat und schaffen mit konkreten Ansprechpartner:innen Sicherheit an
jedem Ort.
- Einsatzkräfte verdienen den größtmöglichen Schutz. In den letzten Jahren
haben wir sie fortlaufend mit moderner Schutzausrüstung und zeitgemäßen
Einsatzmitteln ausgestattet. Der landesweite Einsatz von Bodycams ist
dabei ein wesentliches Element und dient dem Schutz unserer Einsatzkräfte
und der Beweissicherung. Wir unterstützen Gesetzesinitiativen zur
Verschärfung von Straftatbeständen zum Schutz von Polizei- Einsatz und
Rettungskräften.
- Wir machen den Polizeiberuf noch attraktiver. Eine sofortige Umsetzung
der, aus dem Kienbaum Gutachten resultierende Einführung einer
zweigeteilten Laufbahn in der Polizei des Freistaates Thüringen, ist
kurzfristig nicht möglich und würde auch keine Perspektive für die,
überwiegend im mittleren Dienst eingesetzten Beamtinnen und Beamten,
darstellen. Auf dem Weg zur zweigeteilten Laufbahn wollen wir gute
innerhalb der nächsten 5 Jahre den verkürzten Aufstieg in die nächsthöhere
Laufbahn, analog der §16, §17 und §18 der Bundespolizei-
Laufbahnverordnung, in der Thüringer Laufbahnverordnung für den
Polizeivollzugsdienst verankern. Für Kriminalisten richten wir spezielle
Ausbildungsmodule ein – die Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern
werden wir intensivieren.
- Polizeidienststellen gehören zur Grundinfrastruktur der öffentlichen
Daseinsvorsorge. Den Investitionsstau bei der Sanierung von
Polizeiliegenschaften werden wir durch ein Investitionsprogramm
beseitigen.
- Die begonnene Entwicklung des Bildungszentrums Meiningen hin zu einem
modernen Campus setzen wir mit Hochdruck fort. Während der Ausbildung
sollen verstärkt demokratische Grundwerte sowie die interkulturelle
Kompetenz vermittelt werden. Dafür werden im Rahmen von Praktikawochen
auch externe Bildungsträger verpflichtet. Polizeidienstanwärter:innen
sollen sensibilisiert werden für unterschiedliche Arten von
Diskriminierung. Von Beginn der Ausbildung an muss eine selbstkritische
und offene Kultur in der Polizei gepflegt werden. Nur so kann sich der
Polizeidienst weiterentwickeln und sich Anwärter:innen zukünftig sicher im
Einsatzgeschehen bewegen. Damit schaffen wir moderne Unterrichtsmethoden
und Unterbringungsmöglichkeiten. Mit der Fusion der Bildungseinrichtungen,
Bildungszentrum und Fachhochschule legen wir den Grundstein für eine
leistungsfähige Struktur und attraktive Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte.
- Im Kampf um die besten Köpfe werden wir mit der Einführung der freien
Heilfürsorge für alle Polizist:innen, der Ruhegehaltsfähigkeit der
Polizeizulage und eines grundlegend zu novellierenden den aktuellen
Bedürfnissen Zulagensystems für die faire Vergütung eines anspruchsvollen
Jobs sorgen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf werden wir mit
angepassten Einsatzzeiten und speziellen Betreuungsangeboten verbessern.
Wir verurteilen jegliche Art von Übergriffen sowie Mobbing und
unterstützen die Entwicklung und Etablierung von Awareness- und
Präventionsstrukturen, die so etwas wirksam verhindern. Der Schutz der
Auszubildenden steht dabei an oberster Stelle.
- Den Frauenanteil in Führungspositionen der Polizei wollen wir deutlich
erhöhen. Dazu werden wir ein Mentoring-Programm für gezielte
Frauenförderung aufsetzen. Außerdem wollen wir noch mehr Menschen mit
unterschiedlichem kulturellem und persönlichem Hintergrund für den
Polizeiberuf ansprechen, um die Pluralität der Gesellschaft auch in den
Sicherheitsbehörden abzubilden. Besonders Menschen mit unterschiedlichen
Sprachkenntnissen sollen angesprochen werden, da klare und gute
Kommunikation die Basis jeder Polizeiarbeit ist.
- Es darf keine rechtsfreien Räume in der digitalen Welt geben. Der
zunehmenden Verrohung im Internet und der Verlagerung von Straftaten in
den Cyberraum werden wir nicht tatenlos zusehen. Wir wollen dem Beispiel
anderer Länder durch die Einrichtung eines Studiengangs zum IT-Ermittler
folgen. Mit einem verstärkten Fortbildungsprogramm wollen wir zudem eigene
IT-Fachkräfte und IT-Kriminalisten aufbauen.
- Die Digitalisierung der Thüringer Polizei treiben wir mit voller Kraft
voran. Deshalb haben wir die Online-Wache eingeführt und werden ihre
Einsatzmöglichkeiten weiter ausbauen. Die Ausstattung der Polizist:innen
mit aktuellen digitalen Endgeräten werden wir unter Beachtung hoher
Sicherheitsstandards weiter fortführen. Gefahrenlagen und
Kriminalitätsphänomene ändern sich rasant und ihre Bekämpfung bedarf
zeitgemäßer rechtlicher Handlungsgrundlagen. Die Angriffe auf IT-Systeme
von Bürger:innen, Verwaltung und Unternehmen nehmen stetig zu. Wir statten
Ermittler:innen technisch und rechtlich so aus, dass sie auch bei immer
größeren Datenbeständen zügig und genau ermitteln können.
- Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz setzen wir dabei an geeigneter
Stelle ein.Wir behalten dabei im Blick das KI dazu neigt Diskriminierung
und Rassismus aus den genutzten Trainingsdaten zu reproduzieren, daher ist
es uns wichtig offenzulegen auf welchen Daten KIs trainiert wurden und
diese regelmäßig auf systematische Diskriminierung und Rassismus
überprüfen zu lassen. Wir stellen sicher das alle Entscheidungen einer KI
von einem Menschen überprüft werden und niemand aus nicht-
nachvollziehbaren Gründen beschuldigt wird.
- Wir richten ein Thüringer Cybersicherheitszentrum ein. In diesem sollen
sich alle Thüringer Stellen, die sich um den Schutz von IT-Systemen
befassen eng und regelmäßig austauschen, um Staat, Wirtschaft und
Bürger:innen besser vor Angriffen aus dem Netz zu schützen.Wir sorgen
außerdem dafür, dass Sicherheitsbehörden in enger Zusammenarbeit mit dem
BSI gefundene Schwachstellen umgehend bei den Hersteller:innen melden und
damit zur bestmöglichen Cybersicherheit für uns alle beitragen.
- Wir verurteilen Gewaltstraftaten gegen Frauen – insbesondere Femizide. Wir
sehen in dem besseren Schutz von Frauen ein Schwerpunkt polizeilichen
Handelns und werden entsprechende Handlung- und Interventionsansätze
optimieren. Weiterhin sollen Polizist:innen während und nach ihrer
Ausbildung intensiver für Hasskriminalität gegen Frauen sensibilisiert
werden. Niemand darf in Thüringen bei Fällen von sexueller Gewalt das
Gefühl bekommen von den Sicherheitsbehörden nicht ernstgenommen zu werden.
Gegenüber dem Bund werden wir uns für eine Änderung des Strafgesetzbuches
einsetzen, damit insbesondere Femizide künftig härter bestraft werden.
- Im Rahmen eines Modellprojektes wollen wir Erfahrungen in der
falldatenbasierten Verbrechensbekämpfung im Deliktfeld der Wohnungs- und
Ladeneinbrüche sammeln.
- Wenige Mehrfach- und Intensivtäter:innen begehen einen großen Teil der
Straftaten in unserem Land. Damit stellen sie eine große Herausforderung
für Polizei, Justiz und andere Behörden dar. Wir evaluieren die Konzepte
zum Umgang mit diesen Täter:innen, um zum besseren Schutz der Bevölkerung
alle behördlichen Möglichkeiten auszunutzen.
- Eine konsequente und erfolgreiche Deradikalisierungsarbeit ist der beste
Schutz vor terroristischen Gefahren. Die bestehenden Ansätze in den
Sicherheitsbehörden wollen wir überprüfen und die Deradikalisierungsarbeit
fachlich übergreifend ausgestalten.
- Steuerhinterziehung, Geldwäsche, Korruption, Betrug und Untreue stellen
für Sozialdemokrat:innen nicht nur eine Gefahr für ehrliche Bürger:innen
und die sozialen Sicherungssysteme dar, sondern gefährden den sozialen
Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Im Bereich der Wirtschaftskriminalität
werden wir die Aus- und Fortbildungsmaßnahmen für unsere
Polizeibeamt:innen intensivieren.
- Unsere erfolgreiche Präventionsarbeit setzen wir fort. Wir nehmen
Unsicherheiten und Ängste ernst und ergreifen gezielte
Präventionsmaßnahmen, um das Sicherheitsempfinden unserer Bürger:innen zu
stärken und Straftaten zu verhindern. Die bestehenden Präventionsangebote
halten wir uneingeschränkt aufrecht. Mit der Einrichtung des
Landespräventionsrates haben wir die Arbeit der unterschiedlichen
Akteur:innen erfolgreich vernetzt und Impulse gesetzt.
- Wir werden eine positive Fehlerkultur innerhalb der Polizei weiter
fördern. Es ist wichtig, dass es auch innerhalb der polizeilichen
Strukturen möglich ist, über Fehler im Einsatz und Unsicherheiten im
Vorgehen zu sprechen. Supervision und Beratungsangebote ermöglichen es,
Vorgehensweisen zu reflektieren und innerhalb der Dienstgruppe zu
verbessern. Wir werden den Thüringer Polizeidienststellen Mittel zur
Verfügung stellen, die Selbstreflexion und Selbstkritik in einem
geschützten Raum ermöglichen. Dazu dient auch die Weiterentwicklung der
Polizeivertrauensstelle zu einer Polizeiaufsichtsbehörde, die dem
Thüringer Justizministerim untersteht. Bei Anzeigen gegen
Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte ermittelt derzeit die Polizei
praktisch gegen sich selbst. Dieser Umstand führt zu Interessenkonflikten.
- Wir werden, gemeinsam mit den Berufsvertretungen, eine Studie über
Demokratiefeindlichkeit und Rassismus in den Sicherheitsbehörden auf den
Weg bringen. Wir lassen nicht zu, dass sich rechtsextremistische
Glutnester in den demokratischen Institutionen ausbreiten. Mit dem
Sozialkompetenzzentrum stärken wir in Lehre und Fortbildung die
demokratische Resilienz. Präventionsangebote in der Aus- und Fortbildung
werden wir weiter ausbauen.
3.2 Feuerwehr und Katastrophenschutz
Der Brand- und Katastrophenschutz und die Rettungsdienste sind ein wichtiger
Pfeiler der Inneren Sicherheit in Thüringen. Die 60.000 Mitglieder der
Feuerwehren und weitere 10.000 Mitglieder in Rettungsorganisationen leisten mit
ihrem ehrenamtlichen Engagement einen unersetzlichen Beitrag für ihre
Mitbürger:innen. Unser Ziel ist deshalb eine gute Ausstattung, gute Ausrüstung,
gezielte Aus- und Fortbildung sowie eine fortlaufende Nachwuchsgewinnung für die
Held:innen des Alltags.
Das werden wir tun:
- Wir wollen die Leistungen der ehrenamtlichen Helfer:innen mit einer
öffentlichkeitswirksamen Kampagne würdigen. Diese soll ihnen Anerkennung
und Respekt zeigen und vor allem junge Menschen für das Ehrenamt
begeistern. Ohne Unterstützung der Arbeitgerber:innen, Ausbildungsstätten
und Schulen geht es nicht. Die zeitlichen Herausforderungen der
Ehrenamtlichen müssen hier gezielt beleuchtet werden.
- Die hohe Leistungsbereitschaft und Einsatzfreude von Feuerwehren und
Rettungskräften werden wir durch Investitionen in der Fläche unterstützen.
Dazu gehört die persönliche Ausrüstung, die Fahrzeugausstattung und der
Erhalt und Bau von Gerätehäusern. Wir treten für eine Erhöhung der
Fördersummen und Förderquoten seitens des Landes ein. Ein besonderes
Augenmerk soll dabei auf der sogenannten schwarz-weiß-Trennung liegen, um
Brandkrebs vorzubeugen.
- Durch Investitionen in Infrastruktur und Lehrangebote, insbesondere mit
Blick auf klima- oder technologiebasierten Veränderungen der
Einsatzszenarien werden wir die Thüringer Landesfeuerwehr- und
Katastrophenschutzschule weiterentwickeln. Dabei setzen wir das Projekt
TLFKS 2.0 fort, indem sich modernisierte Anlagen und dezentrale Ausbildung
vereinen.
- Wir werden die zentrale Beschaffung von Feuerwehrausstattung erweitern und
so versuchen die Beschaffung der Feuerwehrfahrzeuge in Zweckverbänden oder
auf Landesebene zu bündeln und Kostenvorteile zu erreichen, von denen
Kommunen und ihre Feuerwehren profitieren.
- Mit der Stabilisierung der deutschlandweit einzigartigen Feuerwehrrente
und der Erhöhung der Entschädigungssätze in Feuerwehren haben wir ein
starkes Zeichen der Anerkennung gesetzt. Dieses wollen wir der Schaffung
einer Helfer:innenprämie fortsetzen, die für 10 aktive Dienstjahre eine
500 €-Prämie vorsieht.
- Wir haben der Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV) im Freistaat eine
tragfähige Struktur gegeben. Diese wollen wir ausbauen und stärken, damit
PSNV-Kräfte durch professionelle Schulung und Vernetzung unterstützt
werden. So können Einsatzkräfte im Ernstfall umfassend psychologisch
betreut werden.
- Die integrierten Leitstellen sind ein zentrales Element für eine effektive
Alarmierung und Steuerung von Einsätzen der Feuerwehren und
Rettungsdienste. Mit der Schaffung der neuen Leitstellenstruktur in
kreisübergreifenden Verbünden haben wir die Weichen für die Zukunft
gestellt. Die Arbeit für moderne Alarmierungsstrukturen werden wir
fortsetzen und uns für die regelmäßige Durchführung des bundesweiten
Alarmtages einsetzen.
- Der Schutz Kritischer Infrastrukturen und ein leistungsfähiger
Bevölkerungsschutz ist in den letzten Jahren zu Recht stark in den Fokus
gerückt. Wir intensivieren den Schutz dieses Rückgrats unseres
Gemeinwesens, stellen die Umsetzung der Schutzmaßnahmen bei privaten und
öffentlichen Stellen sicher und setzen uns weiter für eine angemessene
Beteiligung des Bundes an dieser Aufgabe ein.
- Auch Einsatzkräfte werden vermehrt bei Einsatzmaßnahmen durch Dritte
angegriffen. Wir sorgen dafür, dass unsere Einsatzkräfte bestmöglich
geschützt sind, in dem wir für eine moderne passive Schutzausstattung
sorgen. Die Beschaffung kann bspw. als Poolausstattung erfolgen.
3.3 Kampf für Demokratie
Wir haben in den letzten Jahren zahlreiche Erfolge beim Kampf gegen
rechtsextremistische Veranstaltungen und Strukturen erzielen können. Feinden der
Demokratie, der Verfassung und der Menschenrechte, werden wir uns auch weiterhin
entschieden entgegenstellen. Mit Blick auf unserer Werte und im Bewusstsein
unserer besonderen Verantwortung sagen wir jeglicher Form von Antisemitismus den
Kampf an.
Politische Bildung und Demokratiearbeit sind für uns stetige gesellschaftliche
und politische Aufgaben. Um dieser Aufgabe nicht nur gerecht zu werden, sondern
auch deren Bedeutung anzuerkennen, werden wir ein Demokratiefördergesetz
beschließen. Programme, Projekte, Konzepte, Vorhaben etc. brauchen, um wirken zu
können, eine langfristige Planungssicherheit und damit unumgänglich eine
finanzielle Absicherung. In diesem Zusammenhang müssen auch die bestehenden
Landesprogramme auf ihre Förderung sowie ihre inhaltliche Ausrichtung evaluiert
werden. Neue Herausforderungen und Bedrohungen unserer Freiheit und Demokratie,
wie digitaler Faschismus, Desinformationen, Verschwörungserzählungen, rechter
Terror in Thüringen oder Radikalisierungen im Zuge der Corona-Pandemie als auch
Zielgruppen, wie Migrant:innenselbstorganisationen, müssen mit aufgenommen
werden. An dieser Neugestaltung darf deshalb nicht ausschließlich
regierungsintern gearbeitet, sondern die Zivilgesellschaft muss adäquat daran
beteiligt werden.
Wir werden zivilgesellschaftliche Akteur:innen unterstützen, indem wir
- ihre, oftmals ehrenamtliche Tätigkeit erleichtern, indem bürokratische
Hürden abgebaut werden. Dort wo Zivilgesellschaft, Staat, Behörden
zusammenarbeiten entstehen Partner:innenschaften, die nachhaltig wirken
können.
- ihre Arbeit würdigen: sie verteidigen in verschiedenster Form die
demokratischen Grundlagen unserer pluralen Gesellschaft, wirken sozial und
solidarisch. Es gilt sie in ihrer Arbeit zu unterstützen und zu bestärken.
- ihre Arbeit nicht nur anerkennen, sondern deren weite Perspektiven auf
Landesebene auch im Rahmen eines institutionalisierten Austauschs mit der
Regierung und dem Landtag einbinden. Deshalb fordern wir, dass
- Zivilgesellschaft und die zuständigen politischen Vertreter:innen
regelmäßig gemeinsam an einem Tisch zusammenkommen, um sich über aktuelle
gesellschaftliche Problemlagen auszutauschen.
- im Kampf gegen die extreme Rechte bei Behörden und Verwaltung für eine
verbesserte Anerkennung der Perspektive von zivilgesellschaftlichen
Akteur:innen werben, so dass die Zusammenarbeit beispielsweise bei der
Organisation und Durchführung von Demonstrationen erleichtert wird.
- mit ihnen, Akteur:innen aus Staat und Wissenschaft gemeinsam an einer
langfristigen Demokratie-Förderstrategie und ihrer kontinuierlichen
Fortentwicklung arbeiten.
- Wir verstetigen und bauen das Thüringer Landesprogramm für Demokratie,
Toleranz und Weltoffenheit als wertvolle Unterstützung der
Demokratieförderung aus. Wir werden das Thüringer Demokratiefördergesetz
einführen, um so bewährten Projekten des Engagements zur
Demokratieförderung und politischen Bildung eine verlässliche und
langfristige Ausfinanzierung zu ermöglichen und wiederkehrenden
Verwaltungsaufwand zu reduzieren
Außerdem werden wir konsequent an der Umsetzung der Handlungsempfehlungen der
Untersuchungsausschüsse zu den NSU-Morden 5/1 und 6/1 als auch der Enquete-
Kommission gegen Rassismus und Diskriminierungen 6/1 weiterarbeiten und die
demokratiefördernde und rassismus- und diskriminierungskritische Bildungsarbeit
an Schulen, in der außerschulischen Bildung und in Organisationen und Behörden
stärken.
Das werden wir tun:
- Wir setzen uns für die Herabsetzung des aktiven Wahlalters bei
Landtagswahlen auf 16 Jahre und des passiven Wahlalters bei
Bürgermeister:innen- und Landrät:innenwahlen ein, um junge Menschen
möglichst früh an der parlamentarischen Demokratie zu beteiligen
- Wir werden eine „Koordinierungsstelle für Demokratiebildung an Schulen“
einrichten. Seit Jahrzehnten gibt es Modellprojekte, die Kitas und Schule
als Lernorte für Demokratie erproben, nun kommt es darauf an,
flächendeckend für ein Angebot der Demokratiebildung an Thüringer Schulen
zu sorgen.
- Wir werden uns für ein passives und aktives Wahlrecht für
Drittstaatsangehörige auf kommunaler Ebene einsetzen, um diesen Menschen
die Einbindung in den politischen Diskurs aktiver zu ermöglichen und
Potentiale für die gesellschaftliche Beteiligung zu heben. Dauerhaft in
Deutschland lebenden Menschen soll so politische Teilhabe und Mitwirkung
ermöglicht werden.
- Das Amt für Verfassungsschutz muss weiter personell und materiell
angemessen ausgestattet sein, um den wachsenden Aufgaben zum Schutz
unserer Demokratie gerecht zu werden. Eine ausreichende parlamentarische
Kontrolle ist dabei weiterhin zu gewährleisten.
- Mit der Einrichtung der Task-Force Versammlungslagen konnten wir
Landkreise und Kommunen bei teilweise komplizierten Rechtsfragen beraten
und sie in die Lage versetzen, sich insbesondere gegen Veranstaltungen der
extremen Rechten zur Wehr zu setzen. Diese erfolgreiche Arbeit setzen wir
fort und entwickeln sie weiter.
- Um bei Konflikten in Kommunen den Dialog und demokratische Problemlösungen
zu unterstützen sowie Radikalisierungen und Populismus vorzubeugen, werden
wir Angebote der kommunalen Konfliktberatung verstetigen und ausbauen.
- Kampf gegen Hass und Hetze im Netz – Das Internet erlaubt durch seine
Anonymität oft radikale Äußerungen, die manchmal auch in schreckliche
Taten umschlagen können. Wir unterstützen die Gesetzinitiativen auf
Bundesebene zur besseren Bekämpfung dieser Phänomene. Das Internet darf
kein rechtsfreier Raum sein. Die Zusammenarbeit zwischen Polizei,
Staatsanwaltschaft und Medienverantwortliche werden wir intensivieren. Wir
schaffen die personelle Ausstattung von Polizei und Staatsanwaltschaft, um
Strafverfahren schnell abzuschließen.
- Rechte Demokratiefeind:innen werden wir konsequent aus dem öffentlichen
Dienst entfernen.
- Wir setzen uns weiterhin für die Entwaffnung von Rechtsextremist:innen
ein.
- Für alle Fördermaßnahmen des Landes wird künftig der Grundsatz "Keine
öffentlichen Mittel für rechte Demokratiefeind:innen" gelten, damit eine
indirekte staatliche Unterstützung für demokratizersetzende Unternehmungen
verhindert wird.
3.4 Justiz
Wir Sozialdemokrat:innen gewährleisten einen freiheitlichen, demokratischen
Rechtsstaat durch eine leistungsfähige und unabhängige Justiz als eine seiner
tragenden Säulen. Der Zugang der Menschen zu den Gerichten wird weiterhin
unkompliziert, barrierefrei und ortsnah gewährleistet. Staatsanwaltschaften und
Gerichte erhalten eine personelle und sächliche Ausstattung, die dieser Rolle im
Rechtsstaat und den wachsenden Herausforderungen gerecht wird. Nur auf diese
Weise wird gewährleistet, dass das Vertrauen der Menschen in die Justiz nicht
nur dauerhaft erhalten, sondern noch gestärkt wird.
Die Bürger:innen haben ein Recht darauf, dass Straftaten schnell aufgeklärt und
konsequent geahndet werden, sie ihre Ansprüche zügig durchsetzen und
unberechtigte Eingriffe in ihre Rechtsgüter effizient abgewehrt werden. Wir
verteidigen unseren Rechtsstaat gegen alle Bedrohungen unserer freiheitlich-
demokratischen Grundordnung, durch Extremismus, Hass und Hetze sei es analog
oder digital. Der Rechtsstaat kennt keine rechtsfreien Räume. Die Opfer von
Straftaten verdienen die ihnen zustehende Anerkennung und Hilfe. Der sichere
Justizvollzug gewährleistet und dient der Resozialisierung Die zunehmende
Digitalisierung der Justiz bietet eine Vielzahl von Chancen sowohl für die
Bürger:innen als auch für die Mitarbeiter:innen. Wir wollen den Weg der
Digitalisierung und der modernen Kommunikation in der Justiz weiter
vorantreiben.
Die Justiz ist neben Gesetzgebung und Exekutive die dritte Gewalt im Staat und
eine besondere öffentliche Aufgabe. Deshalb dürfen Justizangelegenheiten nicht
in den privaten Sektor verlagert werden
Das werden wir tun:
- Gutes Personal, leistungsfähige Justiz
- Die Leistungsfähigkeit unserer Justiz fußt auch in Zukunft auf einer
angemessenen personellen und sachlichen Ausstattung der Gerichte,
Staatsanwaltschaften und Justizvollzugseinrichtungen. Damit der in
den nächsten Jahren weiter stattfindende demografische und
altersstrukturelle Wandel in der Justiz bewältigt und damit deren
Leistungsfähigkeit wiederhergestellt bzw. gesichert werden kann,
aber auch neue Herausforderungen z.B. durch die Digitalisierung und
in der Strafverfolgung gemeistert werden können, ist es bereits
jetzt erforderlich, mit Neueinstellungen nicht nur vorhandenes
Personal mittelfristig zu ersetzen, sondern zusätzliches Personal zu
gewinnen. - Wir werden eine Einstellungsoffensive für Justizbedienstete mit
modernen Werbe- und Einstellungsverfahren ergreifen. - Wir werden die bestehenden Personalkonzepte für die Justiz mit einer
Aufstockung von 10% über dem Personalschlüssel für Richter und
Staatsanwälte PEBB§Y) weiterentwickeln, - Wir werden die Personalverstärkungen bei der Polizei
korrespondierend auf die Justiz zu übertragen, - Wir werden durch moderne Arbeitszeitmodelle, die Einführung von
Lebensarbeitszeitkonten und Stärkung der Altersteilzeitregelungen
und eines umfassenden Beförderungs- und
Personalentwicklungskonzeptes für die Justiz die Attraktivität des
Dienstes in der Justiz stärken,Wir werden die Verfahren und
Instrumente der richterlichen Mitbestimmung in der evaluieren und
ggf. fortentwickeln unddie bestehenden Aus- und
Fortbildungskooperationen mit anderen Ländern für Richter:innen,
Staatsanwält:innen und Rechtspfeger:innen fortführen, sowie um
landeseigene Fortbildungen ergänzen bzw. ausbauen. Inhaltlich soll
es neben dem Erwerb, der Vertiefung und Erweiterung von
Fachkompetenzen in gleicher Weise auch um eine Erweiterung von
Sozialkompetenzen in einer sich sozial und kulturell verändernden
Gesellschaft gehen. Ein besonderes Augenmerk soll dabei auch auf das
Erkennen von menschenfeindlichen und diskriminierenden Sachverhalten
gelegt werden.(Weiter-) Lernen ermöglichen – für die persönliche
Entwicklung und die berufliche Entwicklung und die berufliche
Qualifikation. Für einen sensiblen und bedarfsgerechten Umgang des
entsprechenden Fachpersonals der Justiz mit von Rassismus und
Diskriminierung betroffenen Personen sind fundierte Grundlagen zu
rassistischen und diskriminierenden Sachverhalten und Tatmotiven
unerlässlich. Wir bauen daher das Fortbildungsprogramm für
Richter:innen und Staatsanwält:innen hinsichtlich des Umgangs mit
rassistisch motivierten Straftaten weiter aus.
Justiz in der Fläche Thüringens- präsent und modern- Die bestehenden Justizstandorte in der Fläche, einschließlich des
Justizvollzuges, des Sozialen Dienstes der Justiz beim
Oberlandesgericht und der Notariate, werden gesichert und, soweit
erforderlich, in ihrer Bestandsinfrastruktur modernisiert. - Dazu wird in den Standorten der Gerichte und Staatsanwaltschaften,
sowie des Justizvollzuges und des Sozialen Dienstes der Justiz
flächendeckend die Infrastruktur für Videovernehmungen,
Videokonferenzen und Videoanhörungen geschaffen. - Erweiterungen und Modernisierungen an bestehenden Standorten ist,
vorbehaltlich einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, der Vorrang vor
Neubauten zu geben.
Stärkung der Strafverfolgung schafft Sicherheit- Im Bereich der Strafverfolgung wollen wir die erfolgreiche Arbeit
der Staatsanwaltschaften im Land weiter vorantreiben. Dazu werden
wir nicht nur Defizite in der Personalstärke der
Staatsanwaltschaften abbauen, sondern zusätzliche Stellen bei der
Generalstaatsanwaltschaft und bei den Staatsanwaltschaften die
Sonderdezernate schaffen, die sich spezialisiert mit Delikten aus
den Bereichen der organisierten Kriminalität, der Wirtschafts-,
Umwelt- und der Internetkriminalität sowie mit der Verfolgung von
Delikten mit terroristischem, extremistischem, insbesondere
rechtsextremistische, oder rassistischem Bezug befassen.
Wir werden die Vermögensabschöpfung für kriminell erlangte Gewinne
auch durch einen Personalzuwachs insbesondere im
Rechtspflegerbereich intensivieren.Wir werden eine engere
Zusammenarbeit von Justiz und Polizei fördern, um den komplexer
werdenden Deliktsfeldern effektive Konzepte und Maßnahmen entgegen
zu setzen. - Wir werden einen Ausbau von Jugendstationen in Ergänzung der
Modellprojekte in Gera und Jena/Saale-Holzland-Kreis zumindest für
die Landgerichtsbezirke Erfurt, Meiningen und Mühlhausen prüfen, um
auch in der Fläche die die Bekämpfung von Kinder- und
Jugendkriminalität zu optimieren.Amts- und Mandatsträger:innen sind
zentrale Akteur:innen unserer freiheitlichen und rechtsstaatlichen
Demokratie. Sie sind in den letzten Jahren vermehrt Anfeindungen und
Bedrohungen ausgesetzt. Das kann und darf unser demokratischer
Rechtsstaat nicht hinnehmen. Neben Beratungsangeboten, wie der
eingerichteten Hatespeech-Ansprechsstelle elly, bedarf es einer
konsequenten Reaktion des Rechtsstaates. Straftaten gegen Amts- und
Mandatsträger müssen weiter mit besonderer Priorität verfolgt und
das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung weiterhin in diesen
Fällen stets anerkannt werden
Opferhilfe im Mittelpunkt - Die Leistungsfähigkeit unserer Justiz fußt auch in Zukunft auf einer
- Wir werden uns in der neuen Legislaturperiode verstärkt der Opfer von
Straftaten annehmen. Niemand darf als Opfer einer Straftat allein gelassen
werden. Diese haben ein Recht auf Schutz und Unterstützung. Im Pakt für
den Rechtsstaat haben sich der Bund und die Länder zum Ziel gesetzt, den
Opferschutz, insbesondere durch Einrichtung zentraler Strukturen zur
schnellen und unbürokratischen Betreuung von Opfern, zu verstärken.
- Thüringen unterstützt den Opferschutz im Strafverfahren: durch
Ansprechpartner zur Zeugenbetreuung bei den Gerichten und die
psychosozialen Prozessbegleiter des Sozialen Dienstes der Justiz. Daneben
gibt es die LSBTIQ-Ansprechpersonen bei den Staatsanwaltschaften, den
Polizeilichen Opferschutz und zahlreiche nichtstaatliche Organisationen
und Vereinigungen, die sich der Opferhilfe verpflichtet fühlen. Die
bestehenden Angebote sind weiter zu unterstützen und zu finanzieren.
- Darüber hinaus werden wir die Funktion eines/r ehrenamtlichen
Landesopferbeauftragte/n schaffen, der/die als zentrale Ansprechperson für
alle Kriminalitätsopfer zwar nicht selbst berät, aber als ein Wegweiser
für Betroffene zu den vielfältigen Opferberatungsangeboten dienen soll.
- Mit der Veröffentlichung eines zweijährigen Opferhilfeberichts des/der
Landesopferbeauftragten mit der Option eines Sonderberichts bei besonderen
Anlässen, werden wir den Blick auf die Arbeit der haupt- und
ehrenamtlichen Helfer und der gemeinnützigen Organisationen lenken.
- Daneben werden wir unter dem Dach des/der Landesopferbeauftragten für eine
bessere Transparenz der Opferhilfestrukturen fortwährend die
Veröffentlichungen und Wegweiser barrierefrei und in leicht verständlicher
Sprache aktualisieren. Damit tragen wir der Erleichterung des Zugangs zu
den vorhandenen Hilfe- und Beratungssystemen bei und machen die
bestehenden Angebote noch bekannter. Wir wollen, dass kein Opfer durch das
Raster der vielfältigen Hilfen fällt und Beratungsangebote – auch unter
Mithilfe der Landesopferbeauftragten - vermittelt werden.
- Darüber hinaus wollen wir einen staatlichen Opferhilfefonds gründen, der
als subsidiäre Hilfeleistung allen Kriminalitätsopfern die Möglichkeit
eröffnet, unbürokratisch Hilfe zu erlangen und Härtefälle aufzufangen.
Neben einem Finanzgrundstock aus der Landeskasse soll der Opferhilfefonds
vom Land eingenommenen Straf- und Bußgeldern aufgestockt werden,
entsprechend des Gedankens der Beseitigung erlittenen Unrechts und der
Förderung der Täter: inneneinsicht.
- Justizvollzug in Thüringen – sicher, modern und
resozialisierungsorientiert- Gesetzliches Ziel des Justizvollzuges in Thüringen ist es,
Strafgefangene zu befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein
Leben ohne Straftaten zu führen und die Allgemeinheit vor weiteren
Straftaten zu schützen.Dem Ziel dienen sichere und moderne
Justizvollzugsanstalten, gute Therapieangebote, ausreichendes und
gut qualifiziertes Personal sowie eine attraktive Arbeitsumgebung.
Ohne motivierte Mitarbeiter ist das Ziel der Resozialisierung und
Wiedereingliederung der Strafgefangenen in die Gesellschaft nicht zu
erreichen.Die Sicherheit, die Wirtschaftlichkeit des Strafvollzugs
und die Resozialisierung der Strafgefangenen müssen gleichzeitig
gewährt werde.Zur Gewinnung von qualifizierten und motivierten
Nachwuchskräften werden wir die Attraktivität des Berufsfeldes
„Justizvollzug“ steigern. Hierzu setzen wir uns für gute Arbeits-
und Ausbildungsbedingungen, eine moderne Ausrüstung, eine gezielte
Personalentwicklung, bessere Aufstiegsmöglichkeiten, eine
verbesserte Besoldungs- und Beförderungssituation, insbesondere die
Verbesserung der Anwärterbesoldung durch die Wiedereinführung eines
Anwärtersonderzuschlages, ein.Die Bildungs- und
Beschäftigungsangebote für Gefangene wollen wir auf hohem Niveau
erhalten. Die Möglichkeiten, eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Haft
abzuarbeiten, wollen wir ausweiten. Zudem sind wir überzeugt, dass
die Bedingungen in Haft mit den gesellschaftlichen Entwicklungen in
Freiheit mithalten müssen. Digitalisierung und demografischer Wandel
dürfen nicht vor den Toren der Haftanstalten enden. Die
Bereitstellung digitaler Medien und Bildungsangebote für Gefangene
wollen wir unter Beachtung des Sicherheitsauftrages prüfen. Die
Möglichkeiten des elektronischen Besuchs wollen wir ausbauen. Die
Situation älterer Gefangener in Haft wollen wir ebenfalls
verbessern. Dabei werden wir auf die Erfahrungen anderer Länder
zurückgreifen.Für radikalisierte Straftäter:innen wollen wir auch im
Justizvollzug Deradikalisierungs- und Ausstiegsprogramme zur
Vermeidung von Rückfälligkeit nach Haftentlastung fortführen bzw.
aufbauen. - Ein besonderes Augenmerk in der Resozialisierungsarbeit wollen wir
auf eine stärkere Berücksichtigung der Opferperspektive und den
Ausgleich der Tatfolgen während der Inhaftierung legen. - Um den Übergang der Gefangenen in die Freiheit zu erleichtern,
wollen wir das professionelle Übergangsmanagement in einem
Resozialisierungsgesetz gesetzlich verankern.Die Sicherheit der
Justizvollzugsanstalten wollen wir u. a. durch eine Verbesserung der
medizinischen, insbesondere psychiatrischen Versorgung, zum Beispiel
durch eine Kooperation mit dem Maßregelvollzug, erhöhen.An dem
Gemeinschaftsprojekt mit dem Freistaat Sachsen „JVA Zwickau-
Marienthal“ halten wir deshalb fest. Der hierfür vorgesehene
Personalübergang muss sozialverträglich, transparent und im
Einvernehmen mit den betroffenen Bediensteten erfolgen.Die sinnvolle
Nachnutzung künftig wegfallender Justizvollzugseinrichtungen werden
wir ergebnisoffen prüfen. In die Prüfung werden wir bestehende
Bedarfe, zum Beispiel in den Bereichen Sicherungsverwahrung und
seniorengerechter Vollzug, mit einbeziehen.Im Rahmen eines
verbesserten Übergangsmanagements nach der Haft und zur
Erleichterung der Resozialisierung wollen wir den Aufbau einer
staatlichen Nachsorgeeinrichtung als Übergangs- und
Auffangeinrichtung für komplexere Fälle unter den Haftentlassenen
prüfen.
Ambulante und freie Straffälligenhilfe stärken- Neben dem Justizvollzug ist die ambulante Straffälligenhilfe mit den
Sozialen Diensten in der Justiz und den Vereinen der freien
Straffälligenhilfe die wichtigste Säule der Resozialisierung in
Thüringen. Durch eine Stärkung tragen wir aktiv dazu bei, dass
erneute Inhaftierungen von Straffälligen ebenso wie weitere
Straftaten vermieden werden und so ein wichtiger Beitrag zur Inneren
Sicherheit geleistet wird. - Gerade die Mitarbeiter: innen der Sozialen Dienste in der Justiz
leisten als staatliche Institution in den Bereichen der Bewährungs-
und Gerichtshilfe sowie der Führungsaufsicht einen erheblichen
Anteil zur Vermeidung neuer Straftaten. Wir setzen uns für eine
auskömmliche personelle Ausstattung der Sozialen Dienste in der
Justiz ein.Damit gewährleisten wir, dass die qualitativ hochwertige
Tätigkeit weiter verbessert wird und mehr Zeit für die Hilfe und
Kontrolle der Straffälligen zur Verfügung steht. Ebenfalls erachten
wir eine Verbesserung der technischen Ausstattung für notwendig.
Mobiles Arbeiten ist gerade im ländlichen Raum unerlässlich, um
Straffällige auch im häuslichen Umfeld begleiten zu können.Neben den
staatlichen Institutionen leisten die Vereine der freien
Straffälligenhilfe einen großen und wichtigen Beitrag zur
Resozialisierung. Sie vermitteln und begleiten in der Ableistung
gemeinnütziger Arbeit und bieten spezialisierte Beratungsangebote
an. Hinzu kommen Angebote für Soziale Trainingskurse. Wir werden die
bestehenden Strukturen in Thüringern festigen und auszubauen. Hierzu
gehört die Schaffung einer Förderstruktur und -praxis, die es
ermöglicht, Modellprojekte voll zu finanzieren.
Zukunfts(dauer)aufgabe Digitalisierung der Justiz - Gesetzliches Ziel des Justizvollzuges in Thüringen ist es,
- Die Digitalisierung der Justiz in Thüringen ist auch weiterhin eine der
großen Herausforderungen der neuen Legislaturperiode. Spätestens die
Corona-Pandemie hat gezeigt, dass unsere Justiz nicht nur gut
technologisch ausgestattet ist, sondern auch weiterhin stets auf dem
aktuellen Digitalisierungsstand gehalten werden muss. Die Einführung des
elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte werden wir in
Thüringen abschließen, wobei bei aller Effizienzsteigerung immer auch der
Aspekt einer bürgernahen und vertrauensbildenden Rechtsprechungspraxis im
Blick behalten werden muss.- Wir werden für eine auskömmliche Finanzierung der Justiz-IT, aber
auch für gute Ausstattung mit IT-Fachpersonal sowohl in der IT-
Stelle der Gerichte und Staatsanwaltschaften beim Oberlandesgericht
als auch bei den eBetreuer:innen vor Ort sorgen. Denn ausreichendes
Fachpersonal ist die Achillesferse der Digitalisierung der Justiz. - Den Digitalisierungsprozess wollen wir von einer
Sicherheitsoffensive begleiten, der die Informationssicherheit der
Justiz gewährleistet. Für die Informationssicherheit werden
ausreichende sächliche und personelle Ressourcen in den
Justizbehörden zur Verfügung gestellt. Für das IT-
Sicherheitsmanagement wird für alle Justizbehörden und den
Justizvollzug eine Zentralstelle eingerichtet.
- Wir werden für eine auskömmliche Finanzierung der Justiz-IT, aber
3.5 Verbraucher:innenschutz
Verbraucher:innen stehen häufig einer hohen Marktmacht einzelner Unternehmen
gegenüber. Die Zusammensetzung der Nebenkostenabrechnung, die angekündigte
Mieterhöhung oder Verträge mit Medien- und Kommunikationsanbietern verunsichern
und überfordern viele Bürger:innen. Wir wollen Verbraucher:innen schützen durch
Regeln und Organisationen. Wir sehen die Verbraucherzentrale als einen
unverzichtbaren Partner beim Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher. Gerade
in Zeiten von sich verändernden Märkten und hoher Inflation brauchen
Bürger:innen Sicherheit und Schutz vor Abzocke und unlauteren Methoden.
Das werden wir tun:
- Der Beratungsauftrag der Verbraucherzentrale Thüringen – unabhängig von
wirtschaftlichen Interessen – ist angesichts der immer unübersichtlicheren
Märkte als Gegengewicht für den Verbraucher dringender denn je. Wir wollen
die Finanzierung der Verbraucherzentrale angemessen erhöhen, um den
bestehenden Beratungsumfang auszubauen, insbesondere im Hinblick auf
Beratung in leichter Sprache und in unterschiedlichen Fremdsprachen. Die
Finanzierung der Verbraucherzentrale wird in den kommenden Jahren auch die
Preisentwicklung berücksichtigen. Dabei soll vor allem die institutionelle
Förderung verstärkt werden, um die Verbraucherzentrale unabhängiger zu
machen.
- Sonntagsarbeit belastet Arbeitnehmer und Familien. Der Sonn- und
Feiertagsschutz ist ein wichtiges Gut. Deshalb werden wir Sonntagsarbeit
auf ein erforderliches Minimum begrenzen. Wir wollen gemeinsam mit den
Gewerkschaften das Bundesarbeitszeitgesetz ändern, um den Sonn- und
Feiertagsschutz zu stärken.
- Um den weiteren notwendigen Personalabbau verkraften zu können und um eine
effizientere Aufgabenerfüllung zu erreichen, sollen Fach-, Rechts- und
Dienstaufsicht im Bereich des Verbraucher- und Arbeitsschutzes gebündelt
werden.
- Das Angebot an Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen nimmt ständig zu und
die Hersteller agieren zunehmend überregional. Hinzu kommen immer neue
Verfahren der Bearbeitung von Lebensmitteln, neue Materialien und
Werkstoffe, chemische Substanzen usw. Die zunehmende Produktvielfalt
verlangt eine höhere Spezialisierung und eine vertiefte Erfahrung der
amtlichen Überwachung. Diese Spezialisierung ist nicht für alle Aufgaben
durch die kommunalisierte Überwachung zu leisten. Vor allem die
Kleinteiligkeit der kommunalen Strukturen verhindert eine Spezialisierung.
Wir wollen spezialisierte und überregionale Kontrollteams in den Bereichen
schaffen, für deren Überwachung den Landkreisen und kreisfreien Städten
das notwendige Spezialwissen fehlt. Ebenfalls auf den Prüfstand gehört
aber auch die Option einer Rückverstaatlichung von Aufgaben und
Zuständigkeiten der Veterinär-, Lebensmittelüberwachungs- und Umweltämter.
- In vielen Bereichen versagt die Selbstregulation des Marktes, bestehen
Vollzugsdefizite bei der Marktüberwachung oder werden Verbraucher durch
„Abzockstrategien“ systematisch geschädigt. Hier fehlen die notwendigen
Marktwächter. Für bestimmte Fragen brauchen wir daher zur Unterstützung
der Verbraucher und der staatlichen Überwachung auch kollektive
Klagerechte. Wir treten auf Bundesebene für Klagerechte von
Verbraucherschutzorganisationen z.B. der Verbraucherzentralen ein. Wir
wollen Klagerechte für Verbraucherorganisationen z.B. gegen typische
„Abzockstrategien“ bei geringen Streitwerten und bei unlauterem Wettbewerb
(Mondpreise, Lockvogelangebote, falsche Preisauszeichnung).
4. Zusammenhalt in Stadt und Land
Wir sind davon überzeugt, dass ländliche Regionen einen hohen ökonomischen,
ökologischen, sozialen, kulturellen und demokratischen Mehrwert für unseren
Freistaat haben, auf den wir als Gesellschaft nicht verzichten können. Auf dem
Land organisieren Bürgerinnen und Bürger ihr Zusammenleben mit hoher Kompetenz,
viel Engagement und in gemeinschaftlichen Strukturen. Es gibt dort viel Wissen
und Erfahrungen, die nicht verloren gehen dürfen. Unsere Städte sind
Knotenpunkte, die für das gesamte Land Bildungs- und Kultureinrichtungen vor-
und hohe wirtschaftliche Potenziale für alle bereithalten. Wir wollen die
Lebensqualität in Thüringen erhöhen, die Natur schützen und das Gemeinwesen
stärken – der Schlüssel dafür liegt in unseren Kommunen.
4.1 Unsere Kommunen
Rund 90 Prozent der Fläche Thüringens zählt zum ländlichen Raum. Kultureller
Reichtum & Tourismus, Unternehmergeist & Handwerkskunst, Sport & Ehrenamt sind
hier zu Hause. Der ländliche Raum gehört zur Thüringer Identität. Gleichzeitig
lebt Thüringen auch von seinen zentralen Städten, die in die Regionen und auch
bundesweit ausstrahlen und das Bild Thüringens mitprägen.
Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse bedeutet für uns nicht, den urbanen Raum
in ländlichen Regionen nachzuahmen und umgekehrt. Wir erkennen die besonderen
Verhältnisse jeder Region an, wollen aber dafür Sorge tragen, dass Städte und
Dörfer für jede Generation ein lebenswertes Zuhause sind.
Das werden wir tun:
- Die strategische Ausweisung von Ober- und Grundzentren hat eine hohe
Bedeutung für die Entwicklung der einzelnen Kommunen. Oberzentren müssen
überregional und langfristig gedacht werden. Die bloße Bevölkerungszahl
ist weniger entscheidend, als die mit dem Oberzentrum verbundenen
Funktionen, die in Thüringen oft überregional, also funktionsteilig
getragen werden. Oberzentren sind gerade mit Blick auf die Regionen mit
angrenzenden bevölkerungsstarken Bundesländern von entscheidender
strategischer Bedeutung, unter anderem für die Ansiedlungs- und
Infrastrukturpolitik. Die Ausweisung von Grundzentren muss auch die
perspektivische Entwicklung von Regionen in den Blick nehmen.
- Der ländliche Raum leidet insbesondere auch am Auspendeln seiner
Einwohner:innen. Gemeinden werden zu Schlafstätten, Kleinstädte verlieren
zunehmend ihren Einzelhandel, wenn die Bevölkerung ihre wesentliche Zeit
außerhalb der kommunalen Grenzen verbringt. Neben klassischer
Wirtschaftsförderung spielt daher insbesondere auch die Ansiedlung
staatlicher Institutionen eine tragende Rolle. Deshalb wollen wir die
Erwerbsquote vor Ort stärken. Für wohnortnahe Arbeitsplätze im ländlichen
Raum und die Verringerung der täglichen Pendler:innenanzahl wollen wir die
sich bietenden Möglichkeiten der digitalen Welt sowie der Energiewende
nutzen. Vor allem der Ausbau erneuerbaren Energien als Wirtschaftssektor
im ländlichen Raum schafft Arbeitsplätze in den Bereichen der Planung,
Installation, Wartung und Service solcher Anlagen und Systeme.
- Kommunen übernehmen Verantwortung für eine zukunftsgerechte Kommunal- und
Raumentwicklung. Sie setzen sich aktiv für den Schutz sowie den Erhalt der
Lebensgrundlagen ein, mindern Belastungen für Mensch, Natur und Umwelt und
gehen sparsam mit Flächen um. Für eine qualifizierte Innenentwicklung (z.
B. angemessene Nachverdichtung, Umnutzung, Umstrukturierung,
Flächenrecycling, ggf. Rückbau) bedarf es weiterhin personeller und
finanzieller Unterstützung. Die erfolgreiche Förderung der Klima- und
Energiemanager werden wir fortsetzen.
- Fachkräftemangel, Demographie, Digitalisierung – die Herausforderungen der
Kommunen sind groß und kaum abschließend aufzuzählen. Um diesen Aufgaben
begegnen zu können, ist neben einer finanziellen Ausstattung, die die
kommunale Selbstverwaltung verlässlich ermöglicht, die Verwaltungsstruktur
grundlegend. Gebietszusammenschlüsse mit dem Ziel, die Verwaltung zu
stärken und gemeinsam größere Haushalte aufzustellen, die das Bündeln der
finanziellen Kraft, das Priorisieren von großen Maßnahmen, das regionale
Denken sowie das Spezialisieren von Mitarbeiter:innen ermöglicht, bleibt
für uns Priorität.
- Neu gegliederte Gemeinden müssen beim Zuwachsen unterstützt werden.
Hierbei helfen nicht nur Gelder zum Abbau von Altschulden und Prämien, um
die Kosten des Zusammenschlusses z.B. für angleichende IT-Maßnahmen zu
schultern, sondern auch und insbesondere Unterstützung bei der Hebung von
Fördermitteln, die helfen gemeinsame Projekte der neuen
Gebietskörperschaft zeitnah zu realisieren.
- Um flächenmäßig großen Städten und Gemeinden bei Erhalt sowie der
Bewirtschaftung der (eingemeindeten) Infrastruktur zu unterstützen, wollen
wir eine Flächenpauschale etablieren, die dem Umfang der Verkehrs- Grün-,
und Waldfläche und den damit verbundenen Unterhaltskosten Rechnung trägt.
- Wir stehen für eine bürokratiearme Stärkung der interkommunalen
Zusammenarbeit jenseits des aktuellen Finanzausgleichsgesetzes mit dem
Ziel des Zusammenwachsens von kommunalen Gebietskörperschaften und
Regionen. Der Fokus der interkommunalen Zusammenarbeit muss auf dem
Erreichen von Synergien und der Steigerung von Effizienz und
Bürger:innenfreundlichkeit liegen. Ziel muss es sein, langfristig eine
stabile Verwaltung zu gewährleisten, die gleichermaßen auch attraktiver
Arbeitgeber ist
- Wir setzen uns für eine digitale Fördermitteldatenbank ein, die nicht nur
die vorhandenen Fördermittel aufzeigt, sondern mögliche Kombinationen mit
Bundesmitteln etc. mitdenkt und Verwaltungsmitarbeiter:innen entlastet.
Die Kommunalberatung wollen wir fortsetzen. Sie unterstützt die kommunale
Familie kostenfrei beim Umsetzen geförderter Projekte.
- Zusätzlich zu einer Fördermitteldatenbank gilt es, den Kommunen dauerhaft
mit investiven Zuweisungen zu helfen, den Investitionsstau planbar
abzutragen. Dafür ist eine Priorisierung unerlässlich. Um Eigenmittel auch
kurzfristig abbilden zu können, wollen wir einen Fond einrichten, der akut
fehlende Eigenmittel als zinsgünstige Darlehen ausreicht. So erhöhen wir
die Planungssicherheit in der kommunalen Familie und stärken die kommunale
Selbstverwaltung. Die jährlich mit dem Finanzausgleich ausgereichte
Investitionspauschale wollen wir mit Blick auf steigende Preise
dynamisieren.
- Die Kur- und Erholungsorte sind ein prägender Teil der touristischen
Landschaft Thüringens. Wir sprechen uns für eine stetige und verlässliche
finanzielle Unterstützung dieser Orte aus. Dabei gilt es insbesondere in
den Blick zu nehmen, dass die Kurorte keine Möglichkeit haben im gleichen
Maß auf Gewerbesteuereinnahmen zurückzugreifen, wie andere Kommunen.
Erholungsorte durchlaufen einen vergleichbar hohen Aufwand der
Prädikatisierung.
- Wir setzen uns für die Stärkung der Kinder- und Jugendgremien ein. Nachdem
wir erfolgreich Kinder- und Jugendbeteiligung in der Kommunalordnung
etabliert haben, ist es nun folgerichtig, dass wir Kommunen bei der
Umsetzung finanziell unterstützen. Kinder- und Jugendgremien sollen auch
auf Landkreisebene die Regel werden.
- Wir unterstützen ebenso die flächendeckende Einrichtung von
Selbstvertretungsgremien von Menschen mit Behinderungen (sog. Beiräten
von/für Menschen mit Behinderungen) auf kommunaler Ebene, damit auch ihre
Beteiligung flächendeckend gesichert wird und sie die Gestaltung ihrer
Kommune im Sinne von Inklusion und Barrierefreiheit begleiten.
- Die derzeitige Unterteilung in Pflichtaufgaben und freiwilligen Aufgaben
gerät in der Realität zunehmend an Grenzen. Eine Neujustierung muss vor
allem die finanziellen Folgen und die Bedeutung der Aufgaben für die
Bürger:innen in den Blick nehmen.
- Als neues Instrument demokratischer Beteiligung führen wir eine
Privatisierungsbremse ein. Sie sieht vor, dass öffentliche Unternehmen der
Daseinsvorsorge (z.B. Stadtwerke, Wohnungsbaugesellschaften, Krankenhäuser
etc.) nur dann verkauft werden können, wenn die Bürger:innen der
Privatisierung in einem Referendum zustimmen. Dadurch wollen wir
erreichen, dass die langfristigen Interessen der Menschen nicht einem
kurzfristigen Interesse an schnellen, einmaligen Erlösen zum Opfer fallen.
Wo diese Aufgaben in der Vergangenheit privatisiert wurden, werden wir die
Gemeinden und Landkreise bei der Rekommunalisierung unterstützen.
4.2 Wohnen
Das Thema Wohnen spiegelt die Vielseitigkeit Thüringens wieder. Von der Wohnung
im Plattenbaugebiet bis zum alten Hof auf dem Dorf. Die Herausforderungen der
Energiewende werden wir für alle Wohnformen solidarisch anpacken.
Wohnen und vor allem bezahlbares Wohnen war und ist ein Grundanliegen
sozialdemokratischer Politik. Dabei spielt die Wohnungsbauförderung eine
zentrale Rolle.
Die Wohnungsbauunternehmen brauchen Verlässlichkeit und – angesichts der
zeitlichen Abläufe bei Planung und Bau von Wohnungen – auf Jahre im Voraus
vorhersehbare Rahmenbedingungen. Daher ist es wichtig diese Mittel planbar zur
Verfügung zu stellen, um sozialen Wohnungsbau auch weiterhin zu ermöglichen.
Dem Wunsch nach Wohneigentum werden wir auch den Familien ermöglichen, denen das
Ansparen von Eigenkapital nicht möglich ist. Dafür werden wir ein Mietkaufmodell
auflegen.
Das werden wir tun:
- Bezahlbarer Wohnraum in den Zentren, weniger Leerstand auf dem Land und
eine höhere Immobilien-Eigentumsquote sind unsere Ziele. Dafür wollen wir
den kommunalen und sozialen Wohnungsbau fördern.
- Gerade für Haushalte mit geringen Einkommen bietet das Mietkaufmodell eine
Alternative für den Erwerb von selbstgenutzten Wohnraum. Beispielsweise
können durch die Thüringer Landesentwicklungsgesellschaft Wohnungen mit
staatlicher Finanzierung errichtet und diese dann jungen Familien zum
Mietkauf angeboten werden. Dieser Ansatz ermöglicht es auch Familien ohne
Eigenkapital, Wohneigentum zu erwerben und trägt darüber hinaus zur
Vermögensbildung bei.
- Wohnungsneubau wollen wir durch die deutliche Vereinfachung von
Planungsverfahren und Standards beschleunigen und intensivieren. Eine
wichtige Rolle spielt für uns die Wohnbauförderung des Freistaats in Form
von Zuschüssen und Darlehen. Wir wollen, dass der öffentlich getragene
Wohnungsbau neben der Förderung auch selbst Wohnraum schafft.
- Wir werden als Land den Aufbau Kommunaler Bodenfonds unterstützen. Damit
können Kommunen langfristig Flächen für die eigene Entwicklung von
Wohnraum sowie öffentlicher Infrastruktur erwerben.
- Den Kommunen soll ermöglicht werden, Einnahmen aus Mieteinkünften
zweckgebunden für die Sanierung ihrer Immobilien oder den Ankauf von
Schrottimmobilien, von Leerstehenden und von Leerstand bedrohten
Wohngebäuden und Brachflächen zu verwenden. Kommunaler Wohnraum muss auch
in Kommunen mit Haushaltssicherungskonzept in öffentlicher Hand bleiben.
- Wir unterstützen die Kommunen, um familienfreundliche Standortplanung im
Sinne einer räumlichen Vernetzung von Lern- und Freizeitorten, von Wohn-,
Arbeits- und Versorgungsbereichen, um möglichst kurze Wege zu realisieren
und damit den Verkehrsaufwand für Familien zu reduzieren. Dazu gehört auch
die Förderung von innerstädtischem Wohnraum für Familien, um urbane
Qualitäten wie kurze Wege, vielfältige Erwerbsmöglichkeiten und
Aktivitäten auch Familien zugänglich zu machen
- Für uns hat die Entwicklung der bestehenden Gebäude Vorrang. Neubauten
sind erst mit Ausschöpfung der Leerstandspotentiale ein Mittel der Wahl.
Das schont Ressourcen, hält bestehende Siedlungsstrukturen intakt und
erhält einen vielfältigen Gebäudebestand.
- Jedes Haus braucht eine Aufgabe. Daher wollen wir besonders im ländlichen
Raum Anreize für den Erwerb bestehender Gebäude schaffen. Eine Stärkung
der Siedlungskerne soll vor der Ausweisung neuer Baugebiete erfolgen.
Weiterhin braucht es ein Praxiskonzept für die Reaktivierung von Brachen
und die Beseitigung von „Schrottimmobilien“.
- Wir wollen durch energieeffizientes Sanieren und moderne Technologien wie
z. B. Wärmepumpen, Solarthermie oder Gebäudespeicher, den
Heizenergieverbrauch deutlich senken und erneuerbar decken. Bis 2040
streben wir einen klimaneutralen Gebäudebestand an.
- Mit der kommunalen Wärmeplanung wollen wir eine öffentlich getragene, für
alle Einkommen leistbare Wärmeversorgung langfristig sicherstellen und
ausbauen. Neubaugebiete sollen durch eine gemeinsame Wärmeversorgung
langfristig eine günstige und umweltfreundliche Versorgung erhalten. Unser
oberstes Ziel bleibt eine günstige und umweltverträgliche Wärmeversorgung
von Ein- und Mehrfamilienhäuser, für Mietende und Eigentümer, sicher zu
stellen.
- Viele Wohngebäude müssen in den nächsten Jahren saniert werden, um
dauerhaft die Betriebskosten und die Abhängigkeit von den fossilen
Energien zu verringern. Wir setzen uns dafür ein, dass in Thüringen ein
Heizungstauschbonus als Anreiz und Unterstützung für die Erneuerung der
Heizung kommt.
- Neben der finanziellen Förderung brauchen insbesondere kleinere Kommunen
ohne eigene:n Klimaschutzmanager:in mehr fachliche Unterstützung.
Quartierslösungen für Wärmeversorgung und energetische Sanierung sind oft
sinnvoll, benötigen aber erhebliche Unterstützung bei der Analyse der
Optionen und bei der Projektentwicklung. Die ThEGA soll soweit gestärkt
werden, dass sie Kommunen bei der Problemidentifikation, Antragstellung,
Gründung von Energiegenossenschaften, Personalaufbau, Vernetzung und
Projektbearbeitung qualifiziert beraten kann.
- Die Ansprüche an Wohnraum, ob zur Miete oder als Eigentum, wandeln sich im
Laufe des Lebens. Wir wollen Menschen mit überschüssigen Wohnraum mit
Menschen mit dem wachsenden Bedarf zusammenbringen. Dafür braucht es eine
aktive Beratung, Unterstützung und den Anreiz für den Wohnungs- und
Haustausch überall da, wo dieser benötigt wird. Der Tausch wird auf den
besonderen Wohnungsmarkt in Thüringen deutlich breiter angenommen werden,
als in deutlich dichter besiedelten Räumen. Zudem werden wir zusätzlich
zur Beratung, mit der Auszahlung eines Umzugsbonus die Hürden für den
Wechsel senken.
- Wir wollen die Wohngemeinnützigkeit für kommunale Unternehmen sowie
Genossenschaften wieder auf den Weg bringen. Breite Schichten der
Bevölkerung sollen dadurch wieder Zugang zu bezahlbarem Wohnraum erhalten.
Die Gemeinnützigkeit kann beispielsweise anerkannt werden, wenn kommunale
Wohnungsunternehmen oder -genossenschaften sich verpflichten, Gewinne zu
begrenzen.
- Wir wollen aktiv am Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit
mitwirken, um diese in Thüringen gemeinsam mit Bund und Kommunen zu
reduzieren und möglichst bis 2030 zu überwinden.
- Wir haben den Holzbau durch Änderung der Bauordnung vereinfacht. Wir
setzten uns weiterhin dafür ein, den Holzbau voranzubringen und bei
Neubau- und Sanierungen ein etablierter Baustoff wird.
- In Regionen mit angespannten Wohnungsmärkten werden wir die Anwendung der
Kappungsgrenze zur Deckelung der Preissteigerungen bei
Bestandsmietverträgen noch gezielter anwenden. Zudem setzen wir uns dafür
ein, die Mietpreisbremse auszuweiten und zu entfristen.
- Die öffentliche Förderung zum Ausbau des barrierefreien Wohnens ist
dauerhaft zu etablieren, angemessen finanziell auszustatten und mit einer
Mietpreisbindung zu koppeln. Diese Förderung muss auch Neubauvorhaben
offenstehen.
- Beim Neubau werden wir unseren Blick auf die Weiterentwicklung des
Seriellen Bauens und auf modulare Systeme richten. Diese bieten eine
Chance, um durchgehend Qualität sicherzustellen und die Preisexplosion bei
der Errichtung von Neubauten abzufangen. Ein besonderer Fokus liegt hier
auf flächensparenden Konzepten wie der Verknüpfung von
Mehrgeschosswohnungsbau mit kompakten Reihenhäusern.
- Zusätzlich zur grundsätzlichen Anspruchsberechtigung von Bundesmitteln für
den sozialen Wohnungsbau wollen wir zusätzliche Mittel des Freistaats
hierfür bereitstellen und die geförderten Wohnungen noch mehr Haushalten
mit geringen und mittleren Einkommen zur Verfügung stellen. Die Förderung
für sozialen Wohnungsbau muss in Thüringen insbesondere die Gebiete
adressieren, in denen ein angespannter Wohnungsmarkt besteht.
Weiterhin werden wir:
- das Angebot kostenloser Energieberatungen stärken und Beratungsangebote
zum energieeffizienten Sanieren ausbauen
- das Bauen mit alternativen Baustoffen wie z.B. Holz, Lehm, Stroh
insbesondere für öffentliche Bauvorhaben deutlich ausweiten
- Forschung zu Ersatzbaustoffen und Baustoffrecycling stärker fördern. Unser
Ziel ist eine Kreislaufwirtschaft auch im Baubereich weiter auszubauen.
Insbesondere die Recyclingquote von Gipsprodukte muss deutlich erhöht
werden.
4.3 Mobilität und Infrastruktur
Mobilität darf keine soziale Frage sein. Die Erreichbarkeit von Dienstleistungen
des täglichen Bedarfs, Ärzt:innen und des Arbeitsplatzes müssen jederzeit
gewährleistet sein. Viele Thüringer:innen pendeln täglich zu ihrer Arbeit und
sind auf verschiedenste Verkehrsträger und Mobilitätsarten angewiesen. Wir
wollen einen integralen Taktfahrplan, der ein hochwertiges und attraktives
Angebot schafft und eine ernsthafte Alternative zum Auto darstellt. Die
ländliche Struktur Thüringens und der demographische Wandel erfordern flexible
Lösungen. Wichtig ist, dass wir uns nicht selbst beschränken, in dem wir stets
vom aktuellen Bedarf ausgehen – so kann es keinen Wandel im Nutzungsverhalten
des ÖPNV geben. Vielmehr müssen wir Angebote schaffen, die Bedarfe erst
erzeugen. Ob es sich um Rufbussysteme, Anrufsammeltaxis, Mitfahrkonzepte
handelt, ist vor Ort zu entscheiden. Unser Ziel ist es, dass Menschen abseits
des Schulbusverkehrs jeden Tag und in jedem Ort angebunden sind. Wir
unterstützen die Kommunen bei der Verkehrswende durch gezielte Förderung des
ÖPNV und des Radwegebaus. Unsere Mobilitätspolitik schafft qualitative Angebote
für die Thüringer:innen.
Das werden wir tun:
- Wir setzen uns für eine langfristige sichere Finanzierung und Fortsetzung
des Deutschlandtickets ein. Ein Ticket für alle - das schafft Klarheit im
Tarifgefüge und senkt die Hürden für die Nutzung von Bus, Straßenbahn und
Zug. Wir setzen uns darüber hinaus dafür ein, dass der bisherige Preis des
Tickets erhalten bleibt.
- Wir wollen zudem für junge Menschen ein 28-Euro-Ticket (Jugendticket für
Menschen bis zum 28. Lebensjahr) als Ergänzung des Deutschlandtickets
einführen. Dies entlastet auch weiterhin Menschen bei der täglichen Fahrt
zur Schule, Ausbildung oder auf Arbeit. Unser Hauptziel wird es sein, dass
wir Kindern und jungen Menschen langfristig eine kostenfreie Nutzung des
ÖPNV ermöglichen möchten.
- Wir setzen uns auch zukünftig für einen flächendeckenden Thüringer
Nahverkehrsverbund ein, der gemeinsame Tickets ermöglicht, Kosten senkt
und Hindernisse zur Nutzung minimiert.
- Damit der Umstieg auf gemeinsam genutzte Verkehrsmittel gelingt, müssen
Busse, Straßenbahnen, Car-Sharing Angebote, Rad, Auto und Fußgängerverkehr
in einen gemeinsamen Takt schlagen. So verkürzen wir Umstiegszeiten,
verkürzen Reisezeiten und optimieren eine effiziente gemeinsame Nutzung.
Daher unterstützen wir den raschen weiteren Ausbau des integralen
Taktfahrplans in allen Landesteilen. In diesem Rahmen werden wir an
geeigneten Stellen Mobilitätsstationen und Verkehrshubs entwickeln, die
verschiedene Arten von Mobilität an einem Ort miteinander kombinieren und
als Umstiegspunkte dienen.
- Moderne Mobilität braucht einen attraktiven Mix aus öffentlichen
verfügbaren Verkehrsangeboten, die den teuren Individualverkehr an vielen
Stellen überflüssig machen. Damit dies kein Lippenbekenntnis ist brauchen
wir die 3-Vs: Verdichtung, Vertaktung und Verfügbarkeit. Neben den Erhalt
von festen Verkehrsangeboten nach Fahrplan braucht es mehr an Flexibilität
an den am Bedarf ausgerichteten Angeboten auf Abruf, also dem On-Demand-
Verkehr bzw. -Angebot. Hierzu zählt u.a. die Nutzung von gemeinsam
genutzten PKWs, flexiblen Busverbindungen, Ruftaxis und Rufbusangebote.
- Wir werden auch zukünftig die tausenden Pendelnde im Land durch den
vermehrten Einsatz des Jobticket, Pendlerparkplätzen, sowie P+R und
kombinierten Verkehrsangeboten unterstützen.
- Wir wollen da die Tarifintegration ermöglichen, wo durch eine Nutzung des
Fernverkehrs die Taktdichte für Pendelnde wie beispielsweise auf der
Saalebahn erhört werden kann.
- Wir werden gemeinsam mit der Deutschen Bahn und den privaten
Verkehrsgesellschaften Strategien zur Schienen-Anbindung aller Thüringen
Regionen entwickeln. Unser Ziel ist ein S-Bahn-Takt für Thüringen.
- Das Rückgrat des öffentlichen Personenverkehrs ist oft schienengebunden.
Daher setzen wir uns für die zügige Reaktivierung von stillgelegten
Bahnstrecken ein. Dort, wo nötig, wie zum Beispiel auf der Strecke
zwischen Leinefelde und Gotha, setzen wir uns für den zweigleisigen Ausbau
ein. Zugleich unterstützen wir weiterhin den Ausbau von landesbedeutsamen
Buslinien um das Streckennetz zu verdichten, da wo es keine Schiene gibt.
- Thüringen darf nicht weiter Schlusslicht bei der Elektrifizierung von
Bahnstrecken sein. Wir setzen uns für die zügige Elektrifizierung der
Haupt- und Nebenstrecken ein, wie wir bei der Mitte-Deutschland-Verbindung
schon gezeigt haben.
- Wir unterstützen die Kommunen bei der Verkehrswende und hier insbesondere
bei der Förderung Neuanschaffung von Straßenbahnen und Bussen sowie der
Umrüstung und dem Erhalt der Infrastruktur wie u.a. Ladestrukturen,
Betriebshöfen, Schienen, Oberleistungen.
- Wir setzen uns für eine integrierte Straßenbauplanung ein, die
Tiefbauarbeiten und die Verbesserung der Rad- und Fußgängerinfrastruktur
gemeinsam denkt und verbessert
- Wir investieren massiv in die Thüringer Fahrradinfrastruktur, um neue
Radwege und Radschnellstraßen zu bauen, aber auch innerörtliche
Fahrradspuren und sichere Abstellmöglichkeiten einzurichten. Dafür stellen
wir den Kommunen das Instrument einer Radwegeinvestitionspauschale zur
Verfügung.
- Wir unterstützen die Aktualisierung und Umsetzung der kommunalen
Radverkehrskonzepte und werden einen landesweiten Masterplan Radwegenetz
aufstellen. Weiterhin engagieren wir uns in der Arbeitsgemeinschaft
fahrradfreundlicher Kommunen.
- Fußgänger:innen werden in Mobilitätsfragen häufig nicht mitgedacht, obwohl
ein sehr großer Teil unserer Wege zu Fuß absolviert wird. Wir setzen uns
daher für mehr verkehrsberuhigte Zonen, mehr Möglichkeiten der
Straßenquerung, im Bedarfsfall längere Ampelphasen für Fußgänger:innen und
grundsätzlich Tempo 30 innerorts ein. Künftig werden integrierte
Nahverkehrskonzepte nur noch gefördert, wenn der Fußverkehr und die
Notwendigkeit der Barrierefreiheit ausreichend Berücksichtigung finden.
- Die Öffentliche Hand soll als Vorreiterin der Elektromobilität agieren.
Soweit möglich sollen künftig nur noch Dienstwagen auf Landes- und
Kommunalebene mit alternativen Antrieben angeschafft werden.
- Flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur landesweit voranbringen.
Dafür braucht es auch den Ausbau der Netzinfrastruktur bzw. des
Stromverteilnetzes vor Ort.
- Ausbau des 5G-Mobilfunknetzes als Grundlage für die Nutzung autonomer
Mobilitätskonzepte zur intelligenten Vernetzung und Vermeidung von
VerkehrPlanungsabläufe effizienter gestalten, organisatorische bzw.
personelle Engpässe beseitigen und Fördermittelnutzbarkeit erhöhen
4.4 Bürgernahe und digitale Verwaltung
Ob Onlinehandel oder KI-Entwicklungen - die digitale Transformation erfasst alle
gesellschaftlichen Bereiche. Seit 2014 treiben Landesverwaltung und
Kommunalverwaltungen die Digitalisierung voran, um die Serviceorientierung und
Bürgerfreundlichkeit der Verwaltung zu erhöhen und auch den Wirtschaftsstandort
Thüringen zu stärken. Die Landesverwaltung hat in den vergangenen Jahren
konsequent ihre digitalen Strukturen und Anwendungen erweitert und
professionalisiert. Neben dem Einsatz energieschonender Technik, sogenannter
Green IT wurde auch die Garantie der Datensicherheit als wichtige Säule für
Vertrauen in Online-Services gestärkt. Dort wo Menschen Unterstützung für die
Nutzung digitaler Angebote benötigen, sollen diese angeboten werden.
Wir brauchen eine digitale und nutzerfreundliche Verwaltung. Dies ist das
wirksamste Instrument um Nutzungsbarrieren für alle Menschen und Unternehmen
abzubauen.
Das werden wir tun:
Wir verbessern die Rahmenbedingungen
- Die zentrale Koordinierung gemeinsamer Aufgaben und Dienste über das
Thüringer Finanzministerium und das Thüringer Landesrechenzentrum (TLRZ)
ist effizient und soll weiter ausgebaut werden.
- Die Rolle des Chief Information Officer (CIO) stärken wir zusätzlich durch
dessen komplette digitale Rahmenverantwortung der Landesregierung für die
digitale Transformation und dieser zusätzlich die Funktion des Chief
Digital Officer (CDO) ausfüllt.
- Wir bündeln die operativen Aufgaben im Bereich des E-Governments und der
Digitalisierung und entwickeln diese weiter zu einem Zentrum für digitale
Transformation in der Landesverwaltung. Dieses kann die Ressorts bei E-
Governmentvorhaben und der digitalen Transformation unterstützen.
- Quelloffene Software und offene Standards sollen künftig konsequent
Vorrang genießen, soweit sie wirtschaftlicher und vergleichbar funktional
ist.
- Wir setzen den eingeschlagenen Weg hin zu einem Open-Source-Arbeitsplatz
in der Landesverwaltung fort, um die Abhängigkeit von großen
Softwarefirmen zu verringern. Wir wollen eine aktive Rolle bei der
Errichtung des neuen geplanten Zentrums für digitale Souveränität (Zendis)
einnehmen.
- Wir binden die Kommunen noch intensiver in das CERT des Landes ein und
werden ein
IT-Sicherheits-Gesetz auf den Weg bringen.
- Wir werden ethische Standards für den Einsatz Künstlicher Intelligenz in
der öffentlichen Verwaltung entwickeln und zur Erprobung konkreter
Anwendungsfälle ein Kompetenzzentrum in der Thüringer Landesverwaltung
einrichten. Statistische KI-Entscheidungen müssen als solche
gekennzeichnet werden, sowie transparent und nachvollziehbar sein. Wir
setzen dafür ein, dass ein Rechtsanspruch geschaffen wird, von KI
gefällten Entscheidungen durch einen Menschen überprüfen zu lassen, nach
dem Vorbild Schleswig-Holsteins.
- Offene Daten sind ein wichtiger Rohstoff unserer digitalen Welt.
Behördliche Daten über die Umwelt, Geodaten, wollen wir maschinenlesbar
für Wirtschaft und Öffentlichkeit nutzbar machen.
Wir unterstützen die Kommunen
- Wir setzen den Weg fort, Kommunen zentrale Dienste unentgeltlich zur
Verfügung zu stellen und fördern die Kommunen weiterhin bei der
Digitalisierung ihrer Verwaltungen. Wir stärken hierbei die Rolle der KIV
als dem zentralen IT-Dienstleister für die Kommunen.
- Wir prüfen die Konzentration übertragener kommunaler Aufgaben mit dem
Ziel, die Digitalisierung ortsungebundener Leistungen schneller und
effizienter umzusetzen.
- Den Kommunen wollen wir flächendeckende, einheitliche Onlinedienste zur
Verfügung stellen. Gemeinsam mit den Kommunen streben wir eine
einheitliche Cloud-Lösung an.
- An der Finanzierung zentraler Anwendungen durch das Land auch für die
Kommunen werden wir festhalten. Dies gilt im Einzelfall auch für
Fachverfahren, wenn dadurch die notwendige Konsolidierung vorangetrieben,
Standards durchgesetzt und Komplexität vermindert wird.
- Wir stellen zentrale Basisdienste für eine Onlineverwaltung den Kommunen
durch das Land zur Verfügung. Dazu zählen insbesondere Plattformen für die
Online-Verwaltungsleistungen, über die Bürgerinnen und Bürger elektronisch
Anträge einreichen, unterschreiben und bezahlen können.
- Wir werden ein Innovationslabor “Tech4Thüringen” an die Digitalagentur
Thüringen andocken, in dem digitale Vorreiter:innen des öffentlichen
Sektors mit Digitaltalenten aus der Privatwirtschaft in agilen Teams neue
Technologien für die digitale Verwaltung entwickeln.
Wir treiben die digitale Transformation voran
- Mit einem verbindlichen „Digitalcheck“ für Gesetze und Verordnungen
reduzieren wir Formvorschriften und vereinfachen Prozesse.
- Wir schaffen ein modernes und digitaltaugliches Verwaltungsverfahrensrecht
in Thüringen.
- Online-Leistungen sollen barrierefrei sein.
- Wir streben eine gesetzliche Regelung an, die es den Gemeinden und
Landkreisen erleichtert, Aufgaben im Bereich der
Verwaltungsdigitalisierung und der IT-Sicherheit kommunal gebündelt und
gemeinsam wahrzunehmen.
Wir modernisieren die Register
- Bis 2030 streben wir eine möglichst vollständige Modernisierung der
wichtigsten Verwaltungsregister in Thüringen an. Wir schaffen die
rechtlichen und technischen Voraussetzungen dafür, dass die darin
gespeicherten Daten von allen berechtigten Verwaltungsträgern abgerufen
werden können, wenn durch Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen
Verwaltungsleistungen beantragt werden.
- Wir wollen, dass Thüringerinnen und Thüringer deutschlandweit und im EU-
Ausland komfortabel Verwaltungsleistungen beantragen können. Dazu werden
wir die Register in Thüringen mit den nationalen und den europäischen
Registern verbinden.
- Um insbesondere die kommunalen registerführenden Stellen zu entlasten,
prüfen wir die Einrichtung weiterer Spiegel- und Zentralregister.
- Durch die Einbindung eines Datenschutzcockpits gewährleisten wir, dass für
die Bürgerinnen und Bürger jederzeit nachvollziehbar und transparent ist,
in welchen Fällen dazu berechtigte öffentliche Stellen ihre Daten und
Nachweise in Verwaltungsverfahren verwendet haben
Wir verbessern die Rahmenbedingungen der Personalbindung und -gewinnung
- Flexibles Mobiles Arbeiten ist eine Voraussetzung zur Bindung und
Gewinnung von Fachkräften. Wir wollen die Möglichkeiten gemeinsam mit den
Personalräten weiter ausbauen.
- Darüber hinaus werden wir in bestehenden Landesliegenschaften Co-Working-
Spaces einrichten.
- Mit der IT-Laufbahn und den Studiengängen Verwaltungsinformatik an der
dualen Hochschule Gera Eisenach (DHGE) und der Fachhochschule Schmalkalden
gehen wir einen richtigen Weg weiter.
- Die laufbahnrechtlichen Möglichkeiten wollen wir umfassend nutzen und
erweitern, um Fachkräfte zu gewinnen und zu halten.
- Die IT-Kompetenzen der Verwaltungsmitarbeiter werden wir stärken. Dabei
binden wir Angebote wie den EGovCampus über unsere Hochschulen ein.
- Wir stärken IT-kompetenzen von Führungskräften durch verbindliche
Fortbildungen.
5. Beste Bildung und erstklassige Wissenschaft
Unser sozialdemokratisches Bildungsversprechen ist Chancengleichheit. Jeder und
Jede muss das Recht auf gute Bildung und gleiche Chancen erhalten. Wir wollen,
dass der Bildungserfolg nicht vom Geldbeutel der Eltern, vom Geschlecht oder
Herkunft beeinflusst wird. Wir wollen, dass unser Bildungssystem das
Handwerkzeug für die eigene Mündigkeit auf dem Weg gibt. Unser
Chancenversprechen gilt dabei ein Leben lang. Bildung vermittelt Orientierung
und ermöglicht Emanzipation, Teilhabe und Mitbestimmung. Wir schaffen
Aufstiegschancen in allen Bereichen der allgemeinen, beruflichen und
akademischen Bildung. Mit einem offenen System der Aus- und Weiterbildung
bekommen alle die Chance, beruflich Schritt zu halten oder aufzusteigen.
5.1 Schule
Wir wollen eine Schule für alle. Mit der Thüringer Gemeinschaftsschule haben wir
einen Paradigmenwechsel zu einem sozial gerechten Schulsystem in Thüringen
gelegt. Die Herausforderungen des Lehrer:innenmangels und des Stundenausfalls
werden wir mit neuen Lösungen angehen und Thüringen wieder zu einem
erfolgreichen Bildungsland machen.
Den Bildungsauftrag zu erfüllen, so dass Unterricht stattfindet und
Schüler:innen die Schule mit einem Abschluss verlassen, ist oberste Priorität.
Dafür ergreifen wir Maßnahmen in verschiedenen Bereichen: Wir stellen uns
weiterhin der zentralen bildungspolitischen Herausforderung des Schulwesens, dem
Lehrer:innenmangel zu begegnen und so weiterhin flächendeckend den Unterricht
für alle Schüler:innen zu gewährleisten.
Das werden wir tun:
- Die Schulen werden mehr Entscheidungen selbst treffen können. Insbesondere
bei der Personalgewinnung. So sollen die Schulleiter:innen die Möglichkeit
erhalten, geeigneten Bewerber:innen, in Absprache mit dem Schulamt,
Einstellungszusagen zu geben. Das Schulbudget werden wir den Schulen zur
eigenverantwortlichen Bewirtschaftung pauschal zur Verfügung stellen.
- Die Thüringer Schulämter werden wir nachhaltig stärken – durch
zusätzliches und leistungsgerecht bezahltes Fachpersonal, dessen
Personalstellen wir aus dem Bildungsministerium umverlagern, und durch
eine deutliche Ausweitung der Entscheidungsbefugnisse. Die Schulämter
werden so zum wichtigsten, regional verankerten und daher um die Probleme
vor Ort wissenden Ansprechpartner der Schulen in allen Fragen der
Schulqualität und Schulentwicklung, der Personalgewinnung, des Einsatzes
von Seiteneinsteiger:innen und der Digitalisierung schulischer Bildung.
- Der Landesschulbeirat wird in seinen Kompetenzen deutlich gestärkt. Er
erhält insbesondere ein eigenes Initiativrecht. So kann er das Ministerium
auffordern, für ein erkanntes Problem eine Lösung in einer bestimmten
Frist zu erarbeiten. Der Lösungsvorschlag ist dann dem Landesschulbeirat
vorzulegen. Die Arbeit des Gremiums erfolgt transparent und wird
vollständig veröffentlicht.
- Zudem wird der Landesschulbeirat regelmäßig im für Bildung zuständigen
Ausschuss des Thüringer Landtags um Stellungnahme zum aktuellen
Arbeitsprozess gebeten. So wollen wir sicherstellen, dass die
Zusammenarbeit von Beirat und Ministerium fruchtbar und erfolgreich im
Sinne der Praxisrelevanz, Qualität und umgehender Lösungen für bestehende
oder sich abzeichnende Probleme erfolgt.
- Unsere Schulen brauchen nicht nur bestmögliche Unterstützung durch die
Schulämter, sondern auch weitgehende Entlastung von Bürokratie und
Verwaltungsarbeit. Die Schulleitungen, aber auch jede:r einzelne Lehrer:in
sollen sich künftig auf die pädagogischen Kernaufgaben konzentrieren
können. Daher werden wir an allen Schulen Verwaltungsassistent:innen
einstellen, die sich um Antrags- und Meldeverfahren, Schulstatistik und
Datenaufbereitung, die Verwaltung von Schulbudgets und Schulkonten, die
Organisation von Veranstaltungen und Klassenfahrten und noch einiges
andere kümmern werden. Gleichzeitig sollen viele bürokratische und an
allen Schulen wiederkehrende Aufgaben in zentrale Servicestellen bei den
Schulämtern verlagert werden.
- Lehrer:innenmangel und Stundenausfall sind ein bundesweites Problem, vor
dem auch Thüringen nicht verschont bleibt. Wir müssen daher in den
kommenden Jahren alle Möglichkeiten nutzen, um die Schulen mit dem
benötigten Lehrer:innenpersonal auszustatten und die Unterrichtsversorgung
weiterhin in der Fläche aufrechtzuerhalten. Dafür ist eine grundlegende
Reform der Lehrer:innenausbildung unumgänglich. Die derzeit
schulartbezogene Ausbildungsform lässt trotz verschiedener in den
vergangenen Jahren unternommener Verbesserungen des Laufbahn- und
Besoldungsrechts keinen wirklich flexiblen und dauerhaften Einsatz von
Lehrkräften über die Grenzen der Schularten hinweg zu. Unser Ziel ist es
daher, ein Lehramt für die Sekundarstufe I und II einzuführen und damit
die breite Einsatzfähigkeit des so ausgebildeten Personals sowohl an den
Gymnasien als auch an den Regelschulen, Gemeinschaftsschulen und
Gesamtschulen zu ermöglichen.
- Wir werden eine Übernahmegarantie für Referendar:innen (bei Bestehen der
Prüfungen) einführen. Die Verwaltungsgebühr zur „Feststellung der
Gleichwertigkeit von Abschlüssen“ wird künftig entfallen.
- Wir sind überzeugt davon, dass Thüringen dem Vorbild anderer Länder (z.B.
Österreich, Schweiz, Dänemark) folgen und ein Jahresarbeitszeitmodell für
alle Lehrkärfte einführen sollte. Dieses Modell legt nicht nur die
wöchentlichen Unterrichtsverpflichtungen fest, sondern auch, welche
Arbeitszeit eine Lehrkraft insgesamt pro Woche zu erbringen hat und welche
Aufgaben überhaupt zum Lehrer:innenberuf gehören und welche nicht. Das
wird dann die Ausgangsbasis dafür, die Thüringer Lehrer:innen konsequent
von Bürokratie und Verwaltungsarbeit zu entlasten und ihnen mehr Freiraum
für ihre pädagogischen Kernaufgaben zu verschaffen.
- Thüringen muss endlich mehr Lehrer:innen für Mangelfächer gewinnen. Dies
kann erreicht werden, indem wir in Mangelfächern Studierende bereits mit
Aufnahme des Studiums in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf analog zu den
Referendar:innen berufen. So unterstützen wir die Studierenden bei ihrem
Lebensunterhalt und gleichzeitig können wir gemeinsam mit den Hochschulen
bereits im Studium vermehrt schulpraktische Ausbildungsabschnitte
integrieren.
- Priorität hat für uns, ausreichend grundständig qualifizierte Lehrer:innen
für den Schuldienst auszubilden und einzustellen. Wir wissen aber auch,
dass in den nächsten Jahren nicht ausreichend Absolvent:innen zur
Verfügung stehen. Deshalb benötigen wir weiter Seiteneinsteiger:innen für
den Schuldienst. Vor dem Einsatz im Unterricht müssen die
Seiteneinsteiger:innen ausreichend qualifiziert werden. Während des
Einsatzes wollen wir ihnen ein Unterstützungssystem zur Seite stellen.
Nach einer Bewährungsphase wollen wir ihnen nach einer erfolgreichen
Lehrprüfung auch in die Möglichkeit der Verbeamtung eröffnen.
- Die Schul- und Unterrichtsorganisation ist keine Banalität – sie
beeinflusst das Lernen und Leben von Kindern und jungen Menschen. Deshalb
muss die Schule auch auf sie ausgerichtet werden: Der Unterricht startet
oftmals viel zu früh am Tag. Nachweislich ist die Lernfähigkeit junger
Menschen stark verringert, wenn gegen ihren Biorhythmus der Unterricht
bereits um 7:30 Uhr beginnt und sie möglicherweise bereits eine Stunde
Schulweg hinter sich haben. Schule darf deshalb nicht vor 09:00 Uhr
beginnen. Ebenso ist es wissenschaftlich erwiesen, dass durchgehende
Unterrichtseinheiten von 90 Minuten zu lang für die Konzentrationsspanne
sind. In unserem Konzept der Ganztagsschule verkürzen wir daher diese
Zeitintervalle auf 45 bis maximal 60 Minuten.
- Wir stellen die vermeintlichen Defizite von Schüler:innen nicht in den
Mittelpunkt, sondern deren individuellen Stärken, Interessen und
Bedürfnisse. Damit stellen wir sicher, dass sie die Erfahrung von
Selbstwirksamkeit machen. Die Schule trägt die Verantwortung für den
Lernerfolg jeder Schülerin, jedes Schülers und organsiert verbindlich die
passenden Lernangebote. Dies soll in die Thüringer Schulordnung oder in
das Thüringer Schulgesetz aufgenommen werden. Die bisherige einseitige
Ausrichtung auf Eigenverantwortlichkeit hat sich nicht bewährt.
- Wir werden im schulischen Kontext individuelle Beurteilungen und
Entwicklungsgespräche zur Bewertung der Schüler:innen fördern. Diese
sollen künftig die Benotung der Schulleistungen bis zur 4. Klasse
ersetzen. Damit wird verhindert, dass bereits die jüngsten Schüler:innen
in ein künstliches, numerisches System gezwängt werden, das unnötigen
Druck aufbaut, anstatt bisherige Fähigkeiten und Erlerntes aufzuzeigen.
- Wir etablieren das Konzept Ganztagsschule thüringenweit. Dabei reicht die
Hortbetreuung nach Ende des regulären Unterrichts explizit nicht aus.
Unterrichts-, Freizeit- und Unterstützungsangebote sollen, sich über den
Tag verteilt, abwechseln. So erhalten Schüler:innen ausreichend zeitliche
Regenerationsräume. Die Schule kann regional Verankerung finden,
beispielsweise durch Kontakte zu örtlichen Vereinen und Angeboten.
- Die Thüringer Schüler:innenschaft wird zusehends heterogener, was alle
Lehrer:innen im Hinblick auf die Realisierung schulischer Inklusion und
die Ermöglichung individueller Förderung vor wachsende Herausforderungen
stellt. Wichtige Lösungsansätze sind für uns an dieser Stelle der weitere
Ausbau des längeren gemeinsamen Lernens sowie der Ausbau von
Ganztagsschulen.Wenn sich eine Schulkonferenz entscheidet, sich ein
Ganztagsschulkonzept zu geben, werden vom Land Thüringen die benötigten
personellen, räumlichen und sächlichen Ressourcen bereitgestellt bzw.
werden die Kommunen dabei unterstützt. Des Weiteren werden die
Baurichtlinien für Schulsanierungen und Schulneubau so angepasst, dass
Ganztagsschule ermöglicht wird. Zudem wollen wir mit Hilfe eines
transparenten und verlässlichen Personalbemessungssystems und anhand von
Sozialindikatoren an allen Schulen multiprofessionelle pädagogische Teams
etablieren, in denen neben den angestammten Lehrkräften bedarfsgerecht und
an der jeweiligen Situation vor Ort orientiert Förderpädagog:innen, DaZ-
Lehrer:innen, Pädagogische Assistenzkräfte und Schulsozialarbeiter:innen
kooperativ und arbeitsteilig zusammenwirken.
- Grundlage der gemeinsamen Arbeit ist ein individuelles Schulkonzept, das
sich insbesondere den Fragen einer guten Berufsorientierung, einer Senkung
von Schulabbrecher:innenquoten und der Vernetzung in den Sozialraum
widmet. Für Schulen mit besonders hohen sozialen Herausforderungen braucht
es die beste Ausstattung.
- Wir werden gemeinsam mit dem Bund dafür sorgen, dass unsere Schulen
schnellstmöglich mit Gigabit-Anschlüssen ausgestattet werden, diese auch
nutzen können und letztlich die digitale Ausstattung erhalten.
- Die Schule von morgen ist digital. Digitale Bildung muss daher ihren
Niederschlag in allen Phasen der Lehrer:innenbildung und in den Lehrplänen
der Schulen finden. Nur entsprechend ausgebildete Pädagog:innen werden in
der Lage sein, das digitale Equipment nicht nur als technische Ergänzung
gewohnter Unterrichtsmaterialien zu sehen, sondern es auch sinnvoll
einzusetzen. Um die Digitalität in den Schulen weiter voranzubringen,
braucht es ebenso eine Ausweitung der Lernmittelfreiheit auf digitale
Geräte.Zudem wollen wir das Fortbildungsangebot für unsere Lehrkräfte,
insbesondere zum Thema digitale Bildung, erweitern.
- Darüber hinaus wollen wir in den Lehrplänen vermehrt den Umgang mit
(sozialen) Medien und der digitalen Welt thematisieren. Ein kritischer
Blick auf die Entwicklungen und die Stärkung der digitalen Resilienz
junger Menschen muss erklärtes Unterrichtsziel werden.
- Die Thüringer Schulcoud muss weiter ausgebaut und zu einer wichtigen
Ergänzung des Unterrichts von morgen werden. Die Cloud muss für alle
nutzbar und deshalb barrierefreie umgesetzt werden.
- Um ein verlässliches, vielfältiges und qualitativ hochwertiges Angebot in
Unterricht und Hort gerade auch an kleinen Schulen zu ermöglichen, haben
wir mit der letzten großen Schulgesetznovelle verschiedene
Kooperationsmodelle eröffnet. Wir wollen diese Kooperationen gezielt
fördern, um den Schulstandorten eine gute Perspektive zu eröffnen.
- Bessere Schulen für alle zu entwickeln, heißt für uns auch, Familien
spürbar von Kosten zu entlasten, die mit einem Schulbesuch einhergehen.
Wir werden für alle Schulkinder ein kostenloses gesundes Mittagessen
finanzieren.
- Wir lehnen jegliche Kürzungen des Sozialkundeunterrichts an den Thüringer
Schulen ab. Sozialkunde ist das zentrale Fach demokratischer Bildung im
Schulbereich, deswegen werden wir ihn ausbauen. Gerade in Zeiten des
Erstarkens von Rechten und der Extremen Rechten ist es umso wichtiger,
einen Schwerpunkt bei der schulischen Demokratiebildung zu setzen.
Demokratische und politische Bildung darf aber nicht auf ein Fach begrenzt
werden. Die Lehrpläne aller Schulfächer sind demokratiefördernd
auszurichten.
- Schüler:innen werden momentan nur sehr selten in gesamtschulische
Angelegenheiten einbezogen. Das ist mit unserer Vorstellung von Schule als
Diskussions- und Partizipationsort nicht vereinbar. Wir setzen uns für
stärkere Mitwirkungsrechte der Schüler:innen ein. Deshalb strukturieren
wir die Schulkonferenz neu: Schüler:innen werden künftig die Hälfte
ausmachen. Dazu soll die Schulkonferenz nach Berliner Modell aufgewertet
werden, nach dem hier wichtige Entscheidungen über gesamtschulische
Angelegenheiten abgestimmt werden. Zudem werden wir die Stimmberechtigung
der Schüler:innenvertreter:innen in Klassenkonferenzen und Fachkonferenzen
ermöglichen.Dies betrifft ebenso die Demokratisierung des Lernens. Der Freistaat
Thüringen wird Schulen finanziell und beratend unterstützen, die sich in
dieser Frage auf den Weg machen, zum Beispiel durch Projekte wie AULA, das
bereits in Thüringen an der Jenaer Planschule in Jena erprobt wurde.
5.2 Ausbildung stärken
In Thüringen finden ca. 9 Prozent der Bewerberinnen und Bewerber keinen
Ausbildungsplatz, obwohl in Thüringen ca. 17 Prozent der Stellen unbesetzt
bleiben. Über den steigenden Fachkräftebedarf wurde in den vergangenen Jahren
immer wieder diskutiert. Klar ist, dass wir bis 2030 in Thüringen circa 350.000
Fach- und Arbeitskräfte brauchen. Im Bereich der Sozialwirtschaft sind es ca.
80.000. Allein in der Altenpflege werden 8.000 neue Fachkräfte und im
Erzieher:innenbereich 6.000 bis 10.000 neue Fachkräfte bis 2030 gebraucht. Ein
Großteil des Fachkräftebedarfs richtet sich auf Ausbildungsberufe. Wir haben
also jeden Grund, bei jungen Leuten und an den Schulen für die duale Ausbildung
zu werben. Damit sich junge Menschen für den Weg einer dualen Ausbildung
entscheiden, müssen wir die Ausbildung in Thüringer attraktiver machen.
Das werden wir tun:
- Zwar werden in vielen Ausbildungsbranchen Auszubildende händeringend
gesucht, dennoch fallen junge Leute durch das Raster und finden keinen
Ausbildungsplatz. Für diese Menschen wollen wir uns einsetzen und eine
umlagefinanzierte Ausbildungsgarantie in Thüringen einführen. Zudem
bilden immer weniger Unternehmen aus. Wir wollen gesetzlich allen
Jugendlichen einen Ausbildungsplatz garantieren. Weiterhin sollen die
Ausbildungsbedingungen durch einheitliche gesetzlich festgelegte
Mindeststandards umfassend verbessert werden.
- Ein Ausbildungsfonds hilft Jugendlichen in der Ausbildung zu unterstützen
und zu fördern und hilft gleichzeitig kleine Unternehmen, die den Großteil
der Ausbildungen übernehmen, zu entlasten. Durch den finanziellen Anreiz,
den der Fonds gibt, wird das "Rosinenpicken" der Unternehmen minimiert und
auch Bewerber:innen, die eventuell beim erstem Mal durch das Raster fallen
oder auch jene, die in Übergangs- und Orientierungsprogrammen stecken,
vermehrt eine Chance gegeben. Somit könnten wiederum mehr junge Menschen
in Ausbildung kommen. Zudem profitieren alle Betriebe von vielfältigen
Angeboten, wie Deutschkurse für Azubis, Beratungsangebote, Weiterbildung
für Ausbildende, Coachings zum Recruiting etc., die insbesondere kleine
und mittlere Unternehmen bei der Suche nach Auszubildenden und im Verlauf
der Ausbildung unterstützen sollen. Wir werden prüfen, ob ein solcher
Fonds auch für Thüringen sinnvoll ist.
- Wir werden die infrastrukturellen Voraussetzungen für gute Ausbildung in
Thüringen schaffen. Dazu gehört die geförderte Errichtung von attraktiven
und bezahlbaren Wohnungen für Auszubildende: beispielsweise durch die
Schaffung von Wohnheimplätzen und Azubi-Appartements im ganzen Freistaat.
Gleichzeitig unterstützen wir mit Fördermitteln die Ertüchtigung von
Ausbildungsstätten.
- Die SPD Thüringen setzt sich für eine Stärkung der dezentralen Ausbildung
ein. Wir nehmen es nicht hin, dass Auszubildende nur zentralisiert an
einem Standort in Thüringen geschult werden oder teilweise in andere
Bundesländer fahren müssen. Weiteren Zentralisierungsbestrebungen
erteilen wir eine Absage, explizit auch bei kleiner werdenden
Ausbildungsklassen.
- Der Übergang von der Schule in die Ausbildung ist noch viel zu oft die
Hürde, an der viele Jugendliche der Übergang in eine selbstbestimmte
Zukunft erschwert wird und Betriebe ihre zukünftigen Fachkräfte verlieren.
Wir werden die vielfältigen Beratungs- und Unterstützungsinstrumente für
Betriebe sowie Bewerberinnen und Bewerber bedarfsgerecht ausbauen und
verstärken. Dazu gehört für uns auch, das Konzept der Produktionsschulen
in Thüringen pilothaft zu erproben und bei Erfolg flächendeckend
einzuführen.
- Die duale Berufsausbildung ist ein Eckpfeiler unserer Wirtschaft und des
Thüringer Arbeitsmarktes. Wir werden daher zusammen mit den Kammern eine
Kampagne für die duale Ausbildung auflegen. Darüber hinaus werden wir in
Zusammenarbeit mit den Handwerkskammern prüfen, ob wir Handwerkergymnasien
bedarfsgerecht in allen Kammerbezirken aufbauen können.
- Bei der Weiterentwicklung des Thüringer Berufsschulnetzes ist uns der
Erhalt von Schulstandorten wichtig. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist
dabei die Erreichbarkeit der zuständigen beruflichen Schule für die
Auszubildenden. Hierfür brauchen wir geeignete schul- und
unterrichtsorganisatorische Konzepte für einen angemessenen (zeitlichen)
Aufwand zum Erreichen der beruflichen Schule.
5.3 Hochschulen und Studium
Wissenschaft ist einer der Schlüssel für eine erfolgreiche Zukunft: in
Forschung, Lehre und Transfer in die Gesellschaft. Deswegen kommt den
Hochschulen eine herausragende Bedeutung für die Entwicklung Thüringens zu. Als
Thüringer SPD setzen wir uns für eine leistungsfähige Hochschullandschaft ein.
Ihre Attraktivität erhält sie durch die besonderen Profile der staatlichen
Hochschulen. Die Thüringer Hochschulen haben in den letzten Jahren gezeigt, dass
sie erfolgreich im Wettbewerb mit anderen deutschen Universitäten und
Fachhochschulen mitspielen können. Damit die Hochschulen ihre Potenziale voll
entfalten können, bedarf es einer auskömmlichen Grundfinanzierung, die sich an
den wissenschaftsbezogenen Kostensteigerungen orientiert und mit einem
Strategieaufschlag zusätzliche Entwicklungsoptionen bietet. Die staatlichen
Hochschulen müssen frei von wirtschaftlichen Interessen und staatlicher
Bevormundung agieren können. Wissenschaftsfreiheit, Hochschulautonomie und der
offene Diskurs sind die Voraussetzungen dafür, dass sie ihre zahlreichen
Aufgaben in der und für die Gesellschaft erfüllen können.
Das werden wir tun:
- Für uns darf das Studium nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen – von
der Entscheidung, ob überhaupt studiert wird, bis zur Frage, wie schnell
und wie erfolgreich das Studium verläuft. Deshalb wollen wir auf
Bundesebene daraufhinwirken, dass wir das BAföG als Fundament der
Studienfinanzierung stärken. So wollen wir Aufstiegschancen durch Bildung
ermöglichen. Dabei stehen wir für eine kontinuierliche Anpassung und
Erhöhung der Bedarfssätze und Freibeträge, die Hebung von Altersgrenzen,
die Schließung des „Mittelstandslochs“ durch die Möglichkeit der Gewährung
eines Volldarlehens und die Beseitigung bestehender Förderlücken.
- Langzeitstudiengebühren an den Thüringer Hochschulen werden wir
abschaffen. Ein Studium in der Regelstudienzeit ist oft nur für diejenigen
mit wohlhabenden Elternhaus leistbar, die nicht auf Zuverdienste
angewiesen sind und lässt zudem wenig bis keinen Platz für
gesellschaftliches, sportliches, kulturelles oder soziales Engagement.
Dies sind aber neben dem Studium wichtige Fähigkeiten und
Erfahrungshorizonte, die im Lebensabschnitt des Studiums Raum haben
müssen. Daher wird die Überschreitung der Regelstudienzeit nicht mehr als
Grund für eine Exmatrikulation oder die Ablehnung eines Platzes im
Studierendenwohnheim fungieren dürfen.
- Das Studierendenwerk werden wir dabei unterstützen, die Bearbeitung von
BAföG-Anträgen zu beschleunigen und den Antragsstau abzubauen. Ziel muss
es sein, dass ein gestellter BAföG-Antrag innerhalb von drei Monaten
abschließendbearbeitet wird. Außerdem muss bei Einreichung von
Folgeanträgen bis zwei Monate vor Ende des aktuellen Bewilligunszeitraums
stets eine lückenlose Förderung gewährleistet sein.
- Unser Ziel ist es, allen sozialen Gruppen den Zugang zur Hochschulbildung
zu garantieren. Deshalb wollen wir mehr Menschen aus bislang an den
Hochschulen unterrepräsentierten Gruppen ein Studium ermöglichen,
insbesondere Menschen, deren Eltern nicht studiert haben. Initiativen wie
„Arbeiterkind“ werden wir weiter unterstützen.
- An unseren Hochschulen sollen Menschen aus ganz unterschiedlichen
gesellschaftlichen Bereichen und Kulturen, mit verschiedenen
Lebenserfahrungen und -entwürfen gemeinsam lernen und lehren, forschen und
zusammenarbeiten. Denn aus dieser Vielfalt entstehen spannende Diskurse
und neue Ideen. Wir setzen uns für niedrigschwellige Begegnungs- und
Austauschangebote, mehr internationale Gastwissenschaftlerinnen und
Gastwissenschaftler und die gemeinsame Entwicklung digitaler Lehre mit
internationalen Partnereinrichtungen ein.
- Für die Studierenden setzen wir uns auch auf Bundesebene für einen neuen
Sozialpakt Hochschule ein. Dieser muss über eine angemessene
Studienfinanzierung hinausgehen und auch langfristig finanzierbaren
studentischen Wohnraum und günstige Preise in der Essensversorgung der
Mensen absichern. Hierzu wollen wir in Thüringen die Finanzierung des
Studierendenwerks – analog zu den Hochschulen – langfristig sichern und
jährlich erhöhen.
- Wir werden die Blaupause der Hochschulsozialarbeit an der Hochschule
Nordhausen auf alle Thüringer Hochschulen ausweiten.
- Für uns ist ausgezeichnete Lehre zentraler Baustein einer zukunfts- und
studierendenorientierten Hochschule. Wir setzen uns daher für eine
Aufwertung der Lehre an den Thüringer Hochschulen, umfassende technische
und didaktische Unterstützung für Lehrveranstaltungen und für eine
Qualitätssicherung unter maßgeblicher Beteiligung der Studierenden ein.
- Unsere Hochschulen als Ideenentwickler und Impulsgeber: Für uns
Sozialdemokraten kommt den Hochschulen eine wichtige Rolle in der
Gesellschaft zu: sie generieren neues Wissen, entwickeln originelle Ideen
und geben Impulse weit über den akademischen Kontext hinaus. In dieser
Rolle werden wir die Hochschulen stärken, ihre Vernetzung mit
(insbesondere der kommunalen) Politik, Wirtschaft und Gesellschaft
unterstützen.
- Unsere Hochschulen als „Problemlöser“: Es sind die Hochschulen, an denen
künftige Fach- und Führungskräfte die Kompetenzen erwerben, die sie für
die Bewältigung zukünftiger Herausforderungen benötigen. Wir stärken die
Hochschulen darin, das Studienangebot so zu gestalten, dass die
Studierenden für Zukunftsaufgaben qualifiziert werden und in ihrem
späteren beruflichen Umfeld wie auch als aktive Mitglieder der
Gesellschaft einen Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Probleme leisten
können.
- Unsere Hochschulen international: Die Thüringer Hochschulen sind
international ausgerichtet und eingebunden. Als weltoffene
Bildungseinrichtungen sorgen sie für die Gewinnung, Integration und
Bindung internationaler Studierender, Lehrender und Forschender. Dazu
gehört, dass die Hochschulen internationale Studierende frühzeitig über
Beschäftigungsmöglichkeiten in der Region informieren und – gemeinsam mit
den Kommunen und der Wirtschaft – beim Übergang in den regionalen
Arbeitsmarkt begleiten. Entsprechende Beratungs- und Betreuungsmaßnahmen
an den Hochschulen unterstützen wir. Zugleich sehen wir die Hochschulen
bei ihren internationalen Aktivitäten, gerade auch bei der Zusammenarbeit
mit Partnern in autokratischen Staaten, grundlegenden demokratischen
Werten und der Wissenschaftsfreiheit verpflichtet. Wir bestärken sie
darin, Impulse für globalen gesellschaftlichen Fortschritt zu geben.
- Um Studierende von den Vorteilen eines Studiums in Thüringen zu
überzeugen, werden wir die Standortvorteile sowie die besten
Betreuungsverhältnisse oder die überdurchschnittliche Zahl von
Wohnheimplätzen pro Studierenden nachhaltig sichern und bewerben.
- Duales Hochschulstudium: Wir setzen auch weiter auf die erfolgreiche
Zusammenarbeit der Dualen Hochschule mit den Unternehmen in der Region, um
Fachkräfte in und für Thüringen auszubilden. Wir werden das duale
Hochschulstudium durch Kooperationen der Dualen Hochschule mit den
Fachhochschulen auch im Masterbereich ausbauen.
- Gute Schule verlangt bestens qualifizierte Lehrkräfte. Daher werden wir
die Hochschulen bei der Weiterentwicklung der Lehrerbildung auch künftig
unterstützten. Schwerpunkte sehen wir in spezifischen Lehrangeboten vor
allem in den naturwissenschaftlichen Fächern und der Mathematik. Auch bei
der Entwicklung von Kompetenzen im Umgang mit heterogenen Schülergruppen
und bei der Medienbildung bedarf es neuer Ansätze.
- Wir werden durch neue Instrumente des Zusammenwirkens von Hochschulen,
Gründungsinteressierten und einer professionellen Beratungsstruktur die
Voraussetzungen schaffen, dass Ausgründungen aus Hochschulen schneller
erfolgen können.
- Hochschulfinanzierung: Auch in Zukunft werden wir die Grundfinanzierung
der Hochschulen auf hohem Niveau bis mindestens 2030 fortschreiben und
sichern, indem wir den Empfehlungen des Wissenschaftsrates weiter folgen
und den Hochschulen jährlich die wissenschaftsspezifischen
Kostensteigerungen plus 1 % als Aufwuchs garantieren. Das in Thüringen
bewährte Modell der langfristigen Finanzierungssicherheit durch
Rahmenvereinbarungen zwischen Landesregierung und Hochschulen setzen wir
fort.
- Um auch die wissenschaftliche Recherchearbeit auf den aktuellen Stand zu
bringen, werden wir für den Lizenzerwerb digitaler Literatur mehr Mittel
zur Verfügung stellen. Dies gilt ebenso für die Anschaffung zeitgemäßere
Mediengeräte sowie Programme als auch für die entsprechende Schulung des
Personals.
- Die FSU Jena hat in den vergangenen Jahren bereits erfolgreich einen
Exzellenzcluster eingeworben. Dies ist ein Beleg für die hervorragende und
hoch kompetitive Forschungsqualität, die den Thüringer
Wissenschaftsstandort international sichtbar macht sowie weitere
Spitzenforschung und -wissenschaftler nach sich ziehen wird. Auf dieser
Grundlage unterstützen wir exzellente Thüringer Hochschulen dabei, weitere
Exzellenzcluster und gezielt großformatige Drittmittelprojekte bei der
DFG, beim BMBF und bei der EU einzuwerben, um den Forschungsstandort
Thüringen aufzuwerten.
- Als wichtige Arbeitgeber in diesem Land werden wir die Thüringer
Hochschulen dabei unterstützen, auch in der Zukunft attraktiv für die
Fachkräfte von morgen zu sein: für den wissenschaftlichen Nachwuchs,
Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer und nichtwissenschaftliches
Personal. Deshalb wollen wir das Prinzip „Gute Arbeit“ in den Hochschulen
weiter umsetzen. Dazu gehört, dass Daueraufgaben grundsätzlich von
Dauerbeschäftigten erledigt werden.
- Wissenschaftlichen Nachwuchs unterstützen: Wir wollen in Bund und Land
durch geeignete Maßnahmen die Planbarkeit von wissenschaftlichen Karrieren
erhöhen. Dazu gehört, dass die Zahl der Professuren moderat erhöht, mehr
Professuren als Tenure-Track-Professuren ausgeschrieben und
Qualifikationsstellen mit Stellenanteilen von mindestens 2/3 und einer
angemessenen Vertragslaufzeit besetzt werden. Die Thüringer
Graduiertenförderung werden wir entsprechend dahingehend weiterentwickeln,
dass Stipendiat:innen volle Stellen als wissenschaftliche
Mitarbeiter:innen nach TV-L erhalten. Gemeinsam mit den Betroffenen und
den Hochschulen werden wir prüfen, ob wir im Rahmen der zur Verfügung
stehenden Stellen neue Karriereziele neben der Professur einführen können.
Ziel soll es sein, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine
alternative Perspektive für eine Dauerbeschäftigung mit Schwerpunkt in der
selbstständigen Lehre zu geben – ohne sie hierauf zu beschränken. Darüber
hinaus bedarf es an den Hochschulen einer noch besseren Betreuung,
Beratung und Unterstützung der Nachwuchskräfte.
- Gleichstellung verwirklichen: Wir werden weiter darauf hinwirken, den
Frauenanteil in der Professorenschaft und in den Hochschulleitungen an den
Thüringer Hochschulen zu erhöhen. Dafür bedarf es verbindlicher
Zielkorridore.
- Wir unterstützen das Universitätsklinikum Jena als einzigen
Supramaximalversorger Thüringens und Ort der Spitzenmedizin, Forschungs-
und Ausbildungsstätte des medizinischen Nachwuchses in Thüringen. Auch für
das UKJ wollen wir in Zukunft weiter jährlich die
wissenschaftsspezifischen Kostensteigerungen plus 1 % Strategiebudget als
Aufwuchs garantieren. Die weitere bauliche Entwicklung in Jena
unterstützen wir mit einem dritten Bauabschnitt. Dadurch verbessern wir
die Krankenversorgung, insbesondere in der Notfallmedizin und sorgen für
bessere Bedingungen für Studierende, Lehrende und Forschende.
- Auf Bundesebene setzen wir uns dafür ein, dass die besonderen
Systemaufgaben der Universitätsklinika (Koordinierung, Vernetzung mit den
Krankenhäusern im ländlichen Raum, Krisen- und Pandemievorsorge,
Behandlungen von seltenen Krankheiten) im Rahmen der
Krankenhausfinanzierung besser abgebildet werden. Für das Pflegepersonal
wollen wir, dass die Arbeitszeit zwischen Ost- und West auch in den
Universitätsklinika endlich angeglichen wird.
- Wir unterstützen den Aufbau des Zentrums für Psychische Gesundheit als
achtes Deutsches Zentrum für Gesundheitsforschung (DZG).
- Die Digitalisierungsstrategie für den Thüringer Hochschulbereich soll 2025
fortgeschrieben werden, um die vielfältigen Möglichkeiten der digitalen
Transformation gewinnbringend in Forschung, Lehre und Verwaltung zur
Geltung zu bringen. Die Digitalisierung vereinfacht hochschulübergreifende
und landesweite Kooperationen – diese werden wir fördern.
- Wir wollen – auch über geeignete bundespolitische Initiativen – die
Einreise-, Aufenthalts- und Melderegularien für internationale Studierende
und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vereinfachen. Als Teil einer
umfassenden Willkommenskultur setzen wir uns dafür ein, dass in den
Behörden englischsprachige Ansprechpersonen zur Verfügung stehen. Darüber
hinaus wollen wir, dass Absolventen und Promovierte durch eine Reform des
Aufenthaltsrecht mehr Zeit bekommen, nach dem jeweiligen Abschluss eine
Berufstätigkeit oder den nächsten akademischen Qualifizierungsschritt in
Angriff zu nehmen.
- Die anwendungsbezogene Forschung an Fachhochschulen möchten wir stärken,
ohne diese zu kleinen Universitäten zu entwickeln. Forschungsstarke
Bereiche oder hochschulübergreifende Verbünde sollen daher das
Promotionsrecht erhalten, wenn sie hohe Qualitätsstandards gewährleisten.
Darüber hinaus setzen wir uns weiterhin dafür ein, kooperative Promotionen
auszubauen und dafür günstige Bedingungen zu gewährleisten.
- Neben notwendigen Neubauvorhaben wird die Erhaltung der bestehenden
Gebäude der Hochschulen und ihre energetische Sanierung zu einer großen
Herausforderung in den nächsten Jahren. Deshalb wollen wir ein
systematisches Sanierungsprogramm bis 2030 erarbeiten und schrittweise
umsetzen. Für die Hochschulen, das Studentenwerk, das Universitätsklinikum
und die außeruniversitären Forschungseinrichtungen wird das Land die
notwendigen Flächen sichern und kostenlos bzw. über ein Erbbaurecht mit
symbolischer Vergütung zur Verfügung stellen.
- Wir werden die Wissenschaftskommunikation in den kommenden Jahren stärken.
Hierzu wollen wir eine Richtlinie “Science for Society” aufsetzen, mit der
Thüringer Wissenschaftsakteur:innen Projekte zur Kommunikation und
Vermittlung ihrer Forschung und ihrer Erkenntnisse an die breite und die
interessierte Öffentlichkeit umsetzen können.
5.4 Außeruniversitäre Forschung
Thüringen verfügt über leistungsfähige und profilierte Hochschulen. Diese werden
über eine vielfältige und lebendige Landschaft an außeruniversitären
Forschungseinrichtungen komplementiert, die sich durch einen hohen Vernetzungs-
und Kooperationsgrad miteinander auszeichnen und die Innovationslandschaft in
Thüringen ausmachen.
Neben den von Bund und Ländern gemeinsam getragenen Forschungsinstituten der
Fraunhofer-Gesellschaft, der Max-Planck-Gesellschaft, der Leibniz-Gemeinschaft,
der Helmholtz-Gemeinschaft, gehören auch vier durch das Land finanzierte
Forschungsinstitute sowie acht wirtschaftsnahe Forschungseinrichtungen mit
spezialisierten Schwerpunktsetzungen. Hier wird von der Grundlagenforschung bis
zur anwendungsorientierten Forschung Zukunft gemacht.
Das werden wir tun:
- Auch in Zukunft werden wir die Grundfinanzierung der Bund-Länder
finanzierten Forschungseinrichtungen gemeinsam mit dem Bund bis zum Jahr
2030 sicherstellen. Vergleichbar dem „Pakt für Forschung und Innovation“
für die von Bund und Land finanzierten Einrichtungen, mit verlässlichen
jährlichen Steigerungsraten und fester Laufzeit, werden wir für die
Landesforschungseinrichtungen einen vergleichbaren Pakt auf Landesebene
schaffen.
- Im Rahmen der gemeinsamen Förderung von Wissenschaft und Forschung belegt
Thüringen in Bezug auf seine Bundesfinanzierungsquote (61 %; Basisjahr:
2019; aktuellster Wert aus GWK) den vorletzten Rang aller Bundesländer.
Unser Ziel muss es deshalb sein, die Nettoflüsse der
Wissenschaftsfinanzierung nach Thüringen zu verbessern. Das kann gelingen
durch die Teilnahme an entsprechenden Formaten der Bund-Länder-Förderung
(z.B. im Rahmen der Exzellenzstrategie, Neugründungsinitiativen und
Erweiterungen bestehender Einrichtungen) und über die aktive Bewerbung
Thüringens bei Ansiedlungen bzw. dem Aufbau von Forschungseinrichtungen.
- Wir wollen die vier Landeseinrichtungen entsprechend ihres jeweiligen
extern begutachteten Entwicklungsstands gezielt weiter profilieren, um
ihre Aussichten auf die Aufnahme in eine bundesweit tätige
Forschungsträgerorganisation erhöhen. Hierfür wollen wir wenn nötig auch
zusätzliche Investitionsmittel bereitstellen.
- Dort, wo von Bund und Ländern finanzierte Forschungseinrichtungen wachsen
und an Bedeutung gewinnen, wird das Land die notwendigen Ko-
Finanzierungsmittel für Ausstattung und Bauvorhaben zur Verfügung stellen.
- Damit aus den Investitionen in Forschung und Innovationen ein
langfristiges Wirtschaftswachstum wird, bedarf es des Wissenstransfers in
Unternehmen oder Ausgründungen. Hierfür wollen wir Vernetzung der
Forschungseinrichtungen mit der regionalen Wirtschaft und den Hochschulen
sowie das Gründungsgeschehen verbessern.
- Wir werden den innovationspolitischen Schwerpunkten der RIS Thüringen
folgen und bereits etablierte Thüringer Stärken wie Quantentechnologien,
hier speziell in der Quantenphotonik, alternative regenerative
Speichertechnologien in der Polymerforschung, den Wasserstofftechnologien,
der nächsten Generation in der Batterieforschung, Initiativen im
Nachhaltigen Bauen und Ressourcenmanagement besonders unterstützen.
- Wir werden die bestehenden Förderinstrumente des Landes zur Unterstützung
von innovativen Gründungen neu sortieren und besser aufeinander abstimmen.
- Wir werden Instrumente für einen unbürokratischen und niedrigschwelligen
Zugang für Startups und KMUs zu den Forschungsinfrastukturen im Dialog mit
den Einrichtungen im Freistaat erarbeiten.
5.5 Lebenslanges Lernen
Lernen hört nicht nach der Schule auf. Neben frühkindlicher Bildung, dem
Schulwesen und den Hochschulen muss auch die Erwachsenenbildung als vierte Säule
unseres Bildungssystems gestärkt werden. Lebenslanges Lernen ist für uns das
verbindende Element, das von der Kindheit an bis ins hohe Alter eine aktive
Teilhabe ermöglicht.
Das werden wir tun:
- Jeder Mensch soll aktiv am gesellschaftlichen Leben teilhaben können.
Deshalb setzen wir uns auch künftig dafür ein, dass
Bildungsveranstaltungen für Grundbildung flächendeckend und in
barrierefreier Form im Freistaat angeboten werden. Hierzu werden wir die
Initiativen für Alphabetisierung in Thüringen fortsetzen und wollen sie
weiter verstärken.
- Das Nachholen von Schulabschlüssen bleibt gebührenfrei. Verpasste Chancen
dürfen kein lebenslanges Hindernis darstellen.
- Die Erwachsenenbildung muss sich für neue Lernformen und -bereiche öffnen.
Aus diesem Grund werden wir die kommunalen und freien Träger der
Volkshochschulen, Heimvolkshochschulen und anderen Einrichtungen auch
künftig angemessen unterstützen.
- Teilhabe an Bildung ist Ausdruck von Lebensqualität und Lebensfreude auch
im fortgeschrittenen Lebensalter. Wir werden die Entwicklung und den
Ausbau von spezifischen Bildungsangeboten für ältere Menschen
voranbringen.
6. Soziale Umwelt- und Klimapolitik
Die Klimakrise ist eine Generationenaufgabe und schreitet mit immer spürbaren
Folgen voran. Wir tragen nicht nur Verantwortung für die Gegenwart, sondern auch
für die Zukunft. Nur durch wirksamen und ambitionierten Klimaschutz können wir
die natürlichen Lebensgrundlagen und unseren Wohlstand bewahren. Die dafür
nötigen Veränderungen sehen wir als Chance. Wir werden den Wandel politisch
gestalten und dafür sorgen, dass es dabei sozial und solidarisch zugeht.
Klimaschutz darf nicht zur neuen sozialen Frage werden!
Die SPD Thüringen bekennt sich zu den Klimazielen von Paris, zum Atomausstieg,
zum Kohlekompromiss und zu den Zielen des Bundes- und des Landesklimagesetzes.
Thüringen muss seinen gerechten Beitrag zur Begrenzung der Globalen Erwärmung
auf maximal 2°C, besser sogar auf 1,5°C, über dem vorindustriellen Niveau
leisten.
Die Grundlage für den Klimaschutz ist eine konsequente Umstellung auf eine
regenerative Energieversorgung.
Die Energiewende ist für uns eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe für deren
Gelingen es eine gut koordinierte Zusammenarbeit zwischen Bund, Land und
Kommunen und die Einbeziehung der Bürger:innen vor Ort braucht.
Unsere Energiepolitik folgt der Logik, dass möglichst viel Energie dort erzeugt
wird, wo sie auch benötigt und verbraucht wird: regional, dezentral und
erneuerbar. Das bringt neue Wertschöpfungsmöglichkeiten und Entwicklungschancen,
z. B. durch die Nutzung virtueller Kraftwerke, insbesondere für den ländlichen
Raum.
Wir wollen eine ökologische Industrie- und Wirtschaftspolitik, die nachhaltiges
Wachstum schafft, Arbeitsplätze sichert, Energie sparsam und effizient einsetzt
und sich unabhängig macht von Rohstoffen wie Kohle, Uran, Öl und Gas. Dabei
setzen wir auf deutsche Ingenieurskunst und technologische Innovationen, damit
Thüringen auch im Jahr 2050 noch ein wettbewerbsfähiger Standort in der Welt
ist.
6.1 Energie für Thüringen: günstig, sicher, nachhaltig
Wir stehen für die sozial gerechte Erzeugung und Nutzung erneuerbarer Energien
in Thüringen, die Stärkung regionaler Wertschöpfung und Wettbewerbsfähigkeit im
Einklang mit unseren sozialen Werten und die entschlossene Reduzierung der
negativen Auswirkungen der Energieversorgung auf die Umwelt, unter
Berücksichtigung sozialer Belange.
Wir setzen uns mit Leidenschaft dafür ein, einen sachlichen Dialog zu
ermöglichen, der sich gegen eine Diskussionskultur wendet, die faktenlos und
populistisch ist.
Für uns ist dabei klar, dass die notwendigen Entscheidungen für alle Menschen
sozial verträglich sein müssen. Dabei sind Menschen mit niedrigen und mittleren
Einkommen besonders aktiv durch die Einführung eines sozialen Klimageldes auf
Bundesebene und durch die Stärkung der öffentlichen Versorgungsinfrastruktur und
Förderungen dauerhaft zu entlasten.
Das werden wir tun:
- Wesentlicher Faktor für die erfolgreiche Transformation wird die
Verfügbarkeit erneuerbarer Energien aus Wind, Sonne, Biomasse,
Umweltwärme, Wasserkraft und Geothermie sein. Wir werden uns für einen
schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien einsetzen, insbesondere auch
in der Nähe der energieintensiven Industriebetriebe.
- Wir werden das Thüringer Klimagesetz novellieren und für den Freistaat das
Ziel der Treibhausgasneutralität mit konkreten Minderungsschritten
konkretisieren. Entsprechend passen wir die Minderungsziele an und
etablieren langfristig ein jährliches THG-Budget.
- Um unvermeidbare Emissionen auszugleichen und der Atmosphäre langfristig
Treibhausgase zu entziehen, werden wir zudem die Potenziale natürlicher
Kohlenstoffsenken in Form klimarobuster Wälder, wiedervernässter Moore und
humusreicher Böden künftig ausbauen und die Möglichkeiten zur technischen
Kohlenstoffabscheidung (sogenannte CSS-Technologien) kritisch prüfen.
- Wir werden die Einstellung von Klimaschutz- und Energiemanager:innen und
die Erstellung und Umsetzung entsprechender Konzepte in den Kommunen
weiterhin finanziell fördern.
- Den Kommunen kommt eine zentrale Rolle bei der Energiewende hinzu. Wir
werden die damit verbunden neuen Aufgaben im kommunalen Finanzausgleich
berücksichtigen und die Kommunalaufsichten für diese Aufgaben
qualifizieren. Die Energieagentur des Landes Thüringen ThEGA werden wir
stärken, um die Beratung insbesondere von Kommunen bei den Themen
Energieerzeugung, -verteilung und -speicherung zu erweitern. Die Grundlage
für den Klimaschutz ist eine konsequente Umstellung auf eine effizientere
regenerative Energieversorgung und eine nachhaltige Landwirtschaft.
- Die Möglichkeiten auszubauen, um die Bürger:innenbeteiligung direkt vor
Ort weiter zu stärken. Die Energieversorgung der Zukunft baut auf flexible
Erzeugung, Verbrauchs- und Speicherstrukturen auf. Der Strommarkt soll
hierfür weiter dezentralisiert werden.
- Klimawandel und Biodiversitätsverlust wollen wir stärker im
Schulunterricht verankern. Ein wichtiger Schritt für die zielgerichtete
Vermittlung ist im Rahmen einer Landesstrategie Bildung für nachhaltige
Entwicklung (BNE) darzustellen.
- Wir bekennen uns zu den Thüringer Stadtwerken als tragende Säule der
Energiewende. Deshalb wollen wir die Kommunen und ihre Stadtwerke bei
ihrer Nah- und Fernwärmeversorgung besser unterstützen. Dabei werden wir
insbesondere die erfassten Nutzungspotenziale durch den Einsatz neuer
Fernwärmequellen aus erneuerbaren Energien (Geothermie, Solarthermie,
Groß-Wärmepumpen, Bioenergie, etc.) konkret heben. Durch verstärkte
Kooperation, zielgerichteter Förderung und der weiteren Steigerung der
Effizienz wird die Wärmeversorgung langfristig gesichert bleiben.
- Wir werden unsere Versorgungspartner vor Ort dabei unterstützen,
Fachkräfte zu gewinnen und mit attraktiven Arbeitsbedingungen zu halten.
Gerade für die Planungs- und Installationsarbeiten der nächsten Jahre
brauchen wir attraktive Angebote für hochspezialisierte Fachkräfte. Das
betrifft sowohl die beteiligten Behörden als auch die Unternehmen.
- Der Zusammenschluss von Bürger:innen zu Genossenschaften macht es auch für
diejenigen möglich, zu Energieproduzenten zu werden, welche nicht über
eigene Nutzflächen verfügen. Die Unterstützung beim Aufbau von
Energiegenossenschaften ist daher ein wichtiges Anliegen, um beim Ausbau
der Energieerzeugung und -speicherung direkte Beteiligungsmöglichkeiten zu
schaffen.
- Tiefengeothermie kann einen bedeutenden Beitrag zur Wärmeversorgung der
Zukunft leisten. Wir werden daher eine Potenzialanalyse zur
Tiefengeothermie in Thüringen erstellen sowie Förderprogramme und
Absicherungsinstrumente entwickeln. Diese Aktivitäten verzahnen wir eng
mit der kommunalen Wärmeplanung.
- Wir werden einen revolvierenden Fonds namens "Eigenkapital energetische
Gebäudesanierung" einrichten und mit 50 Millionen Euro ausstatten. Aus
diesem Fonds wollen wir Haushalten mit niedrigem Einkommen und geringem
Eigenkapital den Zugang zu günstigen Zuschüssen und Darlehen für die
Gebäudesanierung ermöglichen. Diese sollen durch die eingesparten
Betriebskosten der Haushalte zurückgezahlt werden. Die gestreckte
Rückzahlung stellt sicher, dass auch in Zukunft entsprechende Mittel für
die Finanzierung weiterer Maßnahmen verfügbar sind. Um eine möglichst
kompakte und bürokratiearme Bereitstellung zu gewährleisten, werden wir
die bewährten Haushalts-Jahresbrutto-Einkommensgrenzen der Länder,
beispielsweise gemäß § 10 ThürWoFG, als Bemessungsgrundlage verwenden.
- Mit einem Thüringer Solarausbaugesetz schaffen wir eine technologieoffene
Grundlage für den vielschichtigen und breiten Einsatz der Solarenergie im
Freistaat. Wir werden die Nutzung der Solarenergie voranbringen und das
SolarInvest-Programm u.a. durch eine gezieltere Förderung von
Stromspeichern anpassen. Mit Hilfe eines Landesprogramms sollen mehr
Flächen für Photovoltaik, insbesondere auf Dächern und Fassaden und der
nicht konkurrierenden Zweitnutzung in der Landwirtschaft beispielsweise
durch Agri-PV erschlossen werden. Solarparks wollen wir, im Sinne einer
Bündelung von Infrastruktur, vorrangig entlang von Fernstraßen,
Bahnschienen und Stromtrassen errichten. Kommunen bestärken wir darin, mit
einer gezielten Konzentrationsplanung Flächen für den Ausbau der
Photovoltaik auszuweisen.
- Wir bekennen uns zum Ausbau der Windenergie in Thüringen als wichtigster
erneuerbarer Energiequelle. Sie ist essenziell, um den Energiebedarf
Thüringens vor Ort zu decken und die Energiewende nicht auf Kosten anderer
Bundesländer voranzutreiben. An den Bau neuer Anlagen setzen wir hohe
Standards für Umwelt- und Naturschutz und gestalten den Ausbau im Dialog
mit den Menschen vor Ort. Pauschale Verbote beispielsweise in Waldgebieten
lehnen wir ab. Im Sinne einer netzstabilen Versorgung auch von
energieintensiven Abnehmern wollen wir zugleich die regionalen
Wertschöpfungspotentiale in ganz Thüringen ausbauen.
- Wir werden den Ausbau der Ökostromproduktion, insbesondere der
Windenergie, im Dialog mit den Menschen vor Ort vorantreiben. Dazu werden
wir die Arbeit der Regionalen Planungsgemeinschaften zur Ausweisung von
Windvorranggebieten transparenter gestalten. Wir werden dafür sorgen, dass
die Windvorranggebiete dort ausgewiesen werden, wo lokale
Industrieunternehmen profitieren, der zusätzliche Netzausbaubedarf gering
ist und die Auswirkungen auf Menschen und Umwelt klein sind.
- Wir wollen das 2,2%-Flächenziel in Thüringen durch eine aktive
Konzentrationsplanung der Windvorrangflächen in ganz Thüringen erreichen.
- Wir werden die Planungsverfahren für den Neubau und für das Repowering von
Windkraftanlagen vereinfachen und beschleunigen, um möglichst viele
bereits für die Windenergieerzeugung genutzte Standorte weiternutzen zu
können.
- Wir werden dafür sorgen, dass die Kommunen und die Bürger:innen vor Ort
direkt von der Windenergieerzeugung profitieren und bspw. an den Gewinnen
aus der Windstromerzeugung beteiligt werden.
- Wir werden einen Thüringer Aktionsplan Energieeffizienz mit dem Ziel, den
Gesamtenergieverbrauch massiv zu reduzieren, bis 2027 vorlegen.
- Die Biomasse ist als grundlastfähige Energiequelle ein wesentlicher
Bestandteil einer erneuerbaren Energieversorgung. Dabei steht für uns die
Nutzung von Abfällen und Reststoffen im Vordergrund. Wir unterstützen die
Optimierung und Umrüstung auf einen flexiblen Betrieb sowie die
Integration in die Gas- und Wärmenetze. Im Bereich der Abwasserentsorgung
werden wir die Klärgasgewinnung stärken.
- Wir wollen Thüringen zum Stromspeicherland ausbauen. Dafür müssen wir
Know-how bündeln und Lücken in der Wertschöpfungskette schließen. Speicher
sind dabei für uns dabei nicht nur Batterien: Auch die an die
Verfügbarkeit von grünem Strom angepasste Produktion von Betriebsstoffen
und Rohprodukten „auf Lager“ kann einen spürbaren Beitrag zur
Dekarbonisierung leisten.
- Um auch in Hochlastzeiten und während Dunkelflauten den Energiebedarf
Thüringens jederzeit eigenständig decken zu können, werden wir die
Entwicklung von Batterie- und Speichertechnologien vorantreiben.
Pumpspeicherwerke sind als netzdienlicher Speicher von Strom wichtige
Bestandteile einer sicheren Energieversorgung.
- Wir werden uns dafür einsetzen, dass auch in Thüringen
Erzeugungskapazitäten für grünen Wasserstoff entstehen. Die innovative
Thüringer Wasserstoffforschung u.a. am Erfurter Kreuz und in Sonneberg
werden wir auch weiterhin unterstützen. Außerdem wollen wir Erfurt zu
einem H2-Mobilitätshub ausbauen. Unser Ziel ist es, dass Thüringen seine
zentrale Lage in Europa nutzt und an der gesamten
Wasserstoffwertschöpfungskette teilhat. Daher werden wir die Thüringer
Allianz für Wasserstoff fortführen und bedarfsgerecht weiterentwickeln.
- Der Aufbau einer leistungsfähigen Wasserstoffinfrastruktur stellt für uns
eine der wichtigsten industriepolitischen Weichenstellungen für Thüringen
dar. Wir werden den Anschluss an das nationale Wasserstoffkernnetz
einfordern und regionale Verteilnetze unterstützen.
- Wir unterstützen Vorhaben, die die Direktlieferung der erneuerbaren
Energien von den standortnahen Erzeugungsanlagen zu den lokalen
industriellen Großabnehmern zum Ziel haben. Beispielsweise werden wir
dafür sorgen, dass in diesen Fällen Grundstücke und Dachflächen im
Landeseigentum ohne Ausschreibung zu einem marktgerechten Preis an lokale
Projekte verpachtet werden können. Auf diese Weise sorgen wir dafür, dass
lokale Unternehmen mit günstigem Strom aus erneuerbaren Energiequellen
versorgt werden und größere Teile der Wertschöpfung in Thüringen
verbleiben.
- Die Beratungsangebote der Thüringer Energie- und GreenTech-Agentur werden
wir ebenso ausbauen wie Netzwerke zum Erfahrungsaustausch. KMUs sollen zu
den Themen Energieeffizienz und -produktivität beraten werden. Zuschuss-
und Darlehensprogramme wie GreenInvest sollen bei der Modernisierung von
Produktionsprozessen und -gebäuden unterstützen.
- Damit bestehender Wohnraum auch in Zukunft für alle Einkommensgruppen
bezahlbar mit Wärme versorgt werden kann, brauchen wir weniger
Verpflichtung und mehr Ermöglichung. Deshalb wollen wir die Optimierung
der Wärmeversorgung gezielt fördern. Wir setzen uns daher für einen
Heizungstauschbonus für Haushalte mit niedrigem Einkommen ein.
- Wir werden das Beratungsangebot des Stromsparcheck als Beratungs- und
Unterstützungsangebot für Haushalte mit niedrigem Einkommen thüringenweit
verstetigen.
- Wir halten an der Forderung der Bundesländer und der Sozialpartner zur
Einführung eines zeitlich begrenzten Brückenstrompreises fest. Hierdurch
sollen energieintensive Unternehmen bei der Energiewende unterstützt
werden und die Verbraucher eine Entlastung erfahren.
6.2 Thüringens Natur erhalten
Der Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen in Form von Klima, Umwelt und
Natur sind ein Kernziel der SPD Thüringen. Für uns sind soziale Gerechtigkeit,
ökonomische Stabilität und ökologische Nachhaltigkeit keine Gegensätze, sondern
ein zusammengehörender Dreiklang. Durch konsequenten Klima- und Umweltschutz
beugen wir zukünftigen Krisen vor und schützen so gerade die sozial Schwächsten
– in Thüringen und weltweit.
Wir unterstützen die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung und werden
gemeinsam mit Kommunen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft einen Thüringer Beitrag
zur Umsetzung der 17 Ziele für eine sozial, wirtschaftlich und ökologisch
nachhaltige Entwicklung (Agenda 2030) fördern und insbesondere durch
Bildungsangebote und Projekte in Thüringen verankern.
Wir stehen auch in Zukunft für die Bewahrung der vielfältigen und einmaligen
Landschaften in Thüringen, für saubere Luft, reines Wasser und gesunde Böden.
Das werden wir tun:
- Wir werden die EU-Biodiversitätsstrategie und der Aktionsplan
Insektenschutz aktiv mit Maßnahmen untersetzen, um den weiteren Verlust
von Arten und Lebensräumen auch in der Kulturlandschaft mit konkretem
Handeln zu begegnen.
- Unsere Landschaften, die in Deutschland zu den Zentren der Arten- und
Lebensraumvielalt zählen, wie zum Beispiel die Gipskarstlandschaft im
Südharz, müssen wir nachhaltig schützen und für zukünftige Generationen
bewahren. Der Ausstieg aus dem Naturgipsabbau muss das Hauptziel im
Südharz bleiben, um diese einmaligen Landschaften zu erhalten. Diese
Naturräume bilden die Grundlage, um nachhaltigen, schonenden Tourismus zur
Wertschöpfung in der Region weiter aufzubauen, zu fördern und zu erhalten.
- Die Naturschutzförderung in Thüringen muss dahin verbessert werden, dass
Landwirte für die ökologische Leistung kostendeckend entlohnt werden. Nur
mit attraktiven Prämien zur Sicherung von gesellschaftlichen
Zielstellungen für sauberes Wasser, gesunde Böden und Reichtum der Natur
können Landwirte und Flächeneigentümer für diese Aufgabe gewonnen werden.
- Mittel der Förderprogramme des Bundes, wie das Aktionsprogramm Natürlicher
Klimaschutz oder das Nationale Artenhilfsprogramm, werden wir für
Thüringen einwerben und nutzen.
- Um unsere selbst gesteckten Naturschutzziele zu erreichen, werden wir die
unteren Naturschutzbehörden, die Naturschutzverbände und die NATURA 2000
Stationen noch besser als Kompetenznetzwerk wirken lassen. Ein Schwerpunkt
sollen dabei z. B. in Zusammenarbeit mit den
Gewässerunterhaltungsverbänden und den Forstämtern konkrete in der Fläche
wirksame Arten- und Biotopschutzmaßnahmen sein. Für uns ist der Erhalt von
arten- und lebensraumreichen Kulturlandschaften am besten mit den Menschen
zu schaffen. Mit dem Konzept „Erhalt durch Nutzung“ wollen wir bei
Naturschutz und Landwirtschaft praktikabel Lösungen finden.
- Der Nationalpark und UNESCO Weltnaturerbe Hainich hat einen
außergewöhnlichen Wert für Thüringen. Wir setzen uns dafür ein, diesen
einzigartigen Buchenwald zu schützen und den Nationalpark als regionalen
Ankerpunkt für Naturschutz, Tourismus und Bildung für nachhaltige
Entwicklung weiterzuentwickeln.
- Wir lehnen den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen nicht
grundsätzlich ab. Die Landwirtschaft muss auf die Folgen der sich
veränderten Klimabedingungen reagieren, um den Ertrag der heimischen
Produktion zu erhalten. Ausbleibender Niederschlag im Frühjahr und
Starkregenereignisse in den Sommer- und Frühherbstmonaten stellen neue
Anforderungen an Pflanzen, Kulturen und Landwirte. Durch neue Technologien
wie CRISPR/CAS verfügt „grüne
Gentechnik“ über die Chance, ein wichtiger Faktor für die Zukunft der
Landwirtschaft in Thüringen zu werden. Chancen und Nutzen werden wir
sorgfältig abwägen.
- Um auch zukünftig angepasste Nutz- und Kulturpflanzen aus Thüringen
anbauen zu können, braucht es den Ausbau der Sortenforschung, der
Erhaltungszucht und der anwendungsorientierten Etablierung der
Erkenntnisse.
- Ein wichtiges Ziel bleibt für uns die Reduzierung der Salzbelastung der
Werra.
- Das Ziel einer Kreislaufwirtschaft in Thüringen steht für uns an erster
Stelle. Um der “Wegwerfgesellschaft” etwas entgegenzustellen, setzen wir
uns für ein regeneratives System ein, dass in der Lage ist Ressourcen in
den Kreislauf wiederaufzunehmen und im System (teilweise)
weiterzuverwenden. Eine umfangreiche Müllreduzierung, Wiederverwendung
durch Recycling und eine neue Ingebrauchnahme durch Reparatur stehen hier
im Fokus. Die SPD Thüringen verpflichtet sich gezielte Investitionen,
insb. in die Entwicklung und den Transfer neuer Verfahren bzw. Prozesse,
umzusetzen.
- Wir unterstützen das Bundesprogramm zur Vermeidung von Plastikmüll.
Weniger bis gar keine Produktion von Einwegverpackungen muss unser Ziel
sein. Dies ist nur ein Ansatz, um das Prinzip der Nachhaltigkeit zu
gewährleisten. Des Weiteren stehen wir für eine für alle verträgliche
Abfallgebührensatzung und für das Solidarprinzip bei der
Abwasserentsorgung.
- Wir forcieren den ökologischen und klimarobusten Waldumbau in Thüringen.
Dem Verlust der heimischen Wälder durch den Klimawandel und
Schädlingsbefall treten wir entschlossen entgegen. Daher legen wir
spezielle Programme auf, um nicht nur ThüringenForst, sondern auch die
privaten Waldbesitzer:innen und Kommunen zu unterstützen. Dabei soll auf
Kalamitätsflächen sowohl die Wiederaufforstung, als auch insbesondere auf
Staatswaldflächen die natürliche Wiederbewaldung berücksichtigt werden.
Zur nachhaltigen Finanzierung der Aufforstung wollen wir die Erlöse aus
Windkraftanlagen im Wald nutzen.
- Wir fördern strukturreiche Waldränder für einen naturnahen Übergang von
Wald in Wiese und Feld mit Strauchgürteln und Krautsaum sowie die
Wiederanlegung von Feldhecken als Rückzugsraum für viele bedrohte
Tierarten.
- Um den großen Herausforderungen im Waldumbau gerecht zu werden, wollen wir
nicht nur Personal in den Forstrevieren, sondern auch die Funktion der
Waldarbeiter:innen stärken.
- Wir begrenzen den Flächenverbrauch und werden eine
Flächenkreislaufwirtschaft einführen. Hierzu erstellen wir einen Thüringer
Masterplan Flächenverbrauch bis 2027, dem die Strategie eines Netto-Null-
Flächenverbrauchs zu Grunde liegt. Die zunehmende Versiegelung führt nicht
nur zum Verlust der Artenvielfalt und dem Ausstoß von Treibhausgasen durch
den Verlust von Grünland, sondern vernichtet auch unwiederbringlich Böden
für die landwirtschaftliche Nutzung. Wir müssen mit unseren Böden endlich
verantwortungsvoll umgehen, denn Boden ist ein begrenztes Gut! Wir setzen
uns für eine Kompensation von in Anspruch genommen Flächen ein, die eine
effektive und langfristige ökologische Wirkung entfaltet. Dafür braucht es
einen landesweiten Ausgleichspool.
- Wir werden insbesondere in ländlichen Regionen die Anreize und Förderungen
für innerstädtische Siedlungsentwicklung z. B. in Form höherer Fördersätze
für Abriss oder energetische Sanierung verbessern. Abriss und Sanierung in
der Innenstadt muss Vorrang vor der Ausweisung neuer Wohngebiete haben.
- Die Ausgestaltung des Europäischen Landwirtschaftsfonds ELER für die
flächenbezogenen Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUKM) wird sich daran
orientieren, den Anteil des ökologischen Landbaus zu erweitern und
extensive Bewirtschaftungsmaßnahmen insbesondere der Rinderhaltung,
Weideprämien, Agroforstsysteme bis hin zur schonenden Landbewirtschaftung
von Auen, Mooren und Feuchtgebieten fortzuführen bzw. neu zu etablieren.
7. Gesundheit und Pflege stärken
Noch nie standen gesundheitspolitische Themen so sehr im Mittelpunkt wie seit
Beginn der Corona-Pandemie. In den vergangenen Jahren haben sich bestehende
Probleme
weiter verschärft und gegenseitig verstärkt. Viele Fragen hängen
direkt
miteinander zusammen: allen voran eine gute Pflege, ein moderner
öffentlicher
Gesundheitsdienst, solide aufgestellte Krankenhäuser und eine
vernetzte
Versorgung.
Uns liegt eine landesweite qualitativ gute Gesundheitsversorgung am Herzen.
Deshalb sollten alle Thüringer:innen eine Gesundheitsversorgung aus einer Hand
bekommen können. Dazu bedarf es einer sukzessiven Reduktion der starren Trennung
zwischen ambulanter und stationärer Versorgung. Das Fachpersonal in den
Krankenhäusern, den ambulanten Angeboten und im Rettungsdienst muss
unkompliziert zusammenarbeiten können, um den Genesungsprozess der Patienten
bestmöglich zu fördern. Unser Ziel ist die bessere Zusammenarbeit und die
Vernetzung aller Akteure im Gesundheitswesen. Wir werden lokale
Gesundheitszentren in öffentlicher Trägerschaft fördern.
Wir haben in den letzten Jahren bereits Anreize geschaffen, damit sich junge
Ärzte auf dem Land niederlassen und so die haus- und fachärztliche
Grundversorgung sicherstellen. Außerdem haben wir die Studienplätze für
Humanmedizin erhöht.
7.1 Krankenhäuser, Fachärzte und Notfallversorgung
Die hohe Qualität der medizinischen Versorgung in Thüringen möchten wir
flächendeckend erhalten. Der medizinische Fortschritt einerseits sowie der
demografische Wandel (mehr Patienten, weniger Fachkräfte) andererseits machen es
jedoch dringend erforderlich, dass sich insbesondere die Krankenhäuser
strukturell weiterentwickeln. Alle Standorte werden auch in Zukunft benötigt,
sie müssen sich jedoch spezialisieren und in einer Region stärker
zusammenarbeiten - untereinander sowie mit den ambulanten Ärzten. Ein zentraler
Bestandteil ist dabei die Reform der Notfallversorgung. Wenn sich Krankenhäuser
spezialisieren, braucht es ein verlässliches und gut ausgebautes System an
Rettungsmitteln, damit die Patienten an die Stelle gelangen, wo sie am besten
versorgt werden.
Das werden wir tun:
- Mit Sorge sehen wir die zunehmenden Probleme einiger kommunaler Kliniken
in Thüringen. Die Corona-Pandemie hat überdies gezeigt, wie wichtig eine
flächendeckend stabile und hochwertige Versorgung ist. Wir schaffen ein
Programm zur Stärkung kommunaler Krankenhäuser. Gemeinsam mit den
kommunalen und landeseigenen Kliniken und den Trägern wird ein
regelmäßiger Runder Tisch angeregt, um Synergien und
Kooperationsmöglichkeiten zwischen den Kliniken zu identifizieren. Damit
soll der strukturelle Nachteil kommunaler und landeseigener Kliniken
gegenüber großen, meist privaten Krankenhauskonzernen ausgeglichen werden.
Öffentliche Krankenhausinvestitionen werden wir prioritär in Abhängigkeit
von der Qualität der Einrichtung und der Tarifbindung der Mitarbeitenden
vornehmen.
- Für die weitere Vernetzung und Kooperation der Kliniken werden ab 2022 pro
Jahr 500.000 Euro zur Verfügung gestellt. Dazu gehören beispielsweise
Einkaufsverbünde, telemedizinische Netzwerke, gemeinsame Personal- und
Weiterbildungsangebote, aber auch die Bildung gemeinsamer medizinischer
Zentren, um Kräfte und Personal zu bündeln und dadurch Leuchttürme von
Spitzenmedizin zu schaffen. Wir werden dazu in der Thüringer
Kommunalordnung und im Thüringer Krankenhausplan die nötigen
Voraussetzungen schaffen. Eine weitere Privatisierung kommunaler Kliniken
lehnen wir ab.
- Wir werden in jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt die Stelle
eines/einer Arztlotsin/Arztlotsen schaffen. Die regional vernetzten
Arztlotsinnen/Arztlotsen sollen die Übergabe von Praxen und die
Niederlassung von Ärztinnen und Ärzten in ländlichen Gebieten frühzeitig
organisatorisch unterstützen, um eine nahtlose Versorgung zu
gewährleisten. In diesem Zusammenhang werden wir prüfen, welche
zusätzlichen Angebote durch die Kommunen geschaffen werden können (z.B.
zusätzliche Holfe für Zweigpraxen, Gründung von kommunalen MVZ´s) und
welche Aufgaben dabei die Arztlotsin/der Arztlotse übernehmen kann.
- In einer Digitalstrategie legen wir einen Schwerpunkt auf die digitale
Infrastruktur und Vernetzung der Klinik. Wichtig ist, dass die Kliniken
digital interoperabel vernetzt werden und keine Insellösungen entstehen.
Wir machen uns stark für die Etablierung eines telemedizinischen
Herzinfarktnetzwerks. Die Thüringer Digitalagentur soll dazu mit weiteren
Experten eine Förderstrategie mit kurz- und mittelfristigem Maßnahmenplan
entwickeln.
- Die Corona-Pandemie hat die Engpässe in der psychotherapeutischen
Versorgung insbesondere von Kindern und Jugendlichen noch einmal
vergrößert. Nicht verarbeitete Belastungen zu Beginn des Lebens können
prägend sein für viele Jahre und sich auf die weitere Entwicklung sehr
nachteilig auswirken. Deshalb schließen wir uns der Forderung der
ostdeutschen Psychotherapeutenkammer an, flächendeckend in Schulen und
Kindergärten frühzeitig für mögliche Probleme zu sensibilisieren. Wir
werden niedrigschwellige Angebote und Hilfestellungen ausbauen, um eine
möglichst frühe Intervention zu gewährleisten. Dazu werden wir
sozialtherapeutischen Praxen sowie sozialpsychiatrische Dienste für
Kinder und Jugendliche schaffen.
- Wir weiten die Möglichkeiten der Videosprechstunde aus. Wir fordern ein
erster Kontakt mit Kinder- und Jugendpsychotherapeut:innen sollte bereits
per Videosprechstunde möglich sein. So stehen Therapeut:innen aus ganz
Deutschland zur Verfügung.
- Wir setzen uns für eine hohe Qualität
und Versorgungssicherheit in der
Geburtshilfe ein. Dazu werden wir, die Versorgung besser aufeinander
abstimmen und eine gestufte Versorgung mit gut erreichbaren
Geburtsstationen schaffen. Die SPD setzt sich dazu folgende Ziele:
- eine flächendeckende Erreichbarkeit von Geburtskliniken. Kleinere
Geburtskliniken sollten allerdings nur solche Entbindungen vornehmen, für
die sie ausgestattet sind. Daher ist eine enge Zusammenarbeit von
Geburtskliniken verschiedener Versorgungsstufen nötig. Die Vorhaltung
bedarfsnotwendiger Geburtskliniken ist sicherzustellen.
- weitere Maßnahmen, um die hohe Kaiserschnittrate auf das medizinisch
notwendige Maß zu senken. Vor allem Kliniken mit geringerer Geburtenzahl
und weniger Personal haben oft höhere Kaiserschnitt-Raten. Ein
wesentlicher Grund ist die Finanzierung. Es besteht derzeit ein
finanzieller Fehlanreiz zum geplanten Kaiserschnitt, der zu beseitigen
ist.
- eine optimale Betreuung der Schwangeren durch ausreichend und gut
ausgebildete Hebammen. Der Beruf muss dafür an Attraktivität gewinnen,
insbesondere durch eine bessere Gestaltung der Arbeitsbedingungen.
- verbesserte Geburtsbedingungen im klinischen Setting durch ausreichend
Personal (1:1 Betreuung durch eine Hebamme während der Geburt), möglichst
wenig Stress während der Geburt (z.B. das Recht darauf, von den
Anfangswehen bis zur vollendeten Geburt im selben Raum zu verbringen;
kein Zeitdruck während der Geburt) und eine verbesserte Ausstattung in
Kreißsälen: Eine Badewanne pro Kreißsaal und sonstige, an Geburtshäuser
angeglichene, Ausstattung.
- eine stärkere Vernetzung von Kliniken und Frauenärzt:innen für ein
besseres Screening und eine bessere Information und Steuerung der
Schwangeren, damit die Versorgung Hand in Hand erfolgt.
- eine transparente Übersicht über Leistungsumfang, Personalausstattung und
Qualitätsindikatoren aller Geburtskliniken (“Geburtswegweiser”) durch
eine unabhängige Einrichtung (z. B. Landesärztekammer) zu entwickeln und
zu veröffentlichen. Dies muss allgemeinverständlich und leicht zugänglich
für Mütter und Frauenärzt:innen aufbereitet werden. Die Daten werden
regelmäßig aktualisiert (mindestens alle 2 Jahre).
- Wir stehen für das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper.
Dazu
zählt nicht nur, die theoretische Wahlfreiheit darüber zu haben,
Schwangerschaften durchführen oder beenden zu wollen, sondern auch die
praktische Möglichkeit, Schwangerschaftsabbrüche ohne große zeitliche,
geographische und finanzielle Hürden auf sich zu nehmen. In allen
Krankenhäusern mit einer Geburtsklinik nach Krankenhausplan sowie der
Universitätsklinik, sollen Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden.
Zum anderen fordern wir – auch beim Bund – die Weiterentwicklung und
Zulassung von Mitteln zum medikamentösen Schwangerschaftsabbruch und
entsprechende Forschung ein.
- Wir wollen eine nachhaltige und langfristige Stärkung des Öffentlichen
Gesundheitsdienstes (ÖGD) in Thüringen. Gemeinsam mit Vertretern der
Landkreise und kreisfreien Städte sowie dem Landesverband Thüringen der
Ärzte und Zahnärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes e. V. wird dazu
ein Maßnahmepaket “Thüringer Allianz für den ÖGD” erarbeitet. Dieses Paket
soll kurz- und mittelfristige Handlungsfelder sowie strategische Fragen
identifizieren und entsprechende Maßnahmen festlegen. Dabei spielen
folgende Aspekte eine zentrale Rolle:
o Studium um zusätzliche Elemente des öffentlichen Gesundheitswesens erweitern
(Public Health)
o dass Teile der praktischen Aus- und Weiterbildung auch in Gesundheitsämtern
absolviert werden können
o sowie ein Lehrstuhl für das öffentliche Gesundheitswesen am Uniklinikum Jena
eingerichtet wird
o Analog zum “Thüringen Stipendium” fördert das Land Thüringen angehende
Mediziner:innen, die sich für eine Tätigkeit im ÖGD entscheiden, mit einem
Stipendium
o die Aufgabenstruktur des ÖGD wird überarbeitet
o es sind weitere Stellen für Praxis- und Hygienefachpersonal auszuweisen
o um Ärzten mehr berufliche Flexibilität zu geben, soll Amtsärzten auch die
Nebentätigkeit im ambulanten Bereich ermöglicht werden bzw. niedergelassenen
Ärzten eine teilweise Anstellung im Gesundheitsamt.
o Thüringen setzt sich bei den Tarifpartner:innen für eine bessere Bezahlung der
Beschäftigten im ÖGD ein und schafft weitere Anreize durch Zulagen.
o der Freistaat fördert unter den Gesundheitsämtern die Bildung von
Kooperationen und Zweckverbänden.
o das für Gesundheit zuständige Ministerium übernimmt mit festen
Ansprechpartner:innen die Koordination.
o ein stärkerer Fokus als bisher soll dabei dem Bereich der Prävention
insbesondere vulnerabler Gruppen (prekär Beschäftigte, Arbeitslose, Kinder,
Menschen mit Behinderung…) zukommen.
o die bisher gültige „Verordnung über den öffentlichen Gesundheitsdienst und die
Aufgaben der Gesundheitsämter in den Landkreisen und kreisfreien Städten” erhält
als Basis ein modernes Landesgesetz für den ÖGD. Die Verordnung wird durch eine
Personalmindestausstattung der Gesundheitsämter sowie der zuständigen
Landesbehörde erweitert.
- Die erschreckend hohe Fallzahl von Betroffenen von Post- und Long-Covid
gibt auch in Thüringen Anlass zur Sorge und drängt uns zum Handeln. Wir
begrüßen die Intensivierung der Forschungsförderung durch den Bund, um
Medikamente gegen Long-Covid zu entwickeln und zuzulassen, und wollen in
Thüringen für gute Ergänzungen und Beteiligung sorgen.
- Wir werden ein Landeskonzept zur Suchtprävention entwickeln und die
Einrichtung einer zentralen Koordinierungsstelle für Sucht und Prävention
prüfen.
- Wir werden die Förderung des anonymen Krankenscheins Thüringen (AKST)
verstetigen und die Förderfähigkeit auf Menschen ohne Krankenversicherung
ausdehnen sowie die Mittel dafür bedarfsgerecht erhöhen.
- Das Gesundheitswesen selbst sorgt geschätzt für 5 Prozent der CO2-
Emissionen. Dies liegt vor allem am Energie- und Ressourcenverbrauch. Das
Energiethema wollen wir durch Investitionen in nachhaltige Infrastruktur
(vor allem Gebäude) angehen. Den Ressourcenverbrauch wollen wir auch in
Thüringen verringern.
- Gesundheit für die Menschen erreichen wir nur, wenn auch unsere Umwelt
gesund ist. Der Ansatz „One Health“ unterstreicht, dass es nur eine
gemeinsame Gesundheit geben kann - von Mensch, Tier und Umwelt.
7.2 Ambulante und stationäre Pflege
Die Pflegeversicherung als Teilkaskosystem deckt immer weniger die Kosten,
während der Eigenanteil der Pflegebedürftigen seit Jahren massiv steigt.
Zunehmend müssen sie daher Hilfe zur Pflege (Sozialhilfe) in Anspruch nehmen.
Dies stellt auch eine wachsende finanzielle Belastung vieler Kommunen dar. Schon
heute arbeitet aufgrund der Arbeitsverdichtung und Belastung mehr als jeder
zweite Beschäftigte in der Pflege nur noch in Teilzeit. Tausende ausgebildete
Fachkräfte haben sogar die Pflegebranche verlassen. Mit besseren
Personalschlüsseln sowie attraktiven Arbeitsbedingungen wollen wir
sicherstellen, dass die Pflegebranche nicht selbst zum Pflegefall wird.
Das werden wir tun:
- Die SPD Thüringen steht für eine Pflege in Würde, unabhängig von der
finanziellen Situation der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen. Daher
werden wir uns für eine Deckelung des gesamten Eigenanteils einsetzen, der
nicht von der staatlichen Pflegeversicherung übernommen wird.
- Im ersten Schritt werden die Eigenanteile auf dem aktuellen Niveau von
maximal 1.500 Euro pro Monat eingefroren (Durchschnittlicher Eigenanteil
für stationäre Pflege in Thüringen in 2020); die darüber liegenden
Ausgaben werden erstattet. Auf diese Weise soll gewährleistet werden, dass
Pflege bezahlbar bleibt und nicht zum Armutsrisiko wird. Dies ist ein
wichtiger Schritt in Richtung Bürger:innenversicherung.
- In einem zweiten Schritt wird ein Bündnis für Pflege gebildet, an
Vertreter:innen aus allen Bereichen der Pflege sowie der Betroffenen
beteiligt werden. Das Bündnis soll die Bedingungen in der Pflege gemeinsam
sozial gerecht weiterentwickeln und auch die Höhe eines sozial
vertretbaren Deckels für den Eigenanteil ermitteln.
- Zu einer Pflege in Würde gehört auch, dass pflegenden Angehörigen eine
Teilhabe am sozialen Leben weiterhin möglich ist und ausreichend
Entlastungsangebote zur Verfügung stehen. Ein wesentlicher Grund für die
Überlastung vieler Angehöriger ist das Fehlen kurzfristig verfügbarer
Plätze in der Verhinderungs- und Kurzzeitpflege, etwa für eine Auszeit,
Urlaub oder Reha-Maßnahmen. Daher schaffen wir einen Anspruch auf
Vermittlung einer Kurzzeitpflege über eine zentrale Pflege-
Vermittlungsstelle – ähnlich derTermin-Servicestelle für Arzttermine.
- Wir setzen uns für eine staatliche Förderung ein, um Anreize für die
Schaffung zusätzlicher Plätze in der Kurzzeitpflege zu setzen. Diese
können in solitären Einrichtungen für Kurzzeitpflege entstehen, aber auch
eingestreut in stationären Pflegeeinrichtungen. Wir werden Anbieter
anteilig unterstützen für den Fall des wirtschaftlichen Risikos, wenn
eingeplante Kurzzeit-Pflegebedürftige wieder absagen und Betten leer
stehen. Diese Fördermittel werden spätestens ab 2024 vom Land zur
Verfügung gestellt. Die Förderung bleibt bestehen bis vom Bund
vergleichbare Förderinstrumente zur Verfügung gestellt werden.
- Grundlage für die Förderung ist eine Ist-Analyse. Um den Bedarf an
Kurzzeit- und Verhinderungspflege sowie weiterer pflegerischer
Infrastruktur zu ermitteln und bedarfsgerechte Angebote zu fördern,
braucht es eine regelmäßige regionale Pflegestatistik, die öffentlich
zugänglich ist und in einer Landespflegeplanung mündet. Das Land hat die
Aufgabe, planerisch für eine ausreichende Infrastruktur zu sorgen (SGB XI,
§9). Die SPD Thüringen wird sich deshalb für einen Landespflege- und
Patientenbeauftragten, der als Ombudsstelle fungiert und dem Landtag und
der Öffentlichkeit regelmäßig Landespflegeberichte vorlegt stark
machen.Die SPD Thüringen erkennt die enorme Leistung der über 80.000
pflegenden Angehörigen im Freistaat an. Wir schaffen eine
niedrigschwellige, regional vernetzte und vor allem aufsuchende
Hilfestellung. Dafür werden die bisher primär stationären
Pflegestützpunkte zu mobilen Beratungsdiensten weiterentwickelt. Für eine
bessere regionale Vernetzung arbeiten sie außerdem eng mit weiteren
bestehenden Angeboten (z. B. Agathe, Dorfkümmerer, Nachbarschaftshilfe,
Gemeindeschwestern) zusammen. Das Land beteiligt sich an der Finanzierung
von jeweils einem Pflegestützpunkt in den Landkreisen und kreisfreien
Städten mit bis zu 25.000 Euro jährlich.
- Die schlechten Arbeitsbedingungen, unter denen Kolleg:innen in der
Pflegebranche leiden, sind seit Jahren bekannt. Es wird Zeit, dass auf die
systemrelevante Stellung von Pflegekräften mit angemessenen
Arbeitsbedingungen geantwortet wird. Deshalb setzt sich die SPD ein für:
o Das Inkrafttreten eines Pflegeschlüssels, sichergestellt durch verbindliche
Pflegepersonaluntergrenzen. Nur so können Träger dazu motiviert werden, genug
Personal vorzuhalten, ohne dass regelmäßig zu Unterbesetzung, Schließung von
Stationen und Überstunden kommt.
o die konsequent höhere Bezahlung bei Überstunden. Damit lohnt es sich für
Träger eher, neues Personal einzustellen, sodass die anderen Kolleg:innen nicht
ständig springen und mehr Überstunden leisten müssen. Diese Maßnahme lässt die
Schaffung von Vollzeitstellen gegenüber Teilzeitstellen attraktiver werden.
o Wir unterstützen die Forderung nach einer 30 Stunden Woche für Pflegekräfte
mit vollem Lohnausgleich.
- Die Anforderungen an eine hochwertige Pflege verlangen eine bessere
Organisation und Förderung der Ausbildung. Wir setzen uns für eine
Ausbildungsvergütung für Studentinnen und Studenten der
Pflegewissenschaften ein. Sie müssen genauso viele Praxisstunden in der
Pflege absolvieren wie Auszubildende, werden jedoch nicht dafür bezahlt.
Daher fordern wir eine Beteiligung der Pflegewissenschaften genauso wie
Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser am Pflegeausbildungsfonds.
8. Engagiert für Kunst, Kultur, Medien und Sport
Thüringen ist Kulturland, Thüringen ist Sportland, Thüringen ist Medienstandort.
Diese Besonderheit Thüringens gilt es zu bewahren und durch eine gezielte
Weiterentwicklung aller drei Bereiche zukunftsfest zu machen. Sie sind die Basis
von zivilgesellschaftlichem Wirken und Demokratie.
Kulturpolitik und Sportpolitik haben für uns eine zentrale Bedeutung als
Bestandteil unserer Bestrebungen, den gesellschaftlichen Spaltungen und
Ausgrenzungen entgegenzuwirken. Ein weiterer wichtiger Pfeiler der Demokratie
sind die Medien unseres Landes. Sie genießen und bedürfen eines besonderen
Schutzes. Den bereits begonnenen Strukturwandel müssen wir weiter kritisch
begleiten. Unser Ziel bleibt die unabhängige und kritische Information für alle
Generationen, der im Freistaat lebenden Menschen.
Wir stehen politisch in der Verantwortung, den Neustart und die Perspektiven des
kulturellen und sportlichen Lebens nach Corona kraftvoll zu fördern. Der Staat
hat die Verantwortung, den Weg zur Mitwirkung in Sport und Kultur für alle zu
öffnen.
8.1 Kulturland Thüringen
Eine offene demokratische Gesellschaft ist auf eine lebendige und vielfältige
Kulturszene angewiesen. Das schließt das kulturelle Erbe der Thüringer
Residenzlandschaft; der Theater und Museen, der jüdischen Landesgemeinden und
Kirchen ebenso ein wie Angebote der Soziokultur und Brauchpflege, künstlerisches
Schaffen und Unterhaltungsformate aller Art. Das kulturelle Erbe Thüringens ist
einzigartig. Es muss daher bewahrt und allen zugänglich gemacht werden. Kultur
ist überall dort, wo Menschen sich frei begegnen, kreative Räume erschließen und
in einen gleichberechtigten Austausch treten. Dies findet sowohl in den Städten
also auch in ländlichen Regionen statt.
Wir verstehen Kultur als gesellschaftliche Aufgabe. In Zeiten wachsender
Ungeichheit müssen wir dafür sorgen, dass die Zugangshürden zu Kultur und
kultureller Bildung abgebaut und beseitigt werden. Gleichsam sind wir der Anwalt
für Kulturakteur:innen, die von ihrer Arbeit leben können müssen und ebenso wie
andere Arbeitnehmer:innen sozialer Absicherung bedürfen.
Erinnerungsarbeit- und -kultur hat für uns einen besonderen Stellenwert.
Institutionen wie die "Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau Dora",
der ehemalige Firmensitz von Topf und Söhne, die "Stiftung Ettersberg-
Gedenkstätte Andreasstraße" und andere Gedenkstätten und Initiativen leisten
einen sehr wichtigen Beitrag, an diese Schuld zu erinnern, ihre Geschichte
aufzuarbeiten und an unsere Verantwortung des „Nie wieder!“ zu mahnen.
Das werden wir tun:
- Künstlerinnen und Künstler müssen von ihrer kreativen Arbeit leben können.
Wir machen uns deshalb für faire Mindestvergütungen und
Ausstellungsvergütungen stark.
- Wir setzen uns dafür ein, die sozialen Sicherungssysteme für
Kulturakteur:innen deutlich zu verbessern.
- Die Finanzierung der Kultur muss auch in Haushaltsnotlagen gesichert sein.
- Wir wollen Kultur als Pflichtaufgabe in der Thüringer Kommunalordnung
verankern. Der von der SPD entwickelte Kulturlastenausgleich im kommunalen
Finanzausgleich ist fortzuführen und finanziell anzupassen.
- Kultur muss als Staatsziel in die Landesverfassung aufgenommen werden
- Wir wollen die Parität - sowohl bei der Besetzung von Kommissionen, Jurys
und Gremien im Kultur- und Medienbetrieb als auch bei der Vergabe von
Förderungen und künstlerischen Aufträgen
- Wir setzten uns für eine Fortsetzung und Erweiterung des Bundesprogrammes
zur Erhaltung der Thüringer Schlösserlandschaft ein
- Wir begrüßen die Auszeichnung des mittelalterlich-jüdischen Erbe Erfurts
mit dem Welterbe-Titel. Alte Synagoge, Mikwe und Steinernes Haus sind
erstrangige bauliche Überlieferungen früheren jüdischen Lebens. Gemeinsam
mit der Landeshauptstadt wollen wir deshalb dafür sorgen, dass diese
historischen Stätten noch bekannter werden und dass ein für Besucher:innen
attraktives und didaktisch vorbildliches Welterbezentrum entsteht.
- Wir stärken die Initiativen zur Aufarbeitung von NS-Raubkunst und
Sammlungen in kolonialen Zusammenhängen durch Provenienzforschung. Deshalb
soll eine Arbeitsgruppe in Zusammenarbeit mit dem Thüringen Museumsverband
und anderen Akteuren den weiteren Bedarf und Vorschläge für das weitere
Vorgehen erarbeiten.
- Wir setzen uns für eine kulturelle Teilhabe aller ein, insbesondere für
Kinder und Jugendlich soll es einen kostenlosen Zugang zur Kultur geben.
- Wir stehen für den Erhalt der reichen und traditionsreichen Thüringer
Orchester- und Theaterlandschaft. Gemeinsam mit den kommunalen Trägern und
dem partizipierenden Umland wollen wir auch künftig allen Theatern und
Orchestern finanzielle Planungssicherheit mit langfristigen
Finanzierungsvereinbarungen geben, um so eine gute künstlerische
Entwicklung zu ermöglichen.
- Wir wollen, dass Theater und Orchester allen Menschen im Land offen
stehen. Um dies zu ermöglichen wollen wir, dass jedes Kind mindestens ein
mal ein Theater oder Orchester besucht hat.
- Die Projektförderung trägt maßgeblich dazu bei, dass neue Ideen eine
Chance zur Verwirklichung erhalten. Wir streben dabei künftig eine
Entbürokratisierung und eine Vereinfachung bei Förderanträgen an.
Zukünftig sollen die landesweiten Verbände auf Grundlage eines
Wirtschaftsplans (Personal- und Sachkosten) institutionell gefördert
werden. Wichtige kulturelle Initiativen und Vereine sollen auch mehr
Planungssicherheit durch eine mehrjährige Projektförderung erhalten.
- Soziokulturelle Initiativen und Zentren in ländlichen und städtischen
Räumen lädt bieten die Chance für jeden, selber aktiv zu werden, eigene
Ideen zu verwirklichen. und Kultur zu erleben. Wir wollen daher die
wichtige Arbeit der Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultur weiter fördern.
- Wir wollen die Welt dazu einladen, die großen und die vielen versteckten
Schätze des Kulturlandes Thüringen zu entdecken. „Zur Unterstützung und
Entwicklung des Kulturtourismus und zur Stärkung des ländlichen Raums
fördern wir individual touristische Angebote in historischen Dorf- und
Ortskernen. Damit wollen wir unser ländlich kulturelles Erbe sichern und
deren Eigentümer:innen besser unterstützen Des Weiteren soll mit dem
weiteren Ausbau des multimedialen virtuellen Portals Menschen in aller
Welt das Kulturland Thüringen ansprechend präsentiert werden. Portale
sollen an besonders bekannten Orten wie zum Beispiel Weimar den Touristen
aus aller Welt die Schatzkammer Thüringen vorstellen und Lust machen auf
längere Besuche und neue Entdeckungen in Thüringen.
- Wir werden die digitale Transformation und Digitalität im Kulturbereich
unterstützen, um die kulturellen Institutionen und Vereine zukunftsfähig
zu machen. Kulturinstitutionen stehen vor der großen Herausforderung, ihr
Publikum an sich zu binden bzw. neue und mehr Besuchergruppen zu gewinnen.
Neue Formate sind zu entwickeln um den Nutzer:innen eine bessere Teilhabe
zu ermöglichen. Dies erfordert einen umfassenden Ansatz in der digitalen
Transformation, angefangen vom so genannten „Changemanagement“ in der
Verwaltung, der Förderung der Infrastruktur bis hin zur digitalen
Erfassung von Kulturgütern. Die digitale Präsentation und Vermittlung, wie
auch die Ermöglichung von digitaler Kunst, gewinnen zunehmend an
Bedeutung. Gerade Digitalisierung benötigt dynamische Instrumentarien. Um
eine ständige Fortentwicklung in diesen Bereichen zu ermöglichen, müssen
die Förderinstrumentarien flexibler ausgestaltet werden. Dies betrifft
sowohl erleichterte Förderbedingungen als auch neue inhaltliche
Schwerpunkte.
- Wir werden den weiteren Ausbau eines zentralen Kultur- und Wissensportals
weiter vorantreiben und als Beitrag Thüringens zur Deutschen Digitalen
Bibliothek profilieren. Hierbei werden wir die Kultureinrichtungen und
Kulturschaffenden gezielt bei Erstellung ihrer Angebote unterstützen.
- Wir haben die Museumsförderung deutlich erhöht und stehen auch in Zukunft
gemeinsam mit den Kommunen für die finanzielle Sicherheit der Museen ein.
Wir wollen zur Stärkung der pädagogischen und wissenschaftlichen Arbeit in
den Museen ein Volontariatsprogramm starten.
- Wir wollen die Erinnerungen der Verfolgten und Häftlinge für alle Zeit
respektvoll bewahren, und gleichzeitig die Bildungs- und Forschungsarbeit
der Gedenkstätten im Dienste des Austauschs, der Verständigung, der
Wahrung der Menschenrechte und der Demokratie weiter stärken. Dabei sollen
vor allem auch neue Formate der Vermittlung unterstützt werden um eine
nachhaltigere Reflexion zu erzielen und das kritische
Geschichtsbewusstsein zu stärken.
- Mit einer gezielten Förderpolitik wollen wir gemeinsam mit den Kommunen
das Angebot der Musik- und Jugendkunstschulen erhalten. Gerade im
ländlichen Raum muss es Ziel sein, dass Jugendliche diese Angebote auch in
Zukunft nutzen können. Zudem wollen wir die Kooperationen mit anderen
Kultureinrichtungen stärken.
- Bibliotheken sind nicht nur Orte der Information, sondern in vielen
Gemeinden und Städten auch Orte der Begegnung, des Austausches und ein
Mittelpunkt des kulturellen Lebens. Es muss auch zukünftig darum gehen,
gemeinsam mit den Kommunen dieses Angebot zu erhalten. Wir wollen die
Bibliotheken als außerschulischen Lernort stärken und mehr in die
schulische Arbeit integrieren.
- Thüringen ist das Land von Goethe und Schiller, eine Landschaft der
deutschen Dichtung. Dieser Tradition fühlen wir uns verpflichtet. Wir
wollen die Thüringer Literaturfestivals und damit die überregionale
Präsentation der Thüringer Autoren weiter unterstützen. Die Leseförderung
in den Schulen wollen wir mit dem Ziel weiterentwickeln, bei den jungen
Thüringer:innen schon früh die Freude an Literatur zu wecken.
- Thüringen ist Musikland. Tradition und Innovation beflügeln sich
gegenseitig. Zahlreiche Festivals, wie die Thüringer Bachwochen oder der
Güldene Herbst begeistern ein internationales Publikum. Aber auch Junge
Projekte müssen gefördert und unterstützt werden. Wir wollen Festivals und
Projekte stärken und weiter profilieren. Mit ihnen wollen wir mehr
Besucher:innen aus dem In- und Ausland nach Thüringen locken.
- Wir unterstützen eine weitere Bewerbung aus Thüringen zur Kulturhauptstadt
Europas. Thüringen war über alle Epochen hinweg Kristallisationspunkt
europäischer Geschichte und Kultur und hat unter anderem beim Lutherjahr
und dem Tag der deutschen Einheit bewiesen, dass es ein exzellenter
Gastgeber ist. Das erfolgreiche EU-Projekt kann im Freistaat eine
zukünftige Kulturhauptstadt finden, von der nachhaltige Impulse in
Wirtschaft, Tourismus und Kultur ausgehen.
8.2 Medien
Unabhängige Medien sind wesentlicher Grundpfeiler einer lebendigen Demokratie
und somit unverzichtbarer Bestandteil unseres Alltags. Sie bieten Information,
Kommunikation, sichern gesellschaftliche, politische und kulturelle Teilhabe und
Zugang zu Wissen.
Eine starke Medienwirtschaft ist neben dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk für
die Erfüllung dieser gesellschaftlichen Aufgaben von zentraler Bedeutung. Unser
Ziel ist es, den Medienstandort Thüringen zu stärken sowie allen Bürger:innen
den Zugang zu einem ausgewogenen und unabhängigen lokalen, regionalen und
überregionalen Medienangebot zu sichern.
Das werden wir tun:
- Wir werden den Anteil gesellschaftlich relevanter Verbände in den Gremien
des MDR erhöhen und damit diesen weiter pluralisieren.
- Erfurt als Zentrum für Kindermedien werden wir weiter stärken. Dabei
setzen wir künftig verstärkt auf die Entwicklung von Medieninhalten für
Lehr- und Lernmedien, auf Spieleentwicklung sowie die Medienproduktion
durch Kinder.
- Wir werden die Medienförderung noch deutlicher als bisher für neue mediale
Formen und experimentelle Formate öffnen.
- Der Ausbildung in Medienberufen messen wir eine besondere Bedeutung bei.
Daher wollen wir Aus- und Weiterbildungsinitiativen unterstützen, die auf
den rasanten Wandel in der Medienwelt reagieren.
- Die Förderung der Thüringer Bürgermedien werden wir aufstocken und dafür
sorgen, dass ihnen neue technische Verbreitungswege zur Verfügung stehen.
- Bibliotheken wollen wir als Orte der Informationsvermittlung und
medienpädagogischen Arbeit stärken. Daher unterstützen wir eine
Integration kommunaler Medienzentren in öffentlichen Bibliotheken und
wollen den Zugang zu Bibliotheken auch im ländlichen Raum sicherstellen.
- Wir setzen uns für verstärkte Faktenchecks und die Bekämpfung von Fake-
News durch den MDR und die Landesmedienanstalt ein.
8.3 Sport
Rund 360.000 Menschen sind in den knapp 3.300 Thüringer Sportvereinen
organisiert. Mit Recht kann der organisierte Sport im Freistaat damit für sich
in Anspruch nehmen, die „größte Bürger:innenbewegung im Lande“ zu sein. Sport
übernimmt in unserer Gesellschaft wichtige Aufgaben. Er stiftet
Gemeinschaftsgefühl, trägt maßgeblich zur Gesunderhaltung bei und vermittelt
Werte wie Fairness. Darum setzen wir uns dafür ein, angemessene
Rahmenbedingungen für den Sport abzusichern und eine auskömmliche Finanzierung
zu gewährleisten.
Das werden wir tun:
- Land und Kommunen müssen gemeinsam mit den Vereinen Verantwortung für den
Breitensport übernehmen. Die direkten Förderungen dafür stammen zum
Großteil aus den Überschüssen der Staatslotterie. Diese Finanzierung
stellt eine verlässliche Säule für den Breitensport dar. Wir wollen
prüfen, inwieweit diese verlässliche Säule durch weitere
Finanzierungsquellen ergänzt werden kann.
- Gemeinsam mit dem organisierten Sport und auf der Basis detaillierter
Bestandsaufnahmen, fachwissenschaftlich gestützter Bedarfsanalysen sowie
einer konkreten Ziel- und Maßnahmenfestschreibung wollen wir einen
Zukunftsplan für das Sportland Thüringen entwickeln. An diesem
Zukunftsplan werden sich künftig die Ziel-und Leistungsvereinbarungen
zwischen der Landesregierung und dem Landessportbund orientieren.
- Wir werden die Ehrenamts- und Übungsleiter:innenpauschale regelmäßig an
die allgemeine Kostenentwicklung angepassen und für die Arbeit im
Jugendbereich eine zusätzliche Ehrenamtskarte als Zeichen unserer
Wertschätzung einführen..
- Wir setzen uns für eine Aufwertung des Sports in Kindertagesstätten,
Schulen und Jugendeinrichtungen aus. In der Ausbildung der Erzieher:innen
und in der praktischen Arbeit der Kindertagesstätten sollen Sport und
Angebote zur altersgerechten motorischen Entwicklung sowie zur
Bewegungsförderung daher wieder einen höheren Stellenwert bekommen.
- Die Ausbildung der Sportlehrer:innen und der Übungsleiter:innen muss zudem
noch stärker auf altersgruppenspezifische methodisch-didaktische Ansätze
ausgerichtet werden.
- Wir wollen das erfolgreiche Programm „Bewegte Kinder = gesündere Kinder“
zusammen mit dem Projekt „Bewegungscoach“ in ein weiter gefasstes
Landesprogramm zur Bewegungsförderung bei Kindern und Jugendlichen und für
eine bewegungsfreundliche Gestaltung des KITA- und Schulalltags
integrieren. Damit sollen KITAS und Schulen aller Schularten
unbürokratisch bei der Durchführung regelmäßiger Bewegungschecks, beim
Ausbau darauf basierender, individueller bewegungsfördender Maßnahmen und
bei der Integration von regelmäßigen Bewegungsangeboten in den ganz
normalen Alltag ihrer Einrichtungen unterstützt werden.
- Gemeinsam mit dem Bund sollen die Kommunen auch weiterhin bei der
Sanierung und beim Ausbau von Schulen und Sporteinrichtungen unterstützt
werden. Der Fördertitel für Bau und Sanierung von Schulsporthallen soll
dazu auf 10 Millionen Euro erhöht werden. Außerdem wird die Finanzierung
kommunaler Schwimmbäder zur Gewährleistung des Schwimmunterrichts für alle
Schüler:innen sichergestellt.Kommunen sollen in die Lage versetzt werden,
auch öffentlich zugängliche Sportflächen und -geräte und Fitnessparks zu
errichten.
- Wir werden ein Sonderinvestitionsprogramm Sportstätten in Höhe von
jährlich 20 Millionen Euro schaffen. Gerade in ländlichen Regionen bedarf
es neuer Wege. Dabei wollen wir die multifunktionelle Nutzung von
Bestands- und Leergebäuden (Sport-, Veranstaltungs-, Jugendhilfestätten)
erproben und hier unbürokratische Finanzierungen aus verschiedenen
Fördertöpfen ermöglichen.
- Wir wollen Spitzensportler:innen gezielt unterstützen, indem wir
Landesstipendien vergeben, die Sportgymnasien stärken und dort für den
Einsatz von Schulsozialarbeiter:innen sorgen.
- Wir wollen unsere Profi-und Spitzensportvereine dabei unterstützen,
wieterhin den wachsenden Voraussetzungen der jeweiligen Ligen gerecht zu
werden und legen ein jährliches Förderbudget auf.
- Wir wollen einen sauberen Sport und setzen uns klar gegen Doping ein. In
diesem Sinne haben wir bei der Novellierung des Sportfördergesetzes mit
dafür gesorgt, dass Sportorganisationen nur dann vom Land gefördert
werden, wenn sich Mitarbeiter:innen mit Doping-Vergangenheit einer
Überprüfung durch die Unabhängige Kommission des DOSB stellen.
- Wir wollen alle Thüringer Sportregionen wieder in das Zentrum der
Aufmerksamkeit rücken, indem wir diese bei der Entwicklung ihrer
Sportstätten als Teil eines sichtbaren und attraktiven touristischen
Gesamtkonzeptes unterstützen.
- Eine besondere Rolle nimmt der Behindertensport ein, der vom Breiten- bis
zum Leistungssport gleichrangig unterstützt wird. Für Menschen mit
körperlichen und geistigen Einschränkungen ist Sport eine Möglichkeit der
Teilhabe und Selbstverwirklichung.
- Wir erkennen an, dass eSport sich zunehmender Beliebtheit erfreut – gerade
bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Die Frage, ob eSport ebenfalls
als Sport anzusehen ist oder nicht, muss angesichts dessen in nächster
Zeit geklärt werden. Dabei sind uns zwei Punkte wichtig: Der organisierte
Sport hat sich von Beginn den Veränderungen unserer Gesellschaft und neu
aufkommenden Sporttrends und Sportarten sowie sich wandelnden
Freizeitinteressen stellen müssen. Das hat er erfolgreich getan.
Gleichzeitig ist aber auch klar, dass neue Sportarten nur dann Aufnahme in
den organisierten Sport finden können, wenn sie dessen Aufnahmekriterien
und dessen Wertekanon entsprechen. Wenn eSport entsprechende
Entwicklungsschritte einschlägt und so Akzeptanz beim organisierten Sport
findet, steht seiner Anerkennung als Sport aus unserer Sicht nichts im
Wege.
8.4 Ehrenamt
Gesellschaftlicher Zusammenhalt basiert darauf, wie viel jede:r bereit sind,
sich für die Umwelt und andere Menschen einzusetzen, Rücksicht aufeinander zu
nehmen und Respekt für die Leistung anderer zu zeigen. Ist der gesellschaftliche
Zusammenhalt stark ausgeprägt, stärkt das unsere Demokratie, macht sie lebendig
und wehrhaft.
Das Ehrenamt ist mit 800.000 Tausend Engagierten in Thüringen die oft
unsichtbare Kraft, ohne die ein Zusammenleben in unserer Gesellschaft nicht
vorstellbar wäre. Allein in den Thüringer Feuerwehren engagieren sich über
35.000 Kamerad:innen. Das zeigt einmal mehr, wie wichtig die Menschen sind, die
in Blaulicht- oder Rettungsorganisationen, Sportvereinen, Jugendverbänden,
Kleingarten- oder Karnevalsvereinen ehrenamtlich tätig sind. Besonders in Zeiten
des Wandels und wachsender Unsicherheit in der Bevölkerung, verstärkt durch eine
globale Gesundheitskrise, braucht es das ehrenamtliche Engagement.
Viel zu oft nehmen wir die unbezahlbare Leistung des Ehrenamtes für das
Funktionieren unseres Zusammenlebens als selbstverständlich hin. Dabei werden
hier bundesweit jährlich fünf Milliarden Arbeitsstunden kostenfrei oder mit nur
geringer Entschädigung geleistet. Das zeigt, wie groß der Anteil des Ehrenamts
an der Daseinsvorsorge mittlerweile ist. Wir müssen aber feststellen, dass das
Ehrenamt in seinen vielen Facetten zunehmend unter Druck gerät, insbesondere in
ländlichen Regionen. Wegzug, Überalterung, Bürokratie oder fehlende Freizeit
durch beruflichen Druck sind die Hürden für den Erhalt und Ausbau ehrenamtlicher
Strukturen.
Die SPD Thüringen bekennt sich deshalb zum Ehrenamt als Ressource für
unser
Zusammenleben und wird die ehrenamtlich Aktiven in Thüringen weiterhin
unterstützen.
Das werden wir tun:
- Ehrenamtliche Arbeit findet in zumeist vor Ort in unseren Kommunen statt.
Wir werden unsere Kommunen dauerhaft finanziell in die Lage versetzen,
Aufgaben im eigenen Wirkungskreis zu erbringen und damit das Fundament für
ehrenamtliches Engagement zu legen.
- Darüber hinaus werden wir ein Ehreanmtsbudget für Kommunen schaffen, damit
Engagierte direkt gefördert werden. Unsere kommunalen Entscheidungsträger
wissen am besten, wo finanzielle Unterstützung für Ehrenamtliche gebraucht
wird.
- Absicherung des Ehrenamtes durch seine Verankerung in der Thüringer
Landesverfassung
- Ausbau der sog. Jugendpauschale sowie Stärkung der Örtlichen
Jugendförderung
- Verpflichtung der Kommunen zur Förderung der Arbeit von Jugendverbänden
über die kommunalen Jugendförderpläne.
- Ausbau von Leistungen aus dem Landesprogramm Solidarisches Zusammenleben
der Generationen sowie der Familienpauschale zur Unterstützung der
Kommunen bei der Umsetzung einer kommunalen Sozialplanung.
- Stärkung der Thüringer Ehrenamtsstiftung und ihrer Leistungen durch
gezielte Öffentlichkeitsarbeit.
- Bessere Ausstattung und erhöhte Ausgabe der Thüringer Ehrenamtscard.
- Gezielte Förderung und Vernetzung ehrenamtlicher Strukturen mit
entsprechenden Qualifizierungs- und Serviceangeboten mithilfe der Neuen
Deutschen Stiftung für Ehrenamt und Engagement (DSEE).
- Abbau unverhältnismäßiger bürokratischer Belastungen für das Ehrenamt,
mithilfe eines zentralen Portals mit Muster-Formularen und Informationen
zu geltenden Regelungen.
- Klarstellung darüber herbeiführen, dass die Möglichkeit der politischen
Tätigkeit einer Organisation zur Verfolgung ihres gemeinnützigen Zweckes
besteht, ohne ihre Steuerbefreiung zu gefährden.
- Die Menschen, die ehrenamtlich ihre Gesundheit für unseren Schutz und
unsere Sicherheit riskieren, gilt es besonders zu unterstützen, vor allem
in ländlichen Regionen. Was wir leider immer wieder feststellen, ist der
mangelnde Respekt vieler Leute gegenüber den Sicherheits- und
Rettungskräften. Umso mehr liegt uns die Sicherstellung des ehrenamtlich
getragenen Bevölkerungs- und Katastrophenschutzes am Herzen. Deshalb
wollen wir mit einer öffentlichkeitswirksamen Kampagne die Leistung der
Katastrophenschutzkräfte würdigen und die Feuerwehren mit Investitionen in
Infrastruktur und Lehrangeboten insbesondere an der Thüringer
Landesfeuerwehr- und Katastrophenschutzschule unterstützen.
- Erarbeiten eines Ehrenamtsfreistellungsgesetzes, welches analog zum
Bildungsfreistellungsgesetz oder als Ergänzung zum
Bildungsfreistellungsgesetz Thüringer Menschen für ehrenamtliche
Tätigkeiten freistellt.
9. Zukunftsfähige und solide Haushaltspolitik
Die solide und vorausschauende Haushaltspolitik der vergangenen Jahre hat dafür
gesorgt, dass Thüringen auch in der Corona- und Energiekrise handlungsfähig
geblieben ist. Eine gute Finanzpolitik darf aber nicht nur die kurzfristige
Krisenbewältigung im Blick haben, sondern muss immer auch Gestaltungsspielräume
für kommende Generationen schaffen.
Es bedarf daher in den nächsten Jahren einer klaren Prioritätensetzung im
Landeshaushalt. Nur so schaffen wir die für die kommenden Jahre notwendigen
Gestaltungsspielräume für Investitionen in die Transformation von Wirtschaft und
Gesellschaft.
Das werden wir tun:
- Wir werden den Landeshaushalt auch weiterhin an den Herausforderungen der
Zukunft ausrichten. Dafür sind uns eine realistische Finanzplanung mit
konstant hohen Investitionsquoten und ein sicherer Mittelabfluss ebenso
wichtig, wie die auskömmliche Finanzausstattung der Kommunen, eine
aufgabengerechte Personalausstattung der öffentlichen Hand auf allen
Ebenen, der öffentlichen Daseinsvorsorge und eine Fortführung der
Schuldentilgung, der in Anbetracht der Pandemiebewältigung aufgenommenen
Kredite.
- Um den Herausforderungen der anstehenden Transformation der Wirtschaft und
der Verwaltung begegnen zu können, wollen wir die Investitionsquoten im
Landeshaushalt zwischen 16 und 18 Prozent stabilisieren.
- Wir werden eine klare Prioritätensetzung in der Förderung vornehmen.
Förderprogramme sollen effizient und transparent gestaltet und eingesetzt
werden. Wir werden die Landesprogramme konzentrieren und vereinfachen, um
bessere Voraussetzungen für wichtige Investitionen in Schulen,
Infrastruktur, Wirtschaft und Soziales zu schaffen.
- Wir setzen uns auf Bundesebene für eine Abschaffung der grundgesetzlichen
Schuldenbremse in ihrer jetzigen Form ein. Die Erfahrungen seit ihrer
Einführung zeigen, dass sie die Handlungsfähigkeit des Staates
insbesondere auf Länderebene massiv einschränkt. Damit zukunftsweisende
Investitionsprojekte z. B. im Rahmen der Energie- und Wärmewende nicht an
ihrer Finanzierbarkeit scheitern, muss es auch für die Länder möglich
sein, in einem gewissen Rahmen fristenkongruent zu finanzieren. Parallel
hierzu werden wir die Regelungen in der Thüringer Landeshaushaltsordnung
zu Kreditermächtigungen mit dem Ziel überprüfen diese, insbesondere für
investive Maßnahmen, zu erweitern und bei Bedarf anpassen.
- Um den Herausforderungen der Transformation gerecht zu werden, werden wir
einen „Thüringer Transformationsfonds (TTF)“ zur langfristigen
Finanzierung von Zukunftsinvestitionen einrichten. Damit wollen wir in den
kommenden Jahren einen fühlbaren struktur- und klimapolitischen Impuls
setzen und den notwendigen Wandel in Thüringen aktiv gestalten. Damit
schaffen wir Finanzierungssicherheit für Unternehmen, öffentliche
Einrichtungen und Kommunen und vereinfachen die Mittelverwaltung innerhalb
der Landesverwaltung.
- Zur Finanzierung dieser Investitionen des „Thüringer Transformationsfond
(TTF)“ werden wir die Ausgabe von „grünen“ Anleihen prüfen. Denn für
solche Anleihen bestehen regulatorisch Vorgaben dafür, welche Art von
Projekten finanziert werden dürfen. Damit schaffen wir nicht nur
Transparenz hinsichtlich der Mittelverwendung, sondern leisten zusammen
mit anderen Bundesländern einen Beitrag zum Wandel der Kapitalmärkte hin
zu mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz.
- Wir werden für die Zukunft vorsorgen. Wir werden die Rücklagen so
ausstatten, dass wir auf unvorhergesehene Entwicklungen reagieren können.
- Wir werden die bestehenden Prozesse in der über viele Jahre gewachsenen
Förderlandschaft des Freistaats kritisch prüfen. Förderprogramme sollen
effizient und transparent gestaltet und eingesetzt werden. Nach kritischer
Prüfung dieser hinsichtlich ihrer Effektivität werden wir auch
Streichungen in Betracht ziehen. Wir werden die Landesprogramme
standardisieren und vereinfachen, um bessere Voraussetzungen für wichtige
Investitionen in Schulen, Infrastruktur, Wirtschaft und Soziales zu
schaffen. Dazu schaffen wir eine zentrale Förderplattform, die eine
vollelektronische Abwicklung aller landeseigenen Förderprogramme
ermöglicht. Und wir werden die Landeshaushaltsordnung sowie die
entsprechenden Verwaltungsvorschriften auf Möglichkeiten der
Entbürokratisierung prüfen.
- Das seit 2022 rasant gestiegen Zinsniveau stellt Kommunen und Unternehmen
zunehmend vor Finanzierungsprobleme. Instrumente wie Bürgschaften und
zinsverbilligte Kredite können ohne größere Fördersumme helfen, aus einem
unfinanzierbaren Vorhaben eine rentierliche Investition zu machen. Dazu
wollen wir die Thüringer Aufbaubank als erfahrenen Partner des Freistaats
weiter stärken und mit der Umsetzung entsprechender Landesprogramme
beauftragen.
10. Wir in Europa
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine zeigt, wie wichtig ein geeintes und
geschlossenes Europa ist. Frieden, Demokratie und ökonomischer Wohlstand, Basis
des Zusammenlebens auf unserem Kontinent, stehen verstärkt im Wettkampf mit
autokratischen und diktatorischen Systemen auf der Welt. Europa ist der
wichtigste Handelspartner vieler Thüringer Unternehmen, tausende von
Schüler:innen nehmen an europäischen Austauschen teil und Studierende lernen
heute in Universitäten europaweit. Viele Bauvorhaben in Thüringen wären ohne
Fördermittel aus der EU nicht finanzierbar. Europa ist Lebensrealität vieler
Thüringer:innen. Deshalb werden wir uns weiter dafür einsetzendie europäische
Zusammenarbeit bei Bildung, Forschung und Transfer, im Arbeitsmarkt und in der
Kultur zu vertiefen.
Viele dieser Herausforderungen vor denen wir aktuell stehen, lassen sich nicht
auf nationaler Ebene lösen seien es geopolitische Fragen oder die Bekämpfung des
menschengemachten Klimawandels. Deshalb engagieren wir uns weiterhin für ein
starkes, gemeinsames und soziales Europa.
Das werden wir tun:
- Wir werden im Ausschuss der Regionen für ein starkes, nachhaltiges und
soziales Europa eintreten, das auch in Krisenzeiten zusammensteht und
niemanden zurücklässt. Wir wollen ein bürgernahes und demokratisches
Europa, in dem nicht nur darüber gesprochen wird, was besser laufen kann,
sondern auch darüber, wo Europa im Freistaat wirkt und das Leben vieler
Bürger:innen bereichern kann.
- Wir wollen ein soziales Europa, das gemeinsame Regeln für gute Arbeit,
gerechte Steuern und eine soziale Grundsicherung schafft. Unser Ziel ist
eine Europäische Union, die soziale Mindeststandards sichert, Lohn und
Sozialdumping wirksam unterbindet und die sozialen Grundrechte für alle
Bürger:innenin Europa stärkt.
- Wir werden am Wissenschaftsstandort Thüringen in die grenzüberschreitende
Forschung investieren und unsere Wissenschafts- und Forschungspolitik
international ausrichten.
- Wir werden den Austausch der Bürger:innen in Europa fördern. Dazu wollen
wir verstärkt europäische Städtepartnerschaften unterstützen und neue
Ideen für die internationale Arbeit vor Ort entwickeln.
- Wir wollen die Barrieren des grenzübergreifenden Arbeitsmarktes weiter
abbauen, an mehr gemeinsamen Bildungsabschlüssen arbeiten und an der
schnelleren Anerkennung von Berufsabschlüssen.
- Wir werden die Europäische Bildungsarbeit in unseren Bildungseinrichtungen
ausbauen und daran arbeiten neben Studierenden verstärkt Auszubildenden
über Erasmus+ die Möglichkeit zu einem Austausch zu geben.
- Wir setzen uns ein für ein Europa, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit
schützt und die Einhaltung der Menschenrechte sichergesllt sowohl gegen
Angriffe im Inneren als auch in Bezug auf die Menschenrechtsverletzungen
an den EU-Außengrenzen.
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